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Full text of "Österreichisch-ungarische Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde 6.1890"

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VI. Jahrgang. 


1890. 


Oesterreichisch-ungarische 

Vierteil ahrsschrift 

für 

Zahnheilkunde. 


Herausgegeben unter ständiger Mitwirkung der Herren: 

Doc. Dr. J. Arkövy, Budapest — Doc. Dr. M. Bastj^r, Prag — Doc. 
Dr. A. Bleichsteiner, Graz — Prof. Dr. L. Holländer, Halle — Dr. 
E. V. Isoo, Wien — Doc. Dr. J. Iszlai, Budapest — Dr. E. Martin, 
Wien — Doc. Dr. J. v. Metnitz, Wien — Prof. Dr. W. D. Miller, Berlin 
— Doc. Dr. E. Nessel, Prag — Doc. Dr. H. Paschkis, Wien — Dr. 
A. Rothmann, Budapest — Dr. W. Sachs, Breslau — Doc. Dr. J. 
Scheff jun., Wien — Doc. Dr. H. Schmid, Prag — Dr. S. Silberer, Wien 
~ Dr. A. Sternfeld, München — Dr. F. Tänzer, Triest — Doc. Dr. W. 
Vajna, Bdausenburg — Doc. Dr. L. A. Weil, München — Dr. R. Weiser, 
Wien — Dr. M. Witzinger, Wien 

von 

JULIUS WEISS 

Wien, I. Goldschmiedgasse Nr. 2. 


Abonnement M. 5.— ö. W. fl. 3.— per Jahr. 


Im Bachbandel za beziehen darch die: 
V;ra.lllslxa.'a.sser’sclie 3s. vl. 3s. Hof-B-a.c33L3aLa,ndJ.-a.zig^ 
Adolph W. Künast 

Wfen, X. Holter Markt Nr. l. 


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Inhalts-Verzeichniss. 







A. Oriffinal-Arbeiten. 

Seite 

Goldmann Felix, Dr. ehern., in Elberfeld, lieber das Aristol . . . 291 

Hattyasi L., Dr., Assistent d. z. ä. K. in Budapest. Mittheilungen 

aus der zahnärztlichen Klinik der kgl. ung. Univ. in Budapest 180 
HiUischer H. Th,, Dr., Zahnarzt in Wien. Wie soll man mit SchJaf- 

gas narcotisiren?.282 

Hirsclifeld Maxim., Dr., Zahnarzt in Karlsbad. Nochmals das Co¬ 
cain in der Zahnheilkunde.196 

Holländer L., Dr., Prof, in Halle a. d. S. Eine Zahnextraction. Bloss- 

legiuig des dritten Astes des Trigeminus.122 

Isoo E. V., Zahnarzt in Wien. Das Abschleifen der Antagonisten 

bei Behandlung pulpakranker Zähne.184 

Kejzlar J. V., Zahnarzt in Jicin. Aristol, ein neues Antisepticum in 

der Zahnheilkunde ..290 

Meinitz J. v, Dr., Docent an der k. k. Universität in Wien. Die 

Blutgefässe des Zahnfleisches. 1 

~ Interstitielle Dentikel.173 

Mummery J. Howard, M. R. C. S. in London. Ueber die Betheiligung 

der Mikroorganismen bei Caries der Zähne.245 

Pasdikis Heinrich, Dr., Docent an der k. k. Universität in Wien. 

Ueber die Anwendung des Saccharins in Mundwässern und 

anderen Mundpräparaten.124 

Sachs Wilhelm, Dr., Zahnarzt in Breslau. Ueber combinirte Füllungen 267 
Scheff Julius, jun, Dr., Docent an der k. k. Universität in Wien. 

Ein entzündliches Granulom am Unterkiefer. 7 

— Eröffnungs-Vorlesung, gehalten am k. k. zahnärztlichen Univer¬ 

sitäts-Ambulatorium in Wien.102 

— Ein Fall von drei beiderseits im Unterkiefer ausgebildeten 

Backenzähnen . 178 

— Schicksal des Periostes und der Pulpa bei replantirten Zähnen 235 
Vajna Wilh., Dr., Docent an dejr kgl. Universität in Klausenburg. 

Die Behandlung der Wurzelcanäle mittelst Capillar-Injectoren 130 
Weiser Rud., Dr., Zahnarzt in Wien. Praktische Winke über die 

Behandlung approximaler Cavitäten. 23, 142, 187 

Witzinger M., Dr., Zahnarzt in Wien. Bemerkungen über das Em¬ 
pyem der Highmorshöhle.13 

Tänzer Ferdinand, Dr., Zahnarzt in Triest. Aus der Narcosenpraxis 201 


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VI 


B. Berichte aus Vereinen und Instituten. 

Seite 

Die Eröffnung des k. k. zahnärztlichen Universitäts-Ambulatoriums 

in Wien.99 

Die Eröffnung der zahnärztlichen Klinik der kgl. Universität in 

Budapest. 118— 294, 

XXVIII. Jahresbericht des Vereines österreichischer Zahnärzte . . 30 

Internationaler zahnärztlicher Congress in Paris.39 

X. Internationaler medicinischer Congress in Berlin .... 147, 208 

63. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte.313 

Der schweizerische odontologische Congress.212 


C. Referate und Jonrnalschau. 

Seite 

American System of Dentistry. 57, 154, 326 

Anästhetica.89 

Antipyrin als Hämostaticum bei Zahnfieischblutungen.227 

Antiseptische Wirksamkeit kleiner Sublimatdosen.169 

Atlas zur Pathologie der Zähne (Wedl).68 

Beobachtungen einige, über überzählige Zähne.74 

Cedernholzstift für Wurzelcanäle.162 

Cocain-Intoxication, eine schwere.167 

Cocain-Vergiftung, neue Fälle tödtlicher.330 

Gompendium der Zahnheilkunde (Abonyi).214 

Crystalioid-Gold.165 

Demonstration einer Methode zur Bestimmung der antiseptischen 

Eigenschaften von Zahnfüllungen 72 

Dental-Kalender.81 

Dentition in utero. ... 86 

Extraction, eine sonderbare. . . :.223 

Gingivitis in Folge von Influenza. 165 

Goldeinlagen.81 

Goldfüllungen, eine neue Art derselben.230 

Handbuch der zahnärztlichen Heilmittellehre (Holländer u. Schneide¬ 
mühl) . 68 

Handbuch der Zahnheilkunde (Schelf jun.).214 

Herpes Zoster des Mundes und der Lippen.129 

Hypnotismus, Demonstration des, als eines Anästheticums während 

der Vornahme zahnärztlicher und chirurgischer Operationen 218 

Internationale Bezeichnung der Zähne ..216 

Kosmetik für Aerzte (Paschkis).70 

Krone, eine neue.83 

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VII 


Seite 

Künstliche Zähne und Neuralgie.84 

Lehrbuch der Zahnheilkunde (Brandt).327 

Materia medica.158 

Methode, eine, Amalgam-Goldfüllungen in Fällen, wo der Gebrauch 

einer Matrize nicht möglich ist, zu combiniren.87 

Mikroorganismen der Mundhöhle (Miller).156 

Modellir-Compositionen zum'Abdrucknehmen.167 

Mundspiegel, der, in der zahnärztlichen Praxis.77 

Odontom, ein sehr grosses, beim Menschen.227 

Ossihcation der Pulpa. 232 

Pflege, über, und Behandlung der Zähne im gesunden und kranken 

Zustande (Hirschfeld).336 

Purpura hämorrhagica.160 

Replantation, über, der Zähne (Scheft jun.).232 

Rolle, über die, der infectiösen Parasiten beim anormalen Durch¬ 
bruch des Weisheitszahnes.78 

Salivation, hochgradige, deren Heilung, über einen eigenthümlichen 

Fall derselben. .... . . 170 

Scbneidezahn, ein centraler, in der Nase.231 

Seltener Zufall bei einer Zahnextraction.86 

Stomatitis ulcerosa, über.214 

Todesfall in der Lustgasnarcose.84 

Ursachen, über einige, des Verfalles der Milchzähne und deren 

Behandlung.163 

Volk, das der Ibos in Afrika.231 

Wanderung einer Zahnplatte.224 

Waschen des Amalgams. .171 

Wurzelfüllung mit Hickory.227 

Zahnärztliche Winke und Receptformeln (Hillischer).71 

Zahnkrone, eine geknickte. 82 

Zahnheilkunde in Japan.332 

D. Varia. s.it. 

Aufruf. 234 

Auszeichnung.234 

Berichtigung. 172 

Docentur.97, 172 

Todesfall. 97 

Zahnärztliches Unterrichtswesen. . 97, 336 




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VI. Jahrgang. 


I. Heft. 


Jänner 1890. 


Oesterreichiscli'imgarisclie 

Vierteljalirsschrift 

für 

Zahnheilkunde. 

-- 


Die BMtierm ies ZeUeisclies. 

Von Dr. J. v. Metnitz^ Docent an der Universität in Wien. 

Die Gefässe der Mundscbleimhant sind von Toi dt 
(Stricker’s Handbuch der Lehre von den Geweben, Capitel XVII: 
Blutgefässe des Darmcanals) in so ausgezeichneter Weise be¬ 
schrieben worden, dass es fast überflüssig erscheint, dieses 
Thema nochmals zu behandeln. Da nun aber unsere gesammte 
zahnärztliche Fachliteratur einer eingehenden Beschreibung der 
Zahnfleischgefässe entbehrt, will ich versuchen, durch folgende 
kurze Mittheilungen diesem Mangel einigerraassen abzuhelfen. 
Das Blut für denjenigen Abschnitt der Mundschleimhaut, 
dt-n wir Zahnfleisch nennen, entstammt den Aesten der Carotis 
externa, vor Allem der Arteria alveolaris superior und inferior, 
wie auch zum Theil der Arteria labialis. Wenn diese Arterien 
nach Abgabe zahlreicher Zweige in die Gewebe ihres Bezirkes 

1 




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2 


und nach Bildung von Anastomosen kleiner und kleiner ge¬ 
worden sind, treten sie mit ihren Endästen in das submucöse 
Bindegewebe ein. Dieses letztere ist im Bereiche der Pars 
alveolaris der Kiefer mit dem Perioste dieser Knochen, re- 
spective der Wurzelhaut der Zähne, in innigem Zusammenhänge. 
In dem submucösen Bindegewebe des Alveolarfortsatzes nehmen 
die Gefässe, Arterien und Venen einen geradlinigen Verlauf in 
der Richtung gegen den Rand des Zahnfleisches zu und um¬ 
gekehrt. Sie stehen untereinander in Verbindung und bilden 
so ein Netzwerk mit weiten Maschen. Entsprechend der üeber- 
gangsfalte vom Zahnfleisch zur Lippenschleimhaut, respective 



Fig. 1. 


Blutgefässe der Lippenschleimhaut. In die mit einem mächtigen, ge¬ 
schichteten Pflasterepithel (aj überkleideten Papillen steigen in 
schieier Richtung die Arterien (c) auf, \md zwar 3—5 in eine Papille. 

Ein starkes venöses Gefäss (bj führt aus der Papille in gerader 
Richtung zurück und dringt senkrecht in die Tiefe ein. Hartnack, 

Object 4. 

Wangenschleimhaut zeigen die Gefässe im submucösen Binde¬ 
gewebe keinen geradlinigen Verlauf, sondern sind durch zahl¬ 
reiche Windungen ausgezeichnet. 

Von diesen Gefässen des submucösen Bindegewebes gehen 
nun endlich die Gefässchen in die Papillen der Schleimhaut 
ab. Die Papillen sind fingerförmige Fortsetzungen des Corium 


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1 . 



der Schleimhaut. Ihre Grösse uqd Form ist je nach den ver¬ 
schiedenen Bezirken der Schleimhaut verschieden. Ebenso auch 
die Art und Weise des Verlaufes der ihnen angehörenden Ge- 
fässe und Capillaren. Verfolgt man die einzelnen Regionen der 
Mundschleimhaut, ausgehend vom Lippenroth über die Alveolar¬ 
fortsätze bis zum Gaumen, respective bis zum Boden der Mund¬ 
höhle, so erhält man entsprechend den verschiedenen Regionen 
der Schleimhaut verschiedene Bilder in Bezug auf die Gestalt 
und Grösse der Papillen wie den Verlauf ihrer Gefässe. 



Befasse der Uebergangsfalte von der Lippen-, respective Wangen¬ 
schleimhaut zum Zahnfleisch. Die Papillen (a) sind kurz, des Epithels 
fast ganz entblösst. Die Gefässschlingen sind einfach, ein zu¬ 
führendes, ein rückführendes Gefäss in jeder Papille. Die venösen 
Gefässe nehmen in der Tiefe einen gewundenen Verlauf an. 

Hartnack, Object 4. 

Im Bereiche der Lippenschleimhaut (Pig 1) beobachten 
wir die längsten Papillen. Zwischen diese dringt das in mächtiger 
Lage vorhandene Pflasterepithel tief ein. Die unterste Schichte 
der Epithelzellen zeigt, wie Wedl (Pathologie der Zähne, 
pag. 36) hervorgehoben, ein fein getüpfeltes Aussehen. Dieses 


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4 


letztere wird hervorgerufen durch kurze, in Reihen geordnete 
Stacheln, die von den Seitenrändern der Zellen hervorragen 
und mit denjenigen der nachbarlichen Zellen in eine nahtartige 
Verbindung treten. (Wedl: Atlas, 1. Auflage, Fig. 135.) Die 
arteriellen Gefässchen theilen sich zumeist im Winkel zwischen 
zwei Papillen, um von da in kleinen Stämmehen in schiefer 
Richtung zu 3—5 in je eine Papille aufzusteigen. Sie gehen 
unter einander Anastomosen ein und endlich mit einer ge¬ 
meinsamen ümbeugungsschlinge in ein einziges stärkeres, riick- 
föhrendes Gefäss über. Dieses venöse Gefäss kehrt in gerader 
Sichtung in die Tiefe zurück. Wir sehen also in jeder Papille 
dieses Bezirkes ein weites capillares Netzwerk gebildet von 
arteriellen Gefassen und ein einzelnes grösseres, venöses Gefäss, 
welches im Gegensätze zu dem schiefen Verlaufe der ersteren 
sich nach geradlinigem Verlaufe senkrecht in das venöse Netz 
der Schleimhaut einsenkt. 

Verfolgt man die Blutgefösse der hinteren Lippen-, re- 
spective Wangenschleimhaut in Bezug auf ihren Verlauf, so findet 
man, dass sich das Bild schon ganz einfach gestaltet. Wir be¬ 
obachten kürzere Papillen mit schwächerer Epithellage und ein¬ 
fachen Gefässschlingen. 

In der üebergangsfalte von der Lippen- oder Wangen¬ 
schleimhaut zur Schleimhaut der Alveolarfortsätze (Fig. 2) fällt 
uns die geringe Dicke des Epithels, wie der häufige Mangel 
eines solchen, auf. Die Papillen sind kurz, spitzig oder kolbig. 
In ihnen beobachten wir nur einfache Capillarschlingen. 

Sowie wir die Region des Zahnfleisches erreichen, nimmt 
die Epithellage gleich eine bedeutende Mächtigkeit an. Die 
grossen Gefässe in den tiefsten Schichten zeigen einen gerad¬ 
linigen Verlauf gegen den Rand des Zahnfleisches. Die Gefäss- 
anordnung in den kurzen Papillen ist ebenso einfach wie im 
eben vorher beschriebenen Bezirke. Wir sehen allenthalben 
einfache Capillarschlingen (Fig. 3). 

Gegen den Rand des Zahnfleisches werden die Papillen 
länger. Die Gefässvertheilung macht hier wieder den Eindruck, 
wie wir ihn bei Beobachtung der Lippenschleimhaut empfangen 
haben. Sowohl am äusseren Rande des Zahnfleisches, wie auch 


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in jenem Theile desselben, welcher in bogenförmigen Leisten 
zwischen den Zahnhälsen den üebergang zur Gaumenseite dar¬ 
stellt (Fig. 4), sehen wir lange Papillen mit mehreren schief 
aufsteigenden, ein Netzwerk bildenden, arteriellen Zweigehen. 
Das ruekfuhrende venöse Gefass ist mächtig und geht in steilem 
Verlaufe in die Tiefe zurück. 

Die Papillen des vordersten Theiles der Ganmenschleim- 
baut zeichnen sich durch grosse Länge aus. Sie fuhren je eine 
einfache Gefässschlinge. 



Fig. 3. 

Gefässe des Zahnfleisches und der Wurzelhaut in der Höhe des 
Alveolarrandes. Starke Epithellagen (a) bedecken die massig 
grossen Papillen, von denen jede nur ein arterielles (c) und ein 
venöses Gefass besitzt. In der Tiefe sieht man mächtige venöse Ge- 
fässstämme (h), die parallel zur knöchernen Alveolarwand verlaufen. 

Bei (d) Gefässe der Wurzelhaut, welche mit Blutgefässen (e) des 
Alveolarfortsatzes (f) communiciren. Bei (g) der üebergang vom 
Periost des Alveolarfortsatzes zur Wurzelhaut des Zahnes (h), 
Hartnack, Object 4i 

Nach hinten zu nehmen die Papillen der Gaumenschleim¬ 
haut (Fig. 5), bei gleichzeitig, besonders über Schleimhaut¬ 
wülsten, noch mächtiger werdendem Epithel, au Höhe ab. Sie 


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6 


werden dafür immer breiter. Die einfachen Gefässschlingen | 

werden immer niedriger. 

Das Zahnfleisch auf der Zungenseite des Unterkiefers he- j 

sitzt bis zum Boden der Mundhöhle hinab einfache Gefäss- 
schlingen mit einigen unbedeutenden Anastomosen. j 



Gefösse der bogenförmigen Leiste des Zahnfleisches zwischen den 
Hälsen zweier benachbarter Zähne. Bild ist ähnlich Fig. 1. Das 
Epithel (a) ist mächtig. Die Papillen sind lang und besitzen mehrere 
schief aufsteigende, arterielle Zweige (cj und eine Vene, welche 
nach geradem Verlaufe steil in die tiefen Lagen der Schleimhaut zu- 
rtickführt. Hartnack, Object 4. 


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Fig. 5. 

Gefässe der Gaumeuschleimhaut 9 Millimeter hinter den Schneide¬ 
zähnen. Das Epithel (a) überkleidet die kurzen Papillen. Diese 
zeigen einfache Gefässschlingen. Die Venen sammeln sich zu stärkeren 
Stämmen (b). Hartnack, Object 4. 


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7 


EiB BBtöDitlia Mon bh üBterUr. 

Von Dr. Julius Scheff jun., Docent an der Universität in Wien. 

Schon J. Ser re hat den Zahnfleischgewäebsen eine aus¬ 
führliche Behandlnng gewidmet und dieselben in schmerzlose 
und schmerzhafte eingetheilt Die ersteren sind nach ihm 
weich, weisslicht und einem Polyp ähnlich, die letzteren hart, 
schwarzroth und geneigt, in harte Drüsengeschwulst und fressendes 
Geschwür ausznarten. Auch von der Epulis spricht er, hält 
sie für ein ähnliches Gewächs wie die oben erwähnte Drüsen¬ 
geschwulst; die Epulis rührt nach seiner Ansicht von einer Auf¬ 
schürfung oder Verletzung, auch von einer Fistel oder vom 
Brande am Kinnbacken her. Sie fängt meistens mit einer Beule 
an, die nach und nach zunimmt und sich am Zahnfleisch selbst 
oder an dessen unterstem Theile und meistens in der Gegend 
der letzteren Backenzähne zeigt. 

Dagegen behauptet Fauchard, dass dergleichen Gewächse 
überhaupt von der Bösartigkeit der flüssigen Theile oder Säfte 
entstehen, die das Zahnfleisch befeuchten. Mit Recht wider¬ 
spricht dem Ser re und fragt, warum die Natur die bösen Säfte 
gerade nach dem Zahnfleisch hinlenken und dort ohne örtliche 
Ursache ein Gewächs hervorbringen sollte? Die örtliche Ursache 
liegt aber nach Serre immer in hohlen Zähnen, die das Zahn¬ 
fleisch mit verschiedenen Krankheiten behaften. „Die meisten 
Beobachtungen über dergleichen Gewächse zeugen klar, dass 
der Brand in den Zähnen grösstentheils die Hauptursache der¬ 
selben sei.^^ 

Durch diese Darstellung präsentirt sich Serre als genauer 
Kenner der Erkrankungen des Zahnfleisches, steht aber in der 
Beurtheilung der einzelnen Erkrankungen auf einem Standpunkte, 
der unbedingt nach unseren heutigen Anschauungen als ein ver¬ 
alteter bezeichnet werden muss. Immerhin muss es uns über¬ 
raschen, wenn wir sehen, dass Serre auch ohne histologische 
Behelfe einzelne Geschwülste schon nach ihrem Aussehen und 


1) Praktische Darstellung aller Operationen der Zahnarzneikunst. 
Berlin 1804. 


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8 


ihrem Sitze zu diaguosticiren verstanden hat. Dass er dabei 
Begriff und Wesen mitunter verwechselte, darf nicht allzustreng 
genommen werden. Er zeichnete und schilderte, wie ihm die 
Erfahrung zu Gebote stand, und traf auf Grund der letzteren 
sehr häufig das Richtige. 

Linderer^) begreift alle Zahnfleischwucherungen unter 
dem gemeinsamen Namen Epulis. Er weicht in seiner Ein- 
theilung wesentlich von anderen Autoren ab, ist aber ebenfalls 
wie in allen seinen Beschreibungen scharf und von gründlicher 
Genauigkeit. 

Seit dieser Zeit hat sich ein grosser Umschwung vollzogen. 
Während in früherer Zeit die Erfahrung als Hauptquelle medi- 
cinischen Wissens und Könnens angesehen wurde und daraufhin 
die merkwürdigsten, heute unhaltbaren Theorien aufgestellt 
worden sind, wurde in denletzten Decennien durch den bedeutenden 
Aufschwung der pathologischen Anatomie, durch die enormen Fort¬ 
schritte und Entwicklung der Histologie ein Boden geschaffen, 
auf dem sich die jetzt herrschende Richtung ausbilden konnte. 
Im Gegensätze zu vielen gedankenlosen Theorien früherer Zeit, 
lehrt heute die Wissenschaft unter Zuhilfenahme des Mikroskops, 
leicht und spielend die Art gewisse Bildungsprocesse oder 
Geschwülste zu diaguosticiren. 

Während man sonst alle Geschwülste des Zahnfleisches 
kurz mit dem Namen Epulis bezeichnete, ist man heute in der 
Eintheilung jener Ne'ibildungsproeesse, welche sich in der Mund¬ 
höhle, namentlich am Zahnfleisch durch die verschiedensten Ur¬ 
sachen hervorgerufen, entwickeln, weitaus genauer und über¬ 
sichtlicher geworden. Jene Neubildung, von der wir später 
sprechen wollen, wäre gewiss von Serre, Fauchard oder 
von irgend einem anderen zu jener Zeit lebenden Autor als 
Epulis angesehen worden, weil die äussere Form, Sitz, Farbe, 
Grösse, Entwicklungszeit etc. im Grossen und Ganzen mit den für 
Epulis sprechenden Eigenschaften übereinstimmt. Das Wort 


0 C. J. Linderer sen. Handbuch der Zahnheilkunde. Berlin 1837. 

2) Epulis bedeutet auf dem Zahnfleisch aufsitzend von ij^l auf imd 
ovXig Zahnfleisch. 


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9 


Epulis wird in der neueren Chirurgie wenig mehr gebraucht, 
weil damit nur jene bestimmte Form von Neubildungen gemeint 
wird, die hauptsächlich am Unterkiefer zur Entwicklung gelangt, 
dagegen unbestimmt lässt, welcher Art die betreffende Neu¬ 
bildung ist. 

Am Unterkiefer können zwei Arten von Neubildungen oder 
Geschwülste Vorkommen, die leicht mit einander verwechselt werden 
können. Die eine Art ist die unter dem Namen „Epulis^ be¬ 
kannte Zahnfleischgeschwulst nicht entzündlichen Ursprungs, die 
andere das Granulom oder die entzündliche Hyper¬ 
trophie des Zahnfleisches. Da die Epulis verschiedener 
Natur sein kann, so unterscheidet man eine Epulis ossea, fungosa, 
sarcomatosa, fibrosa, carcinomatosa. In deu neuesten chirurgischen 
Lehr- und Handbüchern wird hingewiesen, dass es viel richtiger 
wäre, den wesentlichen Theil der Diagnose, die eigentliche Natur 
der Geschwulst voranzustellen, also von Euchondrom, Sarcom, 
Carcinom ii. s. f. des Alveolarrandes zu sprechen. Die unter 
diesem Namen auftretenden Geschwülste entwickeln sich vom 
Periost des Kieferrandes und durch fortw^ährendes Wachsen 
wölben sie das Zahnfleisch, einen oder mehrere Zähne verdrängend, 
vor. Charakteristisch für derartige Neubildungen ist die häufige 
frühzeitige Ulceration an ihrer Oberfläche, wegen der fortwährenden 
Insulte, denen sie durch die gegenüberstehenden Zähne aus¬ 
gesetzt sind. Nur bei gestielten Geschwülsten genügt das Ab¬ 
schneiden bei vorheriger Ligatur, während bei breit aufsitzenden, 
die in der Kegel tief bis au den Knochen reichen, eine radicale 
Exstirpation augezeigt ist und nachfolgend die Application des 
Ferrum candens nothweudig erscheint Geht die Erkrankung bis 
auf den Knochen, so ist auch dieser theilweise zu entfernen. 
Ebenso müssen auch die im Bereiche der Geschwulst gelockerten 
Zähne mit entfernt werden, weil diese die Wahrscheinlichkeit 
einer Miterkrankung des Älveolus erhöhen.*) 

9 Es ist selbstverständlich, dass wir hier keine erschöpfende Dar¬ 
stellung der Neubildungen des Unterkiefers geben können und uns nur auf 
die Erwähnung zweier Arten beschränken wollen, nämlich auf die des 
Granuloms und der sogenannten Epulis. 

2) Bardeleben. Chirurgie. III. Band, Seite 289. 



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10 


Ganz anders verhält es sieh mit den entzündlichen Er¬ 
krankungen des Zahnfleisches, die in ihrem Auftreten, in ihrem 
Wachsthura, in ihrem Umfange und in ihrer Entwicklung ver¬ 
schiedener Art sein können. Sie sind unter dem Namen nieht- 
infectiöse Granulationsgeschwülste oder kurz Granu¬ 
lome bekannt. Zu diesen können wir auch jene entzündlichen 
Hypertrophien des Zahnfleisches rechnen, die sehr häufig durch 
geringe Gelegenheitsursaehen, wie beispielsweise: scharfe Kanten 
oder Spitzen, vorstehende Füllungen, Zahnsteinauflageriingen, 
Fremdkörper etc. entstehen. Solche Hypertrophien oder Granu¬ 
lationswucherungen erreichen selten die Grösse einer Erbse, sind 
nicht gestielt und stellen höchstens an ihrem Entstehungsorte 
eine etwas breite und nicht scharf begrenzte Erhabenheit dar, 
die bei Berührung leicht blutet, aber nicht schmerzhaft ist. Diesen 
nähern sich die Granulationen, welche bei Heilung von klaffenden 
Wunden oder Geschwüren entstehen. Auch diese kommen über 
eine gewisse Grösse nicht hinaus, indem der Entwicklung von 
Fibroblasten und jungen Gefässen sehr bald eine Bindegewebs¬ 
bildung nachfolgt. Ist jedoch der Reiz, unter welchem sich bei 
gewöhnlichen Verhältnissen einfache Hypertrophie bildet, ein 
ununterbrochen dauernder, ist das umgebende Gewebe ein junges, 
so kann es Vorkommen, dass auch solche Granulationen durch 
rasches Wachsthum die gewöhnliche Grösse überschreiten. Bilden 
sieh dabei noch geschwulstartige, zellig fibröse Producte, so 
werden solche Geschwülste Granulome genannt. Die meisten 
Granulome entstehen *) dann, wenn die Entzündung durch Mikro¬ 
organismen hervorgerufen wird und die ständige Anwesenheit 
derselben andauernd einen Reiz auf die Gewebe ausubt, allein 
sio' können auch verkommen, ohne dass organisirte Krankheits¬ 
erreger die Entzündung veranlassen und zunächst dann, wenn 
andere Schädlichkeiten dauernd auf das entzündete Gewebe ein¬ 
wirken. Es kommt nicht selten vor, dass Granulome auch nach 
verbältnissraässig sehr geringfügigen Gewebsläsionen auftreten, 
bei welchen eine andauernde Reizwirkung auf das Gewebe nicht 


1) Ziegler. Lehrbuch der allgememen und speciellen pathologischen 
Anatomie. Jena 1885. Seite 156. 


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vorhanden ist. In noch anderen Fällen sind sie die Ursache 
grösserer Verletzungen und bilden daun wuchernde, weiche Gewebs- 
massen, die an maligne Marksehwämme erinnern. Die Granulome 
zeigen meist eine höckerige Oberfläche und einen papillösen Bau. 
Ziegler meint, dass ihr mächtiges Auswachsen auf stetig sich 
wiederholender Neubildung von Blutge^äs^sen beruht, welche sich 
verzweigen und so zum Grundstock für ein ganzes System ver¬ 
zweigter Papillen werden. Ein grosser Theil der Granulome sind 
darnach zugleich auch entzündliche Papillome. Die Granu¬ 
lome — nicht infectiöser Art — bestehen in ihrer reinsten Form 
aus Granulationsgewebe, dessen Oberfläche, sofern sie sich nicht 
auf epithelfreieni Boden entwickeln, meist mit Epithel bedeckt 
ist. Nach längerem Bestand wandelt sich ein Theil des Gewebes 
in fibröses Gewebe um, so dass der ursprüngliche Charakter 
verwischt wird.^^ *) 

Man hat in früherer Zeit den Zahnfleischgeschwülsten viel 
zu geringe Aufmerksamkeit geschenkt und alle grösseren Gewächse 
einfach als Epuliden bezeichnet. Auch heute wird jede Art von 
Neubildung am Zahnfleisch von den Zahnärzten unter diesem 
gemeinsamen Namen beschrieben. Ich habe schon in meinem 
Lehrbuche auf häufig vorkommende entzündliche Hypertrophien 
des Zahnfleisches am Unter- und Oberkiefer bingewiesen und 
mir Vorbehalten, dieselben gelegentlich eingehender zu würdigen. 
Ich halte es für angezeigt, die Aufmerksamkeit und das Interesse 
der Collegen endlich jenem Theil der Zahuheilkunde zuzuführen, 
der bisher von ihnen kaum anders berücksichtigt wurde, als dass 
sie sich entweder mit der Abtragung begnügten, oder wenn sie 
eine tiefergehende Operation fürchteten, den Chirurgen zu Hilfe 
nahmen. Dadurch blieben die Zahngeschwülste ein noli me tangere 
und doch gehören sie, wenigstens, was ihre Diagnose anbelangt, 
id das unmittelbare Gebiet der Zahnheilkunde. Die Zahnärzte 
sind in erster Linie dazu berufen, aufklärend und aneifernd zu 
wirken, und dies kann nur dadurch geschehen, dass sie auch 
die angrenzenden Theile der Zähne, also Zahnfleisch und Schleim- 


0 Ziegler. 

2) Sehe ff jun. Lehrbuch der Zalmheiikunde. 1884. II. Auflage, S. 263. 


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häute, zum. Gegenstände ihrer Beobachtung machen, und zwar 
in der Weise, dass sie das kleine Gebiet einer wissenschaftlichen 
Untersuchung unterziehen, was jedoch nur mit Zuhilfenahme 
des Mikroskops geschehen kann. Sind wir einmal so weit 
gekommen, dass wir auch nach dieser Richtung unser Wissen 
emeitert haben, dann wird auch die schärfste Kritik nicht wagen, 
die Zahnärzte blos auf die Behandlung der Zähne zu verweisen 
und wir werden, wenn wir auch das Gebiet unseres operativen 
Einschreitens nicht vergrössern wollen, so doch im Stande sein, 
genau festzustellen, welchen Ursprungs beispielsweise die eine 
oder andere Zahnfleischgeschwulst ist und welche Verhaltungs- 
massregeln zu ihrer Beseitigung angezeigt sind. Ich mache 
hiemit den Anfang, indem ich eine vor Kurzem ein¬ 
geschickte Zahnfleischgeschwulst, die mir als Epulis bezeichnet 
wurde und die ich histologisch untersuchte, vor die 
Oeflfentlichkeit bringe. 

Fig. 1 zeigt die Geschwulst in ihrer natürlichen 
Grösse, nachdem dieselbe schon einige Tage in 
absolutem Alkohol gelegen war. Dieselbe sass am 
linken Unterkiefer, und zwar in der Nähe des 2 . 

ersten Molaris. Patientin war 12 oder 14 Jahre. 

Der erste Molaris war bis auf die beiden Wurzeln durch 
Caries verloren gegangen. Die Patientin bemerkte das stetige 
Wachsen der Geschwulst und sah sich dadurch veranlasst, Hilfe 
bei einem Zahnarzt zu suchen. Die Geschwulst war gestielt und 
wurde in einer Sitzung abgetragen. Nach Entfernung der letzteren 
wurden die beiden Molarwurzeln extrahirt und die durch diese 
operativen Eingriffe verursachte grosse Wunde antiseptiseh be¬ 
handelt. Die Wunde zeigte raschen und guten Heilungstrieb und 
hatte nach 14 Tagen ein gutes Aussehen. In dieser Zeit wurde 
auch der zweite Molar entfernt, weil in seiner Umgebung eine 
leichte Recidive sichtbar war. Von da ab reinigte sich die Wunde, 
die ilveolarzellen und deren Wände retrahirten sich immer mehr 



1 ) Die Geschwulst wurde in Graz bei Herrn Dr. Gnirs abgetragen 
und von dessen Assistenten Penzler mir zur Untersuchung überlassen. Ich 
statte hiemit beiden Herren Collegen meinen besten Dank ab. 


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13 


und Hessen erkennen, da<?s der vollständigen Heilung nichts mehr 
im Wege stand. 

Fig. 2 ist ein Längsschnitt aus einem Stück der Ge¬ 
schwulst, welche den histologischen Bau darstellt. Die ganze 
Geschwulst enthält Granulationsherde, dazwischen Gefässe und 
faseriges Bindegewebe eingestreut. 

Fragen wir nach der Ursache, so liegt es nahe, dass die 
scharfen Kanten und Spitzen der ersten Molarwurzeln den 
ersten Reiz auf das Zahnfleisch ausübten. Mikroorganismen, die 
ja im Munde, namentlich in der Nähe cariöser Zähne, in grosser 



Fig. 2. 


Menge Vorkommen, dürften den Reiz erhöht haben, und so hat 
sieh in kurzer Zeit jene Geschwulst entwickeln können, die wir 
als gefässreiches entzündliches Granulom mit dicker 
Epithelschichte an der Oberfläche, bezeichnen müssen. 


Eenerlgiipii ier las Enpyei» to HigliKsMIla. 

Von Dr. M, Witjsinger, Zaliuavzt in Wien. 

Anlässlich der an einen Vortrag des Doeenten Dr. Chiari 
in der k. k. Gesellschaft der Aerzte über Highmorshöhle- 
Empyem angekuöpften Discussion, an der auch ich mich be- 
theiligte, bemerkte ich Folgendes: 


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Es geschieht sehr oft, dass Kraoke, die ao Empyem der 
Highmorshöhle leiden, zuerst die Hilfe des Zahnarztes in An¬ 
spruch nehmen. Die durch Empyem nicht selten erzeugten 
Odontalgien, die sich bald in einem Zahne localisiren, bald 
über alle Zähne der betreflfenden Seite sich verbreiten, die eine 
Zahngeschwulst vortäuschenden Ectasien bieten in der That so 
viel Aehnlichkeit mit den durch kranke Zähne gesetzten Er¬ 
scheinungen, dass der unkundige Kranke sein Leiden für eine 
blosse Zahnerkrankung hält. Ich komme daher oft in die Lage 
Epyem zu sehen, den Kranken zuerst über die wahre Natur 
seines Leidens aufzuklären und dasselbe zu behandeln. Es möge 
mir nun gestattet sein, so kurz als möglich die hiebei gemachten 
Wahrnehmungen mitzutheilen, insbesondere jene, die das ätio¬ 
logische Verhältniss der Erkrankung der Zähne zum Entstehen 
des Empyems betreffen. 

Man begegnet vielfach der Behauptung, dass die meisten 
Empyeme dentale sind, dass heisst, dass sie durch Alveolar- 
affectionen entstehen, welche consecutiv durch Wurzelhaut¬ 
entzündungen bedingt sind. Wir wollen nun diese Be¬ 
hauptung an der Hand der täglichen Erfahrung in der Praxis 
auf ihre Stichhältigkeit prüfen, zumal man einen zufrieden¬ 
stellenden Beweis für jene Behauptung überall, wo sie aufgestellt 
wurde, vergeblich suchen wird* Ich will nun die Entwicklung 
der hier in Betracht kommenden Alveolaraffectionen, wie sie 
eben nur die Zahnärzte vielfach zu beobachten Gelegenheit 
haben, in wenigen Worten skizziren, um daran jene klinischen 
Thatsachen zu knüpfen, die das ätiologische Verhältniss der 
Erkrankung der Zähne zum Entstehen des Empyems beleuchten. 

Es etablirt sich beispielsweise eine Caries im zweiten 
Backenzahne, oder im ersten oder zweiten Molaren, also in 
jenen Zähnen, die uns bei dieser Frage am meisten interessiren, 
da deren Alveolen unter dem Boden der Highmorshöhle liegen. 
Die Caries schreitet langsamer oder schneller gegen das Innere 
des Zahnes vor, perforirt die Wand der Pulpahöhle, erreicht die 
Pulpa, welche sich entzündet und in eine gangränöse Masse zerfällt. 
Durch die offene Wurzelspitze kommt diese gangränöse Masse 
mit der Wurzelhaut in Berührung, diese entzündet sich ihrer- 


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seits, ihr Gewebe wird gleichfalls zerstört, die blossgelegte 
Wurzelspitze necrosirt. Die uecrotische Wurzelspitze erzeugt 
durch ihr Verhalten als Fremdkörper einen osteomyelitischen 
Process am Grunde der Alveole und wir haben nun einen 
Abscess innerhalb der Alveole, der sich radiär nach allen 
Richtungen vergrössert Der Eiter perforirt die Alveole, dringt 
in die sie einhüUende spongiöse Knochensubstanz, erreicht die 
Corticalsubstanz des Kiefers, perforirt auch diese, ebenso das 
darüberliegende Periost, fliesst dann im lockeren Bindegewebe 
der Mnndschleimhant im Sinne der Schwere nach abwärts und 
mundet, einen fistulösen Gang erzeugend, an der Mundschleim¬ 
haut. Dieser Process vollzieht sieh je nach Umständen unter 
grössereu oder geringeren Schmerzen, mit nur wenig merklicher 
bis ansehnlicher Geschwulst und findet mit der Entleerung des 
Eiters, sagen wir vorerst in die Mundhöhle, seinen vorläufigen 
Abschluss. Da aber die necrotische Wurzel stehen bleibt und 
durch neue Reize wiederholt purulente Entzündungen der noch 
erhaltenen Wurzelhaut entstehen, kommt es in kürzerer oder 
längerer Zeit zu neuerlichen Eiterentleerungen auf dem alten 
Wege oder durch neue fistulöse Gänge. In Folge dieses morbiden 
Zustandes erkrankt häufig das Periost des Alveolarprocesses und 
dehnt sich die Erkrankung allmälig auch über die benachbarten 
Alveolen und selbst über das Periost des Kiefers aus. Das 
Periost ist merklich verdickt, gegen Druck mehr oder weniger 
empfindlich, die Schleimhaut stärker geröthet als normal, der 
Papillarkörper deutlich hyperplastiseh. Diese chronische diffuse 
Periostitis kann längere Zeit bestehen, ohne die Geduld des 
Patienten zu erschöpfen, noch seine Furcht vor einer zahnärztlichen 
Behandlung zu überwinden. 

Mit einem Male ändert sich das Bild und nimmt einen 
acuten Charakter an. Das Periost abseedirt an mehreren Stellen 
es bilden sich Abscesse in der Schleimhaut, die sich an mehreren 
Stellen eröffnen, und es kommt zu einer bedeutenden Anschwellung 
der Wange, der Lider und der Nase. Diese stürmischen Er¬ 
scheinungen beunruhigen den Kranken, er sucht den Arzt auf 
und es wird diesem pathologischen Quodlibet zu Leibe gegangen, 
indem man den veranlassenden Zahn extrahirt. Schon bei der 


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blossen Berührung des Zahnfleisches quillt der Eiter wie aus 
einem Schwamme und der Zahn gleitet ohne merklichen Kraft¬ 
aufwand zwischen die Backen der Zange, während gleichzeitig 
aus der Alveole ein blutiger Eiter naehstürzt. Nachdem die 
Blutung gestillt ist, gehen Sie in die Alveole mit einer feinen 
Knopfsonde ein und gelangen mit Leichtigkeit in die Highraors- 
höhle. Hier hatten Sie, nach der gewöhnlichen Vorstellung, die 
günstigsten Verhältnisse für die Entwicklung eines Empyems. 
Ein Abscess im Grunde der Alveole, der Boden der Highmors¬ 
höhle perforirt, Eindringen von Eiter in die Highmorshöhle, 
eine lange bestandene chronische Periostitis, die sich auf die 
Wände des Antrums erstreckte. Man kann sich nichts Besseres 
wünschen. Sie erwarten mit Recht, dass hier ein Empyem vor¬ 
liege. In dieser Erwaitung erhalten Sie durch eine entsprechende 
Einlage in die Alveole die Communication zwischen Antrum 
und Alveole einige Tage offen, allein siehe da, es kommt kein 
Eiter zum Vorschein. Sie entfernen die Einlage und nach 
wenigen Tagen ist die Communication geschlossen. Die Alveolar¬ 
narbe entwickelt sich wie gewöhnlich. Diese Thatsachen hat 
jeder Zahnarzt, der für den Gegenstand Interesse hat, vielfach 
zu beobachten Gelegenheit, und Sie finden sie auch in der 
Literatur mehrfach verzeichnet. Andererseits habe ich in den 
von mir behandelten Fällen von Empyem auch nicht einmal 
die Highmorshöhle nach der Extraction desjenigen Zahnes, den 
man nach seiner Beschaffenheit allenfalls in einen eausalen Zu¬ 
sammenhang mit dem vorliegenden Empj^era bringen konnte, 
eröffnet gefunden. Aus dieser Thatsache ersehen Sie vorerst, 
dass der Eröffnung der Highmorshöhle und dem Eintritte von 
Eiter in dieselbe von der Alveole aus nicht jene Bedeutung zu¬ 
kommt, die man ihr in Bezug auf Entstehung des Empyems 
zuzuächreiben pflegt. Das wesentliche Moment bleibt immer das 
längere Verweilen des Eiters in der Highmorshöhle, dessen 
Zersetzung, der Schleimhaut der Highmorshöhle jenen Reiz zu- 
zuführeu scheint, welcher die eigeuthümliche Erkrankung der¬ 
selben bei Empyem hervorruft. Sobald die Möglichkeit für den 
Abfluss des Eiters aus der Highmorshöhle nicht lange vor¬ 
enthalten wird, kommt es nicht zu jenem chronischen Empyem, 


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welches wir hier in Betracht zogen. Das ersehen Sie auch ans 
dem sehr interessanten Falle Strassky’s, den Wedl ver¬ 
öffentlicht hat: „Ein neunjähriger Knabe kam zu Professor 
Strassky wegen eines schmerzhaften Milchbackenzahnes und 
eines Backengeschwöres an derselben Seite Der Vater gab an, 
der Knabe sei vor einem Jahre in einen drei Meter tiefen 
Wassercanal, der mit Eichenpfostenbrettern ausgezimmert war, 
gefallen. An der Backe trat alsbald Eiterung ein. Es bildete 
sich ein Geschwür, welches trotz sorgfältiger Behandlung nicht 
heilen wollte. Strassky extrahirte den schmerzhaften lockeren 
Zahn. Beim Sondiren gelangte er durch die Alveole, aus welcher 
blutiger Eiter ausfloss, in die Highmorshöhle, wobei ihm ein 
fremder Körper anffiel, der auch durch das Geschwür an der 
Backe mit der Knopfsonde zu erreichen war. Mittels einer 
spitzen Zange zog er durch die Alveole einen conischen Eiehen- 
zapfeu von 15 Millimeter Länge und 5 Millimeter Dicke heraus. 
Die Vernarbung der Alveole sowohl als der Haut erfolgte binnen 
sehr kurzer Zeit.“ Auch in diesem Falle kam es nicht zum 
klinischen Empyem, weil der Eiter durch die eutane Fistel an 
der Backe beständig abfliessen konnte. 

Den unzweifelhaft dentalen Fällen begegnen Sie in der 
Praxis nur äusserst selten und ebenso in der Literatur. J. Tom es 
veröffentlicht in seinem Werke „A System of Dental Surgery« 
einen Fall, in welchem durch eine eitrige Wurzelhautentzündung 
des linken Centralschneidezahnes sich ein intraalveolarer Abscess 
entwickelte, welcher durch einen fistulösen Gang von der Stärke 
eines Gansfederkieles sich in’s Antrum ergoss und daselbst ein 
Empyem zur Folge hatte. Latimer veröffentlicht im „Dental 
Cosmos^ (1870) einen noch interessanteren Fall, in welchem 
beide Antra in Folge purulenter Wurzelhautentzündung und 
Alveolarabscess, ausgehend von beiden kleinen Schneidezähnen, 
an Empyem erkrankten. Hier musste der Eiter im Antrum be¬ 
ständig stagnireu, da er auf keinem anderen Wege als durch 
das Ostiou maxillare abfliessen konnte. 

Professor Zuckerkandl, dem wir das Verstäudniss so 
mancher bisher dunkler klinischen Erscheinungen bei Empyem 
verdanken, vertritt die Anschauung, dass beiweitera die meisten 


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.18 


Eatzändangen der Scbleimhaut des Aatriims von der Schleim¬ 
haut der Nasenhöhle fortgeleitete Erkrankungen sind, und die 
tägliche Erfahrung der Praxis gibt ihm hierin Eeeht. 

Es geht daher nicht an, aus der blossen Anwesenheit 
eines cariösen Zahnes oder einer Alveolnarbe, die auf das 
ehemalige Vorhandensein eines kranken Zahnes hinweist, auf 
dentalen Ursprung eines vorliegenden Empyems zu schliesseu. 
Die Garies ist eine unter allen Cnlturvölkern — mit alleiniger 
Ausnahme der Bewohner Islands, welche eine Immunität gegen 
diese Erkrankung zu besitzen scheinen — so ausserordentlich 
verbreitete Krankheit, dass man nur selten einen Menschen finden 
kann, der in seinem Mnnde nicht einen oder mehrere kranke 
Zähne oder Alveolnarben besässe. Unter diesen cariösen Zähnen 
haben Sie gewöhnlich auch solche, welche bereits Wurzelhaut¬ 
entzündungen durchgemacht haben, sich eigentlich seit Jahren 
permanent im Zustande der chronischen Wurzelhautentzündung 
befinden, und dennoch — wie ausserordentlich selten ist dem 
gegenüber das Vorkommen des Empyems, so selten, dass viele 
Aerzte nicht in die Lage kommen, dieses bei all’ seiner 
Seltenheit, mit Bücksicht auf seine mitunter das Leben bedrohenden 
Conseqnenzen so bedeutsame Leiden, aus unmittelbarer An¬ 
schauung kehnen zu lernen und dasselbe zu diagnosticiren^ wo 
selbst die Möglichkeit der Diagnose hinreichend gegeben ist. 

Ein nach dieser Bichtung und auch noch mancher anderer 
beachtenswerther Fall begegnete mir erst vor kurzer Zeit. Am 
27. März vorigen Jahres kam die Frau eines bekannten hiesigen 
Kaufmannes zu mir und klagte über folgende Erscheinungen: 
Sobald sie sich frisire und die Haare von rückwärts über das 
Gesicht nach vorne herüberschlage, wobei sie den Kopf senken 
müsse, um das Gesicht mit dem Kamme nicht zu treffen, tropfe ihr 
beständig Eiter aus der Nase; wenn sie einen Brief schreibe, 
müsse sie sich auf den Tisch eine aufgebauschte Serviette legen, 
um den aus der Nase tropfenden Eiter aufzunehmen. Beim 
Putzen der Zähne mit der Zahnbürste, wobei sie den Kopf von 
rechts nach links und umgekehrt bewege, fliesse ihr fortwährend 
Eiter aus der Nase; sie sei;ferner in ihrer Nachtruhe gestört, 
da sie durch den im Schlund angesammelten Eitet bei.’gleich- 


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19 


zeitiger VerstopfuDg der Nasengänge in Folge von Schleimhaut¬ 
schwellung, die Athemnoth aus dem Schlafe wecke. Dabei habe 
sie sehr oft heftige Schmerzen im rechten Auge und auf der 
ganzen rechten Gesichtshälfte. Da sie sich im siebenten Monate 
der Schwangerschaft befinde, habe sie die Idee, dass ihr die 
Frucht im Leibe verfaule und sie habe wiederholt die Auf¬ 
merksamkeit ihres Hausarztes auf diese mögliche Quelle ihres 
schmerzhaften und lästigen Leidens gelenkt. 

Bei der äusseren Betrachtung der Patientin fiel die Assymetrie 
beider Qesichtshälften auf, indem die rechte Seite stärker erschien 
als die linke. Bei der Betastung fühlte ich eine Hervorragung 
zwischen dem Foramen iofraorbit. und dem Processus frontalis des 
Oberkiefers. Bei der Untersuchung des Mundes fand ich die Fossa 
canina nicht nur verstrichen, sondern bedeutend hervorgetrieben 
und die Hervortreibung unter deutlichem Pergamentknittern 
merklich eindrückbar. Die fast normale Beschaffenheit der 
Mundschleimhaut der betreffenden Seite contrastirte ganz auf¬ 
fällig mit den vorher erwähnten Auftreibungen und musste selbst 
ohne vorherige Kenntniss des Eiterausflusses aus der Nase 
einen dentalen Proeess ausgeschlossen erscheinen lassen. 
Patientin stand, wie sie erzählte, seit vier Monaten in Be¬ 
handlung eines Fachmannes. Zuerst wurden ihr quellende 
Laminariastifte in die Nase eingeführt und ungefähr zwei 
Stunden darin belassen. Die Patientin schildert die Schmerzen 
bei der Einführung und noch mehr während des Quellens des 
Stiftes in der Nase als unerträglich. Ein Drängen gegen den 
Gaumen mit heftigen Schmerzen in sämratlichen Zähnen der .be¬ 
treffenden Seite, ein Drängen nach oben mit Reizerscheinungen 
von Seile des Auges, Druck, Spannung, Photopsie, Thränen etc. 
Nach dem jedesmaligen Gebrauche der Stifte befand sie sich 
immer schlechter. Man vergegenwärtige sich aber auch eine mit 
Eiter gefüllte Highmörshöhle, den ohnehin vorhandenen directen 
Druck des Exsudates auf die ihrer Knochencanäle in solchen 
Fällen meist beraubten Nerven, und nun denke man sich diesen 
Druck, durch eine so bedeutende .Gewalt, wie sie, das Quellen 
der Stifte hervorbringt, vermehrt, dann kann man sich von dej 
verzweifelten Läge der Patientin eine Vorstellung machen. 

2 * 


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20 


In Folge der Erfolglosigkeit dieser Behandlung überging man 
zu Einspritzungen ?on Thymol; der Erfolg war negativ. Nun 
wurde der Patientin bedeutet, es bandle sich um eine Geschwulst 
in der Nase, welche abgetragen und mikroskopisch untersucht 
werden müsse, um über die Natur der Geschwulst Klarheit zu 
erlangen; die Operation sollte in zwei Tagen stattfinden. Die 
Angst vor diesem bevorstehenden Eingriff veranlasste die 
Patientin, sich noch anderwärts Rath zu erholen, und so kam 
sie auch zu mir. Ich klärte sie über ihr Leiden auf und ver¬ 
sprach ihr, sie durch einen unbedeutenden operativen Eingriff 
von den lästigen Erscheinungen ihres Uebels, dem Eiterausfluss 
aus der Nase, in wenigen Minuten zu befreien. Die bisherige 
Erfolglosigkeit der Behandlung machte jedoch die Patientin 
misstrauisch, was mich veranlasste, sie an Herrn Professor 
Mosetig-Moorhof zu verweisen, iiiu auch seine Meinung 
einzuholen. Nach genauer Besichtigung des Falles stimmte 
Professor von Mosetig sowohl der Diagnose als auch der 
intendirten Behandlung vollkommen bei. Hierauf extrahirte ich 
der Patientin den zweiten Bicuspis, der eine Cementfüllung hatte. 

Die Alveole war gegen die Highmorshohle ge¬ 
schlossen. Ich ging unter Anwendung der zahnärztlichen 
Bohrmaschine — wie ich’s in solchen Fällen stets zu thun 
pflege — mittels eines 1*5 Millimeter starken, speerförmigeu 
Drillbohrers ein, fand noch eine ziemliche Spongiosa vor, die 
ich in der Richtung nach hinten und innen durchbohrte, und 
gelangte in die Highmorshöhle. Nunmehr erweiterte ich den 
Bohrcanal mit einem 2*5 Millimeter, schliesslich mit einem 
4 Millimeter starken speerförmigen Drillbohrer und nun ent¬ 
leerte sich eine ganz unglaublich grosse Menge dicklichen, äusserst 
widerlich stinkenden Eiters, dem zum Schlüsse käsig geronnene 
Massen beigemengt waren, die in noch grösserer Menge aus¬ 
traten, nachdem ich Durchspülungen der Highmorshöhle mit 
einer einpercentigen Carbollösung vornahm. Ich ziehe es immer 
vor, die Eröffnung der Highmorshöhle von der Alveole des 
zweiten Bicuspidaten anstatt von der der Molaren vorzunehraen, 
weil jener der Medianlinie näher liegt und man durch desseu 
Alveole bei noch so stenotischer Highmorshöhle mit Sicherheit 


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in dieselbe gelangen kann, wenn man die oben erwähnte 
Richtung beim Bohren einhält, ferner, weil in Folge der 
leichteren Zugänglichkeit der bezeichneten Alveole dem Operateur 
die Ausführung der Operation und für den Patienten die nach 
der Operation nothwendige Nachbehandlung leichter ist. Die 
Alveole des Bicuspidaten ist überdies jedenfalls grösser als jede 
einzelne des ersten Molars. Die zwischen den divergenten 
Wurzeln des ersten Molars sich oft einsenkende Knochenmasse 
bietet der Operation mitunter einige Schwierigkeiten, wie ich es 
selbst in einem Falle, den ich vor Herrn Professor Störk 
operirte, einmal erfuhr. Gegenüber dem Verfahren von Mikulicz 
muss festgehalten werden, dass der Cansalindication, welche 
das Setzen der günstigsten Abflussbedingungen heischt, nicht 
in dem Masse Rechnung getragen wird, als beim Eröffnen der 
Highmorshöhle vom Alveolarfortsatze aus. 

Wenn ein Empyem überhaupt zur Heilung gelangen soll, 
so muss in erster Reihe der Stagnation des Eiters in der 
Highmorshöhle vorgebeugt werden. Es müssen daher die gün¬ 
stigsten Ausflussbedingungeu gesetzt werden, und dies ist eben 
der Fall, wenn die Abflussöffnung am Boden und nicht an 
einer Wand der Highmorshöhle angebracht wird. Bedenkt man, 
dass der Boden der Highmorshöhle bei einer nur einigermassen 
tiefen Alveolarbucht zehn bis elf Millimeter unter dem Boden 
des unteren Nasenganges liegt, dass ferner Mikulicz die Oeffnung 
in der äusseren Nasenwand nicht gerade dort, wo diese von 
dem Boden der Nasenhöhle aufsteigt, wegen der an diesen 
Stellen noch beträchtlichen Dicke des Knochens anbringen kann, 
sondern sie mindestens drei bis vier Millimeter höher anzulegen 
gezwungen ist, so können, wenn wir den Flächeninhalt des 
Bodens der Highmorshöhle blos mit vier Qnadratcentimeter 
aunehmen, sechs Cubikeentimeter Eiter sich ansammeln, ehe sie 
die Mikulicz’sehe Oeffnung erreichen, um abfliessen zu 
können. Ueberdies gibt Mikulicz selbst zu, dass unter gewissen 
Verhältnissen, die sich nicht gar so selten vorfinden, wie Enge 
des unteren Nasenganges, Hypertrophie der unteren Nasenmuschel, 
besondere Stärke der äusseren Nasenhöhlen wand, die Ausführ¬ 
barkeit seiner Methode unmöglich gemacht wird. Die Eröffnung 


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22 


durch die Alveole kann aber jederzeit aiisgeführt werden. Dem 
wichtigsten Einwand, das Eindringen von Speiseresten durch 
die Alveole betreffend, kann dadurch begegnet werden, dass 
mau in den Bohrcanal ein passendes Goldröhrchen einfügt, an 
dessen in die Mundhöhle reichendem Ende ein feines Goldsieb 
angebracht ist, welches den Durchtritt des Eiters, aber nicht das 
Eindringen gröberer Substanzen gestattet. Ich habe wiederholt 
gesehen, dass, nachdem die Secretion wenige Tage nach der 
Eröffnung eine ganz minimale wurde und ich die Canüle wasser¬ 
dicht verschloss, um mich von dem wirklichen Aufhören der 
Secretion zu überzeugen, schon nach 24 Stunden neuerliche 
Reizungserscheinungen in Folge des Verweilens geringer Eiter¬ 
mengen in der Highmorshöhle auftraten, die sofort schwanden, wenn 
neuerlich der Durchtritt des Eiters ermöglicht wurde. Fünfpercentige 
Boraxlösungen, einpercentige Carboisäurelösungen leisteten mir zur 
Durchspülung sehr gute Dienste. So lange Eitersecretion statt¬ 
findet, lasse ich diese Durchspülungen vom Patienten seihst, und 
zwar täglich des Morgens vornehmen, und die Entfernung der Canüle 
erfolgt erst, wenn ich mich durch längere Zeit überzeugt hatte, 
dass sich bei wasserdichtem Verschluss derselben keine Seeret- 
ansammlung und keine Reizungserscheinungen mehr einstellten. 

Zum Schluss möchte ich noch an dieser Stelle bemerken, 
dass Herr Dr. Ghiari mich missverstand, wenn er mir in seinem 
Resume — ich hatte keine Gelegenheit, dasselbe in der k. k. Gesell¬ 
schaft der Aerzte zu berichtigen — imputirte, dass ich den dentalen 
Ursprung des Empyems überhaupt negirte. Aus meiner Auseinander¬ 
setzung ergab sich vielmehr, dass ich Empyemfälle von zweifellos 
dentalem Ursprünge anerkannte, da ich ja ausdrücklich unter dem 
Gesichtspunkte des dentalen Ursprungs die Empyems eintheilte: in 
reine dentale, dann in solche, die auf dentalen Ursprung, verdächtig, 
und schliesslich in solche, die bestimmt nicht dentalen Ursprungs 
sind. Ich legte blos dagegen Verwahrung ein, dass das blosse 
Vorhandensein eines cariösen Zahnes genüge, einen Fall von 
Empyem als einen dentalen zu bezeichnen. Jeder, der mit patho¬ 
logischen Processen an Zähnen hinreichend vertraut ist, wird mir 
in dieser Richtung seine Zustimmung gewiss nicht versagen. 


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Mtisclie Wille 1 die Bebaidliii approiiiialer Caiitei. 

Von Dr. RvMf Weiser, Zahnarzt in Wien. 

Jeder Praktiker hat seine eigenthümlichen Behandlnngs- 
methoden, welche er theils durch verständige Auffassung der 
Grundsätze begabter Lehrer und tüchtiger Collegen, theils durch 
aufmerksames Beobachten der ihm vorkommenden Fälle, theils 
dadurch gewonnen hat, dass er mit Fleiss und objectivem Urtheil 
der Literatur folgt Und nicht selten leisten wir Erspriesslieheres, 
wenn wir im Kreise fortschrittliebender Standesgenossen oder in 
Fachblättern derlei Methoden besprechen, als wenn wir eine 
originelle Idee oder eine neue Entdeckung veröffentlichen. Durch 
letztere Erwägung glaube ich mich zur Publication dieses kleinen 
Aufsatzes berechtigt, welchen mir die Freude über unerwartet 
schöne Erfolge bei der Behandlung hochgradig cariöser Zahn¬ 
reihen in die Feder dictirte. 

Dass Gold für approximale Cavitäten der Front- und Zinn- 
Gold für jene der beim Sprechen und Lachen nicht sichtbaren 
Zähne heute die empfehlenswerthesten Füllungsmaterialien sind, 
ist uns allen bekannt Andererseits, mögen wir immerhin zugebeu, 
dass Cement sich auf der Kaufläche in — mit Rücksicht auf die 
leicht und rasch ausführbare Manipulation der Füllung — 
ziemlich befriedigender Weise hält; auch die approximalen 
Cavitäten der vier Schneidezähne und die mesialen der Eckzähne 
werden, man stelle die Statistik noch so pessimistisch zusammen, 
als man will, — doch durchschnittlich auf drei Jahre durch 
Cementfüllungen vor dem Auftreten neuer Caries geschützt; — 
sie liegen eben für’s Erste schon günstiger für die Vorbereitung, 
man überblickt hier ferner selbst bei schwierigen Fällen besser 
den oberen Rand der Höhle, schützt sich mit Cofferdam oder 
Holzkeil oder mit beiden Hilfsmitteln viel leichter als weiter 
rückwärts gegen das von der Papille, welche durch die cariöse 
Höhle oder vielleicht erst durch die separirende Einlage 
gereizt wurde, oft in erstaunlicher Menge producirte Serum 
— und was meiner Ansicht nach eben so sehr in die Wag¬ 
schale &llt, diese Partie der Zahninterstitien füllt sich beim 
Kauen nicht so sehr und nicht so regelmässig mit Speiseresten 


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und sie wird vom Patienten theils mit der Zunge, theils mittelst 
Zahnstocher, Zahnbürste, Faden oder Sacktuchrand noch am 
ehesten von den ihn belästigenden eingekeilten Fremdkörpern 
befreit. 

Wir können es aber weder uns selbst, noch dürfen wir 
es unseren Patienten verhehlen, dass Cement das aller- 
erbärmlichste Material ist, um approximale Cavitäten der Backen- 
und Mahlzähne zu füllen. Die Fälle, in welchen Cementfüllungen 
an dieser Stelle auch noch so massigen Anforderungen ent¬ 
sprechen, gehören zu den Ausnahmen. Ich will gleich hinzufügen, 
dass ich es für ganz recht und billig halte, wenn der von 
mir behandelte Zahnleidende verlangt, dass gefüllte Zähne nicht 
nur nicht weiter schmerzen oder zu Grande gehen, sondern dass 
sie auch ihre physiologische Aufgabe so vollkommen erfüllen 
wie intacte Zähne — und — dass er sich nicht nach jedem Bissen 
Brot eine Viertelstunde mit Zahnstocher, Sacktuchrand (!) oder 
Seidenfaden abplagen muss, um wenigstens das Gros der ein¬ 
gebissenen Speisen herauszubefördern, welche zwischen den durch 
unzweekmässige und äusserst kunstlose Präparation ihrer 
anatomischen Gestalt beraubten Approximalflächen gefangen 
gehalten werden. 

Es ist eine traurige Wahrheit, dass die jämmerliche Be¬ 
schaffenheit der Zähne bei den meisten den europäischen Continent 
bewohnenden civilisirten Racen einer- und der überall hinderlich 
sieh entgegenstellende Pauperismus der in Waffen starrenden 
und unter den Einflüssen einer trostlosen wirthschaftlichen Ge- 
bahrung leidenden Staaten Mitteleuropas andererseits, der 
praktischen Verwerthung zahnärztlichen Wissens und Könnens 
in der idealen Weise, wie sie anderwärts möglich ist, oft un¬ 
überwindliche Hindernisse entgegenstellen. Diese Thatsaehe 
soll aber am allerwenigsten von uns österreichischen Zahnärzten 
und allen jenen, die so wie wir nicht nur eine fachliche Schulung, 
sondern durch das Studium der Humaniora auch eine lang¬ 
jährige besonders sorgfältige Erziehung des Geistes und Charakters 
durchgemacht haben, als bequemer Entschuldigungsgrund eines 
für den Behandelnden wenig anstrengenden uud sehr wenig zeit¬ 
raubenden, — dem Zahnleidenden aber erbärmlich wenig helfenden 


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und doch kostspieligen Verfahrens benfltzi werden. Vielmehr 
soll sie uns dazu anspornen, gestützt auf unsere Erfahrnugen 
und Kenntnisse, neue, möglichst verlässliche, einfache Methoden 
zu suchen, welche minder zeitraubend, minder kostspielig sind 
und welche an die Qualität des Zahnbeines sowie an die Form 
des Defectes nicht solch bestimmte Anforderungen stellen, wie 
die bewährten Gold- und Zinn-Gold-Füllungen. 

In meinem Bestreben, wenn es nur irgend möglich ist, 
bei der Behandlung approximaler Cavitäten der Backen- und 
Mahlzähne Cementfüllungen zu vermeiden, wurde ich noch einmal 
aufgehalten, als ich anfing, auch Cementfüllungen nur unter 
Cofferdam anszuführen und an die so geschaffene Möglichkeit, 
den Cement erst vollkommen trocknen und mit feinen Lava-Strips 
und Cuttle-lish-Paper-Disks hniren zu können, bevor der Speichel 
auf ihn einwirkt, die überschwängliche Hoffnung knüpfte, diese 
billigen, rasch und leicht auszuführenden Füllungen in einer 
grösseren Reihe von Fällen anwenden zu dürfen. Aber schon 
die nach Verlauf eines Jahres gemachten Wahrnehmungen hatten 
mich ein für allemal bestimmt, an den wiederholt angegebenen 
Stellen Gement nur im äussersten Nothfalle und mit 
Beobachtung gewisser Cautelen anzuwenden. Unter 
Cofferdam gelegte Cementfüllungen haben ceteris paribus das 
voraus, dass die „secundäre Caries“ am eervicalen Bande der 
approximalen Füllung mit den so wohlbekannten Symptomen 
grosser Empfindlichkeit gegen thermische sowohl als ganz 
besonders gegen mechanische und chemische Einflüsse nicht 
oder doch weitaus nicht so rasch auftritt, als eine andere Er¬ 
scheinung, vor welcher an trockengelegten Zähnen ausgeführte 
Phosphat-Gementfüllungen ebenfalls nicht gefeit sind; d. i.'das 
Auftreten einer halbkugeligen Vertiefung genau über 
der Stelle, mit welcher die approximale Füllung sich dem eben¬ 
falls gefüllten oder cariösen oder noch intacten Nachbarzahu 
am meisten nähert. Ich zweifle vorderhand nicht, dass dieselbe 
Product der Gährungsvorgänge in den durch die rauhen Berührungs¬ 
flächen festgehaltenen Speiseresten ist; hiefür scheint mir auch 
der Umstand zu sprechen, dass diese Glrnben umso tiefer sind 
und umso rascher auftreten, je nachdem zwei approximale 


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CemeDtfüllungen einander ber&hren oder eine solche einem an 
der zngekehrten Seite gesunden oder mit einer richtig finirten 
Metallfüllung versehenen Zahne gegenfibersteht. . 

Es ist ganz überraschend, wie viel abwechslungsreicher 
und interessanter sich die Aufgabe, mehr oder minder hoch¬ 
gradig erkrankte Zahnreihen conservativ zu behandeln, dann 
stellt, wenn man, durchdrungen von der üeberzeugung, dass 
Cement sich nicht zur Füllung approximaler Backen- und Mahl- 
zahn-Cavitäten eignet, auf Mittel und Wege sinnt, um Cement- 
füllungen auszuweichen, und man möchte von vorneherein gar 
nicht glauben, wie leicht es durch Zuhilfenahme kleiner Kunst¬ 
griffe möglich ist, an Zähnen, welche ganz colossale Defecte 
aufweisen, noch Metallfüllungen anznbringen. 

Ein spöttisches Lächeln zuckt mir oft um die Lippen, wenn 
ich schwer ausführbare Füllungen z. ß. mesial an einem Weisheits¬ 
zahn und distal an einem zweiten Molaren sehe, welche ich in 
den ersten Jahren meiner Praxis unter unbeschreiblichen An¬ 
strengungen, mit Zuhilfenahme von mehrtägigen Separations¬ 
versuchen oder V-förmiger Gestaltung des Zwischenraumes 
Winkelstück und abenteuerlich geformten Excavatoren ausgeführt 
hatte. — Sie sitzen noch, diese Füllungen, und schliessen noch 
hermetisch — —, Gott sei Dank! — Aber wie einfach und 
sicher, leicht und rasch wären: diese mühseligen Arbeiten zu 
machen gewesen, hätte ich damals schon die Idee gehabt, eine 
auf der Kaufläche befindliche noch ältere, wenn auch ganz tadel¬ 
lose Füllung herauszubohren, oder die der zu füllenden schwer 
zugänglichen Approximal- Cavität zunächst gelogene Fissur zu 
eröffnen und die so geschaffene künstliche Cavität mit der 
approximalen zu verbindeu! — Mit einem neuen Rosenbohrer 
ist die härteste und grösste Amalgamfüllung in kürzester Zeit 
herausgebohrt, mit einem feinen und darauf mit einem gröberen 
Fissurenbohrer fast jede Fissur unschwer zu eröffnen; trotzt aber 
die Fissur eines harten Zahnes mit dickem Email dem rotirenden 
Stahl, dann kann man sich gewiss mit einem kleinen Cornnd- 
rädchen, oder falls mit diesem nicht in der geeigneten Richtung 
eine später mit Bohrern zu erweiternde Rinne geschliffen werden 
kann, vorerst mit dem Diamantbohrer und dann mit Stahl- 


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bohreru eine Cavität auf der leicht zugänglichen Kaufläche 
hersteilen. ■ ’ • ' 

Von dieser Kauflächen-Höhle bohrt mau, das Instrument 
stets vom Dentin gegen das Email hiuziehend, nach vor- oder 
räckwärts, je nachdem der eigentliche cariöse Erkrankungsherd 
mesial oder distal liegt. Mit einem Rock gelangt man meist 
von der künstlich angelegten in die zn behandelnde Zahnhöhle 
und hat sich dieselbe von der Eaufläcbe ans zugänglich gemacht. 
Welche Vortheile bietet dieses Verfahren ? Mein Freund 
Dr. 0. Zsigmondy hat sich hierüber im ersten Heft des Jahr¬ 
ganges 1885 der österr.-ung. Vierteljahrsschrift ausführlich 
geäussert und ich will nur in Kürze die klare üebersicht des 
Operationsfeldes und die leichte Erreichbarkeit aller zu excavirenden 
Stellen recapitnliren. Worauf ich jedoch in diesem Aufsatze 
besonders hinweisen will, das ist die Verwertbung dieser 
Präparationsmethode für die Behandlung schwer zugänglicher 
und mit Metall auf andere Weise nicht sicher fällbarer approxi- 
maler Gavitäten. Eine Reihe von Beispielen soll dies erläutern. 
Bleiben wir zunächst bei dem oben angenommenen Falle; die 
Gavitäten seien mittelgross und lägen nahe dem Zahnhälse. 
Selbst wenn es gelingt, die Zäbne durch Gummi und Wolle zu 
separiren, so wird das Exeaviren der distalen Gavität nicht 
immer perfect gelingen, beim Versuche, mittelst eines Winkel¬ 
stückes die eervicale Wand zu unterschneiden, wird der gerade 
bei diesen hochliegenden Gavitäten so heikle eervicale Rand 
leicht ausbreehep, beim Unterschneiden der gegenüberliegenden 
Wand wird man nicht einmal immer das Gefühl der vollen 
Sicherheit bekommen, dass sie doch wenigstens horizontal ver¬ 
läuft; versucht man dann, rechts und links Unterschnitte an¬ 
zubringen, so wird nur zu ott das Winkelstück an den Nachbar- 
zahtt stossen und dadurch den Bohrer hindern, genügend weit 
vom Schmelz eine Haftrinne zu schneiden. Das Facit ist: Eine 
mit Mühe und Noth präparirte Höhle, welche dem Amalgam 
wahrscheinlich keinen sicheren Halt geben wird. Wie sicher 
führt dagegen folgender Weg zum Ziele: Eine etwa auf der 
Kanfläche des zweiten Mahlzahnes vorhandene alte Füllung wird 
rasch entfernt oder die der approximalen Höhle nächstliegende 


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Fissur zur Bildung einer küustlichen Garität benützt, im .Dentin 
schräg nach hinten auf die distale Höhle losgebohrt und 
schliesslich auch die noch öbrigbleibende dünne, gebrechliche 
Brücke entfernt. Durch kleine Seitenbewegungen mit einem 
Rosenbohrer wird schliesslich die leicht übersehbare, gut ex- 
cavirte distale Höhle und ebenso die auf der Kaufläche gebohrte 
nur so viel erweitert, dass ihr Durchmesser von rechts nach 
links nur um ein Geringes die Breite des beide Gavitäten ver¬ 
bindenden Ganges übertrifft. Man hat sich also einen Hohlxaum 
in die Krone gebohrt, dessen schematische Dnrchschnittszeichnung 
an eine 8 erinnert, deren beide Ringe aber nicht in einer, 
sondern in zwei zu einander senkrecht stehenden Ebenen liegen. 
Der distale Ring hindert ein Herausfallen der ganzen 
Füllung in der Richtung der verticalen, der Ring auf 
der Kaufläche ein Verlassen ihres Platzes in der 
Richtung der horizontalen Axe des Zahnes. Voll¬ 
ständiger Einblick in die distale Höhle, vollkommen sicherer, 
ohne Schwächung des cervicalen Randes und der seitlichen 
Wände derselben erreichter Halt der Füllung, das sind in 
unserem Beispiele die Vortheile für den zweiten Molar; oben¬ 
drein aber gewährt diese Präparationsmethode in solchen Fällen 
noch den grossen Nutzen, dass man durch den die beiden 
Höhlen des vorderen Zaunes verbindenden Hohlweg direct auf 
die mesiale Höhle des rückwärtigen Nachbars hinsehen und ibr 
jetzt so gut beikommen kann, dass es meistentheils ganz leicht 
gelingt, sie in der ganz gewöhnlichen Weise für die Aufnahme 
einer Metallfüllung zu präpariren. Ich hatte einmal die Auf¬ 
gabe, einer angeblich hochgradig nervösen, in der That aber 
hauptsächlich eigensinnigen Dame, eine kleine, sehr empfindliche 
mesiale Höhle im zweiteu Mahlzahn links oben zu füllen; der 
in Folge Verlustes seines Antagonisten tief herabhängende erste 
Molar verlegte den Zugang zu jener kleinen Gavität so voll¬ 
kommen, dass wiederholte Untersuchungen durch einen sehr 
tüchtigen Gollegen und zwei durch mich ausgeführte, zu keiner 
positiven Diagnose führten, während die in Bezug auf Zahn- 
caries sehr erfahrene Patientin überzeugt war, dass der betreffende 
Zahn hohl sei. Durch Einlegen eines dicken Gummistreifen 


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gelang es mir endlich, doch auch die kleine, hoch oben liegende 
Höhle zu erblicken; in Anbetracht der änsserst nngönstigen 
Lage der Cavität und der Werthlosigkeit des ersten Mahlzahnes 
proponirte ich sofort Extraction des letzteren; jedoch ganz ver¬ 
geblich: Der „Nerverizastand“ erlaube keine Extraction ohne 
Natcose, und die Narcose verbiete der Hausarzt. Da gewahrte 
ich bei nochmaliger Untersuchung, dass der erste Molar auf der 
Kaufläche eine gut erhaltene grosse und distal eine mittelgrosse, 
nicht öberall dichte ÄmalgamfülluDg besitze. Nun war mein 
Plan rasch gefasst und ausgeführt: In der ersten Sitzung wurde 
die Kauflächenfüllnng herausgebohrt und von ihr aus auf die 
distale Füllung losgegaugen, welche nach Eutfernnug der Dentin¬ 
brücke zwischen ihr und der ersteren Cavität alsbald herausfiel, 
in der zweiten Sitzung die mesiale Höhle des Nachbars präparirt 
und beide Zähne mit Kupferamälgam gefüllt. 

Ein anderer Fall wäre folgender: Es ist eine grosse 
mesiale oder distale Höhle eines Mahlzahnes zu füllen. Nach 
vorsichtiger und gründlicher Präparation der approximalen 
Höhle, bei welcher man der Pulpa beängstigend nahe ge¬ 
kommen ist, heisst es sich entschliessen, welches metallische 
Material kann zur Füllung verwendet werden. Wenn es 
die Form und Stärke der Wände nur einigermassen zulässt, 
ist Zinn-Gold jedem anderen Material vorzuziehen; besonders 
in jenen Fällen, wo es wegen überhängendem oder oft auch 
nur in gleicher Höhe mit dem cervicalen Rande verlaufenden 
Zahnfleisches nicht gelingt, Cofferdam mit Nutzen anzu- 
wendeu, ist es das einzig zulässige Material, weil es dabei 
ganz und gar nicht darauf ankommt, ob es in eine trockene 
Höhle gebracht wird oder nicht. Man hüte sich aber in Fällen, 
wo die Form der Cavität einigermassen „complicirt“ ist, das 
heisst, wo zum Beispiel der Rand nicht egal verläuft, sondern 
Ausbuchtungen besitzt, diese sonst so vorzügliche Combination 
zu verwenden. Namentlich in der Gegend der inneren oder 
äusseren Zahnfleischpapille liegende derartige Buchten werden 
sich nicht verlässlich fällen lassen und dürfte man dann am 
besten thun, unter den plastischen Materialien das Eupferamalgam 
zu wählen. Freilich muss nach der Entscheidung für Amalgam 


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Sorge getragen werden, ersteils, dass di6 Pulpa durch eine 
Temperatur schlecht leitende und chemisch nicht reizende Unter¬ 
lage (am besten Pletcher’s artificial Dentine) geschützt wird, 
und zweitens, dass die Fällung sicher in der Cavität gehalten 
wird. . Ich benütze bei Cavitäten ron der in Rede stehenden 
Lage und Grösse zwei Wege, um Amalgamfölinngen den Halt 
zu sichern. Entweder, dass ich ron der apprdximalen Cavität 
ausgehend auf die Eaufläche losbohre und hier eine mit Unter- 
schneidnngen versehene Höhle berstelle, welche durch einen 
breiten und tiefen Gang mit der grossen distalen oder 
mesialeu Cavität verbunden ist; oder ich befestige mittelst 
Cement am Boden der grossen und flachen Cavität eine mit 
Firniss überzogene Goldschraube oder eine Platino-Iridium- 
Schranbe und forme dann die Contonr ans Amalgam, welches 
durch die Schraube auf der flachen Unterlage so vollkommen 
festgehalten wird, dass die aus Amalgam bestehende Viertel¬ 
nder halbe Krone sorglos zum Kauen benützt werden kann. 

(Schluss folgt.) 


Vereinsberiehte. 


XXTIIL JaMnbt te Ynes östemiicliisclier Zabiärzte 

1688-1889. 

Die Jahreshauptversammlung des Vereines österreichischer 
Zahnärzte wurde am 14. November 1889 abgehalten. Bei der¬ 
selben waren anwesend die Herren: Dr. Alexovits; Dr. 
Bardacb, Dr. Fischer-Colbrie, Dr.Gerhold, Dr. Herr- 
männ, Dr. Hofer, Dr. v. Isoo, Dr. Kner, Dr. Kürzel, Dr. 
V. Metnitz, Dr. Pichler, Dr. Weiser, Dr. Wiesinger, 
Df. Zsigmondy. 

Nachdem die Beschlussfähigkeit der Versammlung con- 
statirt war, eröffnete dieselbe der Vorsitzende-Stellvertreter 
Dr. Pichler mit folgender Rede: 


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Hochgeehrte Herren Collegen! 

Unser Präsident, Herr Dr. Steinberger, ist heute durch 
Privatangelegenheiten verhindert hier zu erscheinen, und ich 
folge als sein Stellvertreter dem bisherigen Gebrauche, die Haupt¬ 
versammlung unseres Vereines mit einigen Worten eiuznleiteu. 
Vor zwei Jahren konnte unser Vorsitzender gehobenen Gefflhles 
auf den für die Zahnärzte günstigen Ministerial-Erlass vom 
12. Januar 1887 hinweisen, hierbei die Thätigkeit unseres Ver¬ 
eines hervorhehen und uns zu weiteren Anstrengungen aufinuntern. 
Dagegen habe ich in diesem Jahre ein Ereigniss zu verzeichnen, 
das jenen Erlass in seinem wichtigsten Punkte aufhebt. Der 
hohe Verwaltungs-Gerichtshof hat nämlich am 16. Jänner 1889 
eine Entscheidnng des hohen Ministeriums des Innern vom 
3. April 1888 betreffend die Verweigerung eines Gewerbe¬ 
scheines an einen Zahntechniker nach § 7 des Gesetzes vom 
22. October 1875 aufgehoben. 

Das Ministerium hatte als Gegenstand eines freien Gewerbes 
im Sinne der Gewerbeordnung nur die Erzeugung künstlicher 
Zähne und den Handel mit denselben bezeichnet, die Zahn- 
techhik als integrirenden Bestandtheil der Zahnheilknnde und 
nicht als Gegenstand eines Gewerbebetriebes erklärt, und daher 
die Ausstellung von Gewerbescheinen verboten. Der Verwaltungs- 
Gerichtshof erklärte jedoch, dass in der allerhöchsten Ent- 
schliessnng vom Jahre 1842 und der Ministerial-Verordnung 
vom Jahre 1849 als Gegenstand der Zahntechnik die Verferti¬ 
gung künstlicher Zähne und Gebisse bezeichnet und diese 
Technik der Zahnheilkunde — der Vornahme von Verrich¬ 
tungen und Operationen im Munde des Menschen — entgegen¬ 
gesetzt wird, dass also die Zahntechnik keinen integrirenden 
Bestandtheil der Zahnheilkunde bildet. Daraus folge, dass die 
Zahntechnik nicht unter die Disposition des Artikels V. des 
Einführungsgesetzes zur Gewerbeordnung vom 20./12. 1859 falle 
und die Vorschrift des Gewerbegesetzes auf das Gewerbe der 
Zahntechniker Anwendung hnde. Dieses sei kein concessionirtes 
und handwerksmässiges, sondern nach § 1 des Schlussabsatzes 
vOm.Gesotze von) 15./3. 1883 als freies, aber nicht blos in 
Hinnieht auf Erzeugung von künstlichen Zähnen und den Handel 


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mit denselben, sondern auch in Bezug auf Herstellung von 
Gebissen zu bezeichnen. Daher sei die Verordnung des Mini¬ 
steriums vom Jahre 1887 im Gesetze nicht begründet und wird 
die Entscheidung vom 13./4. 1888 aufgehoben. 

Bezüglich der Einwendung des Ministeriums, dass die An¬ 
fertigung von Gebissen ohne Vornahme von Operationen im Munde 
nicht ausführbar sei, so weist sie der Verwaltungs-Gerichtshof 
zurück, weil sie auf die Frage der Anmeldung des Gewerbes 
keinen Bezug hat, und verweist wegen etwa vorkommender 
Unzukömmlichkeiten bei der Ausübung derselben auf Abhilfe 
durch die Gesetzgebung und das Verordnungsrecht, das nach 
§ 14 der Gewerbenovelle der Regierung zusteht. 

Sie verzeihen, wenn ich die Ausführungen des Verwaltungs- 
Gerichtshofes weitläufiger erwähnt habe. Es haben aber die¬ 
selben iu zahnärztlichen Kreisen eine gewisse. Beunruhigung 
hervorgerufen, die zum Theile auch gerechtfertigt ist. Es müssen 
von nun an wieder Anmeldungen für das Zahntechnikergewerbe 
angenommen werden. Es werden weiter viele Leute in den 
Kreis der Zahntechniker treten, von denen keine anderen Qua¬ 
litäten verlangt werden, als ein gestempeltes Gesuch und der 
Nachweis ihrer Unbescholtenheit. Das ist schlimm genug. Weiters 
hört man das Wort heraus; die Zahntechnik ist kein integri- 
render Bestandtheil der Zahnheilknnde. Die Herleitung dieses 
Satzes aus der allerhöchsten Entschliessung vom Jahre 1842 ist, 
ich zweifle nicht, juristisch gerechtfertigt und für die juridische 
Entscheidung des vorliegendes Falles zweckmässig herbeigezogen. 
Doch nie und nimmer kann der Satz die allgemeine Giltigkeit 
haben. 

Der oberste Sanitätsrath und das Ministerium haben die 
Zabntechnik als integrirenden Bestandtheil der Zahnheilkunde 
erklärt, und weder unsere Patienten noch wir selbst werden nnd 
können sie von einander scheiden. Die Zahntechnik ist ein noth- 
wendiger Theil unserer ärztlichen Tbätigkeit und wir üben sie 
kraft unserer Diplome, die uns das Recht verleihen und die 
Pflicht auferlegen, den Kranken mit allen uns zu Gebote stehen¬ 
den Mitteln zu helfen. Die Zahnbeilkunde ist ein Theil der 
Chirurgie. Ob der Chirurg sich den Verband, den er anlegt. 


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selbst macht oder nicht, ist gleichgiltig; und ob wir die Zähne, 
die wir unseren Kranken machen, selbst aufschleifen und fassen, 
oder durch einen anderen machen lassen, ist ebenso gleich- 
gütig. — Doch ich komme in die Gefahr, oft Vorgebraehtes 
wieder zu sagen und verweile nur noch bei dem, was der Ver¬ 
waltungs-Gerichtshof in Beschränkung auf den vorliegenden 
Fall unberührt gelassen hat, weil in den bestehenden Gesetzen 
begründet: das sind die Bestimmungen, dass die Vornahme von 
Verrichtungen und Operationen im Munde des Menschen den 
Zahntechnikern untersagt sind nnd dass sie bei Arrogirung 
derselben der Strafe verfallen. 

Es scheint mir unzweifelhaft, dass bald Schritte geschehen 
werden, uns aus dieser gesetzlichen, günstigen Position zu ver¬ 
drängen. Gründe sind w^ohlfeil — sagt man — und Schein- 
gründe noch mehr. 

Es ist daher au uns, wieder und wieder nicht blos auf 
die für uns sprechenden Gesetze hinzuweisen, sondern auch 
höheren Ortes die Zw^eckmässigkeit und Nothwendigkeit der 
bestehenden Anordnungen zu vertreten. Dass wir in unserem 
Vereine dieses wohl begriffen haben, davon geben die Verhand¬ 
lungen des abgelaufenen Jahres Zeugniss. Sie bewegten sich — 
vielleicht zu ausschliesslich — meist auf diesem Gebiete und 
werden dasselbe noch nicht verlassen können. Denn wenn der 
hohe Verwaltungs-Gerichtshof über Einwendung des Ministeriums, 
dass das Zahntechnikergew^erbe keine Basis habe, da es ohne 
die entsprechenden Verrichtungen im Munde nicht aasgeübt 
werden kann, deshalb auf den Weg der Gesetzgebung oder 
Verordnung wdes, so ward das hohe Ministerium den einen 
oder den anderen beschreiten müssen, um den Unzukömmlich¬ 
keiten ein Ende zu machen. 

Es ward auch an uns sein, auch unsere Stimme zu er¬ 
heben, da mau von gegnerischer Seite nicht schweigen wird. Es 
wird hiebei zu erwägen sein: 

1. ob war positive Vorschläge machen, uns änssern sollen, 
wie wir uns das Verhältniss der Zahntechniker in Zukunft 
denken, beispielsweise: ob das nun weiter nicht nur zu Recht 
bestehende, sondern zu nehmende Gewerbe ferner ein freies 

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bleibe, oder ob es in ein concessiouirtes oder handwerksmässiges 
verwandelt werden solle; oder 

2. ob wir einzig und allein unseren schon einmal in einem 
Promemoria dargelegten Standpunkt weiter ausführen und 
begründen sollen. 

Ich verlasse dieses Thema mit dem aufrichtigen Wunsche, 
dass die Bestrebungen unseres Vereines in Standesangelegen¬ 
heiten zu erfreulichen Resultaten führen mögen. Ich wünsche und 
hoffe aber auch, dass das kommende Yereinsjahr uns in wissen¬ 
schaftlicher Hinsicht viel Gutes und Interessantes bringen möge. 
Das wird umso sicherer der Pall sein, je allgemeiner und inten¬ 
siver die Betheiligung seiner Mitglieder sein wird. 

Es bleibt mir weiters anzuführen, dass die zahnärztliche 
Schule noch in diesem Jahre in’s Leben treten wird. Das Ver¬ 
langen nach einer solchen ist von dieser Stelle aus schon oft 
ausgesprochen worden. Möge sie denn durch ihre Leistungen 
die Erwartungen, die man von ihr hegt, rechtfertigen und über¬ 
treffen und dadurch nicht blos die Nothwendigkeit ihres Daseins 
beweisen, sondern auch an der entscheidenden Stelle die Geneigt¬ 
heit erzeugen, dieselbe mit reicheren Mitteln auszustatten, als 
für dieselbe bestimmt scheinen. 

Schliesslich ist es meine Pflicht anzuführen, dass unser 
verehrter Präsident Dr. Philipp Steinberger seine Enthebung 
von seiner Stelle in der Vereinsleitung verlangt hat. Dr. Stein¬ 
berger hat sich von der Praxis zurückgezogen und seinen 
Wohnsitz in seine Heimat verlegt. Ich glaube, wir Alle gönnen 
ihm sein „otium cum dignitate“, aber wir bedauern es auf¬ 
richtig, dass der Verein jenes Mitglied verliert, das seit dessen 
Gründung am meisten thätig war, zuerst als Secretär und seit 
Heider’s Tode als Präsident. Als solcher hat er den Verein nach 
Aussen hin aufs Würdigste vertreten, seine Verhandlungen aufs 
Umsichtigste geleitet, zahlreiche Vorträge gehalten, und an allen 
Discnssionen sich lebhaft betheiligt und sie durch die Resultate 
seiner Erfahrung bereichert. Er war für die Jünger unseres 
Faches ein Lehrer und Gönner, uns Allen ein wahrer Freund. 
Wir danken ihm für alles dieses, auch dafür, dass sein Haus 
stets das Heim unseres Vereines M’ar, und ich hoffe mich nicht 


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zu täuscheu, dass auch iu Zukunft sein Interesse für den Verein 
nicht ersterben, soudein im Gegentheile noch lange wirksam 
sein werde. 

Hierauf erstattet der Vereins-Secretär Dr. von Metnitz 
nachstehenden Bericht: 

Hochgeehrte Versammlung! 

Die Mouatsversamralungen, welche wir in diesem Vereins¬ 
jahre abhielten, wurden zum grössten Theile ausgefüllt mit Be¬ 
sprechungen von Staudesangelegenheiten, die wissenschaftliche 
Thätigkeit war im Vergleiche einigermassen in den Hintergrund 
gedrängt. 

In der Monatsversammluug vom 2. Jänner 1889 stellte 
Dr. Weiser eine 20jährige Dame vor. Derselben hatte er den 
zweiten Bicuspis im Oberkiefer linkerseits extrahirt wegen 
Wurzelhautentzündungen, welche so oft wiederkehrten, als er 
den Versuch machte, den Wurzelcanal, der auf das Sorgfältigste 
von verjauchten Pulparesten gereinigt war, hermetisch zu 
schliessen. Die Untersuchung des extrahirten Zahnes erwies als 
Ursache des Misslingeus der antiseptisehen Behandlung des 
Wurzeleanals eine fast recht winkelige Knickung der W^urzel- 
spitze. Nach Abkappung der Wurzelspitze, sorgfältiger Des- 
infection und Füllung des Zahnes replantirte Dr. Weiser den¬ 
selben. Nach vier Wochen war die Festwerdung erfolgt, nahm in 
der fünften Woche noch zu, so dass der replantirte Zahn voll¬ 
kommen festsitzt und ohne Anstand zum Kauen verwendet wird. 

Dr. Weiser demonstrirte einen anderen Fall, indem ein 
auf dieselbe Weise behandelter replantirter Zahn, nachdem er 
mehrere Wochen nach erfolgter Replantation nahezu fest gestan¬ 
den hatte, darauf wieder locker wurde. Die Ursache des Miss- 
lingens vermuthet der Vortragende in der Verätzung des 
Periosts mit zu sehr concentrirten Desinfectionsmitteln. 

Derselbe Patient besitzt einen Weisheitszahu im Unter¬ 
kiefer rechterseits, an dem Dr. Weiser vor dreiviertel Jahren 
die modificirte WitzePsche Pulpa-Amputation ausgeführt 
hatte. Der Zahn war in den ersten acht Tagen gegen Percussion 

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und beim Kauen empfindlich, dient aber seither, ohne Schmerzen 
zu verursachen, seinem Zwecke. 

Dr. Metnitz demonstrirte mikroskopische Präparate, 
welche den Process der Resorption an den Wurzeln der Milch¬ 
zähne veranschaulichen. 

Es ist höchst wahrscheinlich, dass der Anstoss zu dem die 
Wurzel verzehrenden Processe vom bleibenden Zahne ansgeht. 
Dafür finden wir zahlreiche Beweise. So sehen wir, dass die 
sechs Froützähne an ihrer Zungenseite, also den Keimen der 
bleibenden zugekehrt, zumeist usurirt sind. Die Wurzeln der 
Milchmahlzähne schliesseii zwischen sich die Keime der Bi- 
cuspidaten ein und treffen wir vornehmlich die Innenseiten der 
Wurzeln am meisten der Resorption verfallen. 

Wir finden das Zahnsäckchen des bleibenden Zahnes au 
der dem Milchzahne nächsten Partie sehr reich an öefässen. 
Dem Vortragenden ist es gelungen, die zahlreichen Öefässe 
dieser Partie des Zahnsäckchens des bleibenden Zahnes zu inji- 
eiren. Wenn die Zeit für das Vorrücken der bleibenden Zähne 
gekommen ist, dann schwillt dieser gefässreiche Theil des 
Zahnsäckchens an und von da aus spinnt sich der Process 
fort. Vor Allem kommt es zur Resorption der Alveole des Milch¬ 
zahnes. Nach dem Schwunde der Alveole wird das Periost der 
Milchzahnwurzel in Mitleidenschaft gezogen. Dieses granulirt 
sowohl an der unmittelbaren Contactstelle, wie auch an ver¬ 
schiedenen anderen Orten. Der Anfangs locale hyperämische Zu¬ 
stand der Wurzelhaut dehnt sieh auf weite Strecken derselben aus. 

Die an den einzelnen Bestandtheilen des Zahnes zu con- 
statirenden Veränderungen stimmen in ihrer Totalerscheinung 
mit den Bildern, die für den Resorptionsprocess an den Knochen 
überhaupt charakteristisch sind, überein. 

Dr. Metnitz zeigte Präparate, an denen die Resorptions¬ 
erscheinungen im Gement, Dentin, Schmelz zu erkennen sind. 
An anderen sieht man die Buchten im Gement wie im Dentin 
mit Riesenzellen erfüllt. Die bei dem in Rede stehenden Pro- 
cesse auffällig aultretende Kuochenneubilduog, welche auf die 
Thätigkeit des Periosts zurückzufuhren ist, führten weitere Prä¬ 
parate vor Augen. 


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Am 6. Februar 1889 zeigte Dr. Weiser einen replan- 
tirten Zäbn im Munde eines Officiers. Der zweite untere Bi- 
cuspis linkerseits, dessen Cavität nicht trockengelegt werden 
konnte, wurde nach der Extraction gefüllt, der Zahn replantirt, 
nach acht Tagen war er eingeheilt. 

Dr. Ger hold stellte einen jungen Mann yor, aus dessen 
linkem Unterkiefer bei Gelegenheit der Extraction des ersten 
Molaris der zweite mitgegangen war. Dieser letztere hatte sich 
nämlich in die im ersten Molaris durch Zahncaries entstandene 
distale Cavität hineingelegt. Nach gestillter Blutung wurde der 
gründlich desinficirte zweite Mahlzahn reponirt. Mit merklichem 
Ruck schlüpfte er in seine Alveole, aus welcher das Coagulum 
nicht entfernt worden war. Durch zwei Stunden fühlte der Pa¬ 
tient noch Schmerz und schlief wieder gut, nachdem er vorher 
zwei Nächte nicht geschlafen hatte. Am nächsten Tag war 
der Zahn empfindlich, besonders beim Beissen, nun aber ist 
der Zahn nach zweieinhalb verflossenen Monaten fest und 
dient seiner Bestimmung. 

Neuerdings ist derselbe Zahn wegen Zahncaries in Be¬ 
handlung. Dr. Ger ho Id verspricht, über die Empfindlichkeit 
des Zahnbeines und allenfalls über das Befinden der Zahnpulpa 
Näheres im Laufe der Zeit zu berichten. 

Dr. Pichler beobachtete keilförmige Defecte an den 
Zahnhälsen bei einem älteren Herrn, in welchen alte Gold¬ 
füllungen wie Nägel steckten. 

In den Monatsversammlungeu vom 6. März und 3. April 
wurden Standesangelegenheiten besprochen. 

Ebenso war Gegenstand der Verhandlungen vom 2. Oc- 
tober die Besprechung von Standes- und Yereinsangelegenheiten. 
An der Discussion betheiligten sich vornehmlich Dr. Pichler 
und Dr. Fischer. 

Dr. Metnitz zeigte ein Modell mit einem überzähligen 
Zahngebilde. Das letztere steht im Unterkiefer zungenwärts von 
den Schneidezähnen. Seine Krone ist klein, seitlich zusammen¬ 
gedruckt und zeigt zwei deutliche Höcker, welche durch eine 
seichte Furche getrennt sind. Das Zahngebilde hat keine Aehn- 
lichkeit mit einer der typischen Zahnforraen. 


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38 


Dr. Zsigmondy berichtete über die üebersiedlung der 
Vereinsbibliothek in das neue Vereinslocal (Am Hof 11) 
und stellt folgenden Antrag: „Bei Musterung der Bibliothek 
sieht man, dass die alten Werke ausserordentlich zahlreich ver¬ 
treten sind, dagegen kann man mit Bedauern constatiren, dass 
in den letzten 15 Jahren kein nennenswerther Zuwachs erfolgt 
ist. Nachdem der Verein übriges Geld zur Verfügung habe, 
sollen die klaffenden Lücken in der Bibliothek ausgefüllt werden. 
Mit 100 Gulden in diesem und mit derselben Summe im kom¬ 
menden Jahre könnte man der Bibliothek eine entsprechende 
Ergänzung schaffen.“ 

Dr. Pichler begrüsst den Antrag und ersucht Dr. Zsig¬ 
mondy, ein Verzeichniss von neuanzuschaffenden Werken in 
der nächsten Sitzung vorzulegen. 

In der Monatsversammlung vom 6. November verlas Dr. 
Pichler einen Brief von Dr. Steinberger aus dessen Land¬ 
sitz in Kärnten, in welchem Schreiben Dr. Steinberger sein 
Amt als Präsident des Vereines niederlegt, nachdem er sich von 
seiner ärztlichen Thätigkeit in Wien zurückgezogen. 

Vereins- und Standesangelegenheiten sind Gegenstand län¬ 
gerer Debatten. Die diesbezüglichen Verhandlungen sind noch 
nicht abgeschlossen. 

Laut Beschluss der Monatsversammlung vom 2. Jänner 1889 
wurde über Einladung des Schriftführers dessen Wohnung, Am 
Hof 11, einstweilen zum Vereinslocale bestimmt. 

Der bisherige Bibliothekar Dr. Martin legte mit Zuschrift 
an den Vereinspräsidenten sein Amt nieder. 

Dr. V. Metnitz übernahm die weitere Sorge für die 
Bibliothek und die Sammlung des Vereines. 

Die Bibliothek wurde durch 5 Zeitschriften und 17 Werke 
vermehrt. 

Sodann erfolgte der vom Cassier des Vereines Dr. F. J. 
Herrmann erstattete Rechnungsbericht vom 14. November 1888 
bis 14. November 1889, welcher Einnahmen per fl. 459’30 und 
Ausgaben per fl. 110*90, sohin einen Cassastand per fl. 348*40, 
sowie fl. 1700 in österreichischer Papier-Rente ausweist. 


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3 ? 


Bei der Ersatzwahl an Stelle Dr. Steinberger’s wurde, 
nachdem Dr. Pichler eine etwa auf ihn entfallende Wahl 
zahl Vorsitzenden abgelehnt, Dr. Fischer-Colbrie zum Vor¬ 
sitzenden gewählt. 

Functionäre des Vereines österreichischer Zahnärzte: 
Dr. Fischer-Colbrie, Vorsitzender, 

Dr. Pichler, Vorsitzender-Stellvertreter, 

Dr. V. Metnitz, Seeretär und Bibliothekar, 

Dr. F. J. Herrmann, Cassier. 

Im Vereinsjahre 1889—1890 werden an jedem ersten 
Mittwoch der Monate Februar, März, April, Mai, Oetober, 
November, Vereinsversammlungen abgebalten. 

Die Hauptversammlung findet am 14. November 1890 statt. 
Ort der Versammlung: Die Wohnung des Vorsitzenden Dr. 
Fischer-Colbrie, I. Eohlmarkt 11. 


Itoatioiiaier taluärztliclier Coairffi ia Paria 

(2. bis 7. September 1889). 

1 . 

Originalbericht, erstattet von Dr. Armin Bothnan in Budapest. 

Die zum Zwecke der Veranschaulichung der Fortschritte, 
welche die Industrie und Kunst auf weisen, veranstaltete Pariser 
Weltausstellung brachte auch der Wissenschaft bedeutenden 
Nutzen, indem ihre hervorragenden Vertreter zum Behufe 
der Besprechung wichtiger wissenschaftlicher Tagesfragen, den 
verschiedenen Zweigen der Wissenschaft entsprechende Congresse 
veranstalteten. 

Wenn es für jedes wissenschaftliche Fach von grosser 
Wichtigkeit ist, dass die, ihrer Lösung harrenden Fragen von 
allen Seiten beleuchtet und mündlich erörtert werden, um wie 
viel mehr ist dies der Fall bei der Zahnheilkunde, wo selbst¬ 
redend auch die Theorie zur Entscheidung einzelner fraglicher 
Punkte wichtig ist, aber die Praxis den wesentlichen ergänzenden 


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40 


Theil der Theorie bildet; ein Congress bietet uns die beste 
Gelegenheit, der Deraoustration wichtiger, mit bedeutenden 
Schwierigkeiten verbundener Operationen beiwohnen, einen Ein¬ 
blick in die Anwendiingsmethoden der neueren Instrumente 
gewinnen und schliesslich einzelne, den Dentisten näher inter- 
essirende Fragen erörtern zu können. 

Diesen Aufgaben hat der erste internationale Dentisten- 
congress in jeder Hinsicht entsprochen; verschiedene bedeutsame 
Fragen, z. B. die Ursachen der Verbreitung der Caries 
der Zähne, die Eintheilung der Krankheiten der Zähne, 
die Methoden des dentistischen Unterrichtes u. s. w. 
wurden zum Gegenstände eingehenden Studiums gemacht. Aus-* 
gezeichnete Dentisten, wie: Bonwill, Michaelis, Chauvin, 
Heid6, Telschow etc., deinonstrirten die verschiedenen Me¬ 
thoden der Goldfüllungen u. s, w., wir sahen mehrere Arten der 
localen und allgemeinen Anästhesie, mit einem Worte, alle den 
Dentisten interessirenden Fragen kamen zur Sprache. Um nun 
ein einigermassen entsprechendes Bild des Oongresses zu er¬ 
halten, erlaube ich mir über den Verlauf desselben im Folgenden 
zu berichten. 

Die feierliche Eröffnung fand auf dem Ausstellungsgebiete 
in einem grossen Saale des Troeadero unter dem Vorsitze des 
Ehrenpräsidenten Gariel, Professor au der Pariser medicinischen 
Universität, statt; nachdem dieser und der Secretär Pourchet 
die Anwesenden begrüsst hatten, sprachen die ausländischen 
Vertreter den französischen Collegen ihren collegialen Gruss 
aus. Bezüglich Ungarns that dies Schreiber dieser Zeilen. 

Laut dem Arbeitsprogramm waren die zu erörteruden 
Fragen vier Sectionen zugewiesen, und dieser Eintheilung ent¬ 
sprechend wurden Vormittags die Instrumente, die Operationen 
und die praktische Arbeit demonstrirt, während in den Nacli- 
raittagsstunden die Erörterung jener Fragen stattgefunden hat, 
deren praktische Ausführung wir am Vormittage desselben Tages 
zu sehen Gelegenheit hatten. 

Die erste Sectioii beschäftigte sich mit der Anatomie, 
Physiologie und pathologischen Anatomie der Zähne und suchte 
folgende Fragen zu erörtern: 


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41 - 


1. Die Zähne nach den meusehlichen Racen. 

2. Der Einfluss der Ernährnng auf di e Entstehung 
und Heilung der Oaries. 

3. Die Rolle der Mikroorganismen in der den- 
tistisehen Pathologie. 

4. Die Eintheilung der Krankheiten der Zähne 
und des Mundes, und schliesslich diverse Mittheilungen. 

Bezüglich der ersten Frage theilte Poinsot eine Studie 
mit über Zähne, welche er aus einem alten französischen Fried¬ 
hofe erhalten hatte. Aus den an diesen Zähnen gemachten Unter¬ 
suchungen folgert er, dass bei den alten Franzosen die Wurzeln der 
Schneide- und Eckzähne grosse Neigung zur Verzweigung hatten. 

Dubois machte sehr weitläufige Studien und stellte eine 
interessante Statistik über die Verbreitung der Oaries in Frank¬ 
reich zusammen, deren Resultate er auf einer graphischen Karte 
veranschaulicht. Er kommt zu dem Schlüsse, dass die Abstam¬ 
mung der Race der wichtigste Factor unter den prädispouirenden 
Ursachen der Oaries ist, oder mit anderen Worten, dass bei der 
Entstehung von Caries die Heredität eine grosse Rolle spielt. 

In Bezug auf die zweite Frage äussert sich Poinsot 
dahin, dass es behufs radicaler Heilung der Caries ein höchst 
Mächtiger Factor sei, dass wir uns davon überzeugen, ob im 
Munde des Kranken keine derartigen Veränderungen vorhanden 
sind, welche auf allgemeine Störungen der Ernährung schliessen 
lassen, und wenn ja, so ist es unbedingt notliM^endig, dass diese 
behoben werden, denn nur dann kann man hoflfen, dass die 
Heilung der Caries eine radicale sein wird. 

Die Mikroorganismen spielen bei der Entstehung der Caries 
eine wichtige Rolle, und zwar dadurch, dass sie im Munde eine 
saure Gährung hervorrufen und auf diese Weise in Folge von 
Säureprodiiction zur Entkalkung des Dentins und des Schmelzes 
führen. Specielle Bakterien bei bestimmten Krankheiten der 
Zähne nimmt Poinsot jedoch nicht an. 

Der Schreiber dieser Zeilen demonstrirte mikroskopische 
Präparate, welche die hei den entzündlichen Erkrankungen der 
Pulpa auftretenden patho-histologischen Veränderungen veranschau¬ 
lichen und bestätigen, dass man viele in der Eintheilung 


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-L 42 


Ärkövy’s aDgenommene und auch klinisch diagnostieirbare 
Erkrankungen der Pulpa auch patho-histologiseh von einander 
unterscheiden kann und dass diese Unterscheidung nicht nur 
von theoretischem Interesse, sondern auch für den praktischen 
Zahnarzt von Wichtigkeit ist, nachdem die Art des operativen 
Eingriffes je nach den verschiedenen Erkrankungen eine andere ist 

Bezüglich der vierten Frage legte Grossheintz dem 
Congress eine sogenannte dentistische Stenographie vor, deren 
Zweck wäre, die häufig verkommenden Zahnkrankheiten, wie 
z. B. Caries, Pulpitis, Periodontitis etc., und die an den Zähnen 
auszuföhrenden Operationen mit bestimmten Chiffren zu bezeichnen, 
die einen internationalen Charakter hätten und von Jedem acceptirt 
werden sollten. Hinsichtlich dieser Frage kam es aber auf dem Gon¬ 
gresse zu keiner Beschlussfassung, da Andere, wie Cunningham, 
mit einem anderen Plan hervortrat und das eine wie das andere 
System viele Anhänger, aber auch viele Gegner hatte; der Congress 
beschloss daher die Entsendung eines Comites, welches diese für 
die Zahnärzte wichtige Frage der Lösung zuföhren soll. 

Dubois empfiehlt deraCongresse eine solcheEintheilung der 
Zahn- und Mundkrankheiten, welche gleichfalls einen internatio¬ 
nalen Charakter besitzen und allgemein angewendet werden soll, 
denn in dem Grade, als sich die Kenntnisse erweitern, ist es 
auch nothwendig, dass die Terminologie und Eintheilung der 
Wirklichkeit der Dinge möglichst entspreche, dass die Ein- 
theilung in verständlicher Weise die die Erkrankungen beglei¬ 
tenden Symptome kennzeichne und jene Krankheiten zusammen¬ 
fasse, welche einander ähnlich sind, wodurch der Ideenaustausch 
erleichtert wird, und die verschiedenen Forscher, ein und 
dieselbe Krankheit, nicht mit verschiedenen Namen benennen, 
da es auf solche Weise fast unmöglich ist, einander zu ver¬ 
stehen, während die Vereinfachung und international acceptirte 
Synonyma, den sich mit derselben Wissenschaft Befassenden 
einen sehr grossen Dienst leisten können. 

Die Details hier ausser Acht lassend, ist diese Eintheilung 
in ihren Hauptzügen die folgende: 

1. Erkrankungen der Zähne. 

2. Erkrankungen des Mundes. 


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( 


1. Erkrankungen der Zähne. 
a) Bildungsanomalien; 

h) nach der Dentition entstehende Krankheiten. 

a) ßildungsanomalien. 

1. Abweichungen in der Form; 

2. in der Structur; 

3. im Durchbrechen des Zahnes; 

4. in der Richtung des Wuchses der Zähne; 

5. in der Lage des Zahnes; 

6. in der Anzahl der Zähne; 

7. in den Kiefern; 

8. Dentitionsanomalien. 

h) Krankheiten nach der Dentition. 

1. Traumatische Verletzungen des Zahnschmelzes und des 
Dentins; 

2. Abnützung des Zahnschmelzes und Dentins; 

3. Caries der Zähne; 

4. Erkrankungen der Pulpa; 

5. Erkrankungen der Wurzelhaut; 

6. Veränderung des Cements; 

7. Erkrankungen des Zahnes, als Ganzen; 

8. Caries alveolaris. 

2. Erkrankungen des Mundes. 
a) Gingivitis: 

a) Gingivitis simplex; 
h) Gingivitis suppurativa; 

c) Gingivitis fungosa; 

d) Gingivitis hypertrophiea; 

e) Gingivitis uleero-membrauacea. 

h) Stomatitis: 

a) Stomatitis simplex; 
h) Stomatitis ulcerosa; 
e) Stomatitis aphtosa; 

d) Stomatitis ulcero-membranacea; 

e) Stomatitis gangraenosa. 


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— u ^ 


Von den verschiedenen Mittheilungen, über welche noch 
am ersten Tage verhandelt wurde, ist die Beobachtung Poin- 
sot’s erwähnenswerth, dass bei Geschwistern häufig an gewissen 
Zähnen Veränderungen gleicher Art und gleichen Grades Vor¬ 
kommen, mit anderen Worten, dass Erkrankungen der Zähne 
vererbt werden können, und seine zweite Beobachtung, dass im 
Munde befindliche necrotisehe Zähne, Bronchialkatarrh hervor- 
rufen oder wenigstens einen solchen fördern und dass die Ent¬ 
fernung solcher Zähne oft eine Besserung oder auch vollständige 
Heilung zur Folge hat. 

Chauvin und Papot gelangten in ihrem Vortrage über 
Gingivitis zu folgendem Resultate: Mit Ausnahme der in Folge 
von chemischen Reizen oder specifischen Erkrankungen entstan¬ 
denen Fälle ist jede Gingivitis traumatischen Ursprunges; das 
Trauma erfolgt gewöhnlich durch Ablagerung von Zahnstein. 
Der Grad der Erkrankung hängt nur davon ab, in welcher 
Weise die Ablagerung des Zahnsteines erfolgt ist, und zwar 
entsteht die langsam verlaufende und mit weniger unangenehmen 
Symptopien verbundene Gingivitis durch regelmässig abgelagerten 
und nicht tief liegenden Zahnstein, während die rasch verlau¬ 
fende, von schweren Symptomen begleitete Gingivitis, durch un¬ 
regelmässige Ablagerung des Zahnsteines auf den Gement und 
durch die tiefe Lage des Zahnsteines verursacht wird. Die Un¬ 
regelmässigkeit der Ablagerung und die daraus folgende Un¬ 
ebenheit des Zahnsteines erklären zur Genüge das permanente 
Trauma, die an der Gingiva entstandene Exulceration und das 
Gangrän der weichen Gewebe, welche man bei schweren Fällen 
immer beobachten kann. Das Zahnfleisch wird umsomehr gereizt, 
je länger dasselbe mit dem Reizerreger in Berührung bleibt, 
und die Gingiva kann auf diese Weise die verschiedensteu 
Veränderungen erfahren. 

Die auf toxischem oder specifischem Wege entstandene 
Gingivitis verläuft bei Anwesenheit von Zahnstein viel rascher 
und in Begleitung viel heftigerer Symptome. In Folge von 
Mercurialbehandlung wird das schon vorher an Gingivitis 
leichten Grades laborirende Individuum viel leichter von 
einer mit heftigen Erscheinungen verbundenen Gingivitis 


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45 


befallen, als ein Individuum, dessen Gingiva sonst vollkommen 
intact ist 

Die Gingivitis kann von sehr schweren Folgen begleitet 
sein: die Autoren haben sogar auch lethalen Ausgang beobachtet. 

Die Behandlung muss vor Allem eine chirurgische sein, die 
strenge genommen in den Wirkungskreis des Zahnarztes gehört 
und darin besteht, dass der Zahnstein, wenn nothwendig, auch 
in mehreren Sitzungen möglichst sorgfältig entfernt werde; man 
muss auch genau untersuchen, ob zwischen den Zähnen keine 
kleinen abgesprengten Zahnsteinreste verblieben sind, welche 
daun als entzündlicher Reiz neuerdings eine Gingivitis ver¬ 
ursachen könnten. In einzelnen Fällen, wo die Gewebsver¬ 
änderungen schon tief vorgedrungen sind, wo die Gingiva bereits 
ulcerös ist, mit einem Worte, w^o sich das Bild einer Gingivitis 
ulcerosa darbietet, muss ausser der Entfernung des Zahnsteines 
auch noch der Thermocauter in Anwendung gebracht werden. 

Der Arzt, der sich mit Zahnheilkunde nicht befasst, soll, 
wenn er eine Gingivitis vor sich hat, selbst wenn dieselbe die 
Folge von Mercurialbehandlung oder eines diathesischen Zustandes 
ist, seinen Patienten vorerst an einen Zahnarzt weisen, damit 
derselbe durch Entfernung des Zahnsteines die locale Behändlnng 
durchführe, und erst dann kann mau zu Mundwässern über¬ 
gehen. Die medicamentöse Behandlung soll sich immer auf 
Antiseptica beschränken, denn der anhaltende traumatische Reiz, 
der oft zur Necrose der weichen Gewebe führt und manchmal 
sogar eine Necrose des Kiefers verursacht, fördert, wie man 
leicht einsehen kann, in der Mundhöhle die Entwicklung sep¬ 
tischer Producte, deren V’^ernichtung eine Hauptaufgabe der 
Behandlung ist. 

Den Gegenstand der Berathungen der zweiten Section 
bildete die zahnärztliche Operationslehre und standen folgende 
Fragen auf der Tagesordnung: 

1. Behandlung vou Zähnen mit neerotischer Pulpa. 

2. Beleuchtung der Frage, inwiefern die Gold¬ 
plombe im Vergleiche mit den plastischen Füllungen 
Vortheile besitzt un^ welches das Zweckmässigste 
von den plastischen Fällmitteln ist. 


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46 


3, Die Arten der localen und allgemeinen An- 
ästhesirung bei Zahnextractionen. 

Bezüglich der ersten Frage ist der Vorgang Amoedo’s 
(Havanna), Cunningham’s (Cambridge) und Dubois’ (Paris) 
erwähnensM^erth. Amoedo hat die Sache folgendermassen ein- 
getheilt: 

1. Behandlung solcher Zähne, deren Pulpa zum Theile 
bereits necrotisch, zum Theile noch sensibel ist. 

2. Behandlung solcher Zähne, deren Pulpa schon seit einer 
geraumen Zeit abgestorben ist. 

3. Behandlung solcher abgestorbenen Zähne, welche eine 
Alveolarfistel haben. 

Im ersten Falle spritzt er nach Entfernung der cariösen 
Theile den Zahn mit einer Lösung von Kalium hj^permanganicum 
(1 : 1000) aus, legt den Coflferdam an (um den Speichel zuruck- 
zudämraen), entfernt mit einer Nervennadel den grössten Theil 
der necrotischen Pulpa und injicirt mittelst Pravaz’seher 
Spritze in den Wurzelcanal einen bis zwei Tropfen einer Cocani* 
lösung (15 : 100); um die in der Wurzelspitze vorhandenen 
sensiblen Pulpatheile zu anästhesiren; nach drei bis vier 
Minuten kann man die noch übrig gebliebenen Pulpareste mit 
einer Nervennadel schmerzlos aus dem Wurzelcanale entfernen. 

Nach dieser Operation erfolgt gewöhnlich eine kleine 
Blutung aus dem Wurzelcanale, die man aber durch Injiciruug 
von kaltem sterilisirten Wasser in den Wurzelcanal stillen kann. 
Darauf trocknet er mit fein gedrehtem japanesischen Papier den 
Wurzelcanai, führt in denselben mit concentrirter Carbolsänre 
getränkte Baumwollfäden ein, die er einige Minuten im Wurzel- 
caoale lässt, und nach Entfernung derselben füllt er den Wurzel¬ 
canal sofort mit in Chloroform gelöstem Guttapercha, dem er 
auch Jodoform beimengt. 

Bei Zähnen, deren Pulpa vollkommen necroti- 
sirt ist, muss mau vor Allem durch entsprechendes Abraeisseln 
der Krone den Wurzelcanal leicht zugänglich machen; bei den 
Schneidezähnen, wo die Caries von geringer Ausdehnnug ist, 
oder sieh approximal befindet, ist es viel zweckmässiger, den 
Wurzelcanal auf der liogualen Seite des Zahnes zu eröffnen. 


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47 


Nach Entfernung der eariösen Theile legt er den Cofferdam 
an und entfernt nach Trocknung der Höhle die gangränösen 
Pulpatheile möglichst sorgfältig mit einer Don al dson’schen oder 
Walker’schen Nadel. Oft und besonders bei Molaren ist es 
sehr schwer, den Wnrzelcanal gründlich zu reinigen, ohne 
denselben zu erweitern. Zur Erweiterung bedient er sieh der 
Gates-Olidden-Nerve-Canal-Drills. Die Anwendung dieser 
Instrumente erheischt grosse Vorsicht, denn sonst kann der 
Wurzelcanal durchbohrt werden oder das Instrument selbst im 
Wurzelcanale brechen. Auch muss man darauf achten, dass 
während des Bohrens keine septischen Stoffe durch das Fora- 
men apicale gepresst werden, da gewöhnlich dieser Um¬ 
stand die Ursache der persecutiven Periostitis nach septischer 
Behandlung des Wurzelcanals ist. Wenn die Wurzelcanäle er¬ 
weitert sind, spritzen wir dieselben vorsichtig mit einer Pravaz- 
schen Spritze, deren Nadel genug dünn ist, um, in den Wurzel¬ 
canal eingeführt, noch Raum zur Wegspülung des ira Wurzel¬ 
canal befindlichen und durch das Bohren entstandenen Detritus 
durch die injicirte Flüssigkeit in die Mundhöhle übrig zu 
lassen, mit Kalium hypermanganienm oder einem anderen Des- 
inficiens aus. Nachdem die Wurzeleanälo auf diese Weise von 
Fremdkörpern gereinigt w'orden sind, trocknen wir den Zahn 
mit Aether und durch Einblasung warmer Luft und sterilisiren 
denselben mit Sublimat (1 : 500). Nachdem dies geschehen ist, 
können wir die Wurzelcanäle sofort mit Jodoform-Guttapercha 
füllen. Die Höhle der Krone kann dann mit beliebigem Material 
(Gold oder irgend welchem Plasticnm) plombirt w'erden. 

Mit Alveolarfistel complicirte Fälle behandelt er 
auf die gleiche Weise wie die oben angeführten Fälle, nur mit 
dem Unterschiede, dass er die Wnrzelcanäle mit einem sehr 
starken Strahl ausspritzt, damit die Flüssigkeit durch die Fistel 
dringe und dieselbe desinfleire. Aber auch diese Zähne plom¬ 
birt er in einer Sitzung. 

Auf Grund dieser Behandlung ist Amoedo in der Lage 
zu behaupten, dass er, seitdem er die langwierige Behandlung 
der Wurzelcanäle mit Garbolsäure und anderen stark reizenden 
Mitteln aufgegeben hat, viel mehr Zähne rettet als vordem, dass 


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48 


er im Verlaufe von zwei Jahren 400 Zähne auf diese Art be¬ 
handelt und die Wurzelcanäle sofort gefüllt hat und von 
diesen nicht mehr als zwei extrahiren musste. 

Auch Cunninghain (Cambridge) ist ein eifriger Ver- 
theidiger der sofortigen Füllung der Wurzelcauäle ohne Rück¬ 
sicht darauf, welcher Art die Erkrankung der Pulpa ist und 
ob auch schon seitens der Wurzelhaut gewebsartige Erkran¬ 
kungen vorliegeu. Er basirt sein lirtheil über die derartige Be¬ 
handlung auf weitläufige statistische Daten, welche das Re¬ 
sultat viele Jahre hindurch systeraatisch auf diese Art aus¬ 
geführter Operationen sind. 

Das von ihm befolgte Vorgehen ist bei jedem Falle das 
folgende: „Vor Allem verschafft ersieh, inwieweit nur möglich, 
directen und freien Zutritt zu sämmtlichen Wurzeln. Die 
Leichtigkeit, mit welcher Gewebsverluste durch Füllmittel er¬ 
setzt werden können, veranlasst ihn zur möglichst gründlichen 
Reinigung der cariösen Höhle, wobei er selbst solche Schmelz- 
und Dentintheile nicht schont, welche zwar gesund aber schwach 
sind. Den Cofferdam bringt er überall, wo dies nur möglich, in 
Anwendung. Nach Anlegen des Cofferdams reinigt er die 
Wurzelcanäle mit feinen Bohrern, mit welchen er so weit vor¬ 
dringt, als dies ohne die Gefahr, die Wand des AViirzelcanals 
zu durchbohren, nur möglich ist. Solche Wurzelcauäle, in welche 
er selbst mit dem feinsten Nerven-Extractor nur mit Mühe ein- 
dringen kann, versucht er auch nicht mit einem Bohrer zu er¬ 
weitern, sondern füllt sie überhaupt nicht. 

Cunningham bemerkt offen, dass er nicht zu 
jenen excellenten Operateuren gehöre, denen die s 5 "stematische 
Füllung sämmtlicher Wurzelcauäle bei jedem Zahne immer 
gelingt, sondern gesteht aufrichtig, dass er in manche Wurzel¬ 
cauäle trotz eifrigsten Bestrebens selbst mit dem feinsten Instru¬ 
mente nicht eiudringeu, sie also umsoweniger füllen kann. 
Die zngänglicheu Wurzelcanäle spritzt er nach möglichst sorg¬ 
fältiger Reinigung mit einpercentigem Arseuglycerin oder Subli¬ 
mat (1 : 1000) aus. Wenn ihm die vollständige Entfernung der 
erweichten und inficirten Zahnsubstanz mit dem Excavator oder 
Bohrer nicht gelingt, wendet er zur Reinigung Chloroform an. 


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49 


Die Vorbereitung des zur Füllung der Wurzeleanäle erfordere 
liehen Materials und der nöthigen Instrumente lässt den zur 
Ausspritzung der Canäle verwendeten Antisepticis genügende 
Zeit in die Zahnsubstanz einzudringen, wenn dies überhaupt 
unmöglich ist. 

Zur Füllung der Wurzelcanäle verwendet er beinahe immer 
Zinkoxychlorid, das er mittelst um eine Nervennadel gewickelter 
Baumwollfäden in die Wurzeleanäle einführt, und damit das 
Zinkoxychlorid an den Wänden der Wurzeleanäle kleben bleibt, 
trocknet er dieselben nach der Ausspritzung nicht. Die Ex- 
cavirung der Corona geschieht dann auf bekannte Weise, und 
endlich, wenn es die Zeit erlaubt, wird sie mit Gold oder 
Amalgam endgiltig gefüllt. 

In solchen Fällen, wo nur noch Wurzeln vorhanden sind, 
muss man die an der Krone vorzunehmende Operation auf eine 
spätere Sitzung verschieben, die aber nicht allzu lange Zeit 
nach der Füllung der Wurzel stattfinden soll. 

Nach Cunningham hat die sofortige Füllung der Wurzeln 
oder, wie er sich ansdrückt, „die directe Behandlung folgender 
Vortheile“: 

1. Die directe Behandlung ist von weniger Misserfolgen 
begleitet, als die langwierige Behandlung, und wir kommen 
seltener in die Lage, den Zahn extrahiren zu müssen. 

2. Es entstehen seltener Geschwülste oder schmerzhafte 
Abscesse; die directe Behandlung verursacht also weniger 
Schmerzen. 

3. Sie nimmt sowohl von Seite des Arztes als des Patienten 
weniger Zeit in Anspruch, denn bei der direeten Behandlung 
dauert die vollständige Fällung des Zahnes nicht länger als 
höchstens eine Stunde. 

4. Diese Vortheile ermöglichen es ihm, viele verzweifelte, 
von anderen Dentisten als unheilbar erklärten Fälle zu behandeln 
und zu heilen. 

5. Die erzielten Erfolge schreibt er nicht den in Anwendung 
gebrachten Mitteln, sondern dem Vorgehen zu, dass er diö 
Wurzeleanäle möglichst aseptisch macht, und hiezu bedarf es 

4 


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50 


seiaer Ansicht nach nicht Wochen; dies kann auch in einer 
einzigen Sitzung geschehen. 

Die Ansicht Dubois’ über die directe Behandlung stimmt 
in Vielem mit jener Cnnningham’s überein, weshalb ich von 
der Mittheilung derselben absehe. 

Bezüglich der Frage, inwiefern das Gold als Füllungs¬ 
substanz Yortheile gegenüber den übrigen plastischen 
Füllungsmitteln hat, und wenn ja, welche sind diese 
Vortheile? wurde kein einziger Vortrag angemeldet. Dies ist 
wirklich eine eigenthümliche Erscheinung, denn man kann es 
behaupten, die Frage ist von sehr grosser Wichtigkeit. Erklär¬ 
bar ist diese Erscheinung allerdings daraus, dass diese Frage 
eigentlich die Aufstellung von Regeln involvirt, wann die An¬ 
wendung von Gold und wann die anderen Füllnngsmitteln 
(Amalgam, osteoplastische Substanzen) indicirt ist. Die Auf¬ 
stellung solcher Indicationeu stösst aber auf grosse Schwierig¬ 
keiten, denn hier kommt nicht nur der Zustand des Zahnes, 
also des zu behandelnden Organes in Betracht, wie dies z. B. 
bei der Indication der Behandlung eines anderen erkrankten 
Organes der Fall ist, sondern auch die besondere Geschicklich¬ 
keit des Operateurs bei der Ausführung einer bestimmten Ope¬ 
ration; so wird der Operateur, der Goldplomben mit grosser 
Virtuosität anfertigt und demzufolge bei mit Gold plombirten 
Zähnen glänzende Resultate erzielt, von diesen Erfolgen geblendet, 
nnr das Gold für die einzig gute Füllnngssubstanz halten. Der 
Operateur hingegen, der nicht in der Verfertigung hellglänzender 
und die Form des Zahnes nach Möglichkeit imitirender Plomben 
seine grösste Freude findet und der bei der Ausführung der 
Operation hauptsächlich auf die Conservirung und Brauchbarkeit 
des Zahnes bedacht ist, wird in Folge richtig gestellter Indi¬ 
cation mit dem möglichst einfachsten Füllmittel, z. B. mit 
Guttapercha, ein besseres Resultat erzielen, als mit einer aus¬ 
gezeichneten Goldplombe. 

Daraus geht hervor, dass die obige Frage nicht genügend 
präcisirt war, denn es lässt sich nicht im Allgemeinen behaupten, 
dass das Gold diese oder jene Vortheile besitzt, sondern man 
muss vorerst die Indicationen zur Anwendung der einzelnen 


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Fällangssobstanzen bestimmen, und wenn dies geschehen ist, 
kann man bei jeder Fällangssnbstanz einzelne besondere Vor¬ 
theile, aber auch Fehler hcrrorheben. Es sind daher die ver¬ 
schiedenen Fällnngsmittel so zu gebrancheu, dass ihre her¬ 
vorragenden Vortheile znr Geltung gelangen, ihre Nachtheile 
hingegen möglichst wenig Schaden verursachen können. 

Die von der zweiten Section auf die Tagesordnung gestellte 
dritte Frage, bezog sich auf die locale und allgemeine 
Anästhesie bei Zahnextractionen; eine Frage, deren er¬ 
folgreiche Lösung jeder praktische Zahnarzt heiss ersehnt. Es 
scheint, dass selbst jene Zahnärzte, welche Stickoxydnl oder 
das Gemenge von Stickoxydnl und Sauerstoff anwenden, 
obgleich sie mit der erreichten narcotisirenden Wirkung zu¬ 
frieden sind, dennoch, und mit vollem Rechte, ein Mittel vor- 
ziehen würden, welches keine allgemeine, sondern blos eine 
locale Anästhesie hervorrnft, denn die schmerzlose Extraction 
könnte auf diese Weise viel bequemer ansgeführt werden. Was 
ist natürlicher, als dass bei Entdeckung der local anästhesirenden 
Wirkung des Cocains auch die Zahnärzte diesem Mittel ihre 
Aufmerksamkeit znwendeteu, und nach kurzer Zeit erschienen 
ganze Bände über die ausgezeichnete Wirkung des Goc^ns bei 
Zahnextractionen. Aber binnen Kurzem erweckten die nach 
snbgingivalen Oocalninjectionen oft genug anftretenden unange¬ 
nehmen Allgemeinerscbeinungen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, 
Ohnmachtsanfälle und manchmal sogar wirklicher Collaps das 
Bedenken der ernsten Beobachter und mahnten zu grösserer 
Vorsicht bei Anwendung des Cocains, und man trachtete die 
allgemeinen Wirkungen bei subgingivaler Injection des Cocains 
wenn nicht vollständig ausznschliessen, so doch wenigstens zu 
vermindern. Ein und der andere Forscher wollen dies auf ver¬ 
schiedene Weise erzielen. So wendet Poinsot anstatt des 
Oocainnm hydrochloricum reines Cocainalkaloid an, 
das er in Oleonaphtine löst, wodurch er bezweckt, dass diese 
Lösung, welche viel dicker ist, als das wässerige Cocainum 
hydrochloricum, nicht leicht resorbirt wird, in Folge dessen nur 
die local anästhesirende Wirkung des Cocains zur Geltung 
kommt. Die von ihm gebrauchte Formel ist: ein Gramm Naphtinöl 

4 * 


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52 


und fünf Centigramm reines Cocain zu einer Injeetion. Poinsot 
ist mit den erzielten Resultaten sehr zufrieden. 

Richard Chauvin schreibt die bei Coeaininjectionen 
auftretenden, nicht verleugbaren unangenehmen Erscheinungen 
der chemischen Unbeständigkeit des Cocains und verschiedenen 
Alkaloiden zu, welche in den meisten Coca-Extracten enthalten 
sind, und seine Beobachtungen führen ihn zu folgendem Resultate: 
man darf nur chemisch vollständig reines Cocain benützen, in 
welchem Falle es ganz gleichgiltig ist, ob ein Salz des Cocains 
oder das Alkaloid selbst injieirt wird. 

Die schädlichen Folgen können am besten vermieden 
werden, wenn die Injeetion sehr langsam ausgeführt wird und 
wir nur mässige Dosen injiciren, und zwar zwei Centigramm 
Cocainum hydrochloricum in 0-5 Gramm W^asser gelöst. Die 
Injeetion dieses Vs Gramm Flüssigkeit soll fünf Minuten dauern, 
so dass in den Organismus höchstens fünf Milligramm Cocain 
per Minute eindringen kann. 

Dieses Vorgehen besitzt den Vortheil, dass die Einfüh¬ 
rung des Cocains bei den geringsten Anzeichen von Störungen 
sofort sistirt werden kann. Auf diese Art kann man die locale 
Anästhesie am besten einfuhren, ohne ernste Unfälle befürchten 
zu müssen. 

Bleichsteiner spricht von der localen anästhesirendeh 
Wirkung des Cocains mit wahrer Begeisterung. Trotzdem con- 
cedirt er, dass leichtere Intoxicationserseheinungen auftreten 
können, aber durch Injicirung von einem Gramm zehnpercen- 
tigen Extr. opii aquosi behoben werden. Wir verweisen im 
Uebrigen auf seinen in Nr. 4 des vorigen Jahrganges dieses 
Blattes in extenso veröffentlichten Vortrag. 

Caracatranis endlich zählt mehrere Fälle auf, in 
welchen es ihm mit Cocain nicht gelungen ist, eine locale An¬ 
ästhesie hervorzurufen. Er machte bei mehr als 200 Zähnen, die 
er unter Anwendung von Coeaininjectionen extrahirt hat, fol¬ 
gende Beobachtungen: Bei den Zähnen des Oberkiefers hatte er 
öfter Gelegenheit, eine vollkommene Anästhesie zu erreichen, 
während die unteren Zähne häufig ihre ganze Sensibilität be¬ 
hielten. Da er in Betreff der Wirkung des Cocains nicht voll- 


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53 


kommen beruhigt war, verwendete er zu einer Operation nie¬ 
mals mehr als sechs Centigramm Cocain^ während et bei Per¬ 
sonen von schwacher Constitution nur drei bis vier Centigramm 
injicirte. Trotz dieser geringen Quantität traten oft Nervenanfälle 
und Brechreiz auf, doch war v/enigstens auch die locale An¬ 
ästhesie eine vollständige. Bei stärkeren Individuen trat nach 
sechs Centigramm keine Anästhesie ein, doch konnte oft Brech¬ 
reiz beobachtet werden. 

Die Wirkung des Cocains bei Zahnextractionen bleibt also 
noch immer unentschieden. Selbst seine eifrigsten Fürsprecher 
leugnen nicht seine unangenehmen Nebenwirkungen, erklären 
dieselben aber für leichte Störungen, welche für die locale 
Anästhesie nicht hinderlich sind. Poinsot gibt in seinem 
Schlussworte der Ansicht Ausdruck, dass, wenn nicht das Cocainum 
hydrochloricum, sondern nach seiner oben beschriebenen Methode 
das reine Cacain-Alkaloid in Verwendung kommt, die Wirkung 
eine sehr günstige ist, da das Cocain-Alkaloid in Folge des 
öligen Lösemittels viel schwerer resorbirt wird und so seine 
allgemeine Wirkung nicht zum Vorscheine kommen kann. 

Die Anwendung von allgemein anästhesirenden Mitteln, 
als Chloroform und Lustgas, wurde vonDr. Au he au an vielen 
Patienten nach der bekannten Methode demonstrirt. 

Dr. Abonyi hielt einen Vortrag über Bromäthyl als all¬ 
gemeines Anästheticum und gelangte auf Grund seiner Unter¬ 
suchungen, welche er experimentell an Fröschen ausführte, zu 
der Schlussfolgerung, dass Bromäthyl auf die Function des 
Herzens durchaus keinen Einfluss hat. 

Es wurden nicht nur auf die Tagesordnung gesetzte An¬ 
gelegenheiten betrejflfende, sondern auch andere wichtige Fragen 
berührende Mittheilungen gemacht, von welchen ich zum Schlüsse 
Dr. Huggenschraidt’s Abhandlung über Transplantation 
der Zähne erwähne. 

Die Transplantation der Zähne versuchte als Erster vor 
einigen Jahren Dr. Younger in San Francisco. Dieser Vorgang 
erfreute sich in den Vereinigten Staaten alsbald einer grösseren 
Verbreitung, während die europäischen Zahnärzte ihm gegen¬ 
über eine gewisse Reserve beobachteten; mit Ausnahme der Ab- 


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handlangen des Engländers Dr. Cunniugham und des Fran¬ 
zosen Dr. Meng kommt dieser Gegenstand in der zahnärztlichen 
Literatur nur höchst selten vor. Huggenschmidt hat im 
Winter des Jahres 1886 sowohl in New-York wie in Phila¬ 
delphia mehrere Zahntransplantationen gesehen, entschloss 
sich aber erst im Februar des Jahres 1888 zur Anwendung 
dieser Heilmethode. Von Februar 1888 bis Juli 1888 machte 
er sieben Transplantationen, der Erfolg war in fünf Fällen ein 
günstiger, in zwei Fällen ein ungünstiger; aber die beiden 
letzteren betrafen ein und dieselbe Patientin, bei der er die 
Operation, welche das erstemal misslang, neuerdings ver¬ 
suchte. 

Die Präparirung des Zahnes vor der Operation geschieht 
auf folgende Weise; Er transplantirt nie einen frisch extrahirten 
Zahn, sondern bedient sich bei verschiedener Gelegenheit ex- 
trahirter Zähne von Individuen im Alter von 21 bis 25 Jahren 
und legt grosses Gewicht auf die gründliche Desinficirung 
derselben. 

Um jeder Möglichkeit einer Infection vorzubeugen, öffnet 
er die Pulpahöhle eines jeden einzelnen Zahnes, und nachdem 
er den Zahn auf diese Weise präparirt hat, setzt er ihn auf die Dauer 
wenigiätens eines Monates in eine Sublimatlösung (1 : 2000). 

Am Tage vor der Operation füllt er die Pulpahöhle mit 
Gold oder Guttapercha und legt den Zahn hierauf in die Subli- 
matlösung zurück. Ungefähr eine halbe Stunde vor der 
Operation legt er den Zahn in einen sterilisirtes Wasser ent¬ 
haltenden Glaseylinder, welcher in einem 38gradigea Wasser¬ 
bade steht. Nun ist der Zahn zur Implantation bereit. 

Am Tage vor der Operation muss die Mundhöhle sorgfältig 
gereinigt werden und er empfiehlt den Patienten Ausspülungen 
mit Borsäure oder Sublimat (1 : 4000). 

Zu Beginn der Operation bürstet er den Mund mit einer 
Sublimatlösnng, insbesondere in der Gegend, wo die Operation 
aasgeführt werden soll. Nachdem dies geschehen ist, injicirt er 
vier Centigramm einer öOpercentigen Gocainlösung (also zwei 
Centigramm Cocain) in die Gingiva; es tritt vollkommene An¬ 
ästhesie ein und nun ist der Patient zur Operation bereit. 


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Die zur Anwendung kommenden Instrumente desinficirt 
er dadurch, dass er dieselben einige Augenblicke lang in heisses 
Wasser oder in eine antiseptische Lösung legt. 

Im ersten Abschnitte der Operation legt er den Knochen 
frei. Zu diesem Zwecke schneidet er mit einem Bistouri ein 
etwas grösseres Läppchen aus der Gingiva, als der Hals des 
zu implantirenden Zahnes. Das Periost schiebt er dann von 
allen Seiten hinunter und wäscht die Wunde sorgfältig mit 
Sublimat. 

Im zweiten Zeitabschnitte der Operation wird der neue 
Alveolus hergestellt. Er bohrt mittelst einer White’schen Bohr¬ 
maschine den Knochen an, was sehr leicht ist: wenn er bis 
zu der der Wurzel entsprechenden Tiefe vorgedrungen ist, benützt 
er je nach Bedarf zu der Erweiterung des künstlichen Alveolus 
einen immer stärkeren Bohrer. 

So oft er den Bohrer aus der Knochenwunde nimmt, des¬ 
inficirt er dieselbe. Wenn der künstliche Alveolus zur Genüge 
erweitert ist, setzt er den Zahn ein und fixirt ihn mittelst Seide 
oder eines vorbereiteten Fixationsapparates ans vulcanisirtem 
Kautschuk. 

Mit der Fixirung des Zahnes ist die Operation zu Ende 
geführt. Er empfiehlt dem Patienten noch die sorgfältige Rein¬ 
haltung des Mundes und veranlasst ihn, den Mund wenigstens 
sechsmal mit einer zweipercentigen Borsäurelösung ausznspülen. 

Nach acht Tagen muss der Zahn bereits relativ festsitzen, 
doch empfiehlt es sich, den Fixationsapparat wenigstens drei 
Wochen zu tragen, welche Zeit auch zur Heilung der Maxillar- 
fissur erforderlich ist. 

Gehen wir nun zum Endresultate der Operation über. Der 
unmittelbare Erfolg ist immer günstig, wenn während und nach 
der Operation vollständig antiseptische Cautelen beobachtet 
wurden. Sonst trägt au einem Misserfolge immer ein operativer 
Fehler die Schuld, es wurde z. B. der künstliche Alveolus mehr 
erweitert, als es der zu implantirende Zahn erfordert hätte, oder 
der Patient hält nach der Operation den Mund nicht rein genug. 

Manche Dentisten in den Vereinigten Staaten, die sehr 
oft Transplantationen ausfflhren, legen grosses Gewicht daranft 


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dass der zu implautirende Zahn seiner Wurzelhaut nicht beraubt 
sei, und halten die rollkommene Intaktheit dieses Gewebes für 
unbedingt nothwendig, wenn die Operation von Erfolg begleitet 
sein soll. Huggensehmidt glaubt aber, dass die Anwesenheit 
der Wurzelhaut in Bezug auf die Festigkeit des implantirten 
Zahnes nur eine seht untergeordnete oder überhaupt gar keine 
Bolle spielt, denn er hat bei jedem zu implantirenden Zahn die 
Wurzelhaut vollkommen abpräparirt. Huggensehmidt kann 
es nicht begreifen, wie die Wurzelhaut eines Zahnes, der 
mehrere Monate oder ein Jahr vor der Transplantation eitrahirt 
worden ist, ihre Lebensfähigkeit zurüekerlangen soll. 

Eine zweite wic^itige Frage ist, auf welche Weise der 
Zahn sich befestigt? Auf welche Weise er fixirt wird? Durch 
Narbenbildung, in Folge von Anehylose oder auf mechanischem 
Wege? Welche sind die hier gegebenen Verhältnisse? Wir 
haben in einem vollkommen intakten Gewebe eine Knochen- 
wunde hervorgerufen und haben in dieselbe einen vollkommen 
aseptischen Fremdkörper eingeführt. Dieser Fremdkörper (der 
Zahn), der seine ganze Lebensfähigkeit verloren hat, ist bei 
der Verwachsung des Knochens, welche ausschliesslich von 
Seite der Knoehenwunde erfolgt, vollkommen unbetheiligt, 
indifferent. Wie bildet sieh hier also neues Knochengewebe? 
Die Erscheinungen, welche wir hier beobachten können, sind 
vollkommen identisch mit jenen, welche bei jeder gewöhnlichen 
Knochen Verwachsung Vorkommen. Die Havers’schen Canäle, 
welche wir, um einen künstlichen Alveolus zu gewinnen, eröffnet 
haben, vergrössern sich in Folge der Resorption des Knochen¬ 
gewebes, sowie durch die Entwicklung des in diesen Canälen 
verbliebenen Knochenmarkes, dieses Mark fördert die Granulation, 
durch welche die Lücke zwischen der Zahnwurzel und den aus 
dem Kiefer gebohrten Theilen vollständig ansgefüllt wird. Die 
Wurzel wird also von embryonalem Gewebe umgeben. Später 
wachsen in dieses Gewebe Knochenleisten hinein, die ihren 
Ausgang von dem Knochen nehmen, das Gewebe entzündlichen 
Ursprungs ersetzen, und auf diese Weise wird die Zahnwurzel 
durch Anschmiegen des neugebildeten Knochengewebes um¬ 
schlossen. . 


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Nehmen wir nun das spätere Resultat der Operation in 
Augenschein. Es wurde die Erfahrung gemacht, dass ein grosser 
Tfaeil der transplantirten Zähne nach einer gewissen Zeit in 
Folge der schnell erfolgenden Resorption der Wurzel ausfällt, 
während ein anderer Theil der Zähne in so hohem Grade be¬ 
festigt wird, dass der Zahn vier Jahre nach der Operation noch 
gar keine Anzeichen einer Lockerung aufweist. Es ist wahr¬ 
scheinlich, dass der günstige oder ungünstige Verlauf vom 
Gesundheitszustände des operirten Individuums abhängt. Und 
in der That, wenn wir die Operation an einem gesunden Indi¬ 
viduum ausführen, wird das unmittelbare Resultat ein ausge¬ 
zeichnetes sein, hingegen, wenn dieses Individuum zeitweise 
solchen vorübergehenden Erkrankungen ausgesetzt ist, welche 
seinen allgemeinen Ernährungszustand beeinträchtigen, so ist es 
gewiss, dass in einem solchen Falle der implantirte Zahn der 
heikelste Punkt des Organismus sein wird und dass sämmtliche 
Erscheinungen der entzündlichen Reaction sieh auf denselben 
concentrireu werden. 


Referate und Journalsehau. 


„The American System of Dentistry.“ Ed. by 

F. W. Litch etc. Baud I. (Fortsetzung). *) 

Das Schlusseapitel des Aufsatzes über die Pathologie der 
Wurzelhauterkrank äugen (von Black) bilden „Die Erkran¬ 
kungen der Wnrzelhaut, die ihren Anfang am Zahn¬ 
fleischrande haben“. Diese Gruppe von Krankheiten — so 
sagt Verfasser — wurde bisher durch ungenaue Beschreibungen 
vielfach in ein falsches Lieht gestellt. Die Synonyme, die in 
Gebrauch stehen, zeugen bereits für die Unklarheit der Auf¬ 
fassung des Gegepstandes; als solche werden geführt: „Schwam¬ 
miges Zahnfleisch, Entzündung des Zahnfleisches, Scorbut, falscher 

.') 3. 1889, S. 206 dieser Zeitscbrift. 


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Scorbut, Erkrankungen des Zahnfleisches, Gingivitis, Pericemen- 
titis, suppurative Entzündung des Zahnfleisches, Pyorrhoea alveo- 
laris, Odontolithus etc.“ Verfasser versucht eine neue Einthei- 
lung der ganzen Gruppe, mit theils eigenen technischen Aus¬ 
drücken. Für die ganze Gruppe benützt Verfasser drei, resp. 
vier technische Ausdrücke, diese sind: Gingivitis, kalkige 
(vielleicht richtiger depositäre) (calcic) Entzündung, — a) Serum¬ 
stein, b) Speiehelstein (serumal calculus, salivary caleulus) — 
phagedaenisehe (phagedaenic) Perieementitis. Die Definition 
dieser Ausdrücke gibt Verfasser in Folgendem: „Den Ausdruck 
Gingivitis beschränke ich auf jene Entzündungen des Zahn¬ 
fleisches, welche, durch constitutionelle Ursachen oder aus den 
leichteren Formen von Eatzündungen hervorgerufen, durch weiche 
Deposite, Niederschläge an den Zähnen, herrühren. Wenn aber 
ein anderer Factor dazwischentritt, dann soll dieser seinen Aus¬ 
druck finden, daher benütze ich calcic inflamation als 
solchen, um anzuzeigen, dass dies die Ursache des Weiterbestandes 
der Erkrankung ist.“ Unter dem Ausdrucke phagedaenic 
perieementitis habe ich den prominentesten Factor des Leidens, 
nämlich dessen destructiveu Charakter, bezeichnen wollen. 
Es ist wohl wahr, dass die depositäre Form auch destructiv ist, 
aber nicht im selben Masse. Dieses Leiden wird nach meiner 
Ansicht durch eine specifische Form von Mikroorganismen her¬ 
vorgerufen, sie ist aber bisher nicht mit genügender Genauigkeit 
bestimmt worden, um für diese Auffassung einen bezeichnenden 
Ausdruck zu rechtfertigen. (Verfasser versteht darunter, was 
man Pyorrhoea alveolaris zu nennen pflegt.) 

Wir wollen unsere Meinung über diesen Vorgang gelegent¬ 
lich der detaillirten Besprechung zum Ausdruck bringen. 

Gingivitis. — In Begleitung einer sehr instruetiven, 
diagrammatischen Zeichnung (Fig. 505) werden über das Zahn¬ 
fleisch und die angrenzende Wurzelhaut einleitende Bemerkungen 
gemacht. So unter Anderem wird unter dem Namen Gingival- 
organ ein Epitbellager genau am Zahnfleischrande, unter der 
ersten Malpighi’schen Papille, beschrieben (die einstige Seres’sche 
Drüse), welcher eine Profusion von Sehleimkörperchen zuge- 
sehrieben wird, die bereits SaIter im Speichel vorgefunden hat. 


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Es soll dieses Organ mit dem später zu erwähnenden Serum- 
stein im csusalen Nexns stehen. 

lieber Scorbut und die übrigen Zahnfleischerkrankungen 
gleitet Verfasser sehr flüchtig hinüber. Der zunächst folgende 
Aufsatz über depositäre Entzündung der Wurzelhaut 
und des Zahnfleisches beschäftigt sich schon eingehender 
mit dem Gegenstände. Warum Verfasser einen neuen Ausdruck 
gebraucht, wissen wir nicht, denn eigentlich sollte die von 
Magitot beschriebene Gingivitis tartarica dasselbe Leiden 
benannt haben. Black geht jedoch weiter, indem er zwei For¬ 
men der Deposite an den Zahnhälsen unterscheidet. Das eine 
wird bezüglich seines Ursprungs, das andere hinsichtlich seiner 
„Position“ unterschieden. Das erstere soll seinen Ursprung vom 
„Serum“, welches im Zustande der Erkrankung der Gewebe 
„exsudirt* wird, herrühren und soll sieh unter dem freien Zahn¬ 
fleischrand ansetzen; das andere Deposit stammt aus dem Speichel 
und setzt sich nicht zwischen, sondern ober dem freien Saum 
des Zahnfleisches an. Jenes ist Serumstein, dieses Speichelstein, 
wie es Verfasser unterschieden haben will. Die erste Beob¬ 
achtung des Serumsteines soll nach Blaek’s Angabe von Dr. 
Brown, Georgia, im American Journal (October 1870) gemacht 
worden sein. Denselben nannte Dr. Ingersol (Ohio, Journal, 
August 1881) Blutstein „Sanguinary cälcnlus“.— Die Beschrei¬ 
bung des Speichelsteines (Zahnstein) können wir füglich unter¬ 
lassen, da sie nur Gemeinplätze anföbit. — Bezüglich der The¬ 
rapie beschreibt Verfasser ausser der Entfernung des Zahn¬ 
steines das Verfahren Gilmer’s, welches darin besteht, Salicyl- 
Watte unter den Zahnfleischsaum zu packen und sie für 24 Stun¬ 
den da zu belassen; ferner schlägt Verfasser vor, eine 20—30per- 
centige Lösung von Zinkchlorid sorgfältig an derselben Stelle 
zu appliciren, und zwar mit Hilfe der gepriesenen Farrar’schen 
Spritze. Diese Escharotica sollen aber in der Nachbehandlung 
keine Verwendung finden, da sie die Vitalität des Gewebes 
redueiren; mit Rücksicht hierauf soll gelegentlich statt derselben 
Carholsäure (95®/o) oder nach Magi tot Chromsäure benützt 
werden. Nach ein- bis zweimaliger Benützung möge man zu 
Stimulantien übergehen; als deren Angezeigtestes empfiehlt 


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Verfasser 01. Cinnamomii, eventuell ,,01. Cinnam., 01. Gaulthe- 
riae ^ 4 Theile, Acid. carbol. cryst. Th. misce.“ Letztere Mixtur 
entweder in Emulsion oder auf der Zahnbürste applicirt. 

Unter Phagedaenic pericementitis entfaltet Black 
eine höchst anerkennenswerthe Genauigkeit der Beobachtung, 
Schärfe der Discrimination und besonders eine Originalität, 
welche diesen Aufsatz zu einer lehrreichen Monographie erhebt. 
Wir wollen dem Verfasser gerne diese Anerkennung zu Theil 
werden lassen, was uns jetzt doch nicht hindert, uns in manchen 
Punkten zu einer abweichenden Ansicht zu bekennen. Bereits 
der Terminus technicus, den Black verwendet, kann nicht 
ohneweiters acceptirt werden. Bedenkt man nur, dass dies 
bereits der so und so vielte technische Ausdruck für ein Leiden 
ist, welches bisher theils auf falschem Grund, theils irrthümlich 
nach seinen Symptomen irgend eine Benennung fand, am Schluss 
aber weder die bisherigen, noch die gegenwärtig benützte Be¬ 
nennung das Wesen der Erkrankung, wie es erwünscht wäre, 
bezeichnet. Wir brauchen in unserer Nomenclatur nicht um 
einen Namen mehr und auch nicht eine Bezeichnung, welche 
besagt, was das Leiden thut, sondern einen technischen Aus¬ 
druck für das, was das Leiden ist. Man kann nicht sagen, dass 
Black glücklicher gewesen sei als seine Vorgänger; denn ana- 
lysirt man den von ihm adoptirten oder erfundenen technischen 
Ausdruck, so finden wir, dass, abgesehen von unbegründeten 
Pioximum genus, „Pericemenlitis“ statt Periodontitis, die Ultima 
differentia „phagedaenic^, ethymologisch ulcerös, nagend be¬ 
deutet, womit der eigentliche Sitz und das Wesen der Krank¬ 
heit noch nicht bezeichnet ist, sondern nur die Art und Vor- 
schreituDgsweise des Leidens speciell an der Wurzelschleimhaut 
angegeben wird. Es ist eine sehr das Wesen des Gegenstandes 
betreffende Frage, ob dasselbe seinen Sitz genau genommen in 
der Wurzelhaut oder in den Knochen wänden der Alveole 
hat und inwiefern die zunäcbstliegenden Gewebstheile in zweiter 
Linie angegriffen werden oder primär angegriffen sind. Man 
hat wohl die Auffassung von Marchal de Calvi (1861), als 
handelte es sich um eine „Gingivitis expiilsiva“, in neuerer 
Zeit so ziemlich aufgegeben, da man das Zahnfleisch in einer 


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grossen Anzahl der Fälle ohne ,itis“ vorfand. Nun sollte man 
daher eine hasirte Wahl zwischen Wurzelhaut und Alveolfe 
finden. Allem Anscheine nach will aber dies selbst Black 
nicht gelingen. Wie immer die Lösung der Frage in der Zu¬ 
kunft kommen mag, Eines steht fest: entweder wird die Wurzel¬ 
haut oder der Alveolarknochen als der eigentliche Sitz des 
Leidens sich heraussteilen, oder es wird constatirt werden, dass 
beide gleichzeitig afficirt werden und gleichmässig afficirt sind, 
und dann folgt logischer Weise entweder a potiori fit denomi- 
natio, daher das Leiden als eine Alveolarerkrankung bezeichnet 
wird, oder es würde angezeigt erscheinen, einen combinativen 
Ausdruck zu verwenden; — und noch ein tertium datur, und 
dies ist, wenn man eine specielle Form von Mikroorganismus, 
welcher das Leiden pathogenetisch veranlasst, eonstatiren würde: 
dann hiesse die Krankheit nach dem Namen des betrefifenden 
Pilzes., 

Der Schilderung der Erkrankung entnehmen wir im Fol¬ 
genden einige Passus. Zu Beginn der Krankheit kann sie durch 
Serum- oder Speichelstein maskirt sein. Bezüglich des Sitzes 
der Erkrankung wird hervorgehoben, dass derselbe nicht in 
den Knochenwällen der Alveole zu suchen sei, sonst könnte man 
sich nicht erklären, wieso das Leiden durch die einfache Ex¬ 
traction des Zahnes geheilt wird; andererseits, sobald man 
annimmt, das wesentlich leidende Organ sei die Wurzelhaut, 
dann werde es auch klar, warum die Destruction derselben dem 
Leiden ein Ende macht. Dies ist die Ansicht des Verfassers. 
Der Reihenfolge nach soll also zuerst die Wurzelhaut ergriffen 
sein, worauf die Absorption der Alveolarwand unmittelbar folgen 
soll; die Vernichtung beider sei gerade sjnchronisch. In ihrer 
mindest complicirten Form ist die Erkrankung von keiner Art 
Zahnstein begleitet. „Dem Wesen nach“, so sagt Verfasser, 
„besteht das Leiden in einer Entzündung, — welche acut oder 
chronisch sein mag — durch welche die Wurzelhaut von der 
Zahnwurzel separirt und Faser nach Faser, Zelle nach Zelle 
vernichtet wird, analog dem Knochen, welcher Molekül nach 
Molekül in der Caries zu Grunde geht.“ Die Entzündung des 
Zahnfleisches sei ganz nebensächlich. In der chronischen Form 


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iat es aber stricte auf die Wurzelhaut beschränkt. Hinsichtlich 
des ersten Auftretens des Leidens meint Verfasser, er habe das¬ 
selbe ron einer einfachen Gingivitis ausgehen gesehen. Nach 
kurzem Verlauf der Gingivitis (Marginalie) soll bereits eine seichte 
Tasche mit geringem Eiterinhalte vorhanden sein. (Es würde 
recht interessant sein, bezüglich der ersten Anfänge des frag¬ 
lichen Leidens positive und au Zahl zureichende Beobachtungen 
zu erhalten, denn sonst muss man die angeführten Angaben 
etwas skeptisch anhören. Meine eigenen Erfahrungen an einer 
sehr grossen Anzahl von einschlägigen Fällen haben mir nicht 
einen einzigen Fall zugeführt, welcher als erstes Anfangssta¬ 
dium dieser Krankheit hätte betrachtet werden können. Ref.) 
Ausser der Tendenz, die ganze Wurzelhaut zu vernichten, wird 
auch des infectiösen Charakters des Leidens Erwähnung gethan, 
welcher sieh durch die Tendenz, nachbarliche Zähne in den 
Bezirk des Leidens einzubeziehen, kundgibt. „Keine speeielle 
ZahngattuDg ist mehr oder die andere weniger unterworfen.“ 
Einer der Charakterzfige der Krankheit äussert sich in der 
Eversion und auch in der Separation der Zähne, welche Er¬ 
scheinungen Verfasser dem Anschwellen der Wurzelhaut zu¬ 
schreibt. — Die nächstfolgenden Beobachtungen sind von be- 
merkenswerther Bedeutung: die eine besagt, dass die Destrue- 
tion der Wurzelhaut — in vielen Fällen und überzeugend der 
Zerstörung des Alveolaiprocesses vorangehe, woraus Verfasser 
die Folgerung zieht, der Verlust der Wurzelhaut bedinge selbst 
bei der Zahnextraction die Resorption der Alveolarwände. Die 
andere Bemerkung bezieht sich auf die Alveolarwand: 
„Schlitzt man das Zahnfleisch auf“, so sagt Verfasser, „und 
wendet man die Lappen, so wird man nach Stillung der Blu¬ 
tung klar sehen, dass der dem Zahne zunächst liegende Alveolar- 
theil resorbirt ist. Wir haben daher eine Resorption des 
inneren Theiles der Alveolarwand und gleichzeitig 
eine Knocheuauflagerung an dem äusseren Theile vor 
uns, dermassen, dass schliesslich der marginale Theil der 
Alveolarwand so entschieden verdickt ist, dass das Zahnfleisch¬ 
gewebe durch die Verdickung von der Zahnwurzel ferngehalten 
wird.“ Diese Verdickung soll auch zu sehen und mit dem Finger 


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zu tasten sein; sie umringt den Zahn irregulär und nur selten 
im ganzen Kreise. Die Destruction des Knochens wird als eine 
Resorption, nicht aber als eine moleküläre Necrose geschildert. 
Ueberhaupt soll Necrose des Alveolarrandes nur ausnahmsweise 
und durch einen Zufall — ausserhalb des Rahmens der Er¬ 
krankung — möglich sein. (Was Verfasser hier beschreibt, 
entspricht meiner Auffassung nach der unilateralen Wurzel- 
neerose. *) Einige Angaben des Verfassers jedoch sind wohl zu 
erwägen; die eine bezieht sich auf die erwähnte Verdickung, 
die andere auf die Resorption des Alveolarraudes. Die angebliche 
Verdickung der Alveolarwand — so interessant auch diese An¬ 
gabe sein mag — müsste nicht nur durch klinische Modelle 
(Fig. 524), sondern auch durch pathologische Präparate 
bewiesen werden, da man klinisch Irrthümern ansgesetzt ist. 
Bezüglich der erwähnten Resorptionen aber muss man bedenken, 
dass solche ohne entzündliche Vorgänge verlaufen; während hier 
— bei der unilateralen Wurzelnecrose — zuweilen sehr heftige 
AVurzelhautentzündungen die Einleitung, ja selbst ein neueres 
Stadium des Vorwärtsschreitens der Erkrankung kennzeichnen.) 

Höchst interessante Beobachtungen werden bezüglich der 
Eversion der Alveolarwand mitgetheilt. Verfasser schreibt die¬ 
selben, muthmassend, der Schwellung der Wurzelhaut zu. In 
einem Falle machte er durch Aufsehlitznng des Zahnfleisches 
eine eingehende Untersuchung der Theile und fand, dass die 
Eversion einen Zwischenraum zwischen Alveolarwand und 
Wurzel ä/,g eines englischen Zolles betragen habe. Figur 525 
illnstrirt den überraschenden Fall. Dabei stellte es sich heraus, 
dass die ganze Eversion im Zeiträume von 2—3 Wochen zu 
Stande gekommen sei. Schmerz war während einer Woche 
vorhanden, Patient litt auch sonst an phagedaenischer Peri- 
cementitis, sonst würde Verfasser den Fall für einen Abscess 
gehalten haben. Diesen Fall und ähnliche Fälle bezeichnet Ver¬ 
fasser als acute, ohne aber eine specielle Schilderung einestheils 
der acuten, anderntheils der chronischen Form gegeben zu haben. 
Auffällig ist jene Bemerkung, welche Verfasser an die Behand- 


<) Diagnostik etc. 


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64 


lung eines dieser Fälle knüpft, nämlich, da es heisst, er habe 
die gänzliche Regeneration der Wurzelhaut erzielt (complete 
Restoration of the memhraues). 

Die Gegenwart des depositären Niederschlages soll den 
Charakter des Falles nicht verändern. Die Majorität der Fälle 
sei damit complicirt, dann aber habe man eine depositäre Ent¬ 
zündung (calcic Inflammation) mit — tiefer gegen die Wurzel 
— phagedaenischer Entzündung vor sich. Aehnliche Compli- 
cationen dürften die Differenzirung beider Leiden bisher ver¬ 
mindert haben und ebenso richtig bemerkt Verfasser, man müsse 
das grösste Gewicht darauf legen, in einem gegebenen Falle 
das Vorhandensein des einen oder des anderen Leidens festzu¬ 
stellen, ehe man zur Therapie schreitet. „Die Abwesenheit der 
Zahnfleischtaschen über das Deposit hinaus (der Wurzelspitze 
zu) ist das sicherste Anzeichen des Nichtvorhandenseins der 
phagedaenisehen Form dieser Erkrankung.“ Ferner soll die 
eigenthümliche Verdickung der Wurzelhaut am apicalen Ende, 
welche den Zahn trotz starker Beweglichkeit in der Lage hält, 
als sehr charakteristisch betrachtet werden. In Folge von Com- 
bination der gewohnten Typen sollen die alten chronischen 
Fälle von kalkiger Entzündung entstehen, bei welchen das 
Zahnfleischgewebe zu einem niedrigsten Stand der Vitalität 
gesunken sei und wo man weite Taschen vorfindeii mag. Der 
gesunkene Zustand der Gewebe im Allgemeinen und die Ver¬ 
dickung am apicalen Ende sollen die Kennzeichen des letzten 
Stadiums einer allgemeinen depositären Entzündung der Wurzel¬ 
haut und des Zahnfleisches abgehen, sie dürfen aber nie mit 
der phagedaenisehen Form verwechselt werden. Eine andere 
Verwechslung kann durch „apicale Cementitis“ bedingt werden, 
im Falle nämlich, wenn der Eiter mit der Wurzel parallel sich 
Bahn bricht und am Zahnfleiscbrande sich ergiesst; die Differen¬ 
tial-Diagnose soll in diesen Fällen das Nichtvorhandensein det 
phagedaenisehen Erkrankung in der Nachbarschaft des betref¬ 
fenden Zahnes ausschlaggebend sein, da die phagedaenische 
Form höchst selten isolirt vorkomme. 

Die Aetiologie der phagedaenisehen Pericementitis findet 
Verfasser, soweit unsere bisherigen Kenntnisse langen, für un- 


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aufgeklärt. Nach Auführaug der einschlägigen Untersuchungen von 
Dr. Adolf Witzei und Dr. Arkövy glaubt Verfasser sich dabin 
äussern zu müssen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach Mikroorga¬ 
nismen mit im Spiele sein dürften, nur mangeln uns noch die klaren 
Beweise hiefür. Zur Bekräftigung dieser Auffassung können nach 
Verfassers Ansicht auch Beweise anderer Art angeführt werden. 
Diese sind: 1. Jene Medicamente, welche als Zerstörungsmittel der 
Mikroorganismen gelten, beeinflussten die Erkrankung aufs Vor- 
theilhafteste, während Medicamente anderer Sorte in dieser 
Richtung wirkungslos blieben. 2. Die vollständige Entfernung der 
erkrankten Gewebe genügt zumeist zur Cur. 3. Das Vorhanden¬ 
sein der Erkrankung in einem Theile des Mundes schreitet 
regelmässig mit dem Auftauchen derselben in der Nachbarschaft 
einher. 4. Die Beobachtung lehrt, dass die Erkrankung nur in 
Situationen, welche das Pilzwachsihnm begünstigen, wie es die 
Zahnfleischtaschen, die sich gegen die Mundfiüssigkeiten ge¬ 
schützt befinden, sind, floriren; daher der günstige Effect nach 
Entfernung der freien Ränder des Zahnfleisches. 

Schliesslich erwähnt Verfasser einen Fall, durch welchen 
er zur üeberzeugung gelangt ist, dass das Leiden von einer 
Person auf die andere übertragen wurde, das heisst, das Leiden 
sei inoculirbar. Die Allgemeinerkrankungen, die man be¬ 
kanntlich mit dem in Rede stehenden Leiden in Zusammenhang 
gebracht hatte (den Rheumatismus nicht ausgenommen), stellt 
Verfasser entschieden in Abrede, ebenso auch dessen Heredität. 
Alle diese sollen für das „rein locale“ Leiden nur einen 
prädisponirenden Umstand abgeben. 

Die Behandlung der phagedaenischen Peiicementitis 
geht meistentheils mit jener der depositären Entzündung Hand 
in Hand. „In allen Fällen ist es die erste Aufgabe, die Deposite 
zu entdecken und sie zu entfernen, die an den Halstbeilen nnd 
an den Wurzeln der Zähne sich vorfinden mögen.“ Besondere 
Sorgfalt soll dem Serumstein zugewendet w'erden, da dieser 
einen fortwährenden Reiz ausübt. Die nächstfolgende thera¬ 
peutische Massnahme theilt Verfasser in zwei Theile: In die 
chirurgische und medicinelle. Verfasser geht von dem Standpunkte 
aus, man müsse nach Entfernung der Ablagerungen den Zutritt 

5 


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vou Muadflüssigkeit uud den in derselben enthaltenen Mikro¬ 
organismen verhindern. Das von ihm befolgte Verfahren ist 
recht ingeniös. Durch einen semicirculären Schnitt einige Milli¬ 
meter über dem Zahnfleischrande und durch Zurückschlagen 
des so entstandenen kleinen Lappens wird der tiefste Punkt 
der Zahnfleisehtasche bargelegt, sämmtliche Niederschläge ent¬ 
fernt und der erkrankte Alveolarrand durch Meisseischläge ab¬ 
getragen. Dabei soll der marginale Theil des Zahnfleisches ganz, 
verschont bleiben. Der Zweck der Operation soll zw'eierlei sein: 
Erstens soll sie die an Vitalität gesunkenen und durch Mikro¬ 
organismen iuficirten Theile entfernen, und dies dient zugleich 
als ein Stimulans zu neuer Granulation; zw'eitens soll sie die 
Gewebe in eine Position bringen, welche die Zwischenräume 
ausfüllt und das;Neuanhaften der verwundeten Theile ermöglicht. 
Die Wundbehandlung soll in sorgfältiger Beseitigung der Blut¬ 
gerinnsel, Auswaschung der Tasche mittelst Sublimat-Hydrogeu- 
Hyperoxyd-Lösung (ein Gran auf sine Unze) bestehen. Hierauf 
ist der Lappen mit Suturen zu sehliessen; zwei genügen. Es 
soll eipe Vereinigung per primam angestrebt werden. Zur Ver¬ 
hinderung des Abspülens der Arischen Granulation benützt Ver¬ 
fasser einen üeberzug auf die betreffenden Theile (Wunde in¬ 
clusive marginalen Theil des Zahnfleisches) von. Guttapercha- 
Chloroformlösung. Letztere muss alle 48 Stunden gewechselt 
werden, ln Fällen, yfo keine rauhen Alveolarränder vorhanden 
sind, leitet Verfasser nur die medicinelle Behandlung ein, mit 
Benützung de,r früher erwähnten Solution von Sublimat und 
mittelst Benützung der Farrar’schen Spritze. Gomplicationen, 
wie sie in „mehr acuten Formen“ in Gestalt turgiden, 
hyperämisehen Zahnfleisches Vorkommen, sollen eine SOpercentige 
Lösung von Zinkchlorid innerhalb der Tasche angewendet 
werden; dies jedoch soll nach zweimaliger Application durch 
ein Stimulans wie .01, Cinuangomii allein oder mit einer Zuthat 
von einem Thejl Acidum carbolicum cryst. auf zwei Theile des 
Oeles Anwendung finden, und, za^ar.jeden vierten Tag. Verfasser 
verfolgte den Effect dieser Behandlung mit mikroskopischen 
Untersuchungen und fand innerhalb dieser Frist (drei Tage) 
keine Mikroorganismen in der Tas.che. Auch die Medieamente, 


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welche Harlan (Chicago) und Gilmer (Quiney) vorgeschlageu 
haben, werden empfohlen; diese sind: Zinkjodid, Jodoform 
und Eucalyptus, Jodoform und Engenol, Jodoform und OL Cinna- 
momii, schwache Lösung von Alumiuiumchloiid 1—3 Gran: 
1 Unze Sanitas und Engenol 3:1, ßesorciu etc., respective 
Phenolkamphei. Als Nachbehandlung lässt Verfasser theils für 
Mundwasser, theils auf der Zahnbürste folgende Mixtur be¬ 
nützen: Ol. Cinnam., Acid. carbol. erjst, 01. Gaultheriae 1:2: 3, 
Yerhältnissraässig zu ausführlich beschäftigt sich fernerhin A^er- 
fasser mit der Anwendbarkeit der Sehwammimplantation (sponge- 
grafting); hält aber das Verfahren für ein etwas gefährliches, be¬ 
sonders sobald darnach Fiebererscheinungen auftreten (Septikämie). 
(Black scheint zu viel sanguinische Zuversicht zu seiner Be¬ 
handlungsmethode zu hegen, indem er sich vorstellt, die einmal 
zerstörte Wurzelhaut könne nach entsprechender Behandlung 
zu einer Regeneration angeregt w’erden, wonach sie die bereits 
neerotisch gewordene Wurzel wieder überzieht. An einer Stelle 
(pag. 987) heisst es ganz entschieden: „Wie immer es sei, es 
ist einmal sicher, dass sich die Wurzelhaut seihst an den 
todten Zahn anziifügen vermag“, und bezieht sich zur Be¬ 
kräftigung dieses Satzes auf das Hiinter’sehe Experiment (1778). 

— Sollte man hier nicht in Erwägung ziehen, dass Granulations- 
gewebe das A^ermögen besitzt, Resorptions-Lacunea zu Avühlen 
und dann theils den Anschein einer A^ereinigung mit der Wurzel 
zu gewinnen, ja gewissermassen den Zahn auch in leidlich fester 
Position zu halten? Ob aber eine solche Granulation nicht aus 
dem dazu beanlagteu Zahnfleische, nicht aber aus der zur 
Dürftigkeit redncirten Wurzelhaut hervorzugehen pflegt: dies 
ist eine noch mehr zu erwägende Frage. Ref) — 

In einem kurzen Anhang gedenkt der A^erfasser der 
Wurzel-„Amputation“. Sie soll in Fällen angezeigt sein, wö 
nur eine Wurzel der raehrwurzeligen Zähne an phagedaenischer 
Pericementitis zu Grunde gerichtet wurde. 

Wie die Leser aus dem ausführlichen Berichte ersehen 
haben, verdanken wir Black eine kleine Monographie über die 

— wie er sie nennen will — phagedaenische Pericementitis, 
die allerdings genug der originellen und wichtigsten Angaben 

5 * 


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enthält, um das viel bestrittene Capitel einigerinassen gefördert 
und für weitere Untersuchungen Anregung geboten zu haben. 
Wir zollen ihm im Namen der Fachgenossen unseren Dank, 
üeber Abrasion und Erosion, dem letzten kurzen Aufsatz des 
I. Bandes, berichten Mir im nächsten Hefte. 

Dr. Arhövjf. 


Atlas zur Pathologie der Zähne. A'^on Prof. Dr. 
M. Heider und Prof. Dr. C. Wedl. Zweite vermehrte Auf¬ 
lage, bearbeitet von Dr. J. v. Metuitz. I. Lieferung. — Text 
deutsch lind englisch. Leipzig 1889. A. Felix. 

Es war ein bereits seit einigen Jahren empfundener AVunsch, 
dieser Atlas sowie die dazu geschriebene Pathologie der Zähne 
— dieses kostbare Kleinod dev zahnärztlichen Literatur — 
möge in einer den Fortschritten der Neuzeit angepassten Um¬ 
arbeitung wieder erscheinen. Dieser Wunsch geht nun in Er¬ 
füllung. Wir sind wohl noch nicht in der Lage, über die neue 
Auflage irgend welche zum Wesen gehörige Meinung abzu¬ 
geben, da bisher nur die erste Lieferung vorliegt. Wir hoffen 
aber, die zahnärztliche Literatur werde durch dieselbe eine den 
Fortschritten Rechnung tragende Bereicherung erfahren. Hiezu 
dürfte sie auf Grund der Schule und der Leistungen des Um¬ 
arbeiters, des Docenten Dr. v. Metnitz, vollen Anspruch erheben 
können. 

Die Ausstattung ist bezüglich des Formates kleiner, daher 
handlicher als die erste Auflage; das Papier ist jedoch erheblich 
schwächer. Die I. Lieferung enthält sechs Tafeln mit 67 Fi¬ 
guren in ebenso kunstvoller Ausführung wie ehedem. 

Sobald das Werk vollendet zur Hand sein wird, wollen 
wir ausführlich darüber berichten. Dr. A. 


Handbuch der zahnärztlichen Heilmitteilehre. Von 

Prof. HdUänder mä Schneidemiihl. Leipzig, A. Felix, 1890. 

Die Verfasser haben, wie sich Holländer in dem Vor¬ 
worte ausdrüekt, den Versuch gemacht, die Thatsachen der Ge- 


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sammtheilmittellehre für die Zahuheilkunde zu verwerthen. Man 
muss zugeben, dass der Versuch im Allgemeinen gelungen ist; 
es wird hier wirklich dem Zahnarzte die Möglichkeit gegeben, 
alles für seine Zwecke Wichtige, ja noch mehr der Heilmittel¬ 
lehre zu lernen. Ob dieses „mehr^ auch thatsächlich ein Gewinn 
ist, vermag der Referent nicht sicher zu beurtheilen. Es scheint 
aber, dass eine Reihe von Mitteln und von Bemerkungen auf¬ 
genommen wurde, die den Zahnarzt als solchen kaum interessiren, 
die aber, sollten sie zur allgemeinen Belehrung dienen, viel zu 
flüchtig behandelt sind. Dasselbe gilt von jenem Abschnitte des 
allgemeinen Theils, welcher nicht speciell den Zahn- und Mund¬ 
arzneien gewidmet ist. Derselbe ist in jeder Hinsicht vollkommen 
unzulänglich und würde besser durch den Hinweis auf irgend 
ein Lehrbuch der Arzneimittellehre ersetzt urorden sein. Die 
den Zahnarzt speciell interessirenden Partien, sowohl bei den 
einzelnen Mitteln, als auch der allgemeine Abschnitt über Zahn- 
und Mundarzneien, sind dagegen so vortrefflich, wie man es nur 
von einem Autor wie Holländer erwarten kann. Obgleich die 
meisten Thatsachen, die daselbst verzeichnet sind, schon wohl- 
bekannt sind, hat Holländer es verstanden, sie so zu gruppiren, 
und das für die Munderkrankungen Wichtige so hervorzuheben, 
dass die Lectüre dieses Buches auch für den Arzt, der nur hie 
und da in die Lage kommt, sieh mit den Zähnen zu beschäftigen, 
lehrreich und nutzbringend ist. Unter den einzelnen Mitteln 
wären besonders die Gemente und Amalgame hervorzuheben. 
Bei Beiden wäre grössere Ausdehnung sehr erwünscht. Ihre Ein¬ 
reihung in die zahnärztliche Heilmittellehre entspricht voll¬ 
kommen den Anschauungen des Referenten, nur verdienten sie 
ihrer Wichtigkeit wegen wohl grössere Ausführlichkeit. Bei 
einer zweiten Auflage, welche das Buch zweifellos erfahren wird, 
kann ja diesem nicht unberechtigten Wunsche leicht Rechnung 
getragen werden. Auch die an manchen Stellen etwas saloppe 
Diction wie „ . . . . ist so viel geschwindelt, als . . . pag. 29, 
„Gemente sind halbmetallische (?) Präparate. ..." pag. 117 
wird dann sicher ihre Gorrectur finden. — a — 


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Kosmetik für Aerzte. Dargestellt von Heinrich 
Paschkis. (Wien, 1890. Verlag von Alfred Holder.) 

Die Kosmetik, eine Materie, die bisnun vor den Augen der 
medicinischeu Wissenschaft als halbbürtig nicht in besonderer 
Gnade stand, fand in dem Autor einen ebenso beredten als 
geistvollen Anwalt. Nicht blos der geachtete Name des Ver¬ 
fassers, auch der Umstand, dass er nur für Aerzte schreibt, 
schützt denselben vor jeder Missdeutung, Gewöhnt, diese 
Diseipliu in der mitunter zweideutigen Gesellschaft des 
Scheines oder der Reclapie zu liuden, lassen wir uns leicht 
von der landläufigen Anschauung, die Kosmetik lehre nur die 
Correctur des äusseren Menschen zum Zwecke der Täuschung, 
in unserem Urtheile beirren und verweisen dieselbe in das 
Reich der Gecken und Courtisanen. Der Verfasser belehrt uns 
eines Besseren. Mit grosser Klarheit und ebensolcher Sachkenntniss 
beherrscht er seinen Stoff und weiss die Kosmetik nicht blos 
in ein wissenschaftliches Gewand zu kleiden, sondern ihr auch 
eine wissenschaftliche Berechtigung zu verschaffen. Er erörtert 
dieselbe nicht blos vom ästhetischen Standpunkt aus, sondern 
bringt sie auch mit der Hygiene in richtigen Einklang, ja er 
stellt sie in den Dienst derselben. Die Einleitung, sonderbarer 
Weise der interessanteste und stärkste Abschnitt des sonst 
compendiös gehaltenen Werkes, entwickelt die Geschichte der 
menschlichen Eitelkeit in ebenso geistvoller als anziehender 
Form und zeugt von der grossen Belesenheit und dem grossen 
Fleisse des Autors. Die einzelnen Capitel behandeln in streng 
wissenschaftlicher Form und Eintheilung die Kosmetik der Haut, 
Haare, Nägel und des Mundes. Wesen und pathologische Ana¬ 
tomie jedes zu corrigirenden und corrigirbaren Schönheitsfehlers 
werden kurz und sachlich abgehandelt; die kosmetische Therapie 
erfreut sieh einer sorgfältigen Besprechung. Zahlreiche Recepte 
älterer und moderner Präscription sind dem Texte eingefügt. 
Die chemischen und pharmacologisehen Kenntnisse des Autors 
befähigen denselben in hervorragender Weise, den Werth der 
mitunter complicirten Formeln ins richtige Lieht zu stellen. 
Unser speeielles Interesse erweckt vornehmlich das Schlusscapitel 
des Werkes. Es behandelt die Kosmetik des Mundes; hier decken 


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sich Hygiene und Kosmetik am meisten, die Schönheit des Mundes 
und seiner Organe verlangt als Hanpterforderniss strenge Rein¬ 
lichkeit. Mit grosser Sorgfalt wird der Pflege des Gebisses das 
Wort gesprochen und uneingeschränkt dem Zahnarzte das Feld 
geräumt, der den Zahnersatz und die Zahncorreetür vorzunehmen 
hat. Die verschiedenen im Gebrauch stehenden Putzmittel erfahren 
eine streng fachgemässe Beurtheilung. Erwähnt zu werden ver¬ 
dient noch die empfehlenswerthe Behandlung des öbelriechenden 
Athems, soweit derselbe nicht von tieferen Organerkranknngen 
der Mond- oder Nasenhöhle oder von Vcrdauungstörungen her- 
rflbrt, mittelst Pastillen und Cachour, die aus vegetabilischer 
Kohle, respective Catechu, bestehen und desodorisirend wirken. 
Warum das zu diesem Zwecke von vielen Seiten empfohlene 
Myrthol keine Erwähnung findet, mag auf einem Uebersehen be¬ 
ruhen. Im Ganzen und Grossen haben wir in diesem Büchlein 
eine höchst achtenswerthe Leistung vor uns, aus der jeder Leser, 
den das Thema interessirt, die entsprechende Belehrung 
schöpfen kann. Dr. K. 


Zahnärztliche Winke und Receptformeln. Von 

Dr. Hittischer. (Wiethe’s Wiener Recept-Taschenbneh 1889.) 

Das bekannte, von Dr. Theodor Wiethe erneuert 
herausgegebene „Wiener Recept - Taschenbuch“ enthielt trotz 
seiner Neugestaltung noch manche wesentliche Lücke, indem — 
von Anderem abgesehen — insbesondere die Zahnheilkunde gar 
keine Berücksichtigung fand. In der letzten Auflage (1889) er¬ 
scheinen die Lücken ansgeffillt, und zwar, was unsere Special- 
disciplin anbelangt, in würdigster Weise durch den obengenannten 
Beitrag Hillischer’s. 

Auf dem beschränkten Raum von 38 Sedezseiten führt der 
Verfasser den praktischen Arzt durch das Gebiet der Zahn¬ 
heilkunde und entwirft ein, selbstredend nicht erschöpfendes, 
doch vollkommen klares und deshalb überzeugendes Bild von 
der Leistungsfähigkeit unseres Specialfaches. 

Hiemit hat der Verfasser das ansgesteckte Ziel in an- 
erkennenswerther Weise erreicht. 


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Durch den Umstand jedoch, dass in dem Werkchen- zum 
überwiegenden Theil die subjectiven Ansichten des Antors 
uiedergelegt sind, hat deiselbe auch den Fachcollegen Anregung 
geboten. 

Wühl werden nicht Alle mit Hillischer in Allem nnd 
Jedem übereinstimmen, und einzelne Ansichten, wie beispiels¬ 
weise jene über Amalgame oder jene über den Zeitpunkt des 
künstlichen Zahnersatzes, dürften ziemlich ausgebreitetem Wider¬ 
spruche begegnen; dies kann jedoch das Verdienst des Verfassers 
nicht beeinträchtigen, zumal seine iudividuellen Ansichten ins- 
gesammt das Gepräge ihrer unmittelbaren Entstehung aus der 
vollen Praxis an sich tragen. 

Was jedoch ganz besonders und zwar übereinstimmend 
von Freund und B'eiud hervorgehoben und gerühmt zu 
werden verdient, ist der streng medicinische oder richtiger 
wissenschaftliche Standpunkt, welchen der Verfassej: in diesem 
Werkehen, das man ein Compendium der Zahnheil¬ 
kunde nennen kann, einnimmt und keinen Augenblick ver¬ 
lässt, ein Factor, welcher nach unserer Meinung wie kein 
anderer geeignet erscheint, das Ansehen der Zahuheilknnde 
unter den ärztlichen Gollegeu und sohin mittelbar auch beim 
Publikum zu heben und zu stützen. Dr. v. Isoo. 


Demonstration einer Methode zur Bestimmung der 
antiseptischen Eigenschaften von ZahnfUllungsmitteln. 

Von Professor Dr. Miller. (Verhandlungen der deutschen odonto- 
logischen Gesellschaft. Band I. Heft 1 und 2. 1889. Hirsch¬ 
wald, Berlin.) 

Die neue odontologische Gesellschaft entfaltet bereits eine 
Anfmerksamkeit erregende Rührigkeit. Die beiden ersten Hefte 
ihrer Verhandlungen sind durchschnittlich lehrreiche Mit¬ 
theilungen, deren einige sogar praktisch-wissenschaftliche Be¬ 
deutung besitzen. Zu den letzteren zählt die oben angeführte 
(1. Heft), und die vom selben Verfasser herrährende Mittheilung 
über die »antiseptischen Eigenschaften einiger Gold¬ 
präparate“ (2. Heft). 


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Die praktische Erfahrung, dass Kupferamalgam selbst in 
unzulänglich excavirten Cavitäten für die Dauer sieh bewährt, 
gab dem Verfasser die Idee ein, eventuelle antiseptische Eigen¬ 
schaften der Fällmaterialien nach den modernen bakteriologischen 
Methoden zu prüfen. Da der Bericht über die Forschungs-Er¬ 
gebnisse sehr kurz gefasst, dabei aber von eminent praktischer 
Bedeutung ist, wollen wir die wesentlichen Punkte desselben 
wörtlich reproduciren. 

„Ein Röhrchen Cultnrgelatine wird mit einem nicht ver¬ 
flüssigenden Spaltpilz reichlich inficirt und auf eine Glasplatte 
gegossen. Während die Gelatine noch weich ist, werden kleine 
Stückchen des zu probirenden Füllungsmaterials eingestreut. 

Besitzt nun das Material eine antiseptische Wirkung, so 
bleibt die Entwicklung der Pilze in der Umgebung der Stückchen 
aus, was nach 24—48 Stunden mit dem unbewaflfueten Auge 
durch das Klarbleiben der Gelatine sehr leicht zu constatiren ist. “ 

Ein zweites, ebenso einfaches Verfahren ist folgendes: 
„Eine Anzahl cariöser Zähne werden gereinigt und die Höhlen 
excavirt, jedoch unter Zurücklassung einer ziemlich dicken 
Schicht cariösen Zahnbeins. Sämmtliche Höhlen werden dann 
gefüllt, und zwar die verschiedenen Höhlen mit verschiedenen 
Materialien. Man hebt nun die Zähne in einem Gemisch von 
Speichel und Brod zwei bis fünf Tage lang auf. Nach Ablauf 
dieser Zeit reinigt man die Zähne mit Sublimat (5 ; 1000), 
spült sie gründlich iu sterilisirtem Wasser ab, trocknet sie und 
entfernt die Füllungen unter antiseptischen Cautelen. Daun 
werden Stückchen von dem cariösen Zahnbein aus jeder Höhle 
auf eine erstarrte Gelatineplatte gebracht. Findet ilm ein 
Stückchen keine Entwicklung von Spaltpilzen statt, so kann man 
annehmen, dass die Pilze durch das entsprechendü Füllungs¬ 
material getöJtet worden waren.“ (Redner zeigt Platten, welche 
diese beiden Methoden illustriren.) 

Diese Platten lehren vor allen Dingen, dass Stückchen von 
Kupferamalgam, sowohl friche, als beliebig alte, bedeutende 
antiseptische Wirkung besitzen, auch, dass cariöses Zahn¬ 
bein durch Berührung mit Knpferamalgam sterilisirt 
wird, und dass daher ein Auftreten von secundärer Caries 


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unter ]^upferamalgamfülluDgen, selbst wenn die Höhle nicht 
gründlich excavirt wurde, kaum stattfinden könnte, wenn nur 
die Ränder der Höhle mit genügender Vorsicht 
präparirt waren. 

Bezüglich der Goldpräparate hatte Miller ähnliche Ver¬ 
suche angestellt. Es wurden Platten von Fleischwasser-Pepton- 
gelatiuQ mit einer Reincultnr eines Mundpilzes besäet, und in 
dasselbe wurden verschiedene Goldpellets gelegt. Wo transparente 
Zonen um letztere herum entstanden, da konnte Verfasser auf 
die Beschränkung der Entwicklung des Pilzes schliessen. 

Die Endergebnisse ergaben Folgendes: 1. „Velvet Gold“ 
nicht die geringste Wirkung; 2. Wolrab’s Oylinder geringe 
Wirkung; 3. Packs Pellets hatten eine recht bedeutende 
Wirkung; Folie wie Pack’s; gew^alztes Gold wirkungslos, 
Schwaqimgold verschieden, Zinngold hat weniger Wirkung als 
Gold allein, Zinn, Platin keine Wirkung. Nach den Beob¬ 
achtungen in der Praxis ist man darauf gefasst gewesen, das 
Kupferamalgam besitze durch seine chemische Wirkung eine 
specielle Eigenschaft zur Paralysirung der septischen Einflüsse 
auf die Cavität; bei Gold jedoch setzte diese Entdeckung 
Jedermann in Erstaunen. Leider kann selbst der Forscher die 
Sache nicht erklären und müssen wir die Aufklärung der Frage 
von der Zukunft erwarten.*) Dr. A. 


Einige Beobachtungen Uber überzählige Zähne. 

Von eL Bland Sutton. (Dental Record 1889. Nr. 10.) 

Bei den Säugethieren ist die Zahl der Zähne so constant, 
dass Zahnformeln für die einzelnen Species aufgestellt werden 
konnten. Bisweilen jedoch findet sieh Ueberzahl oder Mängel 
von Zähnen. In dem vorliegenden Artikel beschäftigt sich der Autor 


t) Nur ein Irrthum des Vorsitzenden, als wäre „das Kupferamalgam das 
erste Fällungsmittel, das in Gebrauch kam“ dürfte dahin berichtigt werden, 
dass selbst unter den Amalgamen das Silberamalgam (Taveau, Paris 1826 ) 
das erste war. 


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ausschliesslich mit einer Ursache der üeberzahl, nämlich mit 
der Spaltung des Zahnkeimes. In der ganzen Thier- und Pflanzen¬ 
welt findet sich die Tendenz der freien Enden der Theile, sieh 
zu spalten, und manche Eigenthümlichkeit bei Thieren und 
Pflanzen verdankt dieser Tendenz ihre Entstehung. In der Regel 
enden Epidermalbildungen in einer einfachen Spitze; manchmal 
sind an ihrer Stelle zwei, drei oder vier Endigungen zu be¬ 
obachten. Bei maüchen Vögeln, z. ß. bei einigen Galinaceen, 
sind die Deckfedern mit einem Anhänge ausgestattet, den man 
Afterschaft (Hyporhachis) nennt. Meistens ist der Afterschaft 
viel kleiner, als die Feder, an der er sich findet, so bei einem 
im Himalaya verkommenden Fasan Lophophorus irapeyanus, 
dessen Deckfeder Mr. Sutton abbildet; nur bei einigen Vögeln, 
darunter auch beim Emu (^Dromaeus Novae Hollandiae) erreicht 
er die Länge der Hyporhachis. Die Bildung dieser Feder kann 
man so erklären, dass ihre Papille sich gespalten habe. Wenn 
die Papille sich in gleiche Hälften spaltet und jede Hälfte 
gleichmässig wächst, werden Feder und Afterschaft gleich lang. 
Wenn hingegen die Papille durch die Spaltung in zwei ungleiche 
Theile zerfällt, oder wenn die eine Hälfte rascher als die andere 
wächst, wird der Afterschaft blos als ein Anhängsel der Haupt- 
rhachis erscheinen. So geben die Federn des Emu ein Beispiel 
von gleichmässiger (equal), die des Manoul (des Himalaya- 
Fasans) ein Beispiel von ungleichmässiger (unequal) Spaltung. 
Dieselbe kommt nicht nur bei Federn vor; Sutton kennt einen 
Mann, dessen Haare mit Afterschaft ähnlichen Anhängen ver¬ 
sehen sind. 

Die Bildung einiger überzähliger Zähne kann ebenfalls 
durch Spaltung des Zahnkeims erklärt werden. Es ist aber 
nicht nothwendig, dass in Folge dieser Spaltung zwei getrennte 
Zähne entstehen, denn während der weiteren Entwicklung können 
die beiden Zähne verschmelzen und eine Zwillingsbildung zu 
Stande kommen. Wenn die Spaltung eine gleichmässige und 
vollständige ist, würden zwei Zähne resultiren, die einander 
vollkommen gleichen würden, so dass man nur schwer zu ent¬ 
scheiden vermöchte, welcher als überzählig anzusehen wäre. 
Durch vollkommene aber ungleichmässige Spaltung würden die 


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kleinen missgestalteten Dentikel resultiren. Mr. Sutton weist 
darauf hin, dass, während der Schneidezahn aus einem Keim mit 
einer einfachen Spitze sieh entwickelt, die Molaren Keime mit 
mehrfach getheilten Spitzen besitzen. Wie nun die ersteren sich 
dichotoinisch theilen können, so meint er, können sie sich auch 
mehrfach spalten. Nur auf diese Weise wenigstens könne er die 
merkwürdige Missbildung erklären, deren Illustration dem Artikel 
beigefögt ist. Das Gebilde wurde von Mr. S. Brock einem 
19jährigen jungen Manne extrahirt; es sass vor dem (ersten?) 
rechten oberen Prämolarzahne und nahm die Stelle des durch 
dasselbe verdrängten Eckzahnes und lat. Schneidezahnes im 
Zahnbogen ein. Da die Missbildung und die durch dieselbe 
bewirkte irreguläre Stellung der anderen Zähne dem Gesichte 
des Patienten einen hässlichen Ausdruck verliehen, wurde erstere 
extrahirt. Wie aus der Zeichnung ersichtlich, besitzt das Gebilde 
keine Wurzel, sondern scheint ausschliesslich aus Krone und 
Hals zu bestehen. Nicht tveniger als neun getrennte von Email 
überzogene Höcker können an diesem monströsen Zahne gezählt 
werden, der das Aussehen besitzt, als ob mehrere überzählige 
Zähne mit einander verschmolzen wären. Wäre das Hartgebilde 
aus einer Zahnfleischgeschwulst entfernt worden, so hätte 
man es als Odontom bezeichnet. Mr. Sutton sieht auch nicht 
ein, warum man es nicht als ein Odontom bezeichnen wollte, 
das durch das Zahnfleisch durchgebrochen und seine Stellung 
unter den normalen Zähnen genommen habe. Odontome gleichen 
überhaupt Zähnen darin, dass sie während ihrer Entwicklung 
eine Zeit lang unter der Schleimhaut verborgen bleiben und 
kein Zeichen auf ihr Vorhandensein hiudeutet. Dann folgt das 
Stadium des Durchbruches; erst die Eiterung hiebei mit ihren 
Allgemeinerscheinungen lenkt die Aufmerksamkeit auf sie. Das 
Gebilde ist weiterhin deshalb interessant, weil es aus einer An¬ 
häufung von Dentikelü besteht. Man kann sich leicht vorstellen, 
dass, wenn die Höcker dieses Zahnes getrennt geblieben und 
jeder für sich durcbgebrochen wäre, sie überzählige Zähne 
genannt worden wären. In der That können auch einige der 
Höcker leicht von der Hauptmasse getrennt werden. Auf diese 
Weise hilft das sonderbare Gebilde die Kluft zu öberbrueken, 


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welche zwischen den zusammengesetzten follicularen Cyöten und 
den zusammengesetzten Odontomen (Sutton’sche Classification) 
besteht. — y> 


Der Mundspiegel in der zahnärztlichen Praxis, 

Von Dr. B, Qu. Stevens. (Archives of Dentistry, September 1889.) 

Verfasser hat in seiner Praxis den Mundspiegel mit soviel 
Nutzen verwendet, dass er es nicht unterlassen kann, für Die¬ 
jenigen, die sich seiner nur wenig oder gar nicht bedienen, auf 
seine grossen Vorth eile hinzuweisen. 

Wie viele Operateure verharren in einer unbequemen, ge¬ 
bückten Stellung, um eine Cavität herzurichten, während das 
mit Hilfe eines reinen Mundspiegels eine leichte Sache ist. 
Wir müssen unsere Augen und unsere Hände so üben, dass 
wir ebenso sicher und genau arbeiten mit Hilfe des Spiegels, 
als wie beim directen Schauen in die Höhle. Wir müssen uns 
befähigen, die feinste Nadel an den schwierigsten Stellen zu 
gebrauchen und das Gold fest gegen die Wände der Cavität 
zu verarbeiten. Es ist freilich etwas schwierig im Beginne, und 
es kostet einige Zeit, bis mau im Stande ist, im Spiegel ebenso 
zu arbeiten, wie beim directen Schauen. Doch erlernt man es 
bald und arbeitet dann mit grosser Befriedigung. Man kann 
bei der Arbeit sogar sitzen, arbeitet bequem, ohne sich viel 
bücken oder über den Patienten neigen zu müssen, und wenn 
des Tages Arbeit geschehen ist, wird man viel weniger Errtiüdnng 
fühlen, als ohne seine Beihilfe. Viele Winkel und Krümmungen 
in den meisten Cavitäten können überhaupt nicht anders als mit 
Hilfe des Spiegels zur Ansicht gebracht werden. Selbstverständlich 
muss beim Operiren mit Hilfe des Spiegels Alles in entgegen¬ 
gesetzter Richtung geschehen, was allerdings Anfangs störend 
ist. Doch hat man diese Schwierigkeit bald überwunden. Man 
sollte drei gute Mundspiegel auf seinem Operationstischchen 
haben, einen Plan- und zwei Concavspiegel von verschiedener 
Vergrösserung, so dass man, wenn man besser sehen will, einen 
anderen Spiegel mit stärkerer Vergrösserung nehmen kann. Man 
kann bei der Arbeit sitzen oder aufrecht stehen, man hat den 


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Körper so nahe als möglich an dem Patieuteu, den Kopf soweit 
als möglich fern. Der Patient sitzt niedriger als wir, der Mund 
des Operateurs soll immer geschlossen sein. Verfasser steht selten 
beim Operiren, mit Ausnahme bei einigen unteren Zähnen. Selbst 
die vorderen Proximal-Cavitäten in Bicuspidaten und Molaren 
können leichter mit Hilfe des Spiegels präparirt und gefüllt 
werden, da man sich dabei nicht im Licht oder seinem Assistenten 
im Wege steht. Verfasser würde sieh sehr belohnt fühlen, wenn 
er durch diese wenigen Zeilen zum allgemeinen Gebrauch des 
Mnndspiegels etwas beigetragen haben würde. Dr. S. 


Lieber die Rolle der infectiösen Parasiten beim 
anormalen Durchbruch des Weisheitszahnes. Von Dr. 

F. Galippe. (Journal des connaissances medicales. — Revue 
odoutologique. September und October 1889.) Die erste Mit- 
tbeilung wurde am 15. April in der Socidte de Stomatologie 
gemacht 

Autor, in die Klinik des Professor Le Fort gerufen, 
wurde ersucht die Behandlung eines durch den anormalen Durch¬ 
bruch eines Weisheitszahnes schwer Erkrankten zu übernehmen, 

Patient zeigte vielfache Fisteln an der Wange, theils mit 
reichlichem Eiterfluss, theils mit Ausfluss einer spärlichen, 
undurchsichtigen Flüssigkeit. Der Mund kann nur schwer geöffnet 
werden. Bei der sdhr schwierigen Untersuchung fand man sehr 
tief hinter dem zweiten Mahlzahn und ungefähr auf dem Niveau 
des Halses desselben einen unnachgiebigen und glatten Punkt, 
der auf die Anwesenheit des Weisheitszahnes schliessen Hess. 
Dr, G. verordnete öftere locale antiseptische Bäder, um die 
locale Entzündung zu vermindern, da er die Extraction nicht 
für absolut driuglieh hielt, indem bei der Anwesenheit von 
mehreren Fisteln an der Wange man seiner Ansicht nach nicht 
Gefahr lief, acute Symptome ausbrecheu zu sehen. Gleichzeitig 
sollte Patient durch den Gebrauch einer conischen Schraube 
das Oeffnen der Kiefer zu ermöglichen trachten. Patient, 23 Jahre 
alt, von Profession Corrector einer Buchdnickerei, war durch 
Krankheiten und abondante Eiterung sehr blutarm geworden, 


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bot ein lymphatisches Aussehen, weisse Haut, dicke Lippen, 
röthlichen Bart Bekanntlich neigen Lymphatische zu Zahnerkran- 
knngen und zu Eiterungen. Im August 1888 wilrde er unter 
ziemiich heftigen Schmerzen gegen den Angulus des Unterkiefers 
von einer beträchtlichen Schwellung befallen. Es bildete sich ein 
grosser Abscess, worauf Patient in die chirurgische Klinik des 
Spitals gebracht wurde, wo man seinen Abscess äusserlich öffnete. 
Er verliess das Spital, und da die wirkliche Diagnosb nicht 
festgestellt werden konnte, liess er sich einen Zahn ir^ Ober-, 
kiefer derselben Seite extrabiren, den er für den Urheber des 
Abscesses ansah. Während zweier Monate konnte sich Patient 
für geheilt halten. Aus der weiteren Krankengeschichte entnehmen 
wir kurz, dass sich während des Jahres 1888 vom Angulus 
ausgehende Schwellungen und später Verhärtungsknoten bildeten, 
dass wiederholt vor und nach den sich endlich bildenden Fisteln 
Incisionen an der Wange gemacht wurden. So die Situation bis 
April 1889, als Patient in die Behandlung des Autorb kam. 
Durch den Gebrauch von antiseptischen. Bädern trat bald eine 
merkliche Abnahme der Entzöndungserscheinungen ein uhd man 
konnte mit grossen Schwierigkeiten die Lage des Zahnes über¬ 
sehen. Das . Zahnfleisch war aufgetrieben und gewulstet, ander¬ 
seits bildete die grossartig aufgewueherte Wange obendrein noch 
einen beträchtlichen verhärteten Wulst, der Alles bedeckte. Nach 
unsäglichen Schwierigkeiten und vielfachen fruchtlosen , Versuchen 
wird die Extraction, die jetzt dringend indicirt erscheint, glücklich 
zu Ende geführt. Die Krone war regelmässig und gesund, die 
Wurzeln an den Enden stark eingebogen, hakenförmig, dazwischen, 
von der Alveole ausgeföllt. Dem Patienten wird anempfohlen, 
die antiseptischen Waschungen iortznsetzen. Die Extractionbwunde 
heilte zwar bald, auch nahm die Wange an Volumen ab, der 
stets mehr seröse als eitrige Ausfluss ergoss sich — zwar 
weniger reichlich — contiuuirlich durch die untereinander 
communicirenden Waugenfistelöffnungen. Die ursprüngliche 
Krankheitsursache war zwar verschwunden, aber die Infectiou 
der Wange, die secundäre Infection, blieb.. üeberzeugt, es mit 
einer secundären Infection zu thun zu haben, beschloss Dr. G., 
diese Flüssigkeiten im bakteriologischen Sinne zu untersuchen. 


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Die üntersucliDugeu, von ihna und Dr. Netter gemacht, ergaben, 
dass man es mit Staphylocoecus pyogenes aurens zu thun habe. 

Um die eiterbildenden Eigenschaften dieses Microben 
durch Versuche zu bestätigen, wurden Injectionen an Thieren 
gemacht. Nach Injection in den Ohrenrand eines männlichen 
Kaninchens starb das Thier in wenigen Tagen. Oer in den 
Nieren eingeschlossene Eiter, wie anch das ans den Lungen 
entnommene Blut, eingesäct, haben den Staphylocoecus pyogenes 
aureus isoliren lassen, ebenso enthielt der gelbliche, dicke und 
trübe Urin eine grosse Zahl von Staphylococcen. ^Dasselbe war 
mit dem im Herzen eingeschlossenen Blut der Fall, wie man 
sich durch Culturen vergewisserte. Ein zweiter Versuch wurde 
an einem weiblichen Kaninchen gemacht durch Injection unter 
der Haut der inneren Seite des linken Schenkels. Es bildeten 
sich an der Injectionsstelle ziemlich widerstandsfähige Knötchen 
von der Grösse einer grossen Erbse, die den nämlieheu Ein¬ 
druck wie diejenigen anf der Wange unseres Patienten ergaben. 
Das Thier genas jedoch, wahrscheinlich verlor der Parasit —^ 
Dank den wenig günstigen Bedingungen für seine Entwicklung 
— seine Aetivität auf der Stelle. Es ist bekannt, dass der 
Staphylocoecus pyogenes, unter der Haut injicirt, sehr selten 
in’s Blut übergebt. 

Auf den Rath des Dr. Netter machte der Autor, um die 
Suppuration zu heben, Injectionen mit Van Swieten’sehen 
Liqueur. Dank dem kräftigen Antiseptienra stellte sieh wohl eine 
Besserung ein, leider jedoch kein Aufhören des Ausflusses. 
Patient kam bis Anfang August in Behandlung des Dr. G. 

Da er nicht mehr erschien, erkundigte sich Dr. G. um 
ihn und erfuhr, dass er an Meningitis gestorben sei. 

Patient hatte einen anderen Collegen, Dr. Simon, auf¬ 
gesucht, dem er über Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und 
leichte Kopfschmerzen klagte; wenige Tage darnach stellten sich 
acute meningitische Symptome ein, denen Patient in wenigen 
Stunden erlag. 

Mangels einer Autopsie und einer bakteriologischen Analyse 
ist man auf eine Hypothese über die Natur dieser Meningitis 
angewiesen. 


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Trotzdem Patient nie tuberculöse Syptome darbot, wäre 
die erste Annahme die Existenz einer tuberculösen Meningitis. 

Autor nimmt eine Meningitis, provoeirt durch die microbische 
Wanderung und wahrscheinlich durch die Staphylococciis aureus, an. 

Diese Hypothese wird immerhin erhärtet durch die lauge 
Dauer der Krankheitserseheinungen, die Localisation der Infection 
an der Wange, deren Dauer und Widerstand gegen antiseptisehe 
Mittel. Dr. Tanger. 

Geldeinlagen. Von J, V. J, Brown, Duluth Minn, (The 
Dental Review, Nov. 15, 1889.) Brown findet, dass in allen 
jenen Fällen, wo die Wände der Cavität schwach sind und nur 
Guttapercha oder Cement als Füllungsmaterial angezeigt wäre, 
dabei aber die Füllungsfläcbe durch die Attrition sehr leiden 
müsste, die Gold-Einlagen sich bestens bewähren. Es wird ein 
Abdruck genommen, der Substanzraangel des betreffenden Zahnes 
durch Modellirung (in Wachs oder Stents) nachgeahmt, dieses 
Modell hart gegossen, und dann wird eine Goldplatte von der 
Stärke Nr. 28 am Metallmodell gestanzt. Die innere Fläche er¬ 
hält Goldblech-Stückchen angelöthet nach Bedarf; die Ränder 
müssen mit jenen der Cavität genau übereinstimmen. Das Ver¬ 
fahren hat Verfasser auch bei den Molaren an der Kaufläehe 
und bei oberen Sehneidezähnen, wenn nur die labiale Wand 
derselben übrig geblieben war, angewendet, und „ein bis zwei 
Fälle“ letzterer Art haben sich zu seiner Befriedigung bewährt. 
In Fällen, wo der Wurzelcanal zur Verfügung steht, wird zur 
Befestigung ein daselbst eiudringender Stift angebracht. (Referent 
wendet dieses Verfahren seit vier bis fünf Jahren in einer er¬ 
heblichen Anzahl von Fällen an und kann daher über dessen 
praktischen Werth sich nachdrücklicher äussern. Der Meinungs¬ 
unterschied ist nur der, dass, während Brown als Füllungs¬ 
material Cement empfiehlt, Referent dem Guttapercha das Vor¬ 
recht einräurat.) Dr. A 

Dental-Kalender für Deutschland, Oesterreich-Ungarn 
und die Schweiz für 1890. III. Jahrgang. (Breslau, Commissions- 
Verlag von S. Schottländerl) 

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Der erste Theil enthält nebst den praktisch eingetheilten 
Notizblättern eine Uebersieht der in der Zahnheilkunde ge¬ 
bräuchlichsten Arzneimittel, Tabellen verschiedener Masse und 
Gewichte, vergleichende Thermometerscalen etc. Der zweite Theil 
bringt die Verzeichnisse sämmtlicher zahnärztlicher Lehranstalten, 
Vereine, der im Jahre 1889 erschienenen Fachliteratur, sowie die 
Adressen der in Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Dänemark, 
Norwegen, Schweden, Belgien, Holland und der Schweiz an¬ 
sässigen Zahnärzte und Zahntechniker und eine Reihe anderer 
statistischer Nachweisungen etc. Der Preis kann mit Rücksicht 
auf die grosse Reichhaltigkeit des W'erkchens mit M. 3.50 massig 
genannt werden. — e — 


Eine geknickte Zahnkrone. Dr. J?. Grady beschreibt 
im „Dental Cosmos^^ (Nov. 1889) einen von ihm extrahirten 
linken oberen centralen Schneidezahn, dessen Krone rechtwinklig 
geknickt erscheint. Der Zahn stammt von einem 20jährigen 
Manne; die Schneide der Krone war labialwärts gerichtet und hatte 
etwa Vs ^der engl. Zoll höher als normal (vor fünf Jahren) 
das Zahnfleisch durchbrochen, so dass die Lippe etwas vor¬ 
gedrängt erschien. Dr. Grady theilt folgende Beobachtungen 
über den Zahn selbst mit: 1, Die Krone und Wurzel bilden 
einen rechten Winkel mit einander. 2. Die Wurzel hat ihre 
normale Länge. 3. Die Zacken der Schneide der Krone sind 
deutlich sichtbar. 4. Die Krone des extrahirten Zahnes ist kleiner 
als die desselben Zahnes der anderen Seite. Eine äussere 
mechanische Einwirkung scheint in diesem Falle die Ver¬ 
anlassung der Abknickung des in der Bildung begriffenen Zahnes 
gewesen zu sein. Ein Stoss, den Patient, als er weniger als 
sieben Jahre alt war, erlitt, lockerte nämlich den centralen 
linken Milehschneidezahn, der später extrahirt werden musste; 
derselbe Insult kann möglicherweise auch eine gewaltsame 
Trennung der Kappe des entwickelten Zahnbeines von der Pulpa, 
in welcher die Entwicklung der Dentins stetig weiter fortschritt, 
bewirkt haben. —y. 


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Eine neue Krone. Dr. W. Sf. George ElUott schreibt im 
Dental Record 1889, Jaliheft: „In der Zahutechnik werden fort¬ 
während eine grosse Anzahl von in Form und Befestigungsart 
beträchtlich von einander verschiedenen künstlichen Zahnkronen 
benützt. Es ist wünschenswerth, dass wir nns an jene derselben 
gewöhnen, welche den häufigsten Erfordernissen entsprechen und 
die coraplicirteren Vorrichtungen für specielle Fälle reserviren. 

Bis vor Kurzem habe ich bei der Behandlung von Bicus- 
pidaten, die ihre Aussenwand verloren haben, eine Vorrichtung 
benützt, welche „Ringpivot“ genannt werden könnte, da sie 
aus einem Flachzahn besteht, der an einen den inneren Höcker 
umgreifenden Goldring gelöthet ist. Das Ganze erinnert in der 
Form an einen Siegelring. Derartige Kronen, die vor sieben, acht 
und zehn Jahren eingesetzt wurden, leisten jetzt noch gute Dienste. 

Vom theoretischen Standpunkte ans kann man dieser Form 
den Vorwurf machen, dass der cariöse Zerfall des Zahnes dadurch 
beschleunigt wird, dass sich Speisen zwischen dem Ringe und 
dem Zahne accumnlireu; in der Praxis habe ich aber niemals 
dies bestätigt gefunden, da ich in der Regel den Ring mit 
weicher Guttapercha auskleide. Da ich bemerkte, dass man mit 
der Erhaltung des ganzen noch unzerstörten Höckers nichts 
gewinnt, pflege ich seit ungefähr drei Jahren folgende Modifi- 
cation vorzuschlagen; Ich schneide den zurückbleibenden Höcker 
zur Hälfte ab, mache den Goldring so hoch wie den Zahn und 
bringe ihn über den letzteren; sodann wird ein Stift zwischen 
Porzellanzahn und dem üeberrest der natürlichen Zahnkrone 
querüber so eingeschoben, dass er als Keil wirkt und der künst¬ 
lichen Krone, wenn sie fertig ist, Festigkeit und Stärke verleiht, 
aber auch während der Zeit, die das Amalgam zum Hartwerden 
braucht, das Ganze stabilisirt. 

Unmittelbar bevor die Krone in ihre definitive Position 
gebracht wird, füllt man den unterschnittenen Nervcanal mit 
weichem Amalgam aus und firnist das Gold, um es vor dem 
Einflüsse des Quecksilbers zu bewahren. Wenn dies geschehen, 
wird die Krone an ihren Platz gebracht und der Keil, manchmal 
mit Zuhilfenahme des Hammers, eingetrieben. Nachdem so der 
Ring fest um den Zahn gezogen, wird Amalgam zu beiden 

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Seiten de» Keiieis iu den uiTeueu Hauiu eiugefülirt uud fest- 
gedrückt. Wenn die Höhle ausgefüllt ist, ist die Operation voll¬ 
endet und der Patient hat einen guten brauchbaren Zahn. 

Wenn nach Vorbereitung der Wurzel das Modell und der 
Biss genommen worden, kann die Arbeit in Abwesenheit des 
Patienten volleudet werden, seine Gegenwart ist dann lediglich 
bei der letzten Sitzung, in w'elcher der Zahn eingesetzt wird, 
nöthig. _ —«/. 

Künstliche Zähne und Neuralgie. (The British Journal 
of Dental Science. — November 15, 1889.) 

Mr. N. Stevenson schreibt dem Journal of the British 
Medical Association: „Ich hatte unlängst einige sehr schwere 
Fälle von Gesichtsneuralgie zu behandeln, welche schon vor 
Jahren hätten geheilt werden können, wenn sie zu einem Zahn¬ 
arzt geschickt worden wären. Ich glaube, dass es viele Leute 
gibt, die nur in Folge ihrer erkrankten Zähne leiden oder die 
dyspeptisch sind aus der Unfähigkeit, die Nahrung gehörig zu 
zerkauen und die von Seite ihres Arztes niemals auf den Zustand 
ihrer Zähne aufmerksam gemacht werden, andererseits bestehen 
einige Aerzte stets auf die gehörige Instandsetzung der Zähne, 
bevor sie eine andere Behandlung einleiten. Die gegenwärtige 
Mode, die künstlichen Zähne iu Wurzeln und gesunden Zähnen 
zu befestigen, ist verantwortlich für ein Anwachsen der Neuralgie 
und sollte auf jedem Wege entmuthigt werden. Es ist sicherlich 
unwissenschaftlich im Princip und muss endlich enden in Un¬ 
behaglichkeit und wirklichen Leiden. Alle künstlichen Zähne 
(ausgenommen solche, die einzeln in gesunde Wurzeln befestigt 
werden) sollten leicht und oft zum Zwecke der Reinigung ent¬ 
fernt werden und es sollte niemals gestattet sein, vollständig 
gesunde Zähne zu beschädigen. Dr. T. 


Todesfall in der Lustgasnarcose. (Journal of the 
British Dental Association. Oetober 1889.) 

Der folgende Fall wurde von M. G. W. Watson, L. JD. 
S. Edin, mitgetheilt. Es handelte sich bei einer Dame um eine 
Antrum-Erkrankung, Eitererguss aus dem linken Nasenloch, 


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Bestehen der Krankheit seit einem Jahre. Es wird die Entfernung 
des zweiten und dritten oberen linken Molaren und Eröffnung 
des Antrums und zur Vornahme der Operation Nitrons oxide 
vorgeschlagen. Die Dame ist einverstanden. Auf ihre Frage, ob 
sie den Hausarzt mitnehmen soll, wird ihr erwidert: »Ja, doch 
ist es nicht nothwendig,^ Die Dame bemerkt zwar, dass sie ein 
schwaches Herz habe, doch wird darauf kein Gewicht gelegt, 
da Patienten gewöhnlich Dieses oder Aehnliches Vorbringen. Am 
1. October, 12 ühr, erscheint Lady M i 1 u e in Begleitung ihres Gatten 
und ihrer Tochter bei M. Watson zur Vornahme der Operation. 

M. Watson beschreibt nun den üuglücksfall wie folgt: 
„Patientin war starke etwas blass und schlaff anssehend (flabby 
lovking), ich hielt sie für ungefähr 60, doch erfuhr ich später, 
dass sie 71 Jahre zählte. Patientin hatte um 9 Uhr gefrühstückt. 
Ich schritt, nachdem die Oberkleider gelockert wurden, mit 
Hilfe des Assistenten zur Vornahme der Narcose. Ihr Athmen 
war schwach und oberflächlich, so dass ich, obwohl vergeblich, 
ihr auftrug, tiefer zu inspiriren. 

Ich narcotisirte weiter bis zur völligen Anästhesirung, 
entfernte die Zähne, eröffnete das Antrum, aus dem sich ein 
starker Eiterstrom ergoss, reinigte mit einem Schwamme, als 
ich bemerkte, dass das Gesicht ein beängstigendes Aussehen 
darhot und die A4:hmnng fast unbemerkbar wurde. Ich entsendete 
sofort meinen Assistent um ärztliche Hilfe, brachte Patientin in 
eine geneigte Lage, zog die Zunge mit einer Zange nach vorne, 
reinigte den Schlund von Blut und versuchte durch Compression 
der Brnstwände Respiration hervorzubringen. 

Ebenso wird Amyliiitrite zur Nase gebracht, doch AIlos 
erfolglos. Drei Minuten darauf kam Dr. Mindoch Brown, 
injicirte Aether, zuerst in die Brustwand, dann in die Herzgegend, 
künstliche Respiration wurde durch Dr. Brown und mich ver¬ 
geblich längere Zeit angewendet 

Im ersten Augenblicke, als ich allarmirt wurde, hatte das 
Gesicht ein weisses, wächsernes Aussehen. Nach einer Minute 
ungefähr nahm es eine blaue Farbe an, die fleckig wurde und 
allmälig ganz verschwand, endlich wurde es gelblich und hatte 
einen wirklich friedvollen Ausdruck. Nach dem Tode wurde ich 


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vom Hausärzte informirt, dass Lady Mil ne an Fettdegeneration 
des Herzens litt, so dass zweifelsohne Syncope Ursache des 
Todes war. Dazu trug noch die Thatsache bei, dass das Mieder 
der Lady derart geschnürt war, dass man es mit dem Messer 
aufschneideu musste. Miss Milne theilte mir mit, dass ihre 
Mutter eine Vorahnung hatte, sie werde die Operation nicht 
überleben und dass ohne Zweifel Lady Milne dadurch tief 
deprimirtwar,'sosehr, dass auch ihre Verdauung darunter ernstlich 
litt, da ihr Magen voll von unverdauter Nahrung war, die 
während der Einleitung der künstlichen Respiration erbrochen 
wurde.“ _ Dr. T. 

Seltener Zufall bei einer Zahnextraction. T. E. Con- 
stant gibt im Dental Record, Juli 1889, die Beschreibung folgenden 
Falles: ,G. P., 35 Jahre, Polizei-Inspector, kam in das Dental- 
Hospital mit Zahnschmerz, den er auf den rechten unteren Weis¬ 
heitszahn bezog. Bei der Untersuchung fand man die Pulpa des 
Zahnes abgestorben und die Wurzelhaut im Zustande acuter 
Entzündung. Man entschloss sich zur Extraction, Lustgasnarcose 
wurde eingeleitet und ein Versuch, den Zahn durch den Elevator 
zu entfernen, gemacht. Die vordere Wurzel wurde dislocirt und 
der Operateur unterbrach die Extraction, um die Wurzel, welche, 
wie er glaubte, in der Mundhöhle sich befand, aus derselben 
herauszuholen. Bei genauerer Inspeetion bemerkte er aber, dass 
die Wurzel unter der Schleimhaut au einem Punkte gerade unter¬ 
halb ihres ursprünglichen Sitzes steckte, da, wo die Schleimhaut 
vom Unterkiefer auf den Boden der Mundhöhle sich umschlägt. 

Versuche wurden gemacht, um die Wurzel von der Alveole 
aus zu extrahiren, dieselben hatten aber nur den Erfolg, dass 
die Wurzel immer weiter gegen die Mittellinie geschoben wurde. 
Sie konnte erst herausgezogen werden, nachdem die sie deckende 
Schleimhaut durchtrennt worden war. Die rückwärtige Wurzel 
wurde sodann mit der Zange entfernt. Der Pall ist wegen seiner 
Seltenheit von Interesse.“ —y. 

Dentition in Utero, ('fhe British Journal of Dental 
Science. Deceraber 2, 1889.) 


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Eio Correspond ent des ^Laneet“ sagt: „Ich erlaube mir zu 
erzählen, dass ich dieser Tage geholt wurde, zwei untere 
Schneidezähne aus dem Munde eines 22tägigen Kindes zu ent¬ 
fernen. Sie waren da bei der Geburt und wurden so vorstehend 
und locker, dass die Matter sie entfernt haben wollte. 

Indem ich sie mit dem Briefe einschliesse, füge ich bei, dass 
dies keineswegs der erste Fall in meiner Praxis ist.^ Dr. T. 

Eine Methode, Amalgam- und GoldfUliungen in 
Fällen, wo der Gebrauch einer Matrize nicht möglich 
ist, zu combiniren. Von Wm. Gabriel, (Dental Record, Sep¬ 
tember 1889.) 

In Fällen, in welchen Caries sich so weit unter das Zahn¬ 
fleisch erstreckt, dsss der Rubberdam nicht regelrecht angewendet 
und dadurch die Feuchtigkeit vollkommen excludirt werden 
kann, wird die Schwierigkeit, eine gute Goldfülluug herzustellen, 
eine ausserordentlich grosse. In vielen dieser Fälle, namentlich 
wenn es sich um Frontzähne handelt, ist es ohne Zweifel an- 
gezeigt, die Zähne durch künstliche zu ersetzen oder auch Zink- 
phosphatfüllungen zu legen, die gegen den Zahnhals zu 
durch Guttapercha versichert sind. Die erste Operation ist aber 
doch nur das letzte Auskunftsmittel, die letztere ist ungewiss 
und muss so oft wiederholt werden, dass eine weniger heroische 
und dabei doch permanente Resultate liefernde Methode für 
Beide, Operateur und Patient, von grösstem Vortheil wäre. 

Nicht cohäsives Gold und die Combination von Zinn und 
Gold ist in solchen Fällen oft von Nutzen, aber ihre Anu^endung 
erfordert Tiefe des cervicalen Theiies der Cavität im Verhältnisse 
zu der Breite derselben zwischen dem buccalen und dem lin¬ 
gualen Winkel. Gerade in derartigen Fällen, wo die cervicale 
Portion seicht und ausgedehnt ist, finde ich die Combination 
von Amalgam und Gold am zweckmässigsten. Für gewöhnlich 
wird das Amalgam in die Höhle eingetragen, daselbst erstarren 
gelassen, dann in dieses Haftpunkte angelegt, in denen die 
Goldfüllung verankert wird. 

Die Methode, die im Folgenden beschrieben werden soll, 
ist eine Combination dieses, des gewöhnlichen Verfahrens mit 


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dem Dr. Clapp’s. (Dental Cosmos, December 1888.) Das Zahn¬ 
fleisch wird hiebei durch Mastixeinlagen weggedrängt und die 
Cavität ohne Anlegung des Rubberdams excavirt. Wenn die 
Möglichkeit, den letzteren anzulegen, vorhanden ist, verschwindet 
damit auch die Nothwendigkeit einer combinirten Füllung. 

Bei der Excavation der Cavität muss man sich beständig 
vor Augen halten, dass, wie bei allen Combinationsfüllungen, 
der Theil der Höhle, welcher die zuerst eingeföbrte Portion 
aufnehmen soll, so geformt sein muss, dass er diese selbst¬ 
ständig ohne Zuhilfenahme der später hinzuzufügendeu Portiou 
zurückzuhalten in der Lage ist. Dies ist eine Bedingung sine 
qua non und ohne richtige Erkenntuiss dieses Haiiptprineips ist 
der Misserfolg sicher. Zunächst wird die Cavität mit Kupfer¬ 
amalgam bis zum Rande gefüllt. Dies kann an der Lingualfläche 
beliebig weit in die Höhle herabreichen, an der Aussenseite 
hingegen darf es natürlich nicht über die Zahnfleischgrenze 
herabreichen, damit es nicht sichtbar sei. Während das Amalgam 
noch weich ist, stelle man in demselben mit einem Polirer eine 
kleine Furche her, von dem buccalen zum lingualen Winkel 
hin. Der Patient wird hierauf entlassen, der Rest der Cavität 
bleibt vorläufig aogefüllt. Am nächsten Tage wird die Amalgam¬ 
füllung in der gewöhnlichen Weise mit Schmirgelleinwand¬ 
streifen etc. abpolirt, die Cavität ausgewaschen und der Rubber- 
dam angelegt, was nun leicht von statten geht. Nachdem die 
Cavität vollkommen getrocknet und das Amalgam durch Ab¬ 
schaben mit einem scharfen Instrument glänzend gemacht 
worden, wird weiches Kupferamalgam in die Furche eingerieben 
und Alles, was von diesem durch Weg wischen entfernt werden 
kann, wieder fortgenommen. Kleine Stückchen von Steurer’s 
plastischem Golde werden nun hinzugefügt, bis die Grube oder 
Furche gefüllt ist, hierauf kommen einige Goldcylinder (Wol- 
rab’s cohäsive Cylinder). Die Füllung wird in der üblichen 
Weise mit Folie vollendet. Die Hauptvortheile dieser Methode 
sind: 1. Erleichterung für den Patienten und Operateur, 2. dass eine 
Matrize nicht erforderlich ist, 3. dass ein besseres Resultat 
erzielt werden kann, als mit der Methode Dr. Clapp’s, da nur 
Amalgam und Goldfolie mit der Zahnwandung in Contact kommen. 


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Es ist nämlich sehr fraglich, ob Steurers Gold so solid gepackt 
werden kann, als es der Erfinder behauptet. Die Operation ver¬ 
langt natürlich mindestens zwei Sitzungen. — y, 

Anästhetica. Von J. B. Oliver (British Journal of 
Dental Science, November 1889). 

Verfasser beschränkt sich hauptsächlich auf jene allge¬ 
meinen Betäubungsmittel, die in der zahnärztlichen Praxis vor¬ 
zugsweise in Verwendung stehen. Ein kurzer Rückblick auf die 
Geschichte der Entdeckung und Einführung der Anästhetica dürfte 
dabei nicht ohne Interesse sein. Schon in den frühesten Zeit¬ 
altern sann man auf Mittel, um Schmerzen zu beheben. Schon 
die Assyrier und alten Chinesen scheinen verschiedene Mittel 
augewendet zu haben, um Operationeu schmerzlos aiisführen zu 
können. Man verwendete zu diesem Zwecke Opium, indischen 
Hanf, Kohlendioxyd und Nachtschatten-Gewächse. In späterer 
Zeit Hessen die italienischen Operateure ihre Patienten von 
einem Schwamm die Dämpfe von einer heissen Abkochung 
von Opium, Nachtschatten und Hyoscyamus einathmen. Nach 
der Operation wurden die Patienten durch Einathmen von Essig 
auf einem frischen Schwamm, oder, wenn dies fehlschlug, 
durch Ziehen au den Ohren wieder zu sich gebracht. — 
Bei weiterer Ausbildung der Aerzte wurde der heroische 
Gebrauch dieser Betäubungsmittel eingeschränkt, und gegen 
Ende des 18. Jahrhunderts sehen wir die Chirurgen sich auf 
den mässigen Gebrauch von Opiaten beschränken und in ge¬ 
wissen Fällen sich der berauschenden Eigt nschafteu des 
Branntweines bedienen. 

Im Jahre 1774 schlug James Moore, ein englischer 
Chirurg, die Compression der Nervenstämme mittelst einer 
passend geformten Klammer zum Z^vecke der schmerzlosen Ampu- 
tiruug eines Beines vor, und in der That hat John Hunter im 
St. Georges-Spital eine solche Operation nach dieser Methode 
ausgeführt. Die geringen Fortschritte, welche man auf dem Ge¬ 
biete der Betäubungsmittel um diese Zeit gemacht hat, hat 
zweifellos in der damaligen mangelhaften Ausbildung der chemi¬ 
schen Wissenschaft seinen Grund. Im Jahre 1772 entdeckte 


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Priest ly das Lustgas, und 1799 hat Davy sei^e anästhesi- 
renden Eigenschaften entdeckt. Diese Entdeckung hatte jedoch 
keine praktischen Folgen gehabt, bis der amerikanische Zahn¬ 
arzt Horace Wells die Idee hatte, das Lustgas bei Zahn¬ 
extractionen zu verwenden. Wells besuchte die Vorlesungen 
über Chemie von Dr. Colton, der seine Zuhörer über die 
Eigenschaften des Lachgases unterhielt. Er beobachtete dabei 
das Factum, dass eiu Mann, während er unter dem Einflüsse 
des Gases war, sieh erheblich verletzte, ohne Schmerz dabei zu 
empfinden. Wells beschloss, an sich selbst das Experiment zu 
versuchen; er ging am nächsten Tage zu Dr. Colton und Hess 
sich von Mr. Eiggs unter Einwirkung des Gases einen Mo¬ 
laren ausziehen. Nachdem Wells bei mehreren seiner Patienten 
erfolgreich das Gas anwendete, demonstrirte er das Verfahren 
öffentlich im General-Hospital in Boston, wobei nicht Alles recht 
von Statten ging, indem die Patienten ausgesprochene Zeichen 
von Schmerzgefühl zeigten. Diese Misserfolge haben für damals 
das Schicksal des Lustgases entschieden, doch entmuthigte das 
Colton nicht und er veranlasste stets von Neuem mehrere 
Zahnärzte, es zu versuchen. Im Jahre 1868 kam er nach 
England und demonstrirte am Dental-Hospital iu London mit 
vollem Erfolge. Ein Comite wurde gleichzeitig ernannt, um die 
Wirkung des Lustgases zu untersuchen und der Bericht war 
war einstimmig zu Gunsten desselben. Die Entdeckung des 
Aethers als Anästheticum gehört ebenfalls den Amerikanern. 
William T. G. Morton, ein Schüler von Horace Wells^ experi- 
mentirte an sich selbst mit Aether und zog nahezu schmerzlos 
damit einem Knaben einen Zahn. Er anästhesirte dann am 
.Massachusetts-Hospital einen Patienten, dem ein Tumor voll¬ 
kommen schmerzlos entfernt wurde. 

Die erste Anwendung von Aether in England fand beim 
Zahnarzt Mr. Robertson statt, er entfernte unter seiner Wir¬ 
kung einem Patienten mehrere Zähne. Sir James Simpson 
war mit dem Aether nicht ganz zufrieden und fand, dass das 
Chloroform die auästhesirenden Eigenschaften des Aethers ohne 
dessen unangenehme Nebeusymptome, wie Hustenreiz, Kopf¬ 
schmerz u. s. w. besitzt. Chloroform kam daraufhin bald 


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ausserordentlich in Gunst und verdrängte den Aether voll¬ 
ständig. Erst als die Gefährlichkeit desselben bekannt wurde, 
hat der Aether wieder Terrain gewonnen. 

Dies ist in Kurzem die Geschichte der Anästhetica und 
wir sehen, dass ihre Entdeckung und ihre Einführung in nicht 
geringem Masse der Energie und dem Eifer einiger Mitglieder 
des zahnärztlichen Standes zu danken ist. 

Bevor wir zu der Betrachtung der einzelnen anästhetischen 
Mittel übergehen, dürfte es von Nutzen sein, die physiologi¬ 
schen Wirkungen der Anästhetica im Allgemeinen zu studiren. 

Anästhesie besteht im Wesentlichen in Lähmung der 
höheren Gehirnceutren. Es ist gefunden worden, dass das Auf¬ 
keimen von Samen durch die Wirkung der Anästhetica verhin¬ 
dert werden kann. Thiere sowie Pflanzen sind aus mikroskopi¬ 
schen Zellenelementen aufgebaut, doch besteht im thierisehen 
Organismus eine grössere Verschiedenheit der individuellen 
Elemente. Wir können also erwarten, dass jede dieser Zellen 
in verschiedenem Grade durch die Wirkung der Anästhetica 
beeinflusst wird. Das ist auch in der That so. Gewisse Zellen¬ 
gruppen werden schnell gelähmt, während andere länger zu 
widerstehen vermögen. Die thierisehen Gewebe, welche den 
höchsten Grad von Verschiedenheit zeigen, sind die Nerven¬ 
zellen des Gehirns, und wir finden, dass die Thätigkeit derselben 
während des Fortschreitens der Narcose zuerst aufgehoben wird, 
Empfindiiug und Wollen ist aufgehoben, ebenso die Fähigkeit, 
Bewegungen zu bestimmen und zu controliren. Aber auch die 
hemmende Thätigkeit des Gehirns auf die Herzeentren ist zer¬ 
stört, so dass wir eine vermehrte Eeflexthätigkeit beobachten. 
Bei weiter fortgesetzter Anästhesie fallen auch diese Centreti 
unter ihren Einfluss, die Bewegung hört auf, es bleiben nur in 
Thätigkeit die Athmungs- und Herzeentren, Werden diese auch 
gelähmt, tritt der Tod ein. Geht man nicht bis zu diesem Sta¬ 
dium, erlangen die Oentren wieder ihre Kraft genau im umge¬ 
kehrten Falle, wie sie sie verloren haben. 

Vom zahnärztlichen Standpunkte interessirt uns das Stick¬ 
stoff-Oxydul am meisten. StickstoflP-Oxydul ist ein farbloses und 
im reinen Zustande fast geruchloses Gas. Es unterhält wie Sauer- 


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Stoff die Verbrennung. Bei einem Drucke von 50 Atmosphären 
und bei einer Temperatur von 77 Grad Celsius wird es flüssig, 
es ist leicht löslich im Wasser, kaltes Wasser löst sein eigenes 
Volumen Gas auf. Am leichtesten wird Stickstoffoxydulgas 
dargestellt durch Erhitzen von salpetersaurem Ammonium in einer 
Glas- oder Platinretorte. Von einem Pfund Salz erhält man 
dreissig Gallonen Gas. Zu Beginn muss die Retorte langsam 
erhitzt werden, nicht so wegen der Gefahr des Zerspringens, 
als vielmehr wegen der bei excessiver Hitze sich bildenden 
salpetersauren Oxyde. Man erkennt die Bildung dieser Oxyde an 
den röthlichen Wolken, die sie mit der Luft in den Waschflaschen 
bilden, Dassich bildende Stickstoffoxydul wird durch drei Wulff’sche 
Flaschen geleitet, von denen die erste Wasser, die zweite eine 
Lösung von Eisensulfat und die dritte eine Lösung von Kali 
causticum enthält. Von diesen Flaschen wild das Gas mittelst 
Schläuchen in den Gasometer geleitet. Das Gas muss rein und frei 
von atmosphärischer Luft verabreicht werden. Der Inhalations¬ 
apparat muss demnach mit einem Luftpolster versehen sein, der 
genau dem Gesicht des Patienten sich anschmiegt und so den 
Zutritt von Luft ausschliesst. Während der ersten Anwendung des 
Gases bestand das Mundstück einfach aus einer Glasröhre, die 
der Patient in den Mund nahm, während die Nase entweder 
vom Operateur oder mit einer Klemme zusammengedrückt wurde. 
Einige wenden aus Ersparungsrücksichten einen Uebersack au, 
doch können dadurch leicht Kopfschmerzen eintreten, auch wird 
der Eintritt der Narcose verzögert. 

Der Mund des Patienten muss zuerst untersucht werden, 
indem künstliche Platten oder lockere Stiftzähne in Gefahr 
kämen, verschluckt zu werden. Alle eng anliegenden Kleidungs¬ 
stücke müssen gelockert werden, die Respiration muss eine durch¬ 
aus freie sein. Der Mund des Patienten muss dann durch einen 
Knebel offen gehalten werden, der Knebel wird entgegengesetzt 
der Seite, an der operirt wird, eingestellt. Wird an beiden Seiten 
operirt, kommt der Knebel in der Mitte zwischen den Front¬ 
zähnen. Man hat verschiedene Arten von Knebeln, aus vulcani- 
sirtem Gummi, complicirte sogenannte; «federnde Knebel“, ebenso 
Korkstücke, doch unterliegen die beiden letzterer Art leicht der 


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Gefahr des Zerbrecheijs. Auf keineu Fall dürfen die Knebel 
einzeln augewendet werden, sondern mit einer Schnur aneinander 
gebunden, damit jede Gefahr des Hinabfallens in den Rachen 
des Patienten vermieden ist. Hat man den Knebel festgestellt, 
legt man das Mundstück an und weist den Patienten an, frei 
zu athmen. Es ist eine gute Methode, den Patienten zuerst, 
nachdem das Mundstück angelegt ist, durch 2—3 Secunden Luft 
einathmen zu lassen, bis er sich an den Apparat gewöhnt hat, 
und dann erst das Gas Zuströmen zu lassen. Sobald der 
Patient sich unter dem Einflüsse des Gases befindet, können 
folgende Symptome beobachtet werden: 

Nach ungefähr 15 Secunden nehmen das Gesicht, die 
Ohren und die Fingerspitzen eine dunkle Färbung an, doch ist 
der Patient noch immer bei Bewusstsein. Nach 30 Secunden ist 
das Bewusstsein verloren, doch würde der Patient sofort wieder 
erwachen, wollte man jetzt das Mundstück schon entfernen. 
Nach einer Minute ist die Reflexthätigkeit gänzlich erloschen, 
die Bindehaut des Auges ist gegen Berührung unempfiudlich. 
Wird die Einathraung noch fortgesetzt, wird das Athmen stertorös, 
Muskelbeweguugen der Hände und Füsse treten gewöhnlich ein, 
die Augäplel machen rollende Bewegungen und die Alhmung 
wird schwach und aüssetzend. Es ist gefährlich, die Verabreichung 
bis zu diesem Punkte fortzusetzen. Der laryngeale Stertor der 
letzten zwei oder drei Athemzüge darf nicht verwechselt 
werden mit dem „Schnarchenoder Rachenröcheln, das oft 
während der ganzen Dauer der Einathmung vorhanden ist. Das 
Kehlkopfröeheln tritt gewöhnlich erst nach einer Minute auf und 
ist bewirkt durch die Schwingungen Arytaeno-epiglottis-Falten. 

Die Anästhesie ist gewöhnlich vollkommen nach Verlauf 
von 80 Secunden und dauert zum mindesten 30 Secunden. Un¬ 
empfindlichkeit der Cornea bei Beruhruug und schnarchende 
Athmung sind die sichersten Zeichen dieses Stadiums. 

Stickstoffoxydul hat nur eine schw^ache Einwirkung auf 
das Herz — bei Thieren, die damit getödtet wmrden, fand man 
das Herz noch fortsehlagen, nachdem die Respiration schon auf- 
gehört hatte. Seine physiologische Wirkung ist überhaupt noch nicht 
ganz aufgeklärt. Man hat bis vor Kurzem angenommen, seine 


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Wirkimg bestehe in Hervorbringung einer partiellen Asphyxie. 
Doch dürfte es auch irgend eine speeielle Wirkung auf die 
Nervencentren, ähnlich wie Chloroform und Aether haben, da 
nach den kürzlich angestellten Experimenten von Dr. Hewitt 
mit einer Mischung von Stickstoffoxydul und zwölf Percent 
Sauerstoff auch eine Narcose sich bewerkstelligen liess, ohne 
dass wie bei Lustgas allein Verfärbung und Röcheln eintrat. Doch 
kann man sich leider auf diese Mischung nicht in allen Fällen 
verlassen. Einige Patienten werden sehr erregt. Diese Exeitation 
ist indess bei Zugabe von mehr Lustgas nicht vorhanden. Zu 
diesen Qasmischnngen sind selbstverständlich besondere Apparate 
nothwendig. Die Vortheile dieses Gasgemisches sollen folgende 
sein : Angenehmeres Einathmen. h) Mangel an Cyanose und 

Röcheln, c) Längere Anästhesie, d) Keine unangenehmen Neben¬ 
erscheinungen. e) Vollkommene Gefahrlosigkeit. 

Bei der Abwesenheit von Röcheln und sonstiger Zeichen 
der Lustgasnarcose es ist sehr schwer, den Zeitpunkt anzugeben, 
wann bei dem Gasgemische das Mundstück zu entfernen ist. 
Die verlässlichsten Zeichen scheinen zu sein: Erschlaffung der 
Extremitäten und ruhige Respiration, der Patient scheint im 
ruhigen Schlafe zu sein. 

Der Eintritt der Narcose wird duVch das Gasgemisch ver¬ 
zögert, und das ist, namentlich in der Spitalpraxis, ein Nach- 
iheil. Die Fälle jedoch, bei denen das Gasgemisch besonders 
angezeigt ist, sind jene; bei welchen Functionsstörungen des 
Herzens und der Lunge vorhanden sind, und wo es wünschens- 
w^erth ist, diesen Organen keine besonderen Anstrengungen zu- 
zumnthen. Während der Verabreichung des Gases können immer¬ 
hin mancherlei Gefahren eintreten, gegen die w'ir stets gew^appnet 
sein müssen. 

Obzwar Syncope kaum eintritt, ausser bei schweren Formen 
von Herzkrankheiten, beobachten wir doch häufig Ohnmächten. 
In diesem Falle muss der Patient sofort in horizontale Lage ge¬ 
bracht w^erden. Riechsalze und Bespritzungen mit kaltem Wasser 
w^erden die Belebung wieder hervorrufen. In besonderen Fällen 
werden einige Tropfen Amylnitrit die gewünschte Wirkung 
hervorbringen. In einigen Fällen kann die Athmung sehr schwach 


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werdea und gar? 2 aufhören. Steht die Athmuug länger als sechs 
Secunden still, muss sofort die künstliche Athmung eingeleitet 
werden, die sicher zum Ziele führt Die Hauptgefahren bedingen 
die fremden Körper, wie Zähne, Wurzeln, abgebrochene In¬ 
strumente, die nach rückwärts in den Mund fallen und durch 
eine plötzliche Inspiration in den Larynx gelangen. Um sich 
gegen diesen Unfall zu schützen, muss der Operateur jede W'urzel 
aus dem Munde zuerst entfernen, bevor er zur Extraction einer 
anderen schreitet. Sollte dennoch eine Wurzel aus der Zange 
nach rückwärts in den Mund gleiten, so muss der Kopf des 
Patienten sofort nach vorwärts geneigt werden; mit dem Finger 
dringt man zur Zungenbasis, um das Hinabgleiten des Fremd¬ 
körpers in den Larynx zu verhindern. Sollte doch trotz 
aller Bemühungen der Fremdkörper fn den Larjmx gelangt 
sein, muss sofort zur Tracheotomie geschritten werden. Sind 
die Symptome jedoch nicht so bedrohlich, genügt es, den 
Patienten in ruhiger Lage zu verhalten und Narcotica zu ver¬ 
abreichen, der Hustenreiz wird dadurch gemildert, der Fremd¬ 
körper bedeckt sieh dann gewöhnlich mit Schleim und wird' 
während eines Hustens oder Erbrechens ausgeworfen. 

Um eine längere Dauer der Narcose, als sie mit Lustgas 
zu erreichen ist, zu erlangen, werden andere Anästhetica in 
Anwendung gebracht Am gebräuchlichsten sind Aether und 
Chloroform, doch wird ersterer wegen der grösseren Sicherheit 
vorgezogen. Man rechnet Todesfälle bei Chloroform 1 auf 
3000 Narcosen, bei Aether 1 auf 23.000 Narcosen. Die Aether- 
dämpfe müssen unverdünnt eingeathmet werden. Oft jedoch lässt 
man sie in Verbindung mit Lustgas eiuathmen, um eine Ver¬ 
längerung der Narcose zu erzielen. Am Besten ist mit Lustgas 
zu beginnen und mit Aether fortzusetzen. Man erspart dem 
Patienten den unangenehmen Geruch und Geschmack, den er 
bei der Anwendung von Aether allein verspürt Bei Verabreichung 
von Aether allein tritt oft ein beträchtlicher Kehlkopfreiz ein 
mit erstickendem Husten, so dass der Patient gezwungen ist 
die Einathmuug zu unterbrechen. Der Narcotiseur muss daher im 
Anfangsstadium der Narcose besondere Vorsicht und Geschick¬ 
lichkeit an wenden. Ein grosser Nachtheil bei dem Gebrauche 


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des Aetbers in der zahnärztlichen Praxis ist der excessive 
Speichelfluss, den er verursacht, ferner die Ueblichkeiten und 
(las Erbrechen, das oft vorzukommen pflegt, obzwar letzteres 
vermieden werden kann, indem man durch Auswischen des 
Mundes während der Operation das Verschlucken von Blut 
und Schleim verhindert, welches meistentbeils die Ursache 
des Erbrechens ist. Bei Aether muss auf die Athmung sorgfältig 
Acht gegeben werden, da diese oft sehr schwach wird und ganz 
aufhört. Glücklicherweise geschieht das immer einige Secunden 
früher, als das Herz zu schlagen aufhört, so dass die Einleitung 
der künstlichen Athmung immer zum Ziele führt. Aether kann 
nicht gebraucht werden bei Operationen, bei denen auch das 
Brenneisen in Anwendung kommen muss, ferner darf er nicht 
angewendet werden bei Patienten, die an Bronchitis, Emphysem 
oder an Brigbt’scher Niere leiden. Bei diesen Fällen müssen wir 
zu Chloroform oder zu einer der anästhetischen Mischungen greifen. 
Chloroform muss verdünnt mit atmosphärischer Luft eingeathmet 
werden, und zwar darf der Chloroformdampf nicht mehr als 
vier Percent betragen. Die Narcose ähnelt der vom Aether, doch 
fehlt der starke Hustenreiz im ersten Stadium und die Ein¬ 
wirkung des Mittels auf den Patienten ist eine raschere. Chloro¬ 
form hat ferner eine herabsetzende Einwirkung auf das Herz, 
und darin liegt auch seine Gefährlichkeit. Der Puls muss sorg¬ 
fältig überwacht werden und im Momente seines Aussetzens 
muss mit der Einathmung sofort unterbrochen werden. Bei den 
ersten Anzeichen von Syucope muss der Patient so gelagert 
werden, dass der Kopf niedriger sich befindet als die Füsse, 
und in dieser Lage muss die künstliche Respiration nach der 
Sylvester’schen Methode eingeleitet werden. Amylnitrit, Be¬ 
spritzungen des Gesichtes mit kaltem Wasser, elektrische 
Reizung des Herzens können auch mit Nutzen zur Wieder¬ 
belebung angewendet W'erden. Diese Gefahren des reinen Chloro¬ 
forms haben in der Idee, dieselben dadurch zu verringern, zu ver¬ 
schiedenen Mischungen geführt. Die verschiedenen fatalen Zwischen¬ 
fälle jedoch, die auch hierbei Vorkommen, beweisen zur Genüge, 
dass diese Mischungen auch nicht ohne Gefahren sind, Dr. S. 


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5. 


V ari a. 

Zahnärztliches Unterrichtswesen. Aus Budapest wird 
uus berichtet, dass der längst beabsichtigte Lehrcurs für Zahn- 
heilkuude an der medicinisehen Facultät schon im bevorstehen¬ 
den Sommersemester activirt werden soll. Die Zahnheilkiinde 
soll in derselben Weise, wie etwa Oculistik etc., ein Speeialfaeh 
der medicinisehen Studien bilden und wurde ein Lehrplan 
proponirt, dessen wesentlichste Punkte die folgenden sind: 

1. Lehrstoff: Zahnärztliche Propädeutik und zahnärztliche Klinik. 

2. Der Gesammtcurs soll zwei Semester währen. 3. Die Hörer 
erhalten nach bestandenem Examen ein Certifieat. 4. Es werden nur 
Studirende der medicinisehen Facultät zum Besuche des Curses zu¬ 
gelassen und können das Certifieat nur Doctoren erwerben. B. 

Docentur. Herr Dr. Wilhelm Yajna in Klausenburg 
wurde, wie wir vernehmen, seitens der dortigen Universität dem 
königl. Ungar. Unterrichtsministerium zum Docenten für Zahn- 
heilkunde vorgeschlagen. E. 

Todesfall. Der bekannte Hofzahnarzt Dom. Mathe de 
Bikafalva in Budapest ist am 23 December v. J. im Alter von 
50 Jahren gestorben. Sein Neffe Herr L. Mathe de Bikafalva 
zeigt an, dass er die Praxis des Verstorbenen fortführen werde. 

- S. 

Redaetions-Naehrieht. 

Herr Docent Dr. Heinrich Schmid ist mit dem Schlüsse 
des vorigen Jahrganges von der Redaetion unseres Blattes zu- 
ruckgetreten. Wie aus dem Titelblatt des vorliegenden Heftes 
ersichtlich ist, bleiben die bisherigen bewährten Mitarbeiter 
unserem Unternehmen erhalten, dessen Tendenz — streng 
wissenschaftliche Richtung — unverändert dieselbe bleiben wird. 
Correspondenzen, Aufsätze, Tausch- und Recensions-Exemplare 
werden nur an den Herausgeber: Julius Wo iss, Wien, 
I. Fleischmarkt Nr. 1, erbeten. 


7 


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Wegen Todesfall 

sind aus einem zahnärzilichen Atelier zu verkaufen: üperatioiis- 
stnhl (Harris-Chair) fl. 120, Speitiseh (Marmoraufsatz mit Alpacca- 
schale und Gefäss) fl. 60, ferner Wolfscher Vulcanisir-Kessel, 
Schleifmaschine, Extractions-Zangen, circa 1400 Zähne etc. 

Wien 

Währing, Herrengasse 36. 

Zu kaufen gesucht: 

Ein kleiner Gasometer (von Barth). Anträge unter „Gasometer 
Nr. 76“ an die Herren 

Weise & Schwarz, 

Wien, I. Pleisolimarkt 1. 

Billig wird abgegeben: 

1 Gasometer für Lustgas, 212 Liter, 1 Gasometer für Sauer- 
stoflf, 68 Liter Inhalt, 1 koflferförraiger Gummisaek, 1 Maske mit 
Wechselhahn nebst Glasnecessaire zur Gaserzeugung. Anfragen 
unter „Narcose Nr. 77“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 
Wien, I. Fleischmarkt 1. 

Praxis zu kaufen gesucht. 

ln Oesterreich oder Ungarn sucht ein junger Zahnarzt 
(Med.-Dr.) eine lucrative Praxis zu kaufen. Offerten unter „Praxis 
Nr. 78“ an die Herren 

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Wien, I. Fleiso hmarkt l- 

Ein Techniker 

in Gold- und Kautschukarbeit verlässlich, findet sofort Stellung. 
Offerten unter „Techniker Nr. 79“ an die Herren 

Weiss St Schwarz, 

Wien, I. Fleischmarkt 1- 

Ein junger Techniker 

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„Techniker Nr. 80“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleischmarkt 1. 


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Zahntechnische Metallurgie 

und 

praktische Darstelliiiiii her Anfertm Ton Hetall&ehissen 

von 

Chas. J. Essig. 

Autorisirte Bearbeitung von August Pol scher. Broschirt 6 M. 
Elegant gebunden 7 M. 

Verlag von Conrad Weiske’s Buchhandlung (6. Schmidt), Dresden A. 

Verlag von A. Hirschwald in Berlin. 

Soeben e- sch tonen : 

Yerhandlnngen der Deutschen odontologischen Gesellschaft. 

Band I. Heft 1 und 2 1889. 

Gross-Octav. Mit Holzschnitt. Preis 2 M. pro Heft. 


Am I. December 1889 erschien und ist durch 
alle Ruehhandlungen Deutschlands uud des Aus¬ 
landes, sowie durch sämmtliehe Denlal-Depots 

und die Unterzeichnete Redaction zu beziehen: 

(Commissions-Verlag von L. vSchottländer, Breslau) 

Dental-Kalender für Deutschland 

Oesterreich-Ungarn und die Schweiz 
für das Jahr 1890 (HI. Jahrgang). 

Z*^ei SäncLe. 

Der Gesammtpreis für die beiden Bände, wovon der 
erste elegant und dauerhaft gebunden, der zweite broschirt 
ist, ist auf nur 3 Mark 50 Pfg. = 4 Francs 40 Centimes 
(in Oesterreich nach Tagescours) festgesetzt. 

Prospecte und Inhaltsverzeichniss gratis und franoo zu beziehen durch 

Die Redaction des Dental-Kalenders 

fttr Deatftclilaad, Oesterreieh-Uagara aad die Schweis 
Breslau (Königstr. 1). 


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Carl WolraVs 


Feinagrolclsclalibg'erei, ISreaxieii 

empfielilt sein als vorzüglich anerkanntes Plombirgold 


Ooldoyllnder per Unze (32 gr.) M. 130.— 

dto, * 4 j? (4 gr.) 10 «50 j 

Goldfolie, weiche extracohäsive j -iär i 

’ 1 ... • f pro Unze (38 gr.) M. 125.— 

dtO. „ noncohasive ( ±lv) Iß- 

dtO. „ schraffirte j r r v & •/ r • 1 

Der Preis stellt sich billiger als für amerikanisches oder englisches j 
Gold, da ich anf die Unze volle 32 gr. statt 31 gr. gebe. j 


Atteste über Carl Wolrab’s Goldpräparate. 


Ihr Gold benü<ze ich in Cylindern und Folie seit drei Jahren in meiner | 
eigenen Praxis und für die FüUnngen im zahnärztlichen Institute. Ich freue j 
mich, Ihnen mittheilen zu können, dass ich es dein besten Fabrikate an die | 
Seite stelle, ja seiner ausserordentlichen Geschmeidigkeit und Haltbarkeit I 
wegen, fast jedem anderen Goldpräparate für überlegen halte. * ' | 

Leipzig, den 10. Jänner 1890. 


Prof. Dr. Fr. Hesse 

Director d, zahnärztl. IrtsliUitea d. Universität Leipzig. 

Nach mehrjährigem Gebrauch Ihres Goldes bestätige ich Ihnen hier¬ 
mit gerne die Gute Ihres Fabrikates Die Goldcylinder sind sehr plastisch 
und frei von Vernnreinigungen, welche man sonst häufig findet. Ungeglüht 
schmiegt sich das Gold ausgezeichnet den Wauden der Cävitäten. leicht 
geglüht wird es ausserordentlich adhäsiv. Das Blattgold verarbeitet sich 
ebenfalls vorzüglich. Nr. 10—60 kann ich zum Herstellen von Contonr- 
füllungen und für Oberflächen bestens empfehlen. 

Stockholm, 20. September 1889. 

Br. Elof FÖrberg, Hofzahnarzt. 

Ihrem Wunsche gemäss erkläre ich mit grossem Vergnügen, dass Ihr 
Gold, die Folie sowolil, wie die Cylinder, sich ausgezeichnet verarbeiten lässt 
und bei Anwendung der Hotationsmethode allen anderen vorzuziehen ist 
Bei meinen Demonstrationen in Paris habe ich dasselbe ausschliesslich benützt, j 

Grenoble (Is6re). O. C. CladlUB ' 

D. cteur en Chirurgie deutaire. | 

Ihr Gold habe ich für die Methode von Dr. Herbst mit aller 
Zufriedenheit gebraucht, und ich muss sagen, dass ich sonst kein Gold 
gesehen habe, das so gut für dieses System geeignet ist 

London. Prof. Storer Bennet. 

Die Goldpräparate, welche Herr'C. Wölrab liefert, sind alle vor¬ 
züglich. Ich kann diese deutschen Fabrikate allerbestens empfehleu. Das 
Gold ist chemiscfi rein und verarbeitet .sich besonders gut. ! 

Bremen. Br."W. Horbat, Zahnarzt. , 


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Exoa Yat oren. 






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Excavatoren. 




82 83 8* 85 *6 87 88 89 90 91 92 93 9* 95 96 97 


/ / / 



lÜO 101 102 103 104 105 106 107 106 109 *10 


1 ^**"—^ CE359 



iil 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 


123 124 I2S 126 127 


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« ((' |j 'ii ff ff 



128 129 13# 131 132 133 134 135 136 137 138 189 14« *** '** 

rs=* Preise siehe auf der nächsten Seite. 


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Preise per Stück: 

S. S. White’s Fabrikat mit vernickeltem 

Griff M. 1.-fl. —.60 ö. W. 

S. S. White’s Fabrikat als conisehes 
Einsatzinstrument 
M. -.50 = fl. —.30 ö. W. 
Englisches Fabrikat mit blauem Griff 
M. -.65 = fl. —.40 ö. W. 

190 191 192 198 194 195 

Zu lieÄu m WEISS & SCHWARZ, Wien, I. FleisclifflarAl Kr. 1. 



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Polirer. 



3S 36 37 38 39 40 « 

Preise per Stück: 

Nr. 1—31 S. ü. Whites Fabrikat mit vernickeltem Griff M. 2.20 = fl. 1.32 ö.W. 


f Q , ” , • » . « » 2.50 = „ 1.50 , 

1 — 31 „ als conisches Einsatzinstrument „ 1.60 = —.90 „ 

2 — ^1 » » „ „ 1.86 — ” 1.10 „ 

Zo tefeta roi fEISS Z SCHWAfiZ, Wm, l. FleMatn I. 


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BALD WIN S HYDRÄULlC CEMENT 

DeWsed by Dr. 0 . S. W. BALD WIN, of New-York aiiH ^ ’ 

by THE S. S. WHITE DENTAL MANfeTuKrca' "““''’'^ 



4- BAI^DWIN’S 4 

Hydranlic Cement) 

THE S. S. WHITE DENTAL MFG, CO. 

rhiladelphta, Xew Torh-, Jto^ton. 

Broohlyn. 

This Cement is of the ziiic- 
phosphate dass, aud in tlie 
qnalities of plastidty, ad- 
hesiyeuess to cavity-walJs. and 
density. grades higher thaii 
aiiy ot its congeners hitherto 
orought to oiir notice. Its 
relative durabilityis also re- 

mouths and Situation.? it niav 
be deemed reasouably per¬ 
manent. In all casesf wlien 
m.x«l, packed, and liniahed 
m tteinanuer and nnder the 
oonditions pre.seribed. theflll- 
i^swiUprovesatisfactorvto 
every dentist of experience 
ceni"'® "’^yPbosphate 

Tliis Hydranlic Cement 
miiMuliarly snited to the 
qiurenients of crown- and 
Jodge-work, for wbich it ha.s 

ntend!.!®^ «“thusiastic com- 
mendation. It is put „„ 

eMssanly mcreased cost of 

beST” Y'®*®’ also 

bprfT cements work 

folln"*’*"® ^'''o months 

he ri”^ the opening of 

Hydranli^f®’ the 

- —^^^— — .per box DoU . 1.50 

Dentist? Rates for Engine Points. 

Wre^onding rMonfn Se“*ThuI“ «"“‘Ity at a 

Stoned P”®® Doll. 2.2o) .... pp,, grug^ 04,00 

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«lasses amounting to a^aross^ nr .7 P®'®®*! **."* that a sclection of the given 
TMl? «r « f “®''® "Dl be rated as above 

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Root-Dressing Corundum Points. 

Suggested by Dr. A. Morsmaiin. 

These three Coniuduni Points for dressing and beveliiig roots 
are made in accordance with the Suggestion of Pr. Morsniaii 
in the Hints and Queries of the DENTAL COSMOS for 
March, 1888. They are made of coarse corundum. The iiiaiidrel 
on which they are mounted was specially devised with a poiut 
projecting beyond the conmdum to serve as a ceuter to 
hold it steadly to its work. These beveling Corundum Points 
lut rapidly and smoothly without catching or juinping, and 
ceave the end of the root, which, by inclining the hand-piece, 
may be beveled at almost anv desired angle, in beautihil sliape. 

. The form has been carefully designed, and it is believed that 
the three sizes shown will ineet all the requirtments. 

In ordering, specify Haud-piece they are to be used with. 

PRICES. 

Not mounted.per doz. ig'O.dO 

Mopnted. 1.40 

Mandrels separately. „ —.75 


IMPROVEO DIAMOND DiSKS. 


Pafented May 1, 1877, 

Our Diamond Disks, as formerly made, had uiauy advau- 
tages over others, — were thbmer, strougei-, would cut faster 
and last longer. But they had one defeet, - they would cut 
only on the sides. This defeet we have remedied, and the 
Diamond Disks we now niake cut as well on the edge as on 
: the sides. We make no additional Charge for tlie improve- 
• ment, as we expect inereased sales to make \ip the cost 
I to US. Two sizes, 3/4 and % inch. 

Price ..each # 1.50 


New, Revised, and Enlarged Edition of 

ARTIFICIAL CROWN- AND BRIDGE-WORK, 

By GEORGE EVAKS. 

The value of the first edition of this work was attested not alone by the uearty 
cominendatiou of all the reviewers but by the niore siguificant fact that it was 
out of print in less than eight months from the time it was first offered for sale 
The new edition now ready has been enlarged by the addition of some thirty- 
odd pages of new matter, and enriched by nearly fifty more illustrations, nearly 
all of which are original. 

The volurae is now olfered as a complete compeudium of the brauch of dental 
practice of which it treats, 

WITHOUT ADVANOE IN PRIOE. 

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THE S. S, WHITE DENTAL MANUFACTURING CO., 

PUBLISHER. 




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adhäsives krystallisirtes Gold. 

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man die dauerhaftesten und schönsten Füllungen erzielt, stebeu 

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Depdt zahnärztlicher and zahnteohnisoher Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ 

I I. ;Fleiscli.aa.a»r3ct ijTr. 1- I 


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Zm.peria,l- 



Z AHN-KAUTSCHUKS 

angefertigt von 

THE EXCELSIOR RUBBER WORKS 

NEW-YORK. 


Langjährige Erfahrnngen unserer praktischen Arbeiter, gepaart mit wissen¬ 
schaftlichem Stadium der bei der Fabrikation massgebenden Umstände, haben 
uns in die Lage gebracht, Zahnkaiitschnks herzustellen, welche alle im Markte 
befindlichen Sorten übertrelfen und sicn von Jahr zu Jahr gesteigerter Nach¬ 
frage erfreuen. Bei grosser Reinheit, gleichniässiger vorzüglicher Structur, 
liefern unsere Zahngummi. Platten und Gebisse von nngewöhnlicher Haltbar¬ 
keit und Festigkeit und von nnübertroftener Farbe. Dieselben verarbeiten sich 
leicht und werden bei der Vulcanisation nicht schwammig oder scheckig. 

Die Rosa-Zahngummi zum Fourniren brauchen nicht gebleicht zu werden, 
sondern kommen schon in schöner Zahnfleischfarbe aus dem Vulcanisator. 


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22 ^ 

1 

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21- 

' 21 


16.- 

22 

r 

16.- 

1 25 

n 

16.- 

i 20 1 

n 

12.- 

1 22 

rt 

12. - 

23 

T» 

12.- 

26 


12,- 

20 

r» 

16.- 


Obige Kautschuks werden sämmtlich in Cartons ä 1 1 und Pfand 

geliefert; Nubisch Schwarz und Weiss auch in Packetun ä */-< ^^ad Pfund. 

ANLKITIING im VlILCANISIREN: 

, Obige Kautschuks werden successive auf 320» F. gebracht und dann 
bei .-dieser Temperatnr eine Stunde gehärtet. 

'<Es einpflehlt sich, extra starke Platten bei niedrigerer Temperatur 
jedoch etwas länger härten. 


Verkaufsstelle für Oesterreich-Ungarn 

Weiss Sr Schwarks 

Depot zahiiärztllcher und zaimtechnischer Utensilien 

Wien, I. Fieischmarkt I. 


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m 


lilB 


ISS 





























^ ünßltiftc ^ äftite. 

ftc^ mein (5efd?äft fo aufcroi-öentlic^ nerörofert tjat, ba^ 
<^CS mir an ^eit gcbrac^, Weine aaetrenanalfettttn^eu 
5 U beadjten, fo befudjtc icf? nue 6ic 6 ^anpl.lücüauäftellungcn, 
an »eichen ftd, aüs genfteu ^abrifanten bef^eiligten. 

3cfj empfing f8?3 in OJien unb bann in ieiree folgenben 
mm a u s ft C11 u n g bie i|ödi|fett yusjei.-bnuugen für MuJJ- 
lirfie Jäiilie, melc^e — als ber a|an}if jSneiß meines ©efebäftes 
- Öen aaeWtgeil «egenftanb meiner Jlnsffellungen bilbcten. 

0te 2tnerfennung, meldje je einem ^abrifanten 5 u 

C^eil »urbe, erhielt idf jeboeb füf ;&diiinfjeif, Stävfte uni> 
Hafütliiiiea Äusfe^cn meiner «gä^ne, mie folgt: 


2(us5U9 


Äem yilijcincineti Bericht ber preisriebter über bie preife iti (Sriippc XXIV 

ber Jnfernaftwttarrn «uonfranna pt pliUabglpliia 1876 . 

n... f' - ‘>>>« f«">e JJHsfteriuim 

nac^ atten Siefifungen liin auagr{eid{nrf. Pie gähne maren nid/t 

mar n'L® v“® ^‘‘Ötisreit roltenbet, fonbern ifjte form 

zl,rT i t" gilt fomoJ;! für bie einseineu 

gatine, als auc^ für b.e gansen (Sarnituren non 28. gffre gnfainmenfteUung 

imL.®*''c'v* Kieferbogens, als oudj peinliche Hücfpcfjt. 

Pie^nei-fA’ K^nnfdje bcs Patienten iinb bie «rforberniffc bes galfnarstes. 

f*“’*'* fetWeöenartigen 

bnSrr 3n einanber maren fo 

wS. m t fte für boopänbia nafürlhb geljalten 

«nb trob b? öie Sttbpanj ber gälfne bDriöelitft - 

Scbtiesif*' JTarmen mären fie pon gröptmöalitfier Slärfte. 

unmnnr * <£rampous (pIatina--Stifte) berartig angebracht, bag fie 

9 icl? aus beu §äf^iicn t^eraiisgenomincn luerbcn Fonnten." 



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Br. 66 i©p mtabiran Str. (Et^ira^n JK. 
»r. 1801 & 1303 Urt^ Sir. g^ftllabelplsia ^a. 


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E 




§h 


Dieser Stuhl ist das Vollkonimeuste in diesem Genre. — 
Mau erhöht den Sitz mittelst Pumpe ohne Kraftanstrengung. — 
Das Ilerablasseu desselben erfolgt automatisch. — Der ganze 
Stuhl (Lehne, Sitz und Schemel) kann horizontal gestellt werden. 

Der ganze Stuhl kann um seine Achse gedreht und endlich 
nach liuks und rechts geneigt werden. Die Kopfstütze wird mit 
einein Handgrih regulirt. Der Fussschemel kann verkürzt werden. 
Die Armlehnen kann man entfernen. 

Preis M. 875 = fl. 525 ö. W., inclusive Zoll und Fracht ab Wien. 

(Q = r- —. -- -.=:■ - - ^ ^ 

Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

I WEISS & SCHWARZ, WIEN | 

1. Fleischmarkt 1. 


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Der Cyeloid-Stuhl 

(S, S. White Dental Manufacturing Co.) 

Philadelphia. 



(Tiefste Stellung des Stuhles.) 


Der Mechanismas zam Hodibriagen des StuMes (26 cm.) ist ganz 
neuer Art and mit grösster Leichtigkeit nad Schnelligkeit zn handhaben. 
Sollte die Kurbel aus der Hand gleiten, so wird das Herabsinken des Stuhles 
automatisch gehindert. Die Armlehnen sind so arrangirt, dass sie dem 
Operateur aus dem Wege gedreht werden können, ohne den Patienten zu 
behindern. Der Fusstritt kann viermal verstellt werden. 

Beinahe sämmtliche Stellungen können mit einer Hand bewirkt werden^ 
während der Operateur an der Seite des Stuhles steht. 

Preis: in cordonnirtem Stoff Mk. 420.— fl. 252.^— ö. W. 
„ „ rothem od. grünem Plüsch „ 480.— „ 288.— „ „ 

Inclusive Fracht und Zoll als 



Dep8t zahnärztlicher und zahntecbnUoher Utensilien von 


ilDEig ^ Sdiivari, W'itn 

I. Jleifd?marft 


.F 


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Imitation des „^ilkerson-Mls“. 



Dieser Stuhl ist eine genaue Imitation des bekannten S. S. 
White’schen Wilkerson-Clairs, besitzt dessen sämmtliehe t>e- 
W6gung6ii uüd ist tadellos ausgeführt. 

Preis mit rotbem oder grünem Plüsebüberzug M. 585.— 
fl. 350 ö. W. incl. Fracht und Zoll ab Wien.*) 

I) Dieser Preis entspricht M. 460.— ah Berlin. 


Depot zahnärztlicher und zahntechnlecher Utensilien von 
I. fUifdfmorlt 


.gle 













Operationsstuhl mit Oelpumpe Ff. 



Dieser Stuhl ist in seinen Haupttheilen dem Wilkerson-Chair nachge¬ 
bildet und von besonders kräftigem Bau. Mit Oelpumpe erhöhbar, gestattet 
er eine, von den abnehmbaren Armlehnen unabhängige Lagerung des Rtickeii- 
theiles, der, ebenso wie die mit einer Armlehne versehene Kopfstütze, separat 
hoch und nieder gebracht werden kann. Der ganze Stuhlkörper kann horizontal 
gestellt werden. Auch die Bewegung um seine eigene Axe ist vorhanden. 

Preis (ohne Attachement) elegant lackirt, mit grünem oder rothem 
Pltischüberzug 

M. 585.— ^ fl. 350 ö. W. incl. Fracht und Zoll ab Wien. 

Preis des Attachements laut Zeichnung M. 80.— = fl. 48.— ö. W.*) 

0 Dieser Preis entspricht M. 450.— ab Berlin. 

Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

Weiss Schwarz, Wien 

I. Fleischmarkt 1. 


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Dieser Stuhl ist eine Gonibination des Oelpedal- und Cydoid-Stuhles und 
^Sattet folgende Bewegungen: In die Höhe mittelst P^mp^- ^ d.e 
Achse. Rücklehnung des ganzen Sessels sowie der Lehne -1” . 

Lr Lehne allein und des Kopfstückes allein. Entfernung der Armstutzen 

Polsterung ist rother oder grüner Plüsch. 

Preis M. 535 = fl. 320 Ö. W., inclusive Fracht und Zoll ab Wien. 


1) Dieser Preis entspricht M. 400. 
- 


ab Berlin. 


Depöt zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ, WIEN, I. Fleischmarkt I. 


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Opsrationsstuhl mit Oelpumpe Ee. 



eleganter nebenstehenden Stuhles Cc, aber 

sitz versehen* ' Bnekentheü ist mit einem anfschlagbaren Kinder- 

- P“berzng ohne Attachement 
1». 40.— = fl. 24 L extrafemem Wrkischen Bezug wie AbbUdnng 

---- • 0. W. mehl-. Alles mclusive Fracht und Zoll ab Wien.») 

■) Dieser Preis entspricht M, 450— ab Berlin. 

Oepöt zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von ^ 

Weiss 6r Schwaras, Wien 

5 c_ I- ^’leischnla^kt 1. 


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Dieser Stahl ist eine Combination des Cycloid-, Pedal- 
und Spindel-Stuhles. Er hat folgende Bewegungen: 

Mittelst Schraubenknrbel in die Höhe; nni seine eigene Achse; 
den Eückentheil hoch; den Rückentheil wagrecht; der ganze Obertheil 
wagrecht; die Armlehnen abnehmbar; die Kopfstütze ist nach allen 
Richtungen beweglich. 

Die Polsterung ist rother oder grüner Plüsch. 

Preis M. 480.-fl. 288.- ö. W. 

inclusive Fracht und Zoll ab Wien.*) 

Preis des Attachements mit Allans Tisch, Spirituslampe, Speinapf, Glas und 
Telschow’s Beleuchtungsapparat M. 165.— = fl. 100.— ö. W. 


<) Dieser Preis entspricht M. 350.— ab Berlin. 



Depdt zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

Weiss fir Sch'warx, Wien 

I. Fleischmarkt 1. 


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I« 


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Operationsstuhl Bb 



Urnen, ot i-, , überzogen. 

^eÄL; 5 ‘ 

erhöht werden. 

^ ®' ’'’^-»“<^l«sive Fracht und Zoll ab Wien ') 

_^is des Attachements M. 80 .- = fl. 48 ._ g. W. 


O^eser Preis entspricht M. 250.— ab^ Berlin. 

0ep6t zahnärztlicher und zahntechniecher Uten^jHeT^ ^ 

Weis« fif Schnarz, Wien 

I. Pleischmarkt 1 . 




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Dr. Yajna’8 

Neue Instrumenteii'Tablette. 



Original-japanische Tablette mit vernickelten gezahnten 
Metallschienen zur Aufnahme von circa 22 Instrumentöu (Ex- 
cavatoren, Stopfer, Meissei, Sonden, Polirer etc.). 


Preis per Stück M. 2.— “ fl. 1.20 ö. W. 


Eeht japanesisehe Paravents 

für das zahnärztliche Operationszimmer 

4theilig, ganz Papier bemalt, 135 Cm. hoch, M. 15. 


4 „ n « ” 

3 „ Papier m.Lemenrückeii „ 150 

t ” ” ” ” ” 170 

2 „ Seide reich gestickt „ loo 

4: n n )1 }1 n 


15. 

16. — 
22 .— 
25.— 
32.- 
28.— 
55,— 


= fl. 9.— ö. W. 

~ 51 55 

= „ 9.60 „ 

-- ,, 13.20 „ 

~ 55 ” 

- „ 19.20 „ 

== 5, 16.80 « 

== » 33.- „ 


Depöt zahnärztlicher und zahnteobnischer Utensilien von 
L ifleifc^marft (. 


Ti. 


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I Lehrsaal für operative Praxis. 11, III Lehrsäle für conservative 
Praxis. IV Warteraiiiii. V Dieuerziiiimer. VI, VII Stiege und Stiegeuhaus. 

I — Operationsstühle. 2 = Inst rinnen tentischchen. 3 = Kästen 
für Sainmlungen, Instrumente, Bücher etc. 4 — Pulte. 5 = Tische. 6 ~ Tisch 
mit Schraubstöcken für Plombirühungen. 7 = Waschtisch. 8 = Kleider¬ 
rechen. 9 = Spülvorrichtung. 1,0 = Bank. 11 ;= Wandtafeln. 12 = Bohr¬ 
maschinen. 


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VI. Jahrgang. 


II. Heft. 

April ISQQ. 


Oesterreichisch-HBgarische 

Viertel] alir sschrift 

für 

Zahnhfiilkunde. 

_-- 


lEriigii des L t zaMärztliclieD DMtäts-Agiliglatorins 

iaWiei 

Der in diesen Blättern veröffentlichte Jahresbericht 1887—88 
des Vereines österreichischer Zahnärzte besprach die von dem 
k. k. Unterrichts-Ministerium eingeleiteten Schritte zur Er¬ 
richtung eines Universitäts-Institutes, in welchem die Zahn¬ 
heilkunde eine ihrer gegenwärtigen Entwicklung entsprechende 
Pflege finden und den Studirenden der Medicin Gelegenheit 
geboten werden sollte, sich in unserem, an den österreichischen 
Universitäten bisher arg vernachlässigten Specialfache ausbilden 
zu können. ; ; o, - 


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100 


Es möge hier rühmend heiTorgehohen werden, dass bei 
den gegenwärtig massgebenden Factoren unserer Unterrichts¬ 
verwaltung das volle Verständniss für die Wichtigkeit und die 
Aufgabe eines zahnärztlichen Universitäts-Instituts vorhanden 
war und dass von dieser Seite Alles gethan wurde, die 
Schwierigkeiten, welche naturgemäss in der Beschaffung der 
Mittel zur Errichtung und Erhaltung des Institutes gelegen 
waren, zu überwinden. 

Endlich am 21. April dieses Jahres wurde das den Namen 
„K. k. zahnärztliches Universitäts-Ambulatorium“ führende In¬ 
stitut durch, den Decan der medicinischen Facultät, Herrn 
Professor V. Vogl, dem zu seiner Leitung berufenen Universitäts- 
Docenten Herrn Dr. Julius Sch eff junior übergeben, der 
dasselbe am 22. April a. c. mit einer Vorlesung, welche wir 
im Anschlüsse an diese Mittheilung vollinhaltlich reproduciren, 
eröffoete. 

Es hatten sich hierzu eingefunden: 

In Vertretung des k. k. Unterrichts-Ministeriums Herr 
Ministenal-Secretär Dr. Beck Ritter von Managetta, der 
Reiehsrathsabgeordnete Dr. Roser, der Decan Hofrath Professor 
V. Vogl, Professor Lang, Professor v. Ebner, Professor 
Mautner, Docent Paschkis, das Präsidium des Vereines 
österreichischer Zahnärzte kaiserlicher Rath Dr. Fischer- 
Colbrie und Dr. Pichler, ferner eine grosse Zahl von Zahn¬ 
ärzten, praktischen Aerzten und Studirenden. Wir bemerkten 
unter den Anwesenden die Herren: kaiserl Rath Dr. Rabatz, 
Dr. Bardach, Dr. Ad. Hoffmann, Dr. Hillischer, Dr. Jul. 
Herz, Dr. Martin, Dr. Mittler, Dr. Pfeffermann, 
Dr. Silberer, Dr. Schnepp, Dr. Sakelarides, Dr. Teleky, 
Dr. Wieselthier u. A. 

Das Institut befindet sich in der Garnisonsgasse Nr. 8 
im ersten Stockwerke des nach der Beethovengasse führenden 
Tractes und besteht aus einem Warteraum und drei Operations¬ 
zimmern, deren Anordnung und Einrichtung auf der hier bei- 
-..gegebep^en Planskizze ersichtlich gemacht ist. 


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101 


Id deDi grössten Zimmer (I) findet die üntersnchung der 
Patienten, sowie die Vornahme der Extractionen statt und werden 
daselbst auch die theoretischen Vorlesungen abgehalten. Die 
Einrichtung besteht aus einem sogenannten HospitaUChair für 
Extractionen, einer l®/io Meter breiten Spülvorrichtung mit 
Wasserzulauf, einem Schreibpult und zwei Kästen für Präparaten- 
sammlungen. Das anstossende Zimmer (II) enthält vier Oelpump- 
Stühle mit zwei Wandtischchen und zwei sogenannten Attache¬ 
ments, einen Waschkasten und drei Kästen zum Aufbewahren 
von Instrumenten, Medicamenten und Präparaten. Das nächste 
Zimmer (III) ist mit weiteren zwei Oelpump-Stühlen, zwei Wand¬ 
tischchen, einem Tisch mit sechs Schraubstöcken für Plombir- 
Übungen, einem Schreibtisch und zwei Kästen für die Bibliothek 
ausgestattet. Neben dem Warteraum (IV) ist das Dienerzimmer (V), 
woselbst die zur Nareose, zum Wasserwärmen etc. nothwendigen 
Apparate aufbewahrt werden. Sämmtliche Bäume können durch 
Gaslicht erhellt werden und ermöglichen sechs Refleetoren, auch 
an trüben Winternachmittagen zu arbeiten. 

Die Einrichtung wird noch durch vier Bohrmaschinen und 
ein vollständiges Instrumentarium — fast ausschliesslich S. S. 
White's Fabrikat — vervollständigt und wurde die gesammte 
Einrichtung von der Firma Weiss & Schwarz in Wien ge¬ 
liefert. 

Für Prothese konnten leider aus Mangel an Mitteln keine 
Anschaffungen gemacht werden, doch soll die Ausgestaltung 
des Institutes nach dieser Richtung, sowie dessen Vergrösserung 
schon für das nächste Jahr bevorstehen. 

Den Unterricht leitet, wie schon erwähnt, Herr Universitäts- 
Docent Dr. Julius Sch eff junior und liest im Sommer¬ 
seraester 1890 ein zehnstündiges Collegium (täglich von 
5 —7 Uhr Abends). 

Zum Assistenten wurde Herr Dr. M. Karolyi bestellt. 

— s— 


1 * 


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102 



gehalten im k. k. zahnärztlichen Universitäts-Ambulatorium am 
22. April 1890 von Dr. Julius Scheff jun., Docent an der k. k. 

Universität in Wien, 

Tempora mutantur. 

Es gereicht mir zur besonderen Ehre und ist für mich 
ein erhebendes Bewusstsein, das zahnärztliche Institut eröffnen 
zu dürfen, welches wir nach laugen, vielfach fruchtlosen Be¬ 
mühungen durch die Einsicht und die zielbewusste Energie 
unserer hohen Unterrichtsbehörde endlich errungen haben. Mit 
dem heutigen Tage tritt dieses Institut in seine Existenz, und 
mir ist die überaus ehrende Aufgabe geworden, dasselbe in die 
Praxis einzuführen, ihm durch mein Wirken sozusagen Form 
und Gestalt zu geben. Ich bin mir wohl der Schwierigkeiten 
vollauf bewusst, die mit dem von mir übernommenen Amte 
verbunden sind, und verhehle mir auch nicht, dass zur Lösung 
dieser Aufgabe ein hohes Mass von Fähigkeiten uothwendig 
ist. Wenn ich trotzdem, etwas befangen zwar, doch mit Muth 
und Vertrauen an die Arbeit gehe und an dem Werke, das 
mir übertragen worden, rüstig zu schaffen beginne, so thiie ich 
es in der Ueberzeiigung, dass guter Wille und ernstes Streben, 
unterstützt von jahrelanger, gefesteter Erfahrung, es wohl ver¬ 
mögen werden, mich im Vereine mit Ihnen, meine Herren, das 
zu erstrebende Ziel erreichen zu lassen. 

Die Zahnheilkunde hat während der kurzen Zeit ihrer 
Selbstständigkeit eine Entwicklung genommen, die heute noch 
nicht vollendet ist und ihrer raschen und stetigen Fortschritte 
wegen vielleicht niemals vollendet sein wird. Mit vollem 
Rechte dürfen wir heute schon sagen, dass es in ihr ebenso¬ 
wenig wie in irgend einer anderen Specialität einen Stillstand 
gibt, dass jeder Forscher auf dem Gebiete der Zahuheilkunde, 
selbst beeinflusst, durch sein Schaffen auch beeinflussend weiter 
wirkt, und dass unsere, bereits stattlich angewachsene Literatur 
einen nicht unbedeutenden und ehrenvollen Platz unter den 
Leistungen der gesainmten medicinischen Wissenschaft ein¬ 
nimmt. 


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103 


Die Geschichte der Zahnheilkunde reicht bis in das Alter¬ 
thum zurück, wenugleich Diejenigen, welche sich auch mit den 
Zähnen beschäftigten und schon damals den Beinamen „Zahnarzt*' 
erhielten, ihre Kunst nicht in solchem Umfange ausübten, als 
dies später geschah und selbstredend heute geschieht. Wir 
finden schon bei den Hebräern und Egyptern die ersten Spuren 
einer rationellen Zahnheilkunde. Bei den letzteren gab es unter 
den Pastophoren, einer Kaste, deren Mitglieder im All- 
gemeiuen der Heilkunde oblagen. Einige, die sich speciell mit 
deu Krankheiten der Zähne befassten, denn es heisst: Jam vero 
medicina apud eos hunc in modum est distributa, ut singulorura 
morborum sint medici, non plurium, itaque omnia referta sunt 
medicis. Alii enim sunt oculorum, alii capitis, alii dentium, 
alii alvi partium, alii morborum occultorum. „Herodoti Hali- 
carnassei historia. 1570. fol. Euterpe, pag. 53**. 

Von da bis zu Hippocrates finden wir nur wenige, ganz 
ungenaue Anhaltspunkte, die auf eine weitere Entwicklung der 
Zahnheilkunde hinweisen würden. Hippocrates, der eigentliche 
Schöpfer der Heilkunde, kann mit Recht auch als der Begründer 
der Zahnheilkunde angesehen werden; denn aus den Schriften 
dieses grossen, sein Zeitalter und auch die späteren weit über¬ 
ragenden Geistes geht zur Genüge hervor, dass er die Zähne 
mit der ihm eigenen Gabe scharfer Erkenntniss sowohl im ge¬ 
sunden als im kranken Zustande genau beobachtete. Aber nicht 
nur diese, sondern auch die umgebenden Hart- und Weich¬ 
gebilde in ihren krankhaften Erscheinungen waren ein Gegen¬ 
stand seiner Untersuchung, und folgender Ausspruch beweist, dass 
er der Erste war, welcher die Necrose der Kiefer erkannte: „Dem 
Sohne des Metrodorus starb in Folge des Zahnschmerzes der 
Kiefer ab, und das Zahnfleisch wucherte stark. Die Eiterung war 
massig; es entfielen ihm die Mahlzähne und selbst der Kiefer.“ 

Wenn auch Hippocrates der erste ist, welcher das Zahn¬ 
ausziehen erwähnt, so scheint diese Operation doch schon höheren 
Alters zu sein, denn im Caelius Aurelianus wird von Aesculap 
dem Dritten ein Instrument d^ovxayoyöv^ ddovrdypav beschrieben, 
welches zum mindesten beweist, dass ihm diese Operation nicht 
unbekannt war; das Odontagogon ist ein bleiernes Instrument, 


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104 


welches im Tempel des Apollo zu Delphi aufbewahrt war und 
womit nach dem Ausspruche des Erasistratus blos lockere 
Zähne ausgezogen werden sollten, weil sonst das Material wohl 
ein festeres gewesen wäre. 

Das Befestigen lockerer Zähne mittelst Fäden oder Qold- 
draht, ein Vorgang, der auch heute noch vielfach geübt wird, 
war dem Altmeister Hippoerates genau bekannt. Unter den 
Gesetzen der zwölf Tafeln befindet sich eine darauf bezügliche 
Stelle, die folgenden Wortlaut hat: „Neve aurum adito, cui 
auro dentes joncti essent, ast imo cum illo sepelietur, et ne se 
fraudi esto.“ „Ihr könnt den Verstorbenen mit dem Golde ver¬ 
brennen, das seine Zähne befestigte, ohne das Gesetz zu verletzen.“ 
Griechische und römische Dichter erwähnen in ihren Spott¬ 
gedichten schon der künstlichen Zähne. So lesen wir in 
Martial: Dentibus adque comis, nec te pudet, uteris emptis: 
Quid faeies oculo, Laelia? — non emitur. Ohne Scham prangst 
Du mit erkauften Zähnen und Haaren: Aber wie steht’s mit 
dem Aug’ Laelia, kauft man das auch? 

Nach Hippoerates verstrichen drei Jahrhunderte, während 
welcher die Zahnheilkunde gar keine Fortschritte machte. Erst 
Celsus (32 Jahre vor Christi) war es, dessen Scharfblicke und 
reicher Erfahrung nicht nur die Gesammtmedicin, sondern auch 
die Zahnheilkunde manch’ werthvolle Errungenschaft verdankt. 
Er machte uns mit einer Menge Arzneien bekannt, die gegen 
Zahnschmerz, gegen loses, lockeres Zahnfleisch, gegen Schlaffheit 
des letzteren angewendet wurden. 

Galen (131 nach Christi) war Derjenige, der genau zu 
unterscheiden vermochte zwischen den Schmerzen in Folge bloss- 
liegender Pulpa und den durch Periostentzünduog hervor¬ 
gerufenen. Auch war er der erste, der eine genauere Be¬ 
schreibung der Zähne und Kinnladen gab. Ebenso war zu 
seiner Zeit schon das Ausfüllen hohler Zähne mit Gold, das 
Plombiren mit Blei und anderen Substanzen, sowie das Feilen 
der Zähne eine genau bekannte Sache, und bezüglich letzterer 
Operation scheinen sich Galen und Aetius von Amida (550) 
die Priorität streitig machen zu wollen. Bei Ebn Sina (Avi-. 
cenna, 978—1036) begegnen wir schon einer sehr weitläufig 


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105 


ausgeführten Anatomie und Physiologie der Zähne. Zur Er¬ 
haltung und Reinigung der Zähne gibt er uns viele gute 
Rathschläge, ebenso gibt er Anweisung für das Vorgehen bei 
Entfeinung eines schmerzenden Zahnes. 

Nach ihm kommen nur wenige und nicht besonders her¬ 
vorragende Aerzte, die die Leistungen ihrer Vorfahren ver- 
wertheten, aber zu dem schon Bestehenden und Bekannten 
nichts Nennenswerthes hinzufügten. 

Damit schliesst wohl die erste Periode, das ist, die des 
Alterthums, und nun folgt die des Mittelalters, aus welcher uns 
schon genauere und für die spätere Periode Grund legende 
Ueberlieferungen zu Gebote stehen. Der in diesem Zeiträume 
vorkommenden Namen sind sehr viele, und ich möchte aus der 
grossen Zahl nur jene herausgreifen, deren Trägern die Zahn¬ 
heilkunde auch heute noch Manches für den Gebrauch Nützliche 
zu danken hat. Der erste, dem wir begegnen, und der den 
Anstoss für die heute zur besonderen technischen Kunst ent¬ 
wickelten Fulluugsmethode gegeben hat, war Joh. Arculanus 
(t 1484); er füllte die Höhle mit Goldblättchen und war 
auch der einzige seiner Zeit, der das Fullen mit Goldblättchen 
besprach. 

Vesal (1534) räth beim schweren Durchbruch der Weis¬ 
heitszähne das Einschneiden des Zahnfleisches an, eine Operation, 
die heute noch allgemein geübt wird. 

lieber die damals herrschende Terminologie gibt er uns 
iuteressante Daten. Die vier mittleren vorderen Zähne (Schneide¬ 
zähne) heissen: incisorii, ro/ishy risorii, quaterii; den zwei 
mittleren davon gab mau insbesondere wieder den Namen 
duales. Die Hundszähne (canini) hiessen: xtjv6dovT£(:, mordentes, 
hei einigen ebenfalls risorii. Die Mahlzähne nannte man /auXtrac, 
molares, maxillares, paxillares, mensales, genuini Ci- 
ceronis, welch’ letzteren Namen manche Autoren blos den 
Weisheitszähnen gaben, die auch awippovcar^pe^j xpavr^pe^, 
dentes sensus ac sapientiae ac intellectus, serotini, 
aetatem complentes, cayseles hiessen. 

Auf Vesal folgte Ambr, ParA (1582), welcher für die 
Eutwiekluug der Zahnheilkunde viele grundlegende, sowohl in 


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theoretischer als auch in praktischer Beziehung werthvolle 
Rathschläge hinterliess. 

Er ist auch der erste, von dem wir eine Krankengeschichte 
über eine mit Erfolg vorgenommene Transplantation eines Zahnes 
lesen können. Die verschiedenen Zahnleideu weiss er in den 
meisten Fällen richtig zu deuten, und demgemäss begegnen wir 
den verschiedensten Medicamenten, die er bei einzelnen Zahn¬ 
leiden mit Erfolg angewendet haben will. Das Ausziehen der 
Zähne wird von ihm nur für den Fall äusserster, zwingendster 
Nothwendigkeit empfohlen. Wir finden bei ihm Zeichnungen 
verschiedener für das Ausziehen der Zähne bestimmter Instru¬ 
mente, welche mit den heute gebräuchlichen einige Aehnlichkeit 
haben, und er warnt dabei, wohl nur scherzweise, man möge 
sieh hüten, drei statt eines Zahnes damit auszuziehen. Auch 
stammt von ihm eine Zeichnung her, nach welcher künstliche 
Zähne, aus Knochen oder Elfenbein gearbeitet, zusammeu- 
gebunden im Munde durch Gold- oder Silberdraht befestigt 
wurden. Nach dem Ausziehen eines Zahnes lässt er eine Zeit 
nachbluten, um dadurch, wie er sich ausdruckt, den nach¬ 
folgenden Irritationsschmerzen und der Geschwulst vorzubengen; 
hierauf drückt er das Zahnfleisch etwas zusammen, um das er¬ 
weiterte und manchmal etwas gebrochene Zahnfach zu ordnen, 
und warnt vor kalter Luft, Die Würmer spielen auch bei ihm 
als Ursache des Beinfrasses eine grosse Rolle, und den Zahn¬ 
stein, den er als ,^angesetzten Rost^^ (rubigo deutium) bezeichnet, 
lässt er durch Oxycrat oder mit aqua Chymistarum wegspölen. 
Auch den Zahnstocher empfiehlt er, aus Mastixholz verfertigt, 
als Reinigungsmittel zur Entfernung zurückgebliebener Speise¬ 
reste. Beim schweren Zahnen hält er Einschnitte in das Zahn¬ 
fleisch für zweckmässig und will diese Operation zuerst au 
seinen eigenen Kindern gemacht haben. Die Priorität hierin 
gebührt jedoch nicht ihm, sondern dem um beinahe 50 Jahre 
früher lebenden Vesal. 

Ich verweilte bei Par6 etwas länger, weil beim Durch- 
lesen seiner Schriften seine überaus erspriessliche Wirksamkeit 
für die damaligen Zeitverhältnisse in die Augen fällt, und weil 
seine Auffassung bei der zu jener Zeit geringeren Kenntniss der 


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anatomisclien und physiologischen Verhältuisse umsomehr An¬ 
erkennung verdient. Ohne Zweifel war Pare auf allen Gebieten 
und in allen Zweigen der Heilkunde, namentlich in der Chirurgie, 
von eminenter Bedeutung, und indem ich die wichtigsten Mo¬ 
mente aus dem Wirken und Schaffen dieses grossen, vor drei 
Jahrhunderten lebenden Arztes streifte, habe ich ihm nur die 
gebührende Gerechtigkeit widerfahren lassen. 

Im Scultetus (f 1645) finden wir die Abbildung der 
um diese Zeit gebräuchlichen Zahn- und der sonstigen in der 
Mundhöhle anzuwendenden Instrumente. Sie haben nur histo¬ 
rischen Werth, zeigen aber, dass, wenn auch noch nicht das 
richtige Verständniss für die Bedürfnisse vorlag, unleugbar ein 
Fortschritt- in der Beurtheilung des Nothwendigen gemacht war, 
der uns allerdings noch weit von der Wahrheit entfernt liess. 
Von da an war der Entwicklung und Verbesserung des Instru¬ 
mentariums ein weites, ergiebiges Feld eröffnet, und jeder der 
nachfolgenden Autoren war bestrebt, irgend eine, wenn auch 
nur geringe Verbesserung dieses oder jenes Instrumentes vor¬ 
zunehmen, während an wissenschaftlicher Ausbeute nichts 
Nennenswerthes zu verzeichnen ist. Nichtsdestoweniger kann 
nicht geleugnet werden, dass durch die vielfachen, mit mehr 
oder weniger Glück ausgeführten Versuche ein Weg angebahnt 
wurde, der den Nachfolgern zeigen musste, wie wichtig in 
erster Linie für die Zahnheilkunde deren wissenschaftliche Ent¬ 
wicklung sei, damit dieselbe aus dem Banne der Abhängigkeit 
zu einer freien selbstständig aufstrebenden Wissenschaft sieh 
emporavbeiteu könne. Deshalb kann und muss ich die nun 
folgende Zeit bis Fauchard nur erwähnend berühren; ich bin 
gezwungen, einen grossen historischen Sprung zu machen, wobei 
Manches, vielleicht auch Wichtiges nicht einmal gestreift werden 
kann, und Details selbstverständlich ganz und gar entfallen müssen. 
Eine eingehende und breitere Darstellung will ich jenen Männern 
und deren Leistungen widmen, welche als Glanzpunkte am Firma¬ 
ment der zahnärztlichen Wissenschaft nicht nur Bedeutendes her¬ 
vorgebracht haben, sondern auch epochemachende, für immer be¬ 
deutungsvolle Thatsachen, als Ergebniss ihrer Forschungen bekannt 
machten. Jeue Zeit, in der solch’ Grosses geleistet wurde, ist aller- 


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dings die neueste und kaum vergangene Zeit, in welcher 
nach langen wissenschaftlichen Kämpfen und nach oftmaligen 
Schwankungen, mit Zugrundelegung mancher aus früheren 
Epochen stammenden Errungenschaft, jetzt ein geradezu staunens- 
werther Grad von Vollkommenheit erreicht wurde; nun erst 
wurde die Zahnheilkunde selbst zu einer den übrigen Dis- 
ciplinen der Medicin ebenbürtigen gemacht. 

Der erste unter diesen Männern, welche als Pionniere 
unserer Wissenschaft wirkten, war Fauchard, der beste und 
bedeutendste Vertreter unserer Wissenschaft zu jener Zeit. 
Fauchard lebte zu Paris. Dessen Arbeiten können als uner¬ 
schöpfliche Quelle für spätere Schriftsteller betrachtet werden, 
weshalb er auch als der erste wissenschaftliche Begründer der 
Zahnheilkunde angesehen werden kann. Er ist Derjenige, welcher 
constatirte, dass man die Würmer, die man bisher als Ursache 
der Zahnschmerzen angesehen hatte, vergebens suche, und der 
somit gegen die Annahme, dieselben seien Krankheitserreger, 
aiiftrat. Das Ausziehen der Milchzähne verurtheilt er, wenn 
nicht triftige Gründe, wie das Lockersein derselben oder 
deren Schmerzhaftigkeit, dazu zwingen. In solchen Fällen 
räth er die Entfernung ohne Verzug, weil sonst, wie er meint, 
die Kinnlade wegen ihrer zarten Beschaffenheit leicht beschädigt 
oder der Keim des zweiten Zahnes verderben oder gar zerstört 
werden könnte. Ebenso eiferte er gegen Jene, die das Zahn¬ 
ausziehen bei Schwangeren verboten haben und bekämpft die 
irrige Annahme, dass das Ausziehen der Eckzähne gefährlich 
sei. Letztere Thatsache an und für sich beweist allein schon, 
dass Fauchard ein denkender und genau prüfender Zahnarzt 
war, der nicht blos auf Grund von Ueberlieferungen urtheilte, 
sondern mit scharfem kritischen Auge selber das Richtige 
zu finden verstand und für die Beseitigung langjähriger 
Irrthümer eintrat. Wenn ihm dies auch nur in gewissem Sinne 
und in beschränktem Masse gelang, so darf nicht übersehen 
werden, dass zu seiner Zeit die Physiologie, pathologische Ana¬ 
tomie und selbstverständlich die Histologie noch im embiyonalen 
Zustande lagen und seine Erfahrungen rein klinischer Art 
gewesen sind. 


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Auf Fauchard folgen als bedeutende Zahnarzte Lecluse, 
dem wir den heute noch im Gebrauch stehenden Hebel zur 
Entfernung der unteren Weisheitszähne zu danken haben, nach 
ihm Bourdet, Mouton und Jourdain. Der Letztere wirkte 
1759 und war einer der gefeiertesten Namen zur damaligen 
Zeit. Er veröffentlichte seine Ansichten und Beobachtungen über 
die wichtigsten zahnärztlichen Operationen und leistete sowohl 
in instrumenteller als auch in praktischer Beziehung Bedeutendes. 

Hunte r’s um diese Zeit erschienene Monographie enthält 
viel Bemerkenswerthes. Er setzte die noch heute gebräuchliche 
Nomenclatur fest; so nennt er den Eckzahn cuspidatus, den 
ersten Backenzahn bicnspis. Ihm verdanken wir ausführliche 
Versuche über die Pflanzung der Zähne. Er beschreibt, um die 
lebende Vereinigung eines solchen Zahnes mit der Zahnhöhle 
und dem Zahnfleische zu beweisen, einen glücklich durchge- 
tuhrten Fall. Er nahm nämlich einen gesunden Zahn von einer 
lebenden Person, machte mit der Lanzette eine ziemlich tiefe 
Wunde in den dicksten Theil eines Hahnenkammes, drückte 
die Wurzel des Zahnes in dieselbe ein, befestigte den Zahn 
mittelst Fäden und vereinigte das Ganze mit der blutigen Naht. 
Nach einigen Monaten wurde der Hahn getödtet. Jetzt spritzte er 
die Gefasse des Kopfes mit einer subtilen Masse aus, worauf 
er den Kamm in eine verdünnte mineralische Säure für einige 
Zeit legte. Da nun der Zahn hiedurch erweicht war, so zer- 
theilte er den Kamm und den Zahn durch einen Schnitt, welcher 
längs des Zahnes ging, und es zeigte sich, dass die Gefässe des 
Zahnes wirklich von der Masse durchdrungen waren. 

In den nun in rascher Aufeinanderfolge vorkommenden 
Namen hat die Zahnheilkunde würdige Vertreter gefunden, und 
die letztere hat in verhältnissmässig kurzer Zeit überraschende 
Fortschritte gemacht; das Bestreben nach Vervollkommnung ist 
deutlich wahrzunehmen; wir können deshalb diese kurze Periode 
als eine Glanzperiode für die Entwicklung und das Gedeihen 
der Zahnheilkunde betrachten. Ich will, um nicht weitläufig zu 
werden, blos die Namen jener Männer anführen, die durch ihre 
Leistungen mehr oder weniger mithalfen, den Grund zu der 
heutigen wissenschaftlichen Zahnheilkunde zu legen. 


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Ich beschränke mich nur auf die wichtigsten und noch 
heute anerkannten Arbeiten und erwähne Foth ergill, La- 
forgue, Serre, Fox, Darcet, Regnard, Deilabarre, 
Duval. An jeden dieser Namen knüpft sich eine Errungen¬ 
schaft, eine epochemachende Entdeckung oder eine für die 
Praxis bedeutungsvolle Verbesserung. Es konnte demnach diese 
letztere Periode in jeder Weise aneifernd und anregend auf 
die nachfolgende Generation wirken, wobei der letzteren auch 
ein getreues Bild von den Bestrebungen der Altvordern auf¬ 
bewahrt blieb. 

Auch die Geschichte der Zahnheilkunde in Deutschland 
und Oesterreich reicht ziemlich weit zurück, nur waren die Lei¬ 
stungen in der alten Zeit geringe und übten keinerlei Einfluss 
auf die spätere Entwicklung und Gestaltung dieser Diseiplin. 

Noch war der französische Einfluss massgebend, und erst 
nach und nach kamen von England, hauptsächlich aber von 
Amerika aus neue gehaltvolle Arbeiten, welche sich gegen die 
herrschenden Irrthümer auflehnten und fortschrittliche Wege 
anbahnten; auf Grund relativ genauer Forschungen steuerten sie 
positiveren Zielen zu. Während man sich früher von aussen 
beeinflussen liess, sollten jetzt durch eigene wissenschaftliche 
Untersuchungen und im Anschlüsse an diese, Aufklärung über 
erkannte Irrthümer und Beseitigung falscher Annahmen jenen 
Anschauungen zu Recht verhelfen, welche, auf Grund ge¬ 
fundener, unbezweifelbarer Facta gebildet, allein der modernen 
Richtung entsprechen. 

Im Jahre 1545 schrieb Ryff eine grosse Chirurgie in 
deutscher Sprache, in welcher der Zahnbeilkunde einige Auf¬ 
merksamkeit geschenkt wurde und auch Zahninstrumente ab¬ 
gebildet erscheinen. Auch Heister 1711 streifte in seinem 
Werke die Zahnheilkunde mit einigen Bemerkungen. Das 
erste über Zahnheilkunde ausführlich handelnde Werk in 
deutscher Sprache wurde von Pf aff, dem Zahnarzte Friedrichs 
des Grossen, verfasst. In demselben sind schon mehr selbst¬ 
ständige, den alten üeberlieferungen entgegenstehende Ansichten 
niedergelegt, Pf aff hat für die damalige Zeit die Aufgabe, 
die er sicht gesteckt, vollauf gelöst und, soweit er vermochte. 


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jede Anlehnung an fremde Autoren vermieden. Schäfter, 
ebenfalls ein deutscher Zahnarzt, war von nicht geringerer Be¬ 
deutung und hat seine reiche Erfahrung in interessanten Schriften 
niedergelegt. Er schrieb im Jahre 1757 eine gründliche Abhand¬ 
lung darüber, dass die Zahnwürmer, welche nach den Räucherungen 
mit Judenkirschen und Wachs aus den Zähnen niederfallen sollen, 
nichts Anderes als die durch die Gluth flüchtig gewordenen, 
Keime von den Samenkörnern der Judenkirschen seien. Gleich¬ 
zeitig wurden die ¥/erke Fauchard’s, Hunter’s und Jour- 
dain*s durch Uebersetzung den Deutschen zugänglich gemacht. 
Dadurch wurden die Meinungsverschiedenheiten der öffentlichen 
Discussion ziigeführt, welche ein geeigneter Ausgangspunkt und 
ein Ansporn zugleich für künftige Forscher war. Die Schüchtern¬ 
heit, selbstständig aufzutreten, schwand, die Abhängigkeit vom 
fremdem Einfluss wurde geringer, das Selbstvertrauen wuchs 
und selbstständige Ansichten, die früher ängstlich zuruckgehalten 
worden waren, traten zu Tage. War damit schon ein Schritt 
vorwärts gemacht, so durfte man dennoch nicht erwarten, dass 
die Zahnheilkunde aus jenem Banne gelöst werde, in welchem 
sie seit vielen Decennien festgehalten war. Sie war eben noch 
keine wissenschaftliche Disciplin, sie blieb ein in der Entwick¬ 
lung zurückgehaltener Zweig der Chirurgie, denn diese w'ollte 
zur Entwicklung der Zahnheilkunde nichts beitragen. So ver¬ 
hielt es sich bis zu Maria Iheresia’s Zeit, in welcher auf Ver¬ 
anlassung van Swieten’s der Befehl erlassen wurde, dass 
sich zwei Chirurgen speciell mit Zahnheilkunde befassen sollen. 
Diese Beiden, denen die schwierige Aufgabe zufiel, ihre eigenen 
Anschauungen und Erfahrungen sowie Berichte über die auf 
technischem Gebiete gemachten Fortschritte zu veröffentlichen, 
waren Pasch und Brunner. Ersterer war ein unwissender, 
nur durch die Gunst der Verhältnisse emporgekommener Mann; 
dies beweisen seine Schriften, die auch in damaliger Zeit 
schon als ein Zeuguiss seiner Unfähigkeit gelten konnten. Der 
zweite, allerdings etwas erfahrener, scheint zu wenig Selbst¬ 
vertrauen gehabt zu haben, um unabhängig von seinem Col- 
legen seine eigenen Wege einzuschlagen. Grössere Verdienste 
als diese zwei Männer hat sich unstreitig der nach ihnen lebende, 


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— 112 — 

in Wien prakticirende Zahnarzt Serie, ein Niederländer von 
Geburt, erworben. Sein im Jahre 1804 erschienenes Werk, „Die 
Darstellung aller Operationen der Zahnheilkunde“ zeugt von 
mehr Selbstständigkeit und lässt den Verfasser als wissenschaft¬ 
lich gebildeten Arzt erscheinen. Die von ihm construirte co- 
nische Schraube zur Extraction tief unter dem Zahnfleisch 
sitzender W^'arzeln wird noch heutzutage von manchen Prakti¬ 
kern verwendet. 

Trotzdem Serie unstreitig seinen Platz in der zahnärzt¬ 
lichen Literatur mit Ehren einnimmt, konnte er es doch nicht 
dahin bringen, dass die Errungenschaften, welche die Zahn- 
heilkunde ihm verdankte, allgemeineres Interesse erweckt 
hätten. 

Die Zahnheilkunde nahm noch immer nicht jene Stellung 
ein, die bereits andere, nicht so leistungsfähige Specialitäten 
sich erkämpft hatten. 

Mühsam nur konnte sie sich als Fachwissenschaft erhalten, 
denn die vielköpfige Hydra der Charlatanerie rüttelte immer 
wieder an den Grundfesten ihrer Existenz, und die vielen mit 
ihr verwandten Specialwissenschaften trugen nicht dazu bei, ihr 
eine festere, geeinigterc Basis zu geben, sie rissen im Gegen- 
theile Stücke von ihr los, um sich auf ihre Kosten zu bereichern. 
So musste es kommen, dass die Zahnheilkunde immer mehr 
verfiel und, obgleich sich hie und da Männer ihrer annahmen, 
das Emporkoramen ihr immer schwieriger wurde. In dieser für 
die Existenz der Zahnheilkunde so gefährlichen Zeit musste 
etwas geschehen, um sie vor dem gänzlichen Ruin zu bewahren 
und ihr auch neue Lebenselemente zuzufübren; sie musste 
den Händen gewissenloser Ausbeuter und unfähiger Streber ent¬ 
rissen werden, damit sie nicht zum Paria der Heilwissenschaft 
herabsinke. In diesem ununterbrochenen Kampfe der wenigen 
würdigen Vertreter der zahnärztlichen Disciplin gegen die Üeber- 
griflfe unbefähigter, nur um ihre Existenz ringender Individuen 
fällt das Leben und Wirken dreier Männer, denen wir eine 
neue glänzende Aera, ein Emporblühen der Zahnheilkunde und 
eine Festigung ihrer wissenschaftlichen Basis zu danken haben. 
Mit ihnen ersteht ein wissenschaftliches Schaffen, und wir ver- 



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danken nicht blos ihnen bedeutende Erfolge, sondern auch 
Jenen, welche, der Führung solch’ glänzender Vorbilber sieb 
willig überlassend, gar Vieles durch ihre Arbeiten zur Klärung 
gewisser Fragen beigetragen haben. Diese drei Männer, die 
einen so bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Zahn¬ 
heilkunde gewonnen, waren Carabelli, Beider und Wedl. 
Jeder von ihnen hat in anderer Weise gewirkt, aber doch so, 
dass ihre Unterstützung und Forderung von nicht wegzuleug* 
nender Bedeutung blieb. 

Grosse Opfer mussten von ihnen gebracht werden, um 
jene hohe Idee, die sie dabei leitete, zur Verwirklichung bringen 
zu können. Das Leben und Wirken dieser Männer liegt wie ein 
offenes Buch vor uns, und wir wissen, dass sie mit dem rein¬ 
sten und edelsten Forschertriebe und mit selbstloser Hingabe 
sich der Wissenschaft geweiht. Sie w’irkten wissenschaftlich 
und social, wenn auch in letzterer Beziehung unbewusst, und 
der Eifer, mit welchem sie sich während ihrer ganzen Lebens¬ 
dauer der einen Aufgabe gewidmet, die Zahnheilkunde zu einer 
Wissenschaft zu erheben und ihr die Anerkennung als eine 
solche zu erzwingen, verdient unseren vollsten Dank. Weit 
mehr jedoch als die Anerkennung, die wir diesen drei Männern 
zollen, indem wir sie als Zierden unserer Specialität bezeichnen, 
als Vorbilder aller zeitgenössischen und künftigen Collegen, 
bedeutet die Würdigung ihrer Verdienste seitens anderer Nationali¬ 
täten, welche in diesen Forschern die Bahnbrecher einer neuen 
Kichtuug, die Vorkämpfer wissenschaftlicher Principien sehen, 
welch’ letztere die Fachgenossen zu ununterbrochener, rastloser 
Thätigkeit aneifern und zu immer neuen und interessanten 
Beobachtungen fuhren. Welche Summe von Erfahrungen haben 
wir den Beobachtungen und Versuchen dieser drei Männer, 
welche Fortschritte haben wir dem rastlosen Forschereifer der¬ 
selben zu danken? Sie waren es, welche Klarheit in die von 
früher übernommenen Anschauungen brachten und Hypothesen 
durch positive Thatsachen ersetzten; indem der Eine auf dem 
Gebiete der Praxis wirkte, suchte der Andere durch die Theorie 
dieselbe zu unterstützen; es wurden schliesslich Praxis und 
Theorie in ein harmonisches Verhältniss zu einander gebracht, 


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und das, was wir heute zu leisten im Stande sind, ist eine na¬ 
türliche Folge jener Bestrebungen, jener segens- und fruchtreiehen 
Arbeit. 

Eigenthümlich unangenehm muss es daher jeden besser 
Denkenden und objectiv ürtheilenden berühren und ihn mit 
Bitterkeit erfüllen, dass von mancher Seite die Verdienste 
jener Männer nicht etwa blos geschmälert, sondern einfach 
todtgeschwiegen werden. Ohne mich auf eine nähere Kritik 
gewisser Autoren einzulassen, die aus talentlosem Ehrgeiz 
die Verdienste Anderer herabsetzen möchten, lediglich in 
der Absicht, sich auf deren Kosten in den Vordergrund zu 
drängen, kann ich nicht umhin zu betonen, dass die hervor¬ 
ragenden Leistungen jener Männer eine unbestreitbare That- 
sache bleibt, und ich glaube meine heutige Aufgabe nicht besser 
lösen zu können, als dass ich an dieser Stelle jener Männer 
gebührend gedenke. Haben sie ja mitgeholfen an dem Werke, 
das wir heute zu Nutz und Frommen der Wissbegierigen und 
Hilfesuchenden nach langer mühsamer Arbeit in’s Leben setzen. 
Nicht ohne ein Gefühl stolzer Befriedigung dürfen wir heute 
sagen, dass wir im Geiste unserer Vorbilder gearbeitet, und das, 
was wir in bescheidenem Masse geleistet haben, ist nur ihrem 
geistigen Vermächtnisse zu danken, das wir in uns aufgenommen 
haben. Und nun gestatten Sie mir, in Kürze von den ausser¬ 
ordentlichen Leistungen und von der Thätigkeit dieser Männer 
ein flüchtiges Bild zu entwerfen. 

Im Jahre 1821 trat Carabelli als Lehrer der Zahn¬ 
heilkunde auf. Seine Lehrmethode wurde noch durch die franzö¬ 
sische Schule beeinflusst, deren Literatur er genau kannte, und 
deren unbedingter Anhänger er auch war. Besonderen Werth 
legte er auf rationelle Behandlung der Zahnkrankheiten, und 
indem er auf exacte und genaue Ausführung sah, wusste er 
den Zuhörern den weitläufigen StoflF durch Illustrationen und 
durch Vorweisung von häufig oder seltener vorkommenden Ano¬ 
malien interessant zu gestalten. Seine Vorlesungen waren sehr 
besucht und das Interesse für Zahnheilkunde verbreitete sieh 
immer mehr unter den Aerzten, die früher dieselbe als ihrer 
nicht würdig von oben herab angesehen hatten. 


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Im Jahre 1831 erschien vonCarabelli eine „Geschicht¬ 
liche Uebersieht der Zahnheilkunde“, welches Buch einzig in 
seiner Art war und noch ist, da es eine immerwährende Quelle 
geschichtlicher Forschung bleibt Ein weiteres, wissenschaftlich 
bedeutendes und gründliches Werk ist seine „Anatomie des 
Mundes“ mit einem schön ausgestatteten Atlas, die den Meister 
in der Auffassung und Darstellung verräth. 

Carabelli scheint unzweifelhaft die Idee gehabt zu haben, 
die ganze Zahnheilkunde in selbstständigen Monographien zu 
behandeln, wodurch eine systematische Darstellung der Zahn¬ 
heilkunde zu Stande gekommen wäre. Leider wurde er zu früh 
vom Tode ereilt und unsere Fachliteratur mag heute noch über 
den frühen Heimgang dieses Mannes trauern. Sein Name wird 
jedoch für immer mit ehernen Lettern in den Annalen der 
Zahnheilkunde verzeichnet bleiben. 

Ihm folgte in jugendlicher Vollkraft, für alles Schöne 
und Fortschrittliche begeistert, Moriz Beider. Carabelli 
war ein Bewunderer und treuer Anhänger der Franzosen, 
Heider ein Verehrer der englischen und amerikanischen 
Richtung. Beide ergänzten sich gegenseitig und bildeten 
dadurch die Basis für die folgende. Reform und Entwicklung 
der Zahnheilkunde in Oesterreich und Deutschland. Heider 
war mit der gesaramteu Literatur innig vertraut und nützte 
alles Neue, das er sich mit grossem Eifer und unverdrossener 
Arbeitslust aneignete, für die Praxis aus. Er war nicht nur in 
Wien, sondern in ganz Deutschland der erste, der das Füllen 
mit Gold, eine der wichtigsten Errungenschaften der modernen 
Zahntechnik, zur allgemeinen Anwendung in der Praxis brachte. 
Ihm danken wir auch die Einführung der Zahnzangen und das 
Aufgebeu jener Instrumente, die zur damaligen Zeit ausschliess¬ 
lich benützt waren, heute aber nur mehr historischen Werth für 
eine Instrumentensammlung besitzen. Es waren dies der üeber- 
wurf und der Pelikan, aus welchen sich der sogenannte Schlüssel 
entwickelte. 

Als Lehrer genoss Heider einen grossen Ruf, denn er 
zeichnete sich durch, einen klaren, gründlichen Vortrag aus. 
Seine Demonstrationen waren in hohem Grade instructiv und 

2 


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stützten sich hauptsächlich auf die in seiner Sammlung befind¬ 
lichen anatomischen Präparate. Ausser einer Menge von Artikeln, 
die in verschiedenen Zeitschriften erschienen, besitzen wir von 
ihm an grösseren Arbeiten eine „Anleitung zur Pflege der Zähne 
im gesunden und kranken Zustande^^ und den bekannten Atlas 
zur Pathologie der Zähne, den er in Gemeinschaft mit seinem 
Freunde Wedl herausgab. 

Das grösste Verdienst jedoch hat sich Hei der um die 
Entwicklung und Ausbildung der wissenschaftlichen Zahnheil¬ 
kunde nnd um die Hebung des zahnärztlichen Standes er¬ 
worben. Er war es, der die von Norddeutschland im Jahre 1860 
angeregte Idee, einen Centralverein für deutsche Zahnärzte zu 
gründen, mit Freuden aufgriff und zur Verwirklichung brachte. 
Er erkannte in der Vereinigung der hervorragendsten Vertreter 
der Zahnheilkunde das einzige Mittel, diese zu heben und ihr 
dadurch im Rahmen der Medicin jene Stellung zu verschaffen, 
die sie den übrigen zu rascher Blüthe entwickelten, kleineren 
Specialitäten, wie Laryngologie und Otiatrik, als ebenbürtig er¬ 
scheinen lassen konnte. Dabei konnte er auch seine schon 
früher gehegte Lieblingsidee, eine zahnärztliche Zeitschrift zu 
gründen, in der alles Neue und Wissenswerthe veröffentlicht 
werden sollte, verwirklichen, und er hoffte damit eine deutsche 
zahnärztliche Literatur zu schaffen. Der Centralverein deutscher 
Zahnärzte beschloss, diese Zeitschrift unter dem Namen „Zahn¬ 
ärztliche Mittheilungen“ herauszugeben, die bald, weil sie einen 
laschen, nicht geahnten Aufschwung nahm, zu einer Viertel¬ 
jahrsschrift umgewandelt wurde. Man erkannte in Beider den 
geeigneten Mann, ein solches Unternehmen zu leiten und zu 
fördern und betraute ihn einstimmig mit der Führung der Re¬ 
daction ; er schreckte vor keinem Opfer an Geld und Zeit zurück, 
wenn es galt, das Heft fertigzustellen. Bis an sein Lebensende 
blieb er voll zarter Fürsorge für die Vierieljahrsschrift, Alles 
für deren weiteren Bestand vorausbestimmend. Er verstand es, 
die besten Kräfte für das Fachblatt zu gewinnen und hat das¬ 
selbe zu einer Bedeutung gebracht, die auch jenseits des Couti- 
nents neidlos zugestanden wurde. Seine rastlose ununterbrochene 
Thätigkeit rieb seine ohnehin stark geschwächte Gesundheit auf. 


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und tieibetraoert von Allen, die ihn kannten, starb er am 
29. Juli 1866. 

Die Beiden jedoch weit überragend, steht Wedl am 
wissenschaftlichen Horizont, eine Zierde unserer Facultät, trotz 
des hohen Alters noch frisch am Geiste. Wer den stillen, be¬ 
scheidenen und zurückhaltenden, aber doch sogleich die Herzen 
für sich gewinnenden alten Herrn kennt, wird kaum glauben, 
welchen Einfluss er auf die Entwicklung der Histologie und 
Physiologie der Zähne genommen hat. Sein Buch „Pathologie 
der Zähne“ bleibt ein epochemachendes Werk für alle Zeiten. 
Kritik an dem Wirken W e d Ts zu üben, kann hier nicht meine 
Sache sein, ebenso lasse ich mich in eine nähere Besprechung 
der „Pathologie der Zähne“ nicht ein. Sein Name und dessen 
Ruhm bleiben für immer der Geschichte der Zahnheilkunde ein¬ 
verleibt. Künftige Geschlechter werden seine Werke als kost¬ 
bares Erbgut treu bewahren, dieselben werden als Vorbild und 
Leitstern ihrer literarischen Arbeit dienen müssen. 

Auch wir, verehrte Anwesende, wollen diesen Vorbildern 
folgen, ihre Erfolge, auf welche wir soeben zurückgeblickt, zur 
Grundlage und zum Ausgangspunkt unserer Bestrebungen machen 
und in unserem Wirken jenes Ziel verfolgen, welches allein 
einer freien und vorwärtsstrebenden Wissenschaft würdig ist. 
Was wir aus den Händen unserer Vorfahren übernommen, wollen 
wir heilig halten und nicht erschlaffen, wenn auch der Erfolg 
nicht immer für uns ist. Daun wird unsere Schule die Aufgabe 
erfüllen, für die sie geschaffen wurde, und dem edlen Zwecke, 
welchem sie gewidmet, in vollem Umfange dienen. Und ich 
spreche die zuversichtliche Hoffnung aus, dass die in dieser 
Schule herangebildeten Jünger als eifrige Apostel in die ganze 
Welt gehen werden, um der Zahnheilkunde zu der ihr ge¬ 
bührenden Stellung zu verhelfen, die ihr so lange vorenthalten 
geblieben. 

Und so schliesse ich denn, Ihnen^ meine verehrten An¬ 
wesenden, für die mir geschenkte Aufmerksamkeit bestens 
dankend, mit dem Spruche: „Quod rarum, carum“. 


2 * 


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]H( Eröini ier zalisäMtt KM ler Imsit 


Ein Erlass des königl. ungarisclieu Unteriichts-Miüisteriums 
vom 29. Jänner 1890 beauftragte den Senat der königl. Uni¬ 
versität in Budapest einen zahnärztlichen Lehrcurs noch im 
laufenden Semester zu aetiviren und betraute mit der Leitung 
des zu errichtenden Instituts, respective mit den Vorträgen 
über klinische Zahnheilkunde den Universitäts-Docenten Herrn 
Dr. Josef Arkövy. 

Der Erlass betont ferner, dass die Einrichtung des Insti¬ 
tutes eine derartige sein möge, dass einerseits jene Studirende 
der Medicin, welche sieh der allgemeinen Praxis zuwenden 
wollen, daselbst die für den praktischen Arzt nothwendige Kennt- 
niss der Zahnheilkunde erlangen und andererseits auch jene 
Doctoren, welche sich der speciellen zahnärztlichen Praxis 
widmen wollen, die vollständige Ausbildung in allen Zweigen 
der Zahnheilkunde erreichen können. 

Diesem doppelten Zwecke entsprechend, ist nachfolgender 
Lehrplan entworfen worden. 

1. Specielle und vergleichende Anatomie des Mundes und 
d^er Zähne. 

2. Specielle pathologische Anatomie der Erkrankungen des 
Mundes und der Zähne. 

3. Zahnärztliche specielle Pathologie und Therapie ver- 
buden mit odonto-chirurgischeu Operationen.. 

4. Conservative Operationslehre mit praktischen Uebungeu. 

5. Technisch-klinische Vorträge, verbunden mit techno¬ 
logischen Arbeitsübungen und zahnärztliche Metallurgie. 

Dank der Energie des Institutsleiters und dem Entgegen¬ 
kommen der üniversitätsbehörden wurden die Adaptirungen und 
Einrichtungen der weiter unten beschriebenen Localitäten bis zum 
14. Februar d. J. durchgeföhrt und dadurch ermöglicht, dass 
schon in diesem Semester mit den Vorträgen, respective Uebungeu 
in den wichtigsten Gegenständen, nämlich: specieller Pathologie 
und Therapie, conservativen Operationslehre, sowie den klinisch- 


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Die zahäMlicle Elinili 1er töiiiMeiiniiiTersität in Sulapesi. 



I Stiege und Stiegeiihaiis. IT Wavterännie. III Lehrsaal für con- 
servative Praxis. IV Lelirsaal für operative Praxis. V NareoseiiziiDiiier. 
VI Handlaboratoriiini. VIT, VIII Noch nicht adaptirte Lehrsäle. 


1 = Operationsstilhlc. 2 = In.stniinententisclichen. 3 = Tiscli mit 
Schraubstöcken für PIombirÜbungen. 4 ~ Pulte. 5 — Kästen für Sammlungen, 
Instrumente, Bücher etc. 6 == Tafeln. 7 == gezeichnete Tafeln. 8 = Spül- 
vorrichtimgeu. 9 = Bänke. 10 = Euhebett. 11 = Gyps- und Arbeitstische. 
12 = Bohrmaschinen. 13 = Schleifmaschine. 



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119 


technischen Vorträgen durch den Üniversitäts-Docenten, Herrn Dr. 
Josef Arkövy begonnen werden konnte. Znm Assistenten wurde 
Herr Dr. J, Hattyasy ernannt. 

Für die Studirenden der Medicin, die sich für die allge¬ 
meine Praxis vorbereiten, genügt es, die Vorträge der speciellen 
Pathologie und Therapie durch einen oder zwei Semester z . 
hören, wobei sie sich auch genügende Fertigkeit im Extrahiren 
der Zähne aneignen können. Diejenigen Hörer, die später als 
Zahnärzte fnngiren und sich ein Certificat erwerben wollen, 
müssen sämmtliche Gegenstände ein, respective zwei Semester 
lang hören. 

Um ein solches Diplom zu erwerben, muss man den Aus¬ 
weis (Index leetionum) über sämmtliche oben genannten Disci- 
plinen sowie auch das Doctordiplom besitzen. Erst dann werden 
die Bewerber zur Prüfung zugelassen. Nach bestandener Prü¬ 
fung w'ird dem BetreflFenden 'ein Diplom als zahnärztlicher 
Operateur verabfolgt; die definitiven Bestimmungen hierüber 
sowie über die Pröfungstaxen und den speeificirten Lehrplan 
für das künftige Semester, bilden eben jetzt Gegenstand der Ver¬ 
handlung bei den competenten Behörden. 

Zugelassen wird jeder ordentliche Hörer der medicinischen 
Facultät und kann auch entweder einzelne oder sämmtliche Vor¬ 
lesungen nach den gütigen Bestimmungen belegen. Doctoren, 
die ein hierzulande rechtsgiltiges Diplom besitzen, werden als 
ausserordentliche Hörer aufgenommen und können nach ab- 
solvirtem Cursus die Prüfung ablegen. Doctoren mit aus¬ 
ländischen Diplomen werden nur über vorhergehende Ein¬ 
willigung des Decans der medicinischen Facultät zugelassen. 

Die Localitäten der zahnärztlichen Klinik liegen in der 
Mitte der ärztlichen Universitätsgebäude-Colonie, im zweiten 
Stock des Uuiversitäts-Wirthschaftsamtes (siehe die beigegebene 
Planskizze). Die Treppe führt direct auf den glasgedeckten 
Corridor (II) wo mehrere Bänke aufgestellt sind ' lind der als 
Warteraum dient. 

Von diesem Corridor führt die Mittdlthür in den grossen 
Operationssäal (III), wo die cohservättvon Opefatibnün und Ope- 
rationsühungen torgenömmen werden.' i l i 


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|5 



— 120 ~ 

Von diesem Saal rechts befindet sieh der Lehrsaal (IV) 
für zahnärztliche speeielle Pathologie und Therapie, in welchem 
Extractionen, sowie auch andere zahnärztliche Operationen vor¬ 
genommen werden. 

Vom Operationssaal links liegt das Narcoseuzimmer (V) 
mit einem Nebenraume (VI) als Haudlaboratorium. 

Die Einrichtung der zahnärztlichen Klinik, bestehend in 
Sesseln, Kopfstützen, Maschinen, Instrumenten, sowie die Mate¬ 
rialien, wurde von der Firma Weiss & Schwarz io Wien ge¬ 
liefert; die Hospital-Chairs, Kästen, Spülapparate etc. nach 
speciellen Angaben des Herrn Dr. Arkövy hier in Budapest 
angefertigt. 

Der Operationssaal ist mit zehn Operationsstühlen mit 
erhöhbarem Sitz und vorzüglicher Kopflehne versehen, deren 
sechs entsprechend den sechs Fenstern aufgestellt sind, um die 
Operationen auch bei Tageslicht vornehmen zu können. Diese 
sechs Fenster können durch lichtdichte Vorhänge abgesperrt 
werden. Bei sämmtlichen Operationsstühlen befinden sich doppel- 
armige, in jeder Richtung bewegliche starke Gaslampen, welche 
noch mit guten conischen Eeflectoren ausgerüstet sind. Diese 
vorzügliche Beleuchtung lässt nichts zu wünschen übrig. 

Neben jedem Operationsstuhle befindet sich ein 90 Centi- 
meter hohes, mit Schubläden und Eintheilung versehenes ste¬ 
hendes Kästchen aus Holz, an welchem noch zu Händen des 
Operateurs ein leicht auf- und abklappbares Instrumenten- 
tischchen angebracht ist. Jedem Operateur steht ein für conserva- 
tive Operationen vollständig eingerichtetes Instriimenteu- 
kästchen zur Verfügung. Ausserdem gehören zur Ausrüstung 
eines jeden Stuhles noch folgende Gegenstände: Ein vernickelter 
Speinapf, Wasserbehälter, Speichelsack, Ruhberdam nebst einem 
Satz Klammern, eine Borzelius-Gasflamme, Dreifuss mit Nickel- 
gefäss zur Erwärmung des Wassers, dessen Deckel auch zur 
Erwärmung der Guttaperchaplomben benützt wird, Tücher etc. 

Im Operationssaal befinden sich ausserdem für den allge¬ 
meinen Gebrauch fünf Bohrmaschinen nebst Winkelstücken und 
entsprechenden . Bohrern und coippleter sonstiger Einrichtung, 
mehrere Handbohrer, Rubberdam- und Lochzangen, Zahnreini- 



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121 


gnngs-Tnstrumente etc. Ein grösserer Schrank zur Aufnahme 
von Chemikalien, Plomben und anderen Utensilien für allge¬ 
meinen Bedarf. In der Mitte des Saales steht ein mit zwölf 
Schubladen versehener langer Trockenoperationstisch, entsprechend 
mit zwölf Schraubstöcken versehen, an welchen die conserva- 
tiven Operationsübungen vorgenommen werden. 

Ein Schreibtisch mit dem Protokolle für die conservativen 
Operationen, ein grosser Kasten mit reichhaltiger odontologischer 
Sammlung und an den Wänden mehrere Tafeln mit anatomischen 
Zeichnungen zum Anschauungsunterricht für die Studenten, ver¬ 
vollständigen die innere Einrichtung des Operationssaales. 

Im Lehrsaale der speciellen Pathologie und Therapie 
ist ein Operationsstuhl mit vollständigem Instrumentarium vor¬ 
handen, weiters eine sehr instructive zahnärztlich-pathologische 
Sammlung, sowie einige 50 grosse gezeichnete Tafeln und Ta¬ 
bellen zur Unterstützung der Vorträge, an welchen die Zuhörer 
auf einem erhöhten Podium, in mehreren Reihen Lehnbänken 
sitzend, theilnehraen können. Eine grosse Siemens-Gaslampe, 
von der Mitte des Saales herabhängend, beleuchtet den zu operi- 
renden Patienten mit vorzüglichem Lichte. Jede in diesem 
Saale ausgeführte odonto-chirurgische Operation wird auch hier 
im Protokolle .eingeschrieben. 

ln dem Narcosezimmer befindet sich ein Wilkerson-Oel- 
pampstuhl, auf welchem die Operationen mit Narcosen vorge¬ 
nommen werden. Für eventuelle Fälle steht auch ein Ruhebett 
bereit. Mehrere Schränke für Reserveuntensilien, chirurgische 
Instrumente (für Mundchirurgie) beschliessen die Ausstattung 
dieses Zimmers. 

Im daneben befindlichen Handlaboratorium steht ein Gyps- 
tisch,eine Schleifmaschine, ein Vulcanisirofen und Arbeitstische mit 
den allernöthigsten Werkzeugen für die zahntechnischen Arbeiten. 

Im Corridor sind die Vorrichtungen znm weiteren Aus¬ 
spülen des Mundes nach Extractionen in Form eines dreithei- 
ligen verschliessbaren Spülkastens angebracht. 

Die im Grundriss mit VII, VIII und IX bezeichneten 
Localitäten sind derzeit noch nicht eingerichtet. S—y- 


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122 


lioe ZaWractin. BUapai Mtn Aates las 


Von Professor Dr. L. Holländer, Halle a. S. 

Herr v. M., 35 Jahre alt, consultirt mich wegen ausser¬ 
ordentlich heftiger Schmerzen im rechten Unterkiefer, die 
ihm schon seit etwa zehn Tagen den Schlaf raubten und 
jede Nahrungsaufnahme unmöglich machten. Man hatte versucht, 
ihm wegen Schmerzen einen Zahn zu ziehen. Die erste Ope¬ 
ration hatte vor etwa zehn Tagen stattgefunden und war ihm 
damals der zweite untere rechte Molaris mit Zurücklassung der 
mesialen Wurzel entfernt worden. Der zweite Versuch, diese 
herauszonehmen, glückte ebenfalls nicht. 

Bei der Untersuchung fand sich eine geringe Anschwel¬ 
lung äusserlich am rechten Unterkieferwinkel. Die Schleimhaut 
der linken Backe zeigte an mehreren Stellen tiefe V^^erletzungen 
und der Mundwinkel dieser Seite einen leichten Einriss. 

In der Mitte des rechten Zungenrandes war ein etwa 
erbsengrosses Geschwür, ebenfalls von einer Verletzung her¬ 
rührend. Am rechten Unterkiefer fehlten, soweit man dies bei 
oberflächlicher Besichtigung erkennen konnte, vom ersten Bi- 
cuspis (exclusive) an, sämmtliche Zähne. Augenscheinlich w-aren 
der zweite Bicuspis und der erste Molaris schon früher ver¬ 
loren gegangen. Das Zahnfleisch in der Gegend des dritten und 
zweiten Molaris bildete eine vielfach zerrissene, geschwürige 
Masse, die schon bei der leichtesten Berührung ausserordentlich 
schmerzhaft war und einen abscheulichen Geruch von sich gab. 
An dem vor zehn Tagen gezogenen zweiten Molaris fehlte die 
mesiale Wurzel, und Patient gab an, dass bei der zw^eiten Ope¬ 
ration versucht worden Avar, auch den dritten Molaris herausr 
zunehmen, wobei derselbe abgebrochen wurde. Es mussten 
also ausser der mesialen Wurzel des zweiten Molaris noch 
die Wurzeln des dritten im Kiefer vorhanden sein. Die 
letzte Operation war unter Anwendung von Chloroform vorge¬ 
nommen w’^orden. Patient hatte etwa eine Stunde in der 
Narcose gelegen und es war ihm mitgetheilt worden, dass 


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es sehr schwer hielt, seinen Mund zu öffnen. Die Verletzungen 
an der linken Mundschleimhaut, an den Lippen und an dev 
Zunge rührten von dem sehr rohen Verfahren her, welches zur 
Eröffnung des Mundes angewendet wurde. 

Da ohne Nareose eine genaue Untersuchung des Mundes 
wegen der schon bei der leisesten Berührung seht heftigen 
Schmerzen unmöglich ’vvar, erhielt Patient etwa 10*0 Aether 
bromatus. Die Betäubung trat trotz der grossen Aufregung, in 
der sich Patient befand, in etwa 20 Secunden ein und nun 
schien es mir bei der genauen Untersuchung und Sondirung, als 
ob irgend ein Theil — ob es die Wurzeln des dritten Mo¬ 
laris oder ein Kieferstück war, blieb unentschieden — be¬ 
weglich sei. 

Zuerst wurde die mesiale Wurzel der zweiteu Molaris mit 
dem Thompsonechen Hebel, der in die distale Alveole einge¬ 
setzt war, entfernt und darauf wurde derselbe Hebel der 
anderen Seite noch einmal in die leere Alveole eingesetzt. Ohne 
alle Anstrengung folgten jetzt die beiden dicht neben einander 
stehenden Wurzeln des dritten Molaris, an welchem ein grosser 
Theil der lingual^u Alveole hing. Dicht unter den Wurzeln, 
die. ziemlich fest .mit dem .Knochen »verbunddn^ waren,'^.verlief 
eine Furche — ein Theil des Ganalis inframaxiilaris. Ausser¬ 
dem zeigte sich Bei Besichtigung "der zusammenhängenden 
Wurzeln, dass die Kronen gerade kurz vor der Theilung der¬ 
selben abgebrochen und die gesunde Pulpa dadurch entblösst 
worden war. 

Da nach Entfernung dieses Zahnes die Schmerzen nicht 
nachliessen, ja in gleicher Heftigkeit weiter andauerten, säo 
wurde die Diagnose gestellt, dass zu Folge des Bruches 
des lingualen Alveolarrandes ein Theil vom dritten 
Aste des Trigeminüs blbssgelegt war. , Die überaus 
heftigen Schmerzen, die bei Merleich testen Berührung von festen 
oder flüssigen NahruogSmitteln auch nach der letzten von «mir 
ausgeführten Operation vorhanden waren, fandeii dadurch: eine 
sehr leichte Erklärung. ’ . • 

Patient wurde fast i drei Wochen durch eine Glasröhre 
ernährt, die er sich linkerseits eiusetzte. OertUch erhielt er eine 


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124 


zehnpercentige Coeainlösung zur Bepinselung der schmerzhaften 
Stelle, und ausserdem wurde die Wunde drei- bis viermal 
täglich mit einer ffinfpercentigen Carhollösnng ausgespritzt, wo¬ 
durch zwar stets wieder Schmerzen entstanden, die jedoch schon 
nach einigen Secunden nachliessen. ln den ersten zehn Tagen, 
ehe die Wurzelreste entfernt wurden, konnte Patient trotz der 
stärksten Dosen von Morphium, Sulfonal, Chloralbydrat etc. 
keinen Schlaf finden. Nach Entfernung der Wurzeln und des 
abgebrochenen Alveolartheiles jedoch stellte sich bald Schlaf 
ein, und Patient befindet sich jetzt, etwa sechs Wochen nach 
dem ersten Extraetionsversuche, verhältnissmässig wohl; die 
Wunde ist in Vernarbung begriffen, er kann auf der linken 
Seite feste Nahrung geniessen und die rechtsseitigen Schmerzen 
treten nur noch sehr selten auf. 

Meiner Ansicht nach ist dies der erste veröffentlichte 
Fall eines derartigen unglücklichen Zufalles nach einer roh aus¬ 
geführten Zahnoperation. 


Heller die ineMmii des Sacciiariiis ia laadnssera aaii 
aaderea Midpräparatea. 

Von Dr. Heinrich PaschMs, Docent an der k. k. Universität in Wien. 

Obgleich die Zahl der angewandten oder empfohlenen 
Mundwässer, Zahnpulver und dgl. Legion ist, so ist deren Zu¬ 
sammensetzung trotz der vielen möglichen Varianten doch immer 
beiläufig dieselbe. Die Mundwässer bestehen in der Regel aus 
irgend einem desinficirenden oder adstringirenden Mittel, einem 
Parfüm, einem Färbemittel und aus einem Geschmackseorrigens, 
Zahnpulver und Pasten aus einem Putzraittel und denselben 
Corrigentien. Diesesmal will ich mich nur mit den Geschmacks- 
corrigentien beschäftigen. Dieselben sind im doppelten Sinne 
Geschmackssache. Sehr vielen Leuten ist ein stark aromatisches 
Mittel, welches zugleich als Gernchscorrigens dient, das ange¬ 
nehmste Geschmackseorrigens; Andere ziehen den süssen Ge¬ 
schmack, welcher durch Zugabe von Zucker oder süssen Frucht- 


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saften, Sirupen erzielt wird, vor. Frauen und Kinder gehören 
in der Regel zu den Zuckerfreuuden. In der Tbat werden für 
diese von den Aerzleu gewöhnlich Mund-Gurgelwässer mit den 
genannten Zusätzen verschrieben, und wahrscheinlich ist der 
süsse Geschmack des mit so grosser Reclarae empfohlenen Kalo- 
dont ein Grund für die zweifellos grosse Beliebtheit dieser Paste. 

lieber die Schädlichkeit des Zuckers für die Zähne sind 
die Meinungen der Zahnärzte getheilt. Während einige den Ge¬ 
brauch desselben als Nahrungsmittel für vollkommen unbe¬ 
denklich halten, dagegen aber vor seiner Verwendung als Zahn- 
mittel warnen, sind andere der gegentheiligen Ansicht. Physio¬ 
logisch scheint mir allerdings ein Widerspruch darin zu liegen, 
dass ein Mittel, welches zur Nahrung oder zum Genüsse per os 
aufgenommen wird, dann schädlich sein soll, wenn es als Zu¬ 
satz zu einem Zahnwasser oder Pulver in den Mund gebracht 
wird. Denkt man an eine Wirkung auf die harten Zahnsubstanzen 
auf dem Wege des Stoffwechsels, so ist die Verwendung des 
Zuckers als Nahrungs- oder Genussmittel sicherlich bedenk¬ 
licher; denkt man an eine locale Wirkung, etwa durch Säure- 
bildung mittelst der Vergährung, so hat, weil es ja doch nur 
auf die Dauer des Verweilens in der Mundhöhle aukommeu 
könnte, keine Anwendung vor der anderen etwas voraus. Die 
Applieationsdauer ist in beiden Fällen eine kurze. Nach den 
Untersuchungen von Miller, Hueppe muss das Vorkommen 
von Milchsäure im Munde angenommen werden und es ist möglich, 
dass an der Bildung derselben der in die Mundhöhle eingeführte 
Rohrzucker nach seiner Invertirung Theil nimmt. Die auf diese 
Art, ja selbst die durch die Gährung von Speisen gebildeten 
Mengen von Säuren können nur ausserordentlich geringe sein, 
und es erscheint die Annahme, als könnte bei gesunden 
Zähnen, die durch das sehr widerataudsfähige Email geschützt 
werden, eine Lösung des Kalkes erfolgen, nicht haltbar, zumal 
ein Theil der gebildeten Säure sicher durch den alkalischen 
Speichel sofort neutralisirt und die grössere Menge durch Ver¬ 
schlucken w^eggeschafft wird. 

Natürlich gilt dieses Raisonnement nicht für die Zähne jener 
Individuen, welche durch ihren Beruf gezwungen sind, sich un- 


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ausgesetzt in einer mit Zucker- oder Mehlstaub beladenen Atmo¬ 
sphäre aufzuhalten, wie Bäcker (Hesse) oder Zuckerbäcker, und 
bei welchen die gedachten Zersetzungen unaufhörlich vor sieh 
gehen und somit jene bekannten Veränderungen an den Zähnen 
hervorbringen. 

Auch kranken Zähnen, bei welchen das Email selbst nur 
mikroskopische Verletzungen, Sprünge oder Substanz Verluste 
aufweist, können vielleicht die gebildeten Säuren verderblich 
werden und es ist also jedenfalls der Wunsch gerechtfertigt, 
jene Gährungen hiutanzuhalten, indem einerseits nicht unnöthiger- 
weise Zacker- oder Kohlehydrate in den Mund eingefuhrt oder 
Mittel angewendet werden, welche jene Gährungen verhindern. 

In Bezug auf Mundwässer, Zahnpulver, Pasten etc. wäre 
nun beiden Wünschen nicht allzuschwer zu entsprechen, wenn 
mau sowohl den Zucker aus denselben verbannen und anderer¬ 
seits fäulnisswidrige Substanzen zur Zusammensetzung derselben 
verwenden würde. Dass das Letztere nicht gut möglich ist, 
unter Umständen sogar gefährlich sein kann, habe ich an anderen 
Orten schon besprochen, und dasselbe ist bei einfacher üeber- 
legung auch sofort ersichtlich. Bezüglich der Elimination des 
Zuckers stösst man aber bei vielen Individuen, welche von dem 
Mundpräparate nicht nur Reinigung, sondern auch Erfrischung 
und angenehmen Geschmack verlangen, auf Widerstand. 

In dieser Hinsicht nun scheint mir das Benzoesäuresulfinid 
oder Saccharin den gedachten Zwecken gut zu entsprechen. Indem 
ich dasselbe empfehle, mache ich zunächst darauf aufmerksam, 
dass es für den Gesaramtorganismus vollkommen unschädlich 
ist, da, von unserem Standpunkte betrachtet, selbst colossale 
Dosen öhneweiters vertragen und unverändert wieder ausgeschieden 
wwden. 

Die fäulnisswidrige Wirkung des Saccharins wurde von 
Adducco und Mo SSO, von Salkowski und von mir durch 
Versuche festgestellt. Ich habe Fleischpepton- und Hefepeptou- 
lösungen mit 0 5 Percent Saccharin hingestellt und fand die¬ 
selben noch nach vielen Wochen nicht gefault. Aüeh Lösungen, 
welche mit grösseren Mengen von Saccharinnatrou ver¬ 
setzt wareri, faulten nicht. Die sauren Flüssigkeiten blieben anch 


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127 


schimmelfrei, während in den alkalischeü sich Schimmelpilze 
allerdings viel später als in Contrqlflussigkeiten entwickelten. 

Für die Anwendung im Munde ist das Verhalten des 
Saccharins zum Speichel und zur Milchsäuregährung am wich- 
tigsten. Bezüglich der letzteren habe ich festgestellt, dass durch 
Saccharin die Milchsäuregährung wohl verlangsamt, aber selbst 
durch grosse Mengen nicht vollkommen hintangehalten wird. 

Der Speichel wird in seiner amylolytischen Wirkung durch 
gewöhnliches Saccharin sowie durch Saccharinnatron gehindert. 
Ein Gehalt von 016 bis 0-23 Percent Saccharin schwächt seine 
Wirkung schon bedeutend. Auch das Faulen des Speichels wird 
durch beide Präparate hintangehalten. Es verhinderte, wie ich 
durch neuerliche Versuche festgestellt habe, ein Gehalt von 
0*25 Percent Saccharin oder einen Percent Saccharinnatron die 
Fäulniss von filtrirtem Mundspeichel, während eine Controlprobe 
nach sechs Tagen gefault war. Die mit Saccharin versetzte 
Flüssigkeit blieb bei saurer Reaction vollkommen klar, während 
sich in der mit löslichem Saccharin (Saccharinnatron) versetzten 
nach zehn Tagen Basen von Schimmelpilzen entwickelten. 

Aus dem Gesagten geht also hervor, dass zum Zwecke der 
Hintanhaltung von Gähruug im Munde das gewöhnliche Saccharin 
mindestens in einpercentigeo, das Saccharinnatron in füufpercen- 
tigen Mischungen angewendet rverden müsste, wobei auf die Ver¬ 
dünnung durch den Mundspeichel schon Rücksicht genommen 
ist. Der intensiv süsse Geschmack des Präparates verlangt eine 
weitere Correction durch ein stark aromatisches Mittel. 

Soll es sich nur um den Ersatz von Zucker in Mund¬ 
wässern und dgl. handeln, so sind Zusätze von 0-5 bis OT Per¬ 
cent des löslichen Saccharins mehr als ausreichend. 

’Für die Zähne selbst ist das Saccharin, soweit ich beur- 
theilen kann, unschädlich. Sie werden selbst bei längerem Liegen 
in concentrirter wässeriger Saccharinlösung nicht verändert. Ob 
es dem lebenden Zahne bei länger dauernder Application nicht 
schädlich ist, werden die Zahnärzte durch Versuche zu erproben 
haben. Wahrscheinlich ist eine Schädigung nicht. 

Zu dem erstgedachten Zwecke, nämlich als antifermenta¬ 
tive Präparate, würde ich empfehlen: 


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128 


Rp. 

Saccharin! 

2-0 


Spir. vin. dil. 

200-0 


01. menth. pip. gtts. X. 


DS. < 

'/a bis 1 Kaffeelöffel voll rein 

zum Mundausspülen 

zu 

verwenden. 



Das von Cordin empfohlene Mundwasser (1 Saccharin, 
0'5 Natr. bicarb.; 100 Alkohol) verdient den Namen antiseptiseh 
nicht, wenn es nach der Vorschrift zu einem Kaffeelöffel auf 
ein halbes Glas Wasser genommen werden soll. 

Statt einer einfachen Saccharinlösung kann verwendet 
werden: 


Tinct. Myrrh. 

5-0 

Spir. lavandnl. 

95-0 

Saccharin! 

1-0 


DS. Wie oben. 
Oder: 


Bp Aqu. Ooloniens 

Aqu. Rosarum aa 50'0 

Saeeharini 10 

DS. Wie oben (ist eine milchig getrübte Flüssigkeit). 

Rp. Aqu. Cochlear. 

Aqu. destill. aa 500 

Saccharin! solub. 10*0 

DS. Mit der gleichen Menge Wasser verdünnt, esslöffel¬ 
weise zum Mundausspülen. 

Die alkoholischen Lösungen können auch als Zahntincturen 
zum Bepinseln des Zahnfleisches u. s. w. gebraucht werden, 
wenn man nicht vorzieht, irgend eine der gebräuchlichen Tinc- 
turen mit Saccharin zu versetzen, z. B.: 

Rp. Tinct. Myrrh. 

„ Benzöe 

„ Chinas ää 15'0 

Saccharin! 005 

01. Caryophyll. 1-0 

DS. Zahntinctur. 


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129 


Als Zahnpnlver wäre za verordnen; 


Rp. Calear. carbon. praeeip. 

28-00 

Rhiz. Calami saht. pnlv. 

2-00 

Saccbarini solub. 

1-50 

Ol. menth. pip. gutts. X. 


Misce exactissime. 


DS. Zahnpulver. 


Ich mache darauf aufmerksam, dass alle diese Mischungen 

einen ausserordentlich intensiv süssen Geschmack besitzen, so 

dass man gleich von vorneherein nachträgliche Ausspülungen des 

Mundes mit Wasser anordnen muss. 


Soll es sich nur um einfache Versüssung handeln, so ver- 

schreibt man weit kleinere Mengen, z. B. 


Rp. Natrii biborac. 

10-0 

Aqu. destill. 

450-0 

Aqu. menth. 

50-0 

Saccharin! soInU 

0-3 

DS. Mundwasser. 


Oder: 


Rp. Tinct. Calami 


„ Mastiches 

aa 5*0 

Spir frumeuti 

ÖO-O 

Ol. Caryophyll 

0-2 

Saccbarini 

0-02 

DS. 10 bis 20 Tropfen in ein Glas 

Wasser zum Mund- 

aussptilen. 


Oder: 


Rp, Pnlv. Oss. Sepiae 

20-00 

Pnlv. Magnes. carb. 

1000 

Saccbarini solub. 

0-02 

Carmini 

0-20 

M. exactissime 



DS. Zahnpnlver- 

Analog diesen Beispielen können zahlreiche andere Com- 
positionen verschrieben werden. 


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130 


1 


I 

5: ■ 

■i-' 



Die Beliai(llDO|[ Itr WRicaoäle aiitlelst Capillar-Iajecton 

Von Dr. Wilhelm Vapia, Docent an der königlichen 
Universität in Klausenburg. 

Eine der schwierigsten und zugleich wichtigsten Opera¬ 
tionen der conservativen Zahnheilkunde ist die Reinigung und Des- 
inficirung der Wurzelcanäle, besonders die Entfernung der ab¬ 
gestorbenen und in Fäulniss übergegangenen Pulpatheile (pulpa- 
detritus) zum Zwecke der Füllung der betreffenden Zähne. 

Die Reinigung der Wurzelcanäle ist nothweudig bei jeder 
vorgeschrittenen und mangels ärztlicher Behandlung vernach¬ 
lässigten Caries penetrans, wo sieh an der exponirten Pulpa acute 
Entzündungen in grösserem Umfange entwickelt haben, welche, 
da sie sehr häufig in Fäulniss (Gangraena pulpae) übergehen, 
den Zerfall der Pulpa und in Verbindung damit verschiedene 
Wurzelhautentzündungen hervorrufen, ein Zustand, der, wenn 
nicht rechtzeitig behoben, unbedingt das Zugrundegehen der 
Zähne zur Folge hat. 

Im Allgemeinen werden selbst heutzutage, trotz der hoch 
entwickelten Zahnheilkunde, noch relativ viele brauchbare Zähne 
für unbrauchbar, respective für unheilbar declarirt, und man 
lässt eine Menge von Zähnen zum grossen Schaden ihrer Be¬ 
sitzer deshalb zu Grunde gehen, weil die bisher üblichen 
Methoden der Pulpabehandluug nicht immer sichere Erfolge 
erzielen lassen. So mancher Zahnarzt will die so langwierige 
und mühsame Operation der gründlichen Reinigung der Zahn¬ 
wurzelcanäle von den abgestorbenen Pulpatheilen, als auch von 
aussen durch die Mundhöhle hineingelangteu inficirenden Stoffen 
und endlich die Behandlung der im Zusammenhänge mit jenen 
entstandenen Zahnwurzelhautentzündungen und Zahnfisteln nicht 
gern auf sich nehmen, zumal diesen schwierigen Operationen 
auch von Seite der Patienten sehr selten die volle Anerkennung 
gezollt wird. Gleichwohl darf man ohne frühere Vornahme dieser 
Reinigungen und Operationen bei dem heutigen Stande der Zahn¬ 
pathologie, nicht einmal an eine h'üllung von solchen Zahn¬ 
wurzeln, beziehungsweise Zähnen denken. 


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131 


Zur Erreichuüg dieses wichtigen Zieles, pulpalose Zähne 
mit Erfolg zu füllen, sind schon seit langer Zeit viele Methoden, 
viele Instrumente und noch mehr einfache und combinirte Medi- 
camente bald mit geringerem, bald mit grösserem, im Allge¬ 
meinen jedoch kaum genügendem Erfolge empfohlen und ange- 
wendet worden. Dass nun durch diese sonst sehr wirksamen 
Mittel der erwünschte Erfolg der Reinigung und Desinficirung 
der Wurzelcanäle nicht vollständig erreicht wurde, dafür glaube 
ich den Grund nicht so sehr in der Unwirksamkeit der anti¬ 
septischen und desinfieirenden Mittel, als vielmehr darin suchen 
zu sollen, dass dieselben bei der Anwendung nicht zweckent¬ 
sprechend gebraucht werden, und ich will es versuchen, in Fol¬ 
gendem den Beweis dafür zu erbringen. 

Die Reinigung der Wurzelcanäle geschieht nach den bis¬ 
herigen besten, resp. gebräuchlichsten Methoden auf folgende 
Weise: Zuerst werden die in den verschiedenen Stadien der 
Zerstörung befindlichen Pulpatheile und andere von aussen hinzu¬ 
gekommene Stoffe mit Hilfe verschiedener dünner, biegsamer, 
zu diesem Zwecke construirter Nerv-Instrumente aus dem Zahu- 
wurzelcanal mechanisch entfernt. Die zurückgebliebenen Theile, 
welche ihres überaus geringen Volumens, ihrer Lage oder Con- 
sistenz wegen, durch das erwähnte Verfahren nicht entfernt 
werden können, versucht man durch Einspritzung irgend eines 
iü Wasser gelösten desinfieirenden Mittels auszuwaschen. Dieses 
gelingt indessen, besonders bei den tiefergelegenen Theilen der 
Wurzelcanäle, namentlich bei den Wurzeln der Backen- und 
Mahlzähne sehr selten. Da der Durchmesser der Canüle an der 
Zahnspritze in der Regel grösser, als der des Wurzelcanales 
und in Folge davon auch der Wasserstrahl dicker als die Oeffnung 
des Wurzelcanales ist, so kann selbstverständlich das Wasser 
in den letzteren nicht eindringen. Hierauf wird ein desinfici- 
rendes Mittel in fester oder in einer Pastaform, oder was zweck¬ 
entsprechender ist, in Form einer Lösung mit Hilfe eines kleinen 
Wattahäuschchens eingeführt (Tampon), d. h. der in desinficirende 
Flüssigkeit getauchte Tupfen wird in cKe Pulpahöhle, bei leicht 
zugänglichen Wurzelcanälen auch in die äusseren Partien der¬ 
selben in der Absicht eingeführt, dass er den ganzen Wurzel- 

3 


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132 


canal entlang und manchmal auch über das Foramen apicalis 
hinaus in den an der Wurzelspitze befindlichen Eiterbeutel 
seine desinficirende Wirkung erstrecke. Dieses in die desinfi- 
cirende Flüssigkeit getauchte Wattabäuschchen wird mit Hilfe 
eines anderen Wattapfropfens, welches vorher in eine schnell 
verdunstende ätherische oder alkoholische Lösung irgend eines 
harzigen Stoffes, z. B. Sandarak^ Mastix oder Collodium getaucht 
wurde, von der Mundhöhle derart abgeschlossen, dass letzterer 
in die vorher nach Möglichkeit gereinigte cariöse Zahnhöhle 
gelegt wird. Nach einem, zwei oder mehreren Tagen wird dieses 
desinficirende Wattabäuschchen entfernt und so oft durch ein 
frisches ersetzt, bis der erwünschte Erfolg so weit als möglich 
erzielt worden ist und der früher übelriechende Wurzelcanal 
geruchlos, und rein wird; dieses Verfahren führt jedoch oft nur 
nach wochenlang fortgesetzter, die Geduld beider Theile stark 
auf die Probe setzender, mühsamer Behandlung zum Ziele. 

Wenn wir das bisher beste Verfahren einer genauen Prü¬ 
fung unterziehen, wird es leicht verständlich sein, warum selbst 
das wirksamste und concentrirteste Mittel kaum im Stande ist, 
nach wochenlanger mühsamer Arbeit den erwünschten Erfolg 
herbeizuführen. Der Wurzelcanal der Zähne bildet in der Regel 
eine sich krümmende, an dem engeren Ende der Wurzelspilze 
durch das Peridentium luftdicht verschlossene, rundlich ovale 
oder flach zusammengepresste Röhre, deren Ende zu erreichen 
besonders bei ungünstig gelegenen Höhlen, bei den Backen-und 
Mahlzähnen nur mittelst sehr feiner und biegsamer Instrumente 
möglich ist. 

Wenn die cariöse Zahnhöhle günstig gelegen und richtig 
präparirt ist, so kann das in die desinficirende Flüssigkeit ge¬ 
tauchte Wattabäuschchen leicht genug in das untere Drittel, ja 
sogar bis in die Mitte des Wurzelcanales eingeführt werden 
dabei kann es jedoch Vorkommen, dass die desinficirende Flüssig¬ 
keit nicht auch in die engeren Theile des Wurzelcanales bis 
in seine äusserste Spitze eintritt, sondern im Gegentheile in 
die Pulpahöhle und in die präparirte Zahnhöhle zurückfliesst, 
wobei ein paar Tropfen leicht in die Mundhöhle gelangen können. 
Wenn irgend ein concentrirtes oder ätzendes Mittel benützt 


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wurde uud ohne Oofferdamverband, dessen Anlegung bei jedem 
einzelnen Zahne zeitraubend nnd unangenehm ist, gearbeitet 
wurde, verursacht das rückfliessende desinficirende Mittel dem 
Patienten nicht nur ein höchst unangenehmes Gefühl im Munde, 
sondern es kann auch das Zahnfleisch und die Zunge verletzen. 
Da das aus dem Wattabäuschchen ausgepresste desinficirende 
Mittel mit den in den tieferen Partien des Wurzelcanales ge¬ 
legenen abgestorbenen Pulpatheilen nicht in directe Berührung 
kommen kann, so kann es auch die erwartete Wirkung, also 
die Desinficirung des Wurzelcanales nicht in genügender Weise 
erzielen. 

Wenn wir in ein sehr enges Glasrohrchen, das an einem 
Ende geschlossen ist, ein in eine Flüssigkeit getauchtes Bäusch- 
chen einführen, so presst die in dem Röhrchen befindliche 
zusammengedrückte Luft die Flüssigkeit aus dem Wattabäusch- 


a 

.... 1 

Fig. 1. 

eben heraus, eine physikalische Erscheinung, von der wir uns 
leicht durch das folgende, auch bei dein Zahnwurzelcanal vor¬ 
kommende analoge Experiment überzeugen können, welches zu¬ 
gleich auch darüber klaren Aufschluss gibt, warum das durch 
das Bäuschchen geführte desinficirende Mittel nicht den Zahu- 
wurzelcanal entlang bis in seine äusserste Spitze eiozudringen 
im Stande ist. 

Nehmen wir ein 12 bis 15 Centimeter langes, dünnwandiges 
Glasrohr, welches in der Mitte bis zum Glühen erhitzt wird, 
ziehen es, indem wir es an den beiden Enden fassen, bis zu 
einer Länge von fünf bis acht Oentimetern derart auseinander, 
dass der durch die Dehnung entstandene Durchmesser in der 
Mitte des Rohres 0-5 Millimeter beträgt, so gestaltet sich das 
Rohr so, wie dies Fig. 1 zeigt. 

Hierauf wird das Rohr an seinem dünnsten Theile in der 
Mitte (a) entzwei gebrochen und die beiden dünnen Enden 

3 * 


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134 


über einer Flamme ziigeschmolzen (Fig. 2). Nachdem wir von 
dem zugeschmolzenen Ende ein circa zwei Centimeter langes 
Stück abgebrochen haben — natürlich muss das Rohr an der 
abzubrechenden Stelle mittelst einer feinen Feile angefeilt 
werden (c) — so bekommen wir ein in einen 0*5 Millimeter 
grossen Durchmesser endendes zwei Millimeter Oeflfnungsweite 
besitzendes und gegen das verschlossene Ende sich mehr oder 
weniger verjüngendes Röhrchen, welches einer grösseren fron¬ 
talen Zahnpulpahöhle oder einem Zahnwurzelcanale vollkommen 
ähnlich ist (Fig. 3). 

Versuchen wir nun in diesen durchsichtigen gläsernen 
Wurzelcanal ein in Flüssigkeit getauchtes Wattabäuschchen ein¬ 
zupressen (um besser sichtbar zu sein, wird das Bäusehchen 


Fig. 3. 

etwa in eine mit Anilin gefärbte Flüssigkeit getaucht) so werden 
wür uns von der Richtigkeit der erwähnten physikalischen Er¬ 
scheinungen überzeugen. Die Flüssigkeit wird aus der Watta 
nicht in die engeren Theile der Röhre übergehen, sondern ge¬ 
rade im Gegentheile, je mehr das Bäusehchen hineingedrückt 
wird, desto mehr wird die in der Röhre befindliche Luft und 
durch sie die in dem Bäusehchen befindliche Flüssigkeit in 
jenen äusseren oder weiteren Theil des Röhrchens hinausgepresst 
werden, dem bei den Zähnen die Pulpahöhle und die Cavität 
entsprechen (Fig. 4). 

Je tiefer also das Bäusehchen hineingepresst wird, desto 
eher wird die Flüssigkeit aus den Wattafasern ausgepresst, das 
Bäusehchen wird immer trockener und, da die desinficirende 
Flüssigkeit mit den tieferen Theilen des Wurzelcanales nicht in 


c 

1 



Fig. 2. 


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135 


Berühiaug kommen kann, ist es begreiflich, dass auch von einer 
Wirkung, des desinficirenden Mittels keine Rede sein kann. 

Wenn wir hingegen ein sehr kleines, mit irgend einer 
Flüssigkeit getränktes Bäuschchen von einem Millimeter Durch¬ 
messer in den Wurzelcanal einführen wollen, so gelingt es wohl 
manchmal hei den frontalen und 
bei den noch günstiger gebohrten 
Backenzähnen, dasselbe bis zur Spitze 
des Wurzelcanales einzupressen. 

Aber hei dieser Einführung können 
zwei in ihrer Wirkung sehr nach- 
tbeilige Umstände auftreten, die 
sogar den Erfolg der ganzen Be¬ 
handlung zu vernichten im Stande 
sind. 

Erstens kann es sehr leicht ver¬ 
kommen, dass die in dem Wurzel¬ 
canal befindlichen septischen Stoffe 
durch das bis an die Spitze hinauf¬ 
gepresste Bäuschchen durch das 
Foramen apicalis in das Periden- 
tium gepresst werden (Witzei: 

Compeudium der Pathologie und 
Therapie der Pulpakrankheiten des 
Zahnes, S. 57), wodurch in der 
Regel eine acute Wurzelhautent¬ 
zündung hervorgerufen wird; bleibt 
diese jedoch, Dank günstiger Um¬ 
stände, auch aus, so kann das bis 
zur Spitze hinaufgepresste Wattabäuschchen sehr schwer heraus¬ 
gezogen und dadurch die weitere Behandlung verhindert werden. 

Dies kann auch mit Hilfe des Olasröhrchens in der Weise 
veranschaulicht werden, dass man ein sehr kleines mit einer 
Flüssigkeit getränktes Bäuschchen bis an das eingeschmolzene 
Ende des Olasrohres hineindrückt, und man wird finden, wie 
schwierig, um nicht zu sagen unmöglich, das Heransuebmeu 
des kleinen Bänscbchens sich gestaltet, obwohl in diesem Falle 



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136 


die Verbältüisse viel’ günstiger sind als in der Mundhöhle, weil 
das Glasröhrchen glatte und gerade Flächen besitzet, durch¬ 
sichtig ist und in die gewünschte Lage gebracht werden kann. 

Wenn wir den Wurzeleanal mittelst eines in eine des- 
inficirende Flüssigkeit getauchten, auf ein dünnes, rauhes am 
Ende eingekerbtes Nerveninstruinent gewickeltes Bäuschchen — 
ein Verfahren, das Einige zur Vermeidung des Steckenbleibens 
der Watta empfohlen haben — reinigen wollen, so erreichen 
wir wohl mit Hülfe der Nervnadel unser Ziel, aber die sich 
eventuell in dem Wurzeleanal befindenden septischen Stoffe 
können ebenso gut über das Foraraen apicalis in das Peri- 
dentium hineingepresst w^erden^ wie in dem vorigen Falle, und 
die schon zur Genüge bekannten nachtheiligen Folgen treten auf. 

Zur Einführung der desinficirenden Flüssigkeit in den 
Wurzeleanal wurde auch eine Pravaz’sche Spritze mit etwas 
längerer, aus Kautschuk oder Platin hergestellter Canüle empfohlen. 

Auch dieses Instrument bewährt sich aus mehreren Gründen 
nicht. Zur einmaligen Desinfection oder Füllung der Pulpahöhle 
und der drei Wurzelcanäle, auch der grössten Mahlzähne sind 
nach meinen Messungen 50—60 Milligramm Flüssigkeit reich¬ 
lich genügend. Da aber der Inhalt einer Pravaz’schen Spritze 
1000 Milligramm beträgt, so wird, wenn wir sie auch nur bis 
zur Hälfte füllen, in die Pulpahöhle dennoch zehnmal so viel 
Flüssigkeit gelangen, als nöthig ist und von hier, da die Pulpa¬ 
höhle zu klein ist, in die Mundhöhle, wo die ätzenden Mittel 
— die doch die besten desinficirenden Mittel sind — sehr un¬ 
angenehme Erscheinungen hervorrufen. 

Bei dem Gebrauche der Pravaz’schen Spritze bietet eine 
neue Schwierigkeit auch der Umstand, dass für die Wurzel¬ 
canäle oder für die äussere Oeffuung derselben dünne und 
genügend feste Canülen aus Kautschuk kaum verfertigt werden 
können. Aus Platin versuchte man solche wohl auch anzu¬ 
fertigen, doch sind sie —ganz abgesehen von ihrem hohen Kosten¬ 
preis — äusserst schwer zu reinigen und schon nach kurzem 
Gebrauche verbogen und gründlich verstopft. 

Ebenso unzweckmässig sind aus obigen Gründen die in 
neuerer Zeit empfohlenen und iu Verkehr gebrachten Ballon- 


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137 


Wurzelcanal-Spritzen (Duus) von fünf bis zehn Gramm Inhalt, die 
in eine unter 90^ gebogene feine, dünne Platincanüle endigen. 
Der Rauminhalt des Gummi-Ballons ist unverhältnissmässig, circa 
hundertmal grosser, als der der Pulpa, und so gelangt bei der 
Benützung entschieden viel Flüssigkeit aus der Pulpahöhle in 
die Mundhöhle. Ausserdem besitzt die Canüle nicht die den 
verschiedenen Wurzelcanälen entsprechende Biegung, kann sehr 
leicht verstopft werden und endlich ist das Instrument an und 
für sich sehr kurz, so dass die Benützung im günstigsten Falle 
höchst schwierig und unsicher bleibt. 

Empfohlen wurde noch zur Einführung flüssiger desin- 
ficirender Mittel in die Pulpahöhle auch der in der Augenheil¬ 
kunde gebrauchte Atropintröpfler, aber mit noch geringerem Er¬ 
folge als die vorher beschriebenen Instrumente. Dieses Tropf- 
gläschen ist für unsere Zwecke gänzlich unbrauchbar, denn 
einerseits hat die dünnere Glascanüle des Instrumentes nicht 
die geignete Vorrichtung, um die Wurzelcauäle zu erreichen, 
das heisst, es fehlt ihr die genügende Länge und nothwendige 
Biegung, andererseits fliesst, wenn die Glascanüle des Instru¬ 
mentes aufwärts gehalten wird, was bei den oberen Zähnen 
unbedingt geschehen muss, die Flüssigkeit in die Gummiluft¬ 
kammer zurück und macht das Instrument unbrauchbar. Wenn 
aber die Glasröhre und der Gummifortsatz ganz voll gefüllt 
werden, so ist wohl das Zurückfliessen der Flüssigkeit ausge¬ 
schlossen, dafür tritt aber das Verbrennen der Schleimhaut des 
Mundes gewiss noch sicherer ein, als dies bei Benützung der 
Pravaz’schen Wurzelcanal-Spritze der Fall sein kann, weil zur 
Füllung des Atropintröpflers hundertemal mehr Flüssigkeit noth- 
wendig ist als zur Desinficirung der Pulpahöhle. 

Mit den erwähnten Schwierigkeiten müsste man in noch 
höherem Grade bei der Füllung der engeren Wurzelcanäle der 
Mahlzähne kämpfen, weil sowohl in den engen buccalen Wur- 
zelcanal der oberen Mahlzähne als auch in den mesialen Wur¬ 
zelcanal der in zwei Theile geschiedenen Wurzeln der unteren 
Mahlzähne ein desinficirendes Mittel mittelst eines Walta- 
bäuschchens bis zur Wurzelspitze zu führen beinahe unaus¬ 
führbar ist. 


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Zweck des bisher Gesagten war, die Schwierigkeiten und 
Mängel der gegenwärtig am häufigsten gebrauchten Desinfections- 
methoden der Wurzelcanäle vorzuführen und zu erklären, wes¬ 
halb trotz vieler Mühe und Sorgfalt seitens des Arztes und Ge¬ 
duld seitens des Patienten, dennoch Hekatomben behandelter 
und gefüllter Zähne geopfert werden müssen. 

Ich sagte also, dass misslungene Füllungen pulpaloser 
Zähne ihren Grund nicht in der Wirkungslosigkeit der ge- 



¥ig. 5. 


brauchten Desinfectionsmittel, sondern vielmehr in der Auwen¬ 
dungsmethode derselben finden. 

Zum Zwecke der absolut sicheren Einführung der Medica- 
mente in den Wurzelcanal unter Berücksichtigung der ana¬ 
tomischen Verhältnisse des Zahnwmrzel-Ganales und der Position 
der cariöseu Höhle habe ich meine „Capillar-Injectoren“ con- 
struirt, mit deren Hilfe Flüssigkeiten von der geringsten Menge 
an, von einigen Milligrammen bis zn 50 oder 100 Milligramm, 
sowohl in die hinteren als auch in die vorderen Wurzelcanäle 
sicher eingeführt werden können, ohne dass dadurch die Mund¬ 
schleimhaut der Patienten irgendwelcher Gefahr ausgesetzt würde. 


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139 


Jeder Capillar-Iüjeetor besteht aus einem eigeuthümlich 
gebogenen, feinen, dünnen Glastheil und aus einem auf- 
saugendeii, respective auspumpenden, röhrenartigen 
Gummisäckchen. Die lujectoren besitzen, um die Wurzel¬ 
canäle leichter erreichen zu können, drei verschieden 
gestaltete Canüleu (Fig. 5): a) Capillar-Injectoren mit 
gerader, h) solche mit unter 120 Grad gebogener, 
c) solche mit unter 90 Grad gebogener Winkelcanüle. 

Die Capillar-Injectoren mit gerader Canüle kommen bei 
den oberen, frontalen Zahnwurzel-Canälen, die ge¬ 
bogenen bei den hinteren Zahnwurzel-Canälen in An¬ 
wendung; welcher Injector übrigens bei den ver¬ 
schiedenen Zähnen gebraucht werden soll, hängt 
meistens von der Lage der Hohle, durch welche wir 
in den Wurzelcanal gelangen, ab, und kann dies jeder 
Operateur im gegebenen Falle leicht bestimmen. Die 
in die Injectoren aufgenomraene Flüssigkeit kann wegen 
der doppelten Biegung der Glasröhre und deren Aus¬ 
buchtung, welche in den beigegebenen Zeichnungen 
ersichtlich sind, in die breiteren Theile des Glasrohres 
nicht zuruckfliessen. Bei der Füllung der Capillar- 
Injectoren muss das Hauptaugenmerk darauf gerichtet 
werden, dass nicht zu viel Flüssigkeit, z. B. 300 bis 
500 Milligramm, aufgenommen werde, und genügt es, 
wenn der erweiterte Theil innerhalb der beiden Büge 
bis zur Spitze des Injectors mit Flüssigkeit gefüllt ist. 

Die Füllung der Injectoren geschieht am leichtesten auf 
folgende Weise: Die zu benützende desinficirende Flüssig¬ 
keit wird in ein homoBopathisches Fläschchen von ein bis 
zwei Gramm Inhalt gegossen, in dieses wird die Canüle 
des Injectors zur Aufnahme des Mittels eingetaucht. 

Noch muss erwähnt werden, dass der Gummibeutel 
vor der Eintauchung der Canüle nicht zusammen- 
gedruckt werden darf, da in diesem Falle gewiss 
unverhältnissmässig mehr Flüssigkeit aufgesogen würde, 
als nöthig ist, sondern erst, nachdem die Canüle des Injectors 
eingetaucht wurde, wird der Gamraibeutel mit zwei Fingern 



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140 


sanft zusammengedrückt, wodurcli aus dem Injector Lnft hiuaus- 
gepresst wird, welche sich durch das Aufsteigen kleiner Bläschen 
wahrnehmbar macht. Sind vier bis fünf Luftbläsehen auf- 
gestiegen, lässt man den Fingerdruck aufhören, wodurch die der 
ausgepressten Luft entsprechende Flüssigkeitsmenge in den Injector 
aufgesogen wird (Fig. 6 und 7) und in der Canüle und dem 
breiteren Theile ( 05 ) des Injectors fixirt bleibt. Wenn zufällig 
mehr Flüssigkeit aufgenoramen worden ist, als nöthig wäre, so 
muss man den Injector vollständig entleeren und neuerdings 



Fig. 7. 


füllen. Wenn der Injector genügend gefüllt ist, wird er auf 
ein Instruineuteutischchen ziirechtgelegt und nachdem der Zahn¬ 
wurzel-Canal mittelst Watta und mit Hilfe einer Luftpumpe gut 
ausgetrocknet worden war, wird die Canüle in die OeflFnuug 
des Wiirzelcanales selbst eingeführt und die Flüssigkeit durch 
Ziisammendrücken des Gnmmifortsatzes injicirt (Fig. 8). Bei 
dem Entfernen des Injectors aus der Zahnhöhle muss der 
Gummibeiitel zusammengedrückt bleiben, widrigenfalls 
tritt die schon einmal eingespritzte Flüssigkeit aus dem Wurzel-' 
canale und der Pulpaböhle wieder in den Injector zurück. Will 



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141 


man noch ein üebriges thun, so kann man jetzt eine Douald- 
son’sche Nervennadel einigemale im Nervencanale auf- und 
abgleiten lassen, wodurch aus den breiteren Theilen des Wurzel- 
canales und der Pulpahöhle die desinficirende Flüssigkeit bis 
in die tiefsten Theile desselben sozusagen hineingepumpt wird, 
was aus dem Wurzeleanale in die Pnlpahöhle austretende Lüft- 
bläsehen anzeigen. Wenn alkoholische Flüssigkeiten benutzt 
worden, so ist das Eindringen derselben aus einer momentan 
schwindenden, sehr schwachen schmerzlichen Empfindung von 
Seite des Kranken wahrnehmbar. 

Nachdem die Wurzelcanäle auf diese Weise desinficirt 
worden sind, ist dem Zustande gemäss, in welchem der Wurzel¬ 
canal und das Peridentium sich befinden, eine bleibende 
Wurzelcanal-Füllung oder nur ein Zahnverband vorzunehmen, 
den man nach ein bis zwei Tagen erneuern muss; ein Ver¬ 
fahren, das überhaupt so oft zu wiederholen ist, bis der 
Wurzelcanal vollständig rein und geruchlos wird, und welches, 
wenn das desinficirende Mittel passend gewählt worden war, 
nach mehrmaliger Wiederholung selbst in den hartnäckigsten 
und vernachlässigsten Fällen zum Ziele führt. 

Die Canüle des Injectors kann bei leicht zugänglichen 
Höhlen selbst tief in den Wurzelcanal sehr leicht eingeführt 
werden, bei den Molarzäbnen gelingt es zwar etwas schwerer, 
aber mit geringer Uebiing auch hier leicht genug. Sollte 
während der Anu^endung unvevmuthet oder aus Mangel an 
Uehung eine Canüle in dem Wurzeleanale zerbrechen — was 
zwar nicht leicht geschehen kann, weil das gebogene Glasrohr 
ziemlich hart und dennoch elastisch ist —, so können die Glas¬ 
stückchen mit Hilfe einer Nervennadel, die an ihrem Ende anker- 
förmig gebogen ist, sehr leicht entfernt wer,den. Schliesslich, 
wenn der kaum denkbare Fäll vorkäno^e, dass die Entfernung 
der gebrochenen Canüle unmöglich ist, so verursacht selbst dieses 
keine Schwierigkeiten, denn da die Canüle den Wurzelcanal 
nicht hermetisch verschliesst und die Glasröhre einer chemischen 
Zersetzung nicht ausgesetzt ist, kann die w^eitere Behandlung, 
sowie auch die Füllung des Wurzelcanales vorgenommen 
werden. 


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142 


Sollte von den drei verscbiedeneu Injeetoren keiner die 
nöthige Biegung besitzen, so kann man die Canäle über einer 
kleinen Spirituslarope sehr leicbt zweckgemäss gestalten. 

Die Reinigung der Injectoren geschieht am zweckmässigsten 
durch Alkohol, und zwar in der Weise, dass die Cauüle einige- 
male mit Spiritus gefüllt und wieder entleert M'ird. 

Die Uebung im Gebrauch des Injeetors, die üeberzeugung von 
dessen Zweckmässigkeit erlangt man durch Versuche, die man mit 
dem zahnwurzelcanalähnlichen Glasrohre vornimmt (siehe Fig. 3). 

Mit ähnlichem Erfolge können die Injectoren auch zum 
Einbringen verschiedener Mittel auf die freiliegende Pulpa, als 
auch vor der Füllung der Cavitäten zu ihrer Auswaschung mit 
trocknenden oder desinficirenden Mitteln leicht verwendet werden. 

Wenn die Krone und Wurzelpulpa fast ganz auf mecha¬ 
nischem Wege entfernt werden konnte und das Peridentium 
keine bedeutende Erkrankung zeigt, so ist die Füllung, nach¬ 
dem vorher der Zahnwurzelcanal mit irgendwelchem zweck¬ 
mässigen desinficirendeu Mittel völlig überschwemmt worden 
war, sicherlich sehr leicht durchführbar. Ein sehr gutes des- 
infieirendes Mittel bildet die ää part. äequ.-Lösung des Oamphers, 
Alkohols und Carbois, wodurch sogar penetrant riechende Zähne 
nach kurzem Gebrauche gereinigt werden können. 

In vernachlässigten älteren Fällen sichert die Verwendung 
einer drei- bis fünfpereentigen Corrosivlösung einen besseren 
Erfolg, während in Fällen, wo sich schon eine chronische 
Wurzelhautentzündung gebildet hat, blos längere combinirte 
Behandlung zum Ziele führt. 


PralUe He ir die BeWlDii approiUr Caiitea. 

Von Dr. Bttdolf Weiser, Zahnarzt in Wien. 
(Fortsetzung. 

In vielen Fällen hat es sich mir als praktischer erwiesen, 
in die grosse, mit für Unterschnitte zu dünnen Wänden 
gehene Cavität von Mahlzähnen nicht Schrauben, sondern Plalin- 

1) Siehe I. Heft 1890, Seite 23 dieser Zeitschrift. 


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143 


blechstreifeu von der in beistehender Figur (1, 2 und 3) darge¬ 
stellten Form mit Gement zu befestigen, nach Erhärtung des 
Gements einen grossen Theil desselben mittelst Excavatoren 
wieder zu entfernen und die Contour durch Amalgam zu er¬ 
setzen, welches bald durch diese Blechstreifen allein, bald theils 
durch sie und theils durch die Cavitätwandungen festgehalten wird. 

Bei pulpalosen Prämolaren mit sehr grossen Defecten be¬ 
festige ich, wenn der noch vorhandene Kronenantheil dem Kau- 
acte noch genügenden Widerstand zu leisten verspricht und 
wenn der Patient aus irgend einem Grunde die Herstellung 




a Amalgam, h Cemeutgrenze. c Platinblech-Streifen, d Antagonist. 

einer künstlichen Krone nicht zulässt, im erweiterten Pulpacanal 
eine Platinschraube, deren vom Gement nicht bedeckter Theil 
dem die Gontour ersetzenden Amalgam sicheren Halt verleiht. 
Handelt es sich bei Prämolaren mit derartigen grossen Defecten, 
dass eine solide Gold-Gontourfüllung nicht ausführbar ist, um 
eine beim Sprechen und Lachen stark sichtbare mesiale Gavität, 
so nehme ich insbesondere dort, wo auch für Zinn-Goldfüllung 
keine günstigen Chancen gegeben sind, meine Zuflucht zu den 
von Quinby in seiner „zahnärztlichen Praxis^^, *) Seite 25, 
empfohlenen Goldkappen. 

Ist durch die von einer mesialen Höhle ausgegangene Zer¬ 
störung so weit vorgeschritten, dass die innere Zacke eines 

0 Deutsch bearbeitet von Holländer. Leipzig 1884, bei Arthur Felix. 


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144 


oberen Prämolaren grösstenlheils zerfallen ist, dann ist wohl die 
Ersetzung dieser Partie durch eine solide Goldfiillung das beste 
Verfahren. 

Mir ist in meiner Praxis erst ein solcher Fall unter¬ 
gekommen; nach gründlicher Behandlung beider mit den Resten 
einer verjauchten Pulpa erfüllten Wurzelcanäle und mehrwöchent¬ 
licher provisorischer Füllung des Zahnes mit Fletcher’s Arti¬ 
ficial dentine schritt ich, da der Zahn während der ganzen 
Probezeit anstandslos zum Kauen brauchbar war, nunmehr voll¬ 
kommen fest in der Alveole sass, während er vor der Behand¬ 
lung locker und mit einer Fistel behaftet war, zur definitiven 
Füllung, welche ich folgendermassen ausführte: Nach Trocken¬ 
legung des ersten Prämolaren links oben und einiger seiner 
Nachbarn führte ich in den äusseren Wurzelcanal einen in 
Oleum menthae getauchten Asbestfaden, worauf ich in den er¬ 
weiterten inneren Wurzelcanal eine Goldschraube eincementirte; 
diese Schraube wurde absichtlich so lang gelassen, dass sie zum 
Schlüsse der ersten Sitzung abgefeilt werden musste, um kein 
Hinderniss beim Zubeissen abzugeben; in einer zw'eiten Sitzung 
wurde die Goldschraube, so weit sie die Axe der aufzubauenden 
Contourfüllung bilden sollte, und die Ränder des Defeetes mittelst 
Bohrer und Excavator vom überflüssigen Gement befreit und 
sodann die innere Zacke des defeeten Zahnes ganz zu Anfang 
aus Goldcylindern, dann aber aus.schliesslich aus „Extra-cohe- 
siv-Globe-foil“ (S. S. White) ersetzt. Die Operation war nicht 
sehr schwierig, und obwohl sie inclusive Finiren fast vier Stunden 
währte, ermüdete sie weder die Patientin noch mich selbst er- 
heblieb. Bemerken will ich noch, dass ich durch Abschleifen 
der Antagonisten dafür Sorge trug, dass beim Kauen den ganzen 
Stoss die aus Gold bestehende innere Zacke mit der Schraube 
als Axe auf hält, während die äussere Zacke des pulpa¬ 
losen Zahnes geschont ist; ich Mmrde sonst befürchten, dass 
die kosmetisch so wichtige äussere Hälfte des ersten Prämolavs 
abgebissen werden könnte. 

In sechs Fällen, w^o Bicuspidaten durch grosse mesiale 
und distale Cavitäten so sehr geschwächt waren, dass die äussere 
Zacke ahgebissen wurde, habe ich mich mit sehr zufriedon- 


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stelleudem Erfolge Professor W. D. Miller’s Verfahren be- 
dient, wie wir es in der österreichisch-nngarischen Vierteljahrs¬ 
schrift, Jänner 1870, beschrieben finden; selbstverständlich trug 
ich in diesen Fällen sowohl die innere Hälfte als auch die äussere 
aus Porzellan bestehende eines-- und anderntheils den Anta¬ 
gonisten so stark ab, dass kein Zusammenbeissen stattfiudet. 

Im Anschlüsse an die Beschreibung der Methoden, welche 
sich mir als die zufriedenstellendsten bei Behandlung unge^- 
wohnlich grosser Defecte der Prämolaren erwiesen haben^ will 
ich nun die Art und Weise zu beschreiben versuchen, wie ich 
gegenwärtig mittelgrosse approximale Backenzahn-Cavitäten zu 
behandeln pflege. 

Wo nicht besondere Verhältnisse eine besonders leichte 
Zugänglichkeit approximaler Cavitäten vom luterstiiium aus be¬ 
dingen, eröffne ich alle diese Cavitäten, gleichgiltig, ob ich sie 
dann mit Gold, Zinngold oder Amalgam füllen werde, von 
der Kau fläche aus. Ist die Cavität von hier aus gereinigt, 
dann erfolgt die Entscheidung, welches Material in dem betref¬ 
fenden Falle zulässig ist, und darnach ergeben sich kleine Modi-' 
ficationen in der Adaptirung der gereinigten Cavität für Auf¬ 
nahme der Füllung. Mesiale Cavitäten fülle ich, wenn die Ver¬ 
hältnisse des Patienten es erlauben, entweder ganz mit Gold 
oder presse gegen die cervicale und die linguale Wand Zinn- 
Goldcylinder, während ich den sichtbaren Theil der Füllung aus 
Gold herstelle. Distale — insbesondere etwas mehr als mittel¬ 
grosse ßackenzahncavitäten sind mir für Zinngold (mit oder 
ohne Abschluss mit Gold auf der Kaufläche) die einladendsten 
Fälle. In den beiden letztbeschriebenen Kategorien von approxi- 
malen Höhlen lasse ich die buccale und die linguale Wand 
parallel verlaufen und bringe nur an der cervicalen Wand eine 
Haftrinne an, indem ich die buccale ganz wenig unterziehe. Be¬ 
absichtige ich mit Amalgam zu füllen, dann unterschneide ich 
die Wände einer mesialen oder einer distalen Cavität gar nicht, 
sondern gehe von der Stelle, wo die approximale Cavität von 
der Kaufläche aus eröffnet wurde, mit einem scharfen Cylinder- 
bohrer oder bei sehr dickem harten Email mit einem kleinen Co- 
nindscheibchen aut die Fissur los und verwandle sie in eine 


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146 


Rinne, deren eines Ende, welches nicht mit der approxiraalen 
Gavität zusammenstösst, ein wenig kolbig anschwillt. Dann wird 
noch, falls die approximale Gavität nicht ohnedies in halber 
Zahnhöhe breiter ist, als an ihrem Eingang von der Kaufläehe 
her, derselben durch leichte seitliche Bewegungen eines Rosen- 
bohrers diese Eigenschaft verliehen. Der Halt ist also der approxi- 
malen Füllung bei den Prämolaren nach demselben Principe 
gesichert, wie bei den oben beschriebenen in Achter-Form an¬ 
gelegten Mahlzahnfüllungen. Sind distale und mesiale Seite 
eines Prämolaren mit einer mittel- oder sehr grossen Gavität 
behaftet, so werden diese zwei Höhlen durch eine der Fissur 
folgenden Rinne verbunden; das Princip der Sicherung des 
Haltes beider Füllungen ist somit wieder die Achter-Form, in 
diesem Falle modificirt durch ein sehr in die Länge gezogenes 
Verbindungsstück der beiden Stellen: 0_Q 

Dasselbe Princip der Befestigung von Amalgamfüllungen 
hat sich mir schon oft sehr erfolgreich bei den Eck- und Schneide¬ 
zähnen älterer Leute mit abgekauten Schneiden gezeigt. Das 
ohnehin dunkle Golorit dieser Zähne wird durch eine Amalgam¬ 
füllung, welche in eine unter Gofferdain trockengelegte und pe¬ 
dantisch genau präparirte Gavität eingebracht und am Tage nach 
der Füllung sauber polirt wird, überraschend wenig alterirt. 
Natürlich lässt sich dasselbe Princip der Befestigung mit bestem 
Erfolge auch für approximale Goldfüllungen bei abgekauten 
Eck- und Schueidezähnen anwenden mit der — für jeden mit 
den Regeln des Füllens mit cohäsivera Golde Vertrauten selb st- 
verständlichen — Modification, dass weder die approximal 
liegende Hälfte, noch die in irgend einem weniger als 
180 Grad betragenden Winkel zu ihr liegende künstlich 
geschaffene, auf der Schneide des Zahnes befindliche Hälfte der 
Gavität die Nullform, sondern einfach eine prismatische oder 
„Kastenform“ (vergleiche Warnekros: „Das Füllen der Zähne 
mit intakter Pulpa“, Berlin 1888) zu haben braucht. 

Begnüge ich mich auch — um in einem zwar für eine 
Fachzeitung, aber nicht für ein Lehrbuch bestimmten Aufsatze 
nicht gar zu weitläufig zu werden — damit, nur noch kurz auzu- 
deuten, dass uns W. D. Miller durch die oböfn erwähnte Ver- 


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1 


— 1,47 — 

öffentlichung seiner äusserst sinnreichen Methoden, Kronen- 
defecte durch eingeschliffene Porzellanstücke zu ersetzen, eben¬ 
falls einen Weg gezeigt hat, wie sich in gewissen Fällen den 
approximalen Cementfüllmigen ausweichen lässt, so glaube ich 
in diesem Aufsatze gezeigt zu haben, dass es bei aufrichtigem 
Willen und einigem Nachdenken möglich ist, die Grenze der 
Zulässigkeit approximaler Cementföllungen sehr eng zu ziehen. 
— Dessungeachtet wird sich wohl kaum ein Zahnarzt rühmen 
können, niemals Gement zur Füllung approximaler Backen- und 
Mahlzahncavitäten anwendeu zu brauchen, und in Anbetracht 
dieses L^mstandes möchte ich noch erwähnen, dass ich aus der 
Beobachtung eigener und von Anderen gelegter approximaler 
Cementfüllungen in Molaren, Präinolaren und Eckzähnen die 
Ueberzeugung gewonnen habe: Am besten noch werden appro- 
ximal erkrankte Molaren, Präraolaren und Eckzähne, bei welchen 
Gement als einzig mögliches Füllungsmaterial angewendet werden 
musste, dann conservirt, wenn mau sich nicht bemüht, mittelst 
Gement die Gontour des Zahnes herzustellen, sondern, wenn 
mau möglichst ausgiebig V-förmig separirt, ganz flach füllt und 
die fertige Füllung glattschleift. 

(Schluss folgt.) 


/ 



/ 


Vereinsberiehfce. 

lUenatioiialerKdiciiiiiiclierCoiüreis (Ibis 9.iop$tl890) 

za Berlia. 

Einladung zur Theilnahme an den Verhandlungen der 
Abtheilung für Zahnheilkunde. 

Entsprechend dem Beschlüsse des IX. Gongresses zu 
Washington, wird in den Tagen vom 4. bis 9. August dieses 
Jahres der X. internationale raedicinische Gongress zu Berlin 
stattfiudeu. Von den Delegirten der deutschen medicinischen 
Pacultäten und den grösseren ärztlichen Gesellschaften des 

4 


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148 


Deutschen Reiches sind die Unterzeichneten zu Mitgliedern eines 
vorbereitenden Abtheilungs-Comites gewählt worden. In dieser 
Eigenschaft beehren wir uns zur Theilnahme an den Verhand¬ 
lungen unserer Abtheilung höflichst einzuladen. Es wird uns 
zur besonderen Ehre und Freude gereichen, unsere verehrten 
Fachgeuosseu recht zahlreich bei uns begrüssen zu dürfen. 

Wir überreichen umstehend das vorläufig festgestellte 
Programm der Abtheilungs-Verhandlungen und bitten, etwaige 
weitere Vorschläge* sowie Anmeldungen von Vorträgen oder De¬ 
monstrationen recht bald an uns gelangen zu lassen. 

In der Hoffnung auf eine anregende und unserer Wissen¬ 
schaft förderliche Zusammenarbeit entbieten wir unseren colle- 
gialen Gruss und zeichnen 

Hochachtungsvoll 

Das Organisations-Comite für die Abtheilung: 

Zahnheilkunde. 

Busch-Berlin. Calais-Hamburg. Fricke-Kiel. Hesse-Leipzig. 

Holländer-Halle. Mi 1 ler-Berlin. Partsch-Breslau. 

Sauer-Berlin. Weil-Mönchen. 

Alle die Abtheilung betreffenden Zuschriften wolle man 
an das geschäftsfuhrende Mitglied Prof. Dr. Busch, Berlin NW., 
Alexanderufer 6, andere Mittheilungen an das Bureau des 
Geueralsecretärs Dr. Lassar, Berlin NW., Karlstrasse 19, 
richten. 

Vorläufiges Programm der Abtheilung für Zahn¬ 
heilkunde. 

Montag den 4. August nach Schluss der ersten allge¬ 
meinen Sitzung Constituirung der Abtheilung für Zahnheilkunde 
durch die Wahl ihres Vorstandes. 

Vom Dienstag den 5. August bis incl. Sonnabend den 
9. August finden an jedem Tage in den Vormittagsstunden 
zwischen 9 und 12 Uhr praktische Demonstrationen in dem 
zahnärztlichen Institut der Königlichen Universität, Dorotheen¬ 
strasse 40, statt. 

Diese Demonstrationen werden einerseits bestehen aus 
Extraction und Betäubung, andererseits aus Zahnfüllungen und 


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149 


drittens aus Arbeiten zahnärztlicher Technik. Diejenigen Herren, 
welche in der Extraction und Betäubung oder in der zahn¬ 
ärztlichen Technik Demonstrationen abhalten wollen, werden 
aufgefordert, sich zu diesem Zwecke bei Professor Busch, 
Alexanderufer 6, zu melden. Diejenigen Herren, welche in der 
Zahnfüllung Demonstrationen abhalten wollen, werden aufgefor- 
dert, ihre Meldung an Professor Miller, Vossstrasse 32, zu 
richten. Für die letzteren Demonstrationen stehen 15 zahn¬ 
ärztliche Operationsstühle mit gutem Lichte im Institute bereit, 
deren Zahl sich, wenn ein dringendes Bedürfniss dafür vorliegen 
sollte, auf 19 erhöhen Hesse. 

In den Nachmittagsstunden zwischen 2 und 5 Uhr finden 
die theoretischen Vorträge, an welche sieh freie Discussion 
schliesst, statt, und zwar in dem Saale der Ressource zur Unter¬ 
haltung, Oranienburgerstrasse 18. Zu diesem Zwecke sind fol¬ 
gende fünf Themata aufgestellt, welche geeigneten Referenten 
übergeben werden. 

1. Die Betäubung mit Bromäthyl in der zahnärztlichen Praxis. 

2 . Veranlassung, Verlauf und Behandlung der Pyorrhoea 
alveolaris. 

3. Ueber die Betheiligung der Mikroorganismen bei der 
Caries der Zähne. 

4. Ueber Kronen- und Brückenarbeit (crown and bridge 
Work). 

5. Ueber die Bonwill’scbe Methode der Articulation 
bei künstlichen Zabnersatzstückeu. 

Ausserdem bleibt es den Mitgliedern überlassen, Vorträge 
über solche Gegenstände zu halten, mit welchen sie sich be¬ 
sonders beschäftigt haben. Diejenigen Mitglieder des Congresses, 
welche solche Vorträge halten wollen, w^erden aufgefordert, die¬ 
selben mit einer kurzen Inhaltsangabe bei dem geschäftsführendeu 
Mitgliede des Organisations-Comit^s, Professor Buscb, Alex¬ 
anderufer 6, auzumelden. 

An denjenigen Tagen, an w^elchen allgemeine Sitzungen, 
und zwar in der Zeit von 11 bis 2 Uhr, stattfinden, w^erden die 
praktischen Demonstrationen der Abtheilung für Zahnheilkunde 
früher geschlossen und die theoretischen Vorträge später eröffnet. 

4 *^ 


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150 


Auszug aus dem allgemeinen Statut und Programm 
des Congresses. 

Art. IX. In den SitzuDgen der Abtheil ungen werden 
Fragen und Themata, die von dem Organisations-Comite der 
Abtheilung aufgestellt sind, zur Erörterung gebracht. Die Be¬ 
richte der durch das Coinitö ausgewählten Referenten, 
sowie die sonstigen zu dem Thema eingegaugeuen Miltheilungen 
und Anträge bilden die Grundlage der Verhandlung. 
Insofern die Zeit es erlaubt, können auch andere, von Mit¬ 
gliedern angemeldete und von dem Abtheilungs-Comlte ange¬ 
nommene Mittheilungen oder Themata zur Verhandlung gelangen. 
Das Bureau jeder Abtheilung beschliesst über die Annahme 
solcher Mittheilungen und über die Reihenfolge, in welcher die¬ 
selben zur Verhandlung kommen sollen, jedoch nur insoweit, 
als dies nicht in der Sitzung selbst durch Beschluss der Ab¬ 
theilung bestimmt worden ist. 

Abstimmungen über wissenschaftliche Fragen finden 
nicht statt. 

Art. X. Einleitende Vorträge in den Abtheilungen sind in 
der Regel auf die Zeit von 20 Minuten zu beschränken. In 
der Discussion sind jedem Redner nur 10 Minuten zu- 
gemesseu. 

Art. XI. Alle Vorträge und Mittheiluugen in den allge¬ 
meinen und Abtheilungssitzungeu müssen vor dem Schlüsse der 
betreffenden Sitzung schriftlich an die Schriftführer übergeben 
werden. Das Redactions-Comite entscheidet darüber, ob und in 
welchem Umfange diese Schriftstücke in die zu druckenden 
Verhandlungen des Congresses aufgenommen werden sollen. 

Die Mitglieder, welche an Discussionen theilgeuoramen 
haben, werden ersucht, vor dem Ende des Tages den Schrift¬ 
führern einen schriftlichen Bericht über die Bemerkungen, 
welche sie während der Verhandlung gemacht haben, zuzu¬ 
stellen. 

Art. XII. Die officiellen Sprachen aller Sitzungen 
sind Deutsch, Englisch und Französisch. 

Die Statuten sowie die Programme und Tagesordnungen 
werden in diesen drei Sprachen gedruckt. 


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151 


Es ist jedoch gestattet, sich für gaoz kurze Bemer¬ 
kungen in den Sitzungen einer anderen Sprache zu be¬ 
dienen, falls eines der anwesenden Mitglieder bereit ist, den 
Inhalt solcher Bemerkungen in einer der officiellen Sprachen 
wiederzugeben. 

Die Theilnehmer zahlen bei der Einschreibung einen Bei¬ 
trag von 20 Mark. Sie werden dafür je ein Exemplar der Ver¬ 
handlungen erhalten, sobald dieselben erschienen sind. Die [Ein¬ 
schreibung beginnt bei Beginn der Versammlung. Sie wird auch 
vorher geschehen können durch Einsendung des Beitrages au 
den Schatzmeister*) unter Angabe des Namens, der Stellung 
und des Wohnortes. 

Das geschäftsführeude Mitglied des Organisationsvorstandes 
der Abtheilung für Zahuheilkunde, Herr Prof. Dr. Busch, fügt 
noch einige erläuternde Bemerkungen bei, denen wir Nach¬ 
stehendes entnehmen: 

§ 2 des Statuts lautet: „Der Cougress besteht aus den • 
approbirten Aerzteu, welche sich als Mitglieder haben eiu¬ 
schreiben lassen und 'ihre Mitgliedskarte gelöst haben.^^ Die 
constituirende Versammlung in Heidelberg hat beschlossen, dass 
auch die approbirten Zahnärzte berechtigt wären, Mitglieder des 
Congresses zu werden, aber selbstverständlich nur dann, wenn 
sie eine staatlich anerkannte zahnärztliche Approbation besitzen. 
Von Herrn Dr. Erich Richter in Breslau wurde nun au den 
Organisationsvorstand des Congresses die Anfrage gestellt, ob 
auch ausländische zahnärztliche Diplome zu der Mitgliedschaft 
an dem Congresse berechtigten, und der Organisatiousvorstaud 
hat in seiner Sitzung vom 29, November 1889, in welcher auch 
die geschäftsführenden Mitglieder der Organisatiousvorstände der 
Abtheilungen anwesend waren, beschlossen, dass nur diejenigen 
Zahnärzte zur Mitgliedschaft des Congresses berechtigt wären, 
welche eine staatlich anerkannte zahnärztliche Approbation 
desjenigen Landes besitzen, dessen Bürger sie sind. Massgebend 

>) Adresse; Dr. M. Bartels, Bureau des Hauses der Abgeordneten, 
Berlin SW., Leipzigerstrasse 75. Es wird um Beifügung einer Visitenkarte 
gebeten. 


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152 


hiefür ist also das Bürgerrecht und nicht das Land, io welchem 
Jemand seine Praxis ausübt. Wenn also Jemand Bürger der 
Vereinigten Staaten von Nord-Amerika ist, so ist für ihn zur 
Mitgliedschaft des Congresses der Besitz des Diploms eines 
Dental Colleges erforderlich, auf Grund dessen er berechtigt 
wäre, in den Vereinigten Staaten zahnärztliche Praxis auszu¬ 
üben, und zwar macht es keinen Unterschied, ob er seine 
Praxis in der That in den Vereinigten Staaten oder in einem 
der europäischen Länder ausübt. Ist der Betreffende aber Bürger 
des Deutschen Reiches oder irgend eines anderen europäischen 
Landes, so würde für ihn der Besitz eines amerikanischen 
Diploms als Dr. of Dent. Surg. nicht ausreichen, um Mitglied 
des Congresses zu werden. 

Nach § 5 des Statuts sollen die eiuzelnen Abtheilungen 
in ihrer constituirenden Sitzung einen Vorsitzenden und eine 
genügende Zahl von Ehrenvorsitzenden erwählen. Der Organi¬ 
sations-Vorstand jeder Abtheilung ist aber berechtigt und ver¬ 
pflichtet, die Wahl der Ehrenpräsidenten vorzubereiten und die¬ 
selben seiner Abtheilung in ihrer constituirenden Sitzung in 
Vorschlag zu bringen. Derselbe hat sich nun mit hervorragenden 
Männern der verschiedenen Länder in Verbindung gesetzt und 
bei denselben angefragt, ob sie voraussichtlich bei dem Con- 
gresse anwesend sein werden und ob sie geneigt sind, eine auf 
sie fallende Wahl als Ehrenpräsident ihres Landes anznnehmen 
und sind eine Reihe von zustimmenden Antworten bereits ein¬ 
gelaufen. 

Für die fünf Themata, welche in dem vorläufigen Programm 
der Abtheilung für Zahnheilkunde aufgeführt sind, sollen von 
Seiten des Organisations-Vors tan des bestimmte Referenten und 
eventuell auch noch Correferenten aufgestellt worden. Die hier¬ 
auf bezüglichen Verhandlungen haben bisher zu folgendem Er¬ 
gebnisse geführt: 

1. Das Referat über „Die Betäubung mit Bromäthyl in der 
zahnärztlichen Praxis^^ hat Prof. Dr. Holländer in Halle a. S. 
übernommen. 

2. üeber „Veranlassung, Verlauf und Behandlung der 
Pyorrhoea alveolaris“ wurde Herr Dr. Magitot gebeten, das 


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153 


Referat zu übernehmen und ist von demselben bereits eine zu¬ 
sagende Antwort eingelangt. 

3. „lieber die Betheiligung der Mikroorganismen bei der 
Caries der Zähne“ ist der Referent Herr Mummery in London. 

4. „lieber Kronen- und Brückouarbeit“ wurde Herr Dr. 
ßarrett gebeten, das Referat zu übernehmen, von demselben 
steht jedoch bisher noch die Antwort aus. 

5. „lieber die Bon wilTsche Methode der Articulation bei 
künstlichen Zahnersatzstücken“ wandte man sich an den Erfinder 
derselben mit der Bitte, das Referat zu übernehmen, es ist 
jedoch auch hier bisher noch keine Antwort erfolgt. 

Mehr als fünf Themata zur allgemeinen Besprechung auf¬ 
zustellen, war nicht empfehleusweiih, denn da die Abtheilung 
für Zahuheilkunde kaum mehr als fünf Sitzungen wird halten 
können, in welchen theoretische Vorträge zur Verhandlung 
kommen, konnte für jede dieser Sitzungen nicht mehr als 
ein Thema aufgestellt werden, da für die von den Mitgliedern 
angemeldeten Vorträge noch Zeit bleiben muss. In Bezug auf 
diese Vorträge sind die Anmeldungen an Professor Busch, 
Berlin NW., Alexanderufer 6, zu richten, lieber die Art, wie 
dieselben gehalten werden sollen, ist in Art. IX, des Statutes 
Folgendes festgesetzt: „Das Bureau jeder Abtheilung beschliesst 
über die Annahme solcher Mittheilungen und über die Reihen¬ 
folge, in welcher dieselben zur Verhandlung kommen sollen, 
jedoch nur insoweit, als dies nicht in der Sitzung selbst durch 
Beschluss der Abtheilung bestimmt worden ist." 

Auf der constituirenden Versammlung in Heidelberg war 
beschlossen worden, dass mit dem Congresse eine internationale 
medicinisch-wissenschaftliche Ausstellung‘) verbunden werden 

0 Die Anmeldungen zur Betheiligung an der Ausstellung sind bis 
zum 15. Mai 1890 an das Bureau des Congresses (Dr. Lassar, Berlin NW., 
Karlstrasse 19) mit dem Vermerk „Ausstellungs-Angelegenheit“ 
einzureichen, auch ist eine gedruckte Visiten- oder Firmenkarte mit deutlicher 
Bezeichnung des Namens und des Wohnsitzes beizufügen. 

Jede Anmeldung ist in zwei Exemplaren auszu¬ 
fertigen; gleichzeitig werden knapp gehaltene, aber genaue Notizen inhalt¬ 
licher Art erbeten, um diese eventuell als Material für den Catalog zu 
verwerthen. 


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154 


solle. Für diese Ausstellung sind in der letzten Zeit von Seiten 
des Herrn Cultusrainisters einige Säle des Ausstellungs-Gebäudes 
ira Ausstellungs-Parke zur Verfügung gestellt. Die allgemeinen 
Sitzungen werden im Circus Benz, Karlstrasse, Eingang zwischen 
den Häusern Nr. 18 und 19, stattfiudeu. 


Referate und Journalsehau. 


The American System of Dentistry. Ed. by W. F. 

Litchy etc. Schluss des I. Bandes.*) Die Abrasion und 
Erosion der Zähne von G. V. Black, M. D. etc. Der 
Aufsatz ist kurz und behandelt den Gegenstand doch mit 
gründlicher Ausführlichkeit. Die Abrasion theilt Verfasser in 
zweierlei Arten ein, die eine ist die normale, die andere die 
abnorme Abrasion; erstere besteht solange, als die Abnützungs- 
Facetten „distinct und klar“ sind; letztere kommt zum Vorschein, 
sobald jene Eigenschaften nicht vorhanden sind. Das sogenannte 
Knirschen ist, nach Verfassers Ansicht, eine Veranlassung zur 
Bildung der abnormen Abrasion. Es wird hier augeregt, man 
müsse in Zukunft auf die zeitliche Erkennung (Diagnose) der 
im Zuge befindlichen abnormen Abrasion bedacht sein, da man 
— wenn dieselbe bei Zeiten entdeckt wird — noch im Stande 
wäre — und Verfasser war es thatsächlich in einigen Fällen — 
dem Umsichgreifen des Uebels Einhalt zu thun, uud zwar durch 
künstlichen Aufbau von Kronenhöckern mittelst Gold- und 
Platinfolie. 

Zur Illustriruug der Erosion werden einige instructive 
Abbildungen gegeben und wird dieser üebelstaud (denn Krankheit 
kann man es nicht nennen) bezüglich seiner Erscheinungsweise 
recht klar beschrieben. Auch gedenkt Verfasser des zufälligen 
Zusammentreffens beider Anomalien (Abrasion mit Erosion) mit 
der Bemerkung, in solchen Fällen sei die eine unabhängig von 
anderen entstanden. 

1) Siehe 1. Heft 1890, S. 57 dieser Zeitschrift. 


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155 


Hinsichtlich der x4etiologie der Erosion erwähnt Verfasser 
alle jene Momente, welche bisher in dieser Richtung in’s Treffen 
geführt worden sind, und bedauert, heute nicht mehr Klarheit 
über den <5egenstand vorhanden zu finden als ehedem. Er 
bestreitet die Anschauungen von G. Toines und Salter — die 
bekanntlich dem Unfug mit der Zahnbürste die Schuld geben 
— als auch die Ansicht, als würde die mangelhafte Structur 
der Zähne damit etwas gemein haben, da in letzterem Falle die 
Erosion die Richtung der Entwicklungslinien befolgen müsste, 
was jedoch nicht der Fall sei, und so fort, bis Verfasser über 
den Einfluss der Säuren zu sprechen kommt. Es ist ein be- 
aehtenswerthes Experiment, welches Black uns hier mittheilt: 
Mittelst eines Uhrwerkes versuchte B. in eiuer Glaswanne eine 
Salzsäure-Lösung (1:400) in fortwährendem Strom zu halten; 
diesem setzte er einen oder mehrere Prämolaren aus, und es 
stellte sich nach fünftägiger Bespülung heraus, dass man 
künstlich ebensogut und in derselben Form eine Erosion produ- 
ciren kann, wie sie im Munde vorkomrat. — Auffallend ist 
jedoch die Angabe des Verfassers, dass eine sehr schwache 
Lösung (1 : 1500) selbst in drei Monaten nicht im Stande war, 
eine beachtenswerthe Erosion hervorzurufen. Hieraus schliesst 
Verfasser, es müssten irgendwelche Umstände verborgen liegen, 
die uns unbekannt sind, jedoch eine wesentliche Bedingung 
jenes Processes abgeben. Auch die bekannte Friction der Lippe 
würdigt Verfasser, fugt jedoch hinzu, er habe aber auch Zähne 
gesehen, wo der Lippe nicht zugängliche Flächen der Erosion 
auheimfielen. Allerdings dürfe aber behauptet werden, dass 
Mikroorganismen in dieser Angelegenheit nicht in Betracht 
kommen. Zum Schluss des Bandes wird auf vier Seiten dem 
Leser noch Einiges über Sensibilität des Dentins (Dentin-Hyper¬ 
ästhesie) vorgefübrt. Die Ausführungen des Verfassers sind 
dahin gerichtet, nachzuweisen, dass die Dentinfibrillen eigentlich 
nur die Vermittlung der Empfindung bewerkstelligen, die Nerven¬ 
enden hinter den Odontoblasten aber die Rolle der Empfiudnngs- 
Perception iunehaben. Dr. Arltöty. 


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Dr. med. et phil. W. D, Miller, Professor am zaha- 
ärztlichen Institute an der Universität Berlin. Die Mikro¬ 
organismen der Mundhöhle, Die örtlichen und all¬ 
gemeinen Erkrankungen, welche durch dieselbe hervor- 
gerufen werden. (Mit 112 Abbildungen im Texte und einer 
chromo-lithographischen Tafel. Leipzig. Verlag von Georg 
Thieme. 1889. Schluss.*) 

Soeben beendige ich das für einige Zeit leider unter¬ 
brochene Studium des Miller’schen Werkes. Der Gesammt- 
eindruck, den es mir ziirückliess, ist allerdings sehr entfernt 
von der friedlichen Anschauung, welche etwa ein Kunstwerk 
in seiner Vollendung und Unbeweglichkeit wachrnft: aber eben 
deshalb viel anregender, weil man den Eindruck des Werdenden, 
der Entwickelung bekommt, weil man des harten und ehrlichen 
Kampfes um die Wahrheit ansichtig wird. 

In der That ist es eine harte Arbeit — und mag für 
Manche, gewiss mit Unrecht, als eine undankbare erscheinen — 
den Versuch zu wagen, eine so ganz junge Disciplin, wie diejenige, 
worüber der hier zu referirende II. Haupttheil des vorliegenden 
Werkes (Die pathogenen Mundpilze) handelt, systematisch dar¬ 
zustellen, für die Unzahl von Lücken mit eigener Forschung 
einzutreten und dieselben, wenn auch nicht immer auszufüllen, so 
doch durch neue Fragestellung, durch Andeutung des weiter einzu- 
schlagenden Weges für weitere Forschungen zugänglich zu machen. 

Und darin liegt eben das grosse Verdienst Miller’s, dass 
er auch da, wo ungelöste Fragen durch positive Ergebnisse 
eigener Forschung nicht beantwortet werden konnten, immer 
anregend und befruchtend bleibt für weitere Forschungen. Denn 
bei der Arbeit erweitert sich der Horizont des Forschers: eine 
Frage — je eingehender solche studirt wird, desto sicherer — 
gebärt deren mehrere und deshalb fühlt eben der gewissen¬ 
hafteste Arbeiter, der begabte Kopf am meisten das Lücken¬ 
hafte, Unvollendete seiner Bemühungen. 

In diesem Sinne unvollendet, weil eine reiche Aussaat für 
weitere Arbeiten bergend, ist nun auch dieser zweite Theil des 


*) Siehe IV. Heft 1889, Seite 286 dieser Zeitschrift. 


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157 


Miller’schen Werkes, welches ia einer Einleitung über die 
toxischen Eigenschaften des gemischten menschlichen Speichels 
handelt, um dann die pathogenen Mundpilze eingehend zu be¬ 
sprechen. Letztere theilt Verfasser in nicht züchtbare und zücht¬ 
bare — eine Eigenschaft, die wohl von der mehr-minder obligat¬ 
parasitischen Lebensweise der betreffenden Parasiten abhängen 
dürfte. (Siehe I. Theil dieses Referates.) Von letzteren, den zücht¬ 
baren pathogenen Mundpilzen, werden zwölf — darunter vier 
von unserem Autor entdeckte Species (microeoccus gingivae 
pyogenes, bacterium gingivae pyogenes, bacillus deutalis viri- 
dans, bacillus pulpae pyogenes) sehr eingehend beschrieben und 
seine eigenen Versuche über pathogene Mundpilze — (mit 42 Rein- 
eulturen von Mundpilzen, mit 2 Mischculturen und mit 22 gangrä¬ 
nösen Zahnpulpen wurden 93 Tascheninoculationen, 18 sub- 
eutane Injectionen, 60 Injectionen in die Bauchhöhle und 22 in 
die Brusthöhle gemacht) summarisch referirt. 

Dem folgenden (X.) Capitel können an praktischer Wichtig¬ 
keit nur diejenigen über Zahncaries, ihre Ursachen und Prophy¬ 
laxe gleichgestellt werden, von welchen ich bei früherer Ge¬ 
legenheit mich äusserte, dass es einfache Pflicht eines jeden 
praktischen Zahnarztes sei, dieselben eingehend zu studiren. 

Es werden in diesem Capitel die Eingangspforten der 
pathogenen Mundpilze erörtert und die durch diese Pilze her¬ 
vorgerufenen Erkrankungen nach der Eingangspforte der lufection 
in sechs Hauptgruppen eingetheilt, und zwar: 

1. Infectionen bei Unterbrechung der Continuität der Mund¬ 
schleimhaut (Verletzungen, Zahnextractionen). 

2. Infectionen auf dem Wege der gangränösen Zahn¬ 
pulpa. 

3. Störungen, bedingt durch Resorption der von den Pilzen 
gebildeten giftigen Stoffwe chselproducte. 

4. Lungenleiden, verursacht durch die bei heftiger Inspi¬ 
ration mit dem Luftstrom hinabgeführteu Mundpilze, 

5. Uebermässige Gährungsvorgänge und anderweitige Be¬ 
schwerden im Verdaunngstractus, verursacht durch Herunter¬ 
schlucken von Pilzmassen und deren giftigen Prodncten aus 
dem verunreinigten Munde. 


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158 


6 . Infection der unverletzten, aber in ihrer Widerstands¬ 
fähigkeit durch Krankheiten etc. herabgesetzten Weichtheile der 
Mund- und Rachenhöhle. 

Ich beabsichtigte auf diese Punkte speeieller eiuzugeheu, 
doch die gewonnene Ueberzeuguug, dass es bei dem mir zur 
Verfügung stehenden Raum resp. Zeit absolut uumöglieh wäre, 
einen richtigen Begriff von der Fülle der klinisch höchst wich¬ 
tigen Daten und Consequenzeu, der eingehenden bakteriologischen, 
experimentalen und physiologisch -cheraischen Beobachtungen 
und Resultate zu geben, welche da niedergelegt sind und auch 
allgemeines medicinisches Interesse beanspruchen, — bewegt mich 
davon abzustehen. Es ist eben eines derjenigen wichtigen Tbeile 
des Werkes, welche den praktischen Zahnarzt lehren werden, 
wie er ätiologisch richtig denken — [therapeutisch und prophy¬ 
laktisch im Geiste strenger Antisepsis haudeln soll. 

Zum Schlüsse bespricht noch Verfasser, und zwar fast zu 
knapp, die Actinomykosis und sehliesst einige Bemerkungen über 
die Spross-Schimmel und Scbleimpilze an. 

Die Ausstattung des Werkes ist eine glänzende zu nennen. 


Materia Medica. Bericht von A, W. Harlan. Obmann 
derSeetiou. (Trausactionsof the American Dental Association, 1889.) 

Wie in früheren Jahren, war auch diesmal die grösste 
Aufmerksamkeit dem Studium der antiseptischen und desinficirendeu 
Mittel zugewendet. Dr. G. V. Black hat in der 25. Jahresver¬ 
sammlung der Chicago-Dental-Society einen sehr umfangreiehea 
Bericht darüber erstattet. Es wird in demselben namentlich der 
Werth der ätherischen Oele in ihrer Wirkung auf die Hemmung 
der EntwickluDg von Bacterien im menschlichen Munde hervor¬ 
gehoben. 

Noch vor zwei oder drei Jahrzehnten >var unter den Prak¬ 
tikern die Meinung vorherrschend, dass ein local angeweudetes 
Heilmittel die Eigenschaft haben müsse, die Gewebe, mit denen 
es in Berührung gebracht wird, zu zerstören oder wenigsteils 
die Oberfläche derselben zu coagulireu. Auf diese Weise, dachte 
man, werde jener Grad von Irritation hervorgerufen, der für eine 


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schnelle Heilung der erkrankten Oberfläche nolbwendig sei. 
Solche, mit diesen Eigenschaften behafteten Mittel erachtete man 
nicht nur nützlich für weiche Gewebe, man empfahl sie auch 
zur Abstumpfung von schmerzhaftem Dentin an den Zahnhälsen 
und in Zahncavitäteu, ja man verwendete sie auch zur Des- 
infection von solchen Zähnen und Wurzeln, in denen die Pulp?n 
abgestorben und zersetzt waren. Es muss jedoch hervorgehoben 
werden, dass die coagulirenden Mittel, so nützlich manche in 
der zahnärztlichen Praxis sind, bei der Behandlung von pulpa¬ 
losen Zähnen zum Zwecke der Desinfectiou nicht nur nicht 
werthlos, sondern geradezu schädlich wirken. Indem diese Mittel 
die Oberfläche der Gewebe, mit denen sie in Berühruug kommen, 
coaguliren, ist ihnen jede ^veitere Einwirkung benommen. Daher 
sind alle coagulirenden Mittel hier ausgeschlossen. Schon im 
Jahre 1881 hat der Verfasser vor der Chicago-Deutal-Society 
Dachgewiesen, dass einige ätherische Oele neben ihrer kräftigen 
autiseptischeu und desiuficirenden Eigenschaften auch eine local 
anästhetische Wirkung auf lebendes Dentin haben. Es wmrden 
seit dieser Zeit vom Verfasser Experimente in sehr grosser 
Anzahl gemacht und dabei nachgewiesen, dass die ätherischen 
Oele zu den besten und wirksamsten Mitteln für die Behandlung 
Von pulpaloseu Zähnen und Wurzelcanälen zählen. 

Namentlich hervorziihen sind: Ol. cassiae, cinamam., menth. 
pip., cacajeput., eucalyptus und caryophyllor. Sie können in ver¬ 
schiedenen Proportionen angewendet werden und empfehlen sich 
dabei wegen ihres meist angenehmen Geruches. Verfasser hat 
weiters schon vor einiger Zeit auf eine besondere Eigenschaft 
der ätherischen Oele hiugewiesen, die bisher nicht genügend 
gewürdigt wurde. Die ätherischen Oele setzen in der Cavität 
eines Zahnes oder in den Wurzelcanälen eingeschlossen allmälig 
einen flüchtigen Campher ab, der eine mächtige antiseptische 
Wirkung ausübt. Diese Camphersubstanz ist nur sch^vach im 
Wasser löslich, es wdrd daher ihre Wirkung auch bei nicht 
hermetisch geschlossener Cavität nicht wesentlich beeinträchtigt. 
Daraus ist auch die Wirkung dieser Oele, wenn sie in zu 
desiuficirende Wurzelcanäle eingeschlossen sind, zu erklären. 
Der Verfasser wünscht besonders auf den Umstand aufmerksam 


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160 


zu machen, dass das Dentin eines Zahnes, dessen Pulpa vor 
längerer Zeit abgestorben ist und deren Reste und Zersetzungs- 
producte darin längere Zeit verblieben waren, gründlich desin- 
fieirt werden muss, wenn man nicht nach dem Fullen nachträglich 
Erkrankungen des Cements und des Pericements befürchten will. 
Die blosse mechanische Entfernung der putriden Massen ans 
den Wurzelcanälen ohne nachfolgende gründliche Desinfection 
des Dentins gibt keine sichere Gewähr für das Gelingen der 
Behandlung. Die ätherischen Gele sind in ihrer Wirkung aller¬ 
dings nicht so augenblicklich wie die Mercurialverbindungen 
oder selbst wie Wasserstoffsuperoxyd, ihre Wirkung ist eine 
mehr langsame, jedoch gründlich und andauernd. Verfasser 
resumirt zum Schlüsse ihre Vorzüge wie folgt: 

1. Sie wirken local anästhesirend; 

2. sie sind anregend; 

3. sie sind nicht coagulirend *, 

4. sie sind nur schw^ach im Wasser löslich, werden daher 
in ihrer Wirkung vom Speichel nur wenig beeinträchtigt; 

5. sie sind flüchtig und dringen leicht in die Gewebe ein; 

6. sie setzen eine Camphersubstanz ab, die nachhaltig anti¬ 
septisch wirkt. 

7. Vermöge seiner Flüchtigkeit hat der Campher auch eine 
Fernwirkung. 

Es werden die sogenannten blinden Abscesse desinficirt und 
geheilt, selbst wenn das ätherische Oel nicht bis an Ort 
und Stelle gebracht, sondern nur in der Pulpakammer eiuge- 
schlossen war. 

8. Der faulige Inhalt eines Wurzelcanals zeigt nach zwei¬ 
tägigem Contact mit ätherischen Oelen selbst nach Verlauf von 
14 Tagen noch keine Spur von Bacterienbildung. Dr. S. 


Purpura hemorrhagica von Morgan Adams, MD., DDS. 
Sardis, Miss. — (The Archives of Dentistry. — Januar 1890.) 

Nachdem der Autor über die bekannten Formen und den 
Symptomencomplex der Purpura gesprochen, erzählt er drei von 
ihm beobachtete Fälle. 


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Erster Fall: Heinrich L., kräftig aussehend, ungefähr 
18 Jahre alt, wurde ihm im Jahre 1878 durch seinen Arzt 
vorgestellt, der ihn seit einiger Zeit behandelte. Die Zähne des 
Jünglings waren nur noch Trümmer, das Zahnfleisch schwammig 
uud blutete bei der leichtesten Berührung. Der Arzt schlug 
die Extraction der Zahnreste vor, was Autor ablehnte. Daun 
entschloss man sich, die Excrescenzen des Zahnfleisches, die so 
ausgebreitet waren, dass das Kauen gehindert war, zu ent¬ 
fernen. Die Operation verursachte eine Hämorrhagie, die sehr 
schwer zu beschränken war, das Blutquantum stand nicht im 
Verhältnisse zu der kleinen Operation. Dies erregte Verdacht. 
Am nächsten Tage suchte man nach den pathognomischen 
Zeichen, die man auch fand. Des Jünglings Lage verschlimmerte 
sich sehr rasch, die Hämorrhagie vom Munde war zeitweise so 
stark, dass das Leben in Gefahr stand. Alle bekannten Arznei¬ 
mittel wurden in diesem Falle ohne besonderen Erfolg gebraucht, 
bis nach Verlauf von ungefähr zehn Monaten Patient sich zu 
bessern anfing und endlich auch vollkommen genas. 

Zweiter Fall: FrauL., ungefähr 35 Jahre alt, anscheinend 
von bester Gesundheit, kam wegen Blutung des Zahnfleisches in 
Behandlung. Am Tage spuckte sie fortwährend Blut aus, das 
vom Zahnfleisch kam, während in der Nacht im Schlafe ihr 
Mund mit Blut gefüllt war. Sie hatte die Petechieuflecke an 
ihren Beinen und Brust beobachtet, die nach der Untersuchung 
gefunden wurden. Sie fühlte keine Störung mit Ausnahme einer 
Ermüdung, wie sie sich ausdrückte. Ihre Zähne wurden vom 
Zahnstein befreit und die locale Behandlung begann. Ihr Arzt 
wurde consultirt und die allgemeine Behandlung eingeleitet. Sie 
genas in ungefähr zwei Wochen. 

Dritter Fall: Georg M., 25 Jahre alt, kam, sich eine Fül¬ 
lung legen zu lassen. Pathognomische Zeichen von Purpura 
hämorrhagica waren in diesem Falle vorhanden. Man verzögerte 
die Operation. Die locale und allgemeine Behandlung wurde 
eingeleitet. Dieser Fall war mit dem zweiten identisch, die Be¬ 
handlung und das Ergebniss ungefähr dieselben. Dr. T, 


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Combination von Cement und einer Metall-Legirung, 

(L’odontologie, Feber 1890.) Levett hat mit der roa Parker 
unläogst angegebenen Combination von Cement und einer Metall- 
Legirung Versuche angestellt, welche ein gutes Resultat ergeben 
haben sollen. 

Parker hat nach fünQähriger fortwährender Anwendung 
dieser Combination gefunden, dass dieselbe alle übrigen plastischen 
Füllmaterialien übertreffe und namentlich dem Ceraente durch die 
längere Dauer überlegen sei. 

Die Äuwendungsweise besteht nicht in der Vermengung 
eines käuflichen Cementes und Amalgames, sondern zweier 
selbst erzeugter Präpai'ate. 

DieMetall-Legirung besteht aus:40TheilenSilber, 60Theilen 
Zinn und 3 Theilen Platin; das Cement aus: 200 Theilen Zink¬ 
oxyd, 5 Theilen Borax, 8 Theilen Flintstein und ungefähr 
6 Theilen pulverisirten Glases, welche mit Phosphorsäure bis 
zur Consistenz des Glycerins versetzt w’erden. 

Zum jedesmaligen Gebrauch sollen beide Compositionen 
in einem Mörser innig vermengt und die Mischung wie ein 
Cement verarbeitet werden., Dr. v. 1. 


Cedernholzfitift für Wurzelcanäle. Von James 
H. Beebee, Rochester N. J. (Dental Cosraos, Deeember 1889.) 

Verfasser will die Aufmerksamkeit auf ein Material für 
Wurzelfüllungen lenken, das seiner Ansicht nach allen anderen 
bisher vorgescblagenen Materialien weit vorzuziehen ist. Es ist 
dies das für diesen Zweck sorgfältig und passend zubereitete 
rothe Cedernholz. Die Zubereitung ist folgende: Man spaltet das 
Holz in kleine Stücke, etwa in der Grösse eines gewöhnlichen 
Zündhölzchens oder noch etwas dünner, und legt es in Paraffin, 
das fast bis zum Siedepunkt erhitzt ist. Man lässt es so lauge 
darin, bis alle Feuchtigkeit entwichen ist und das Holz vom 
Paraffin durchaus getränkt ist. Dann lässt man das Paraffin 
erkalten, erhitzt dann wieder und wiederholt diese Proeedur 
so lauge, bis alle Poren des Holzes mit Paraffin ausgefüllt sind. 
Verfasser hält dieses Material deshalb für so vorzüglich, weil 


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das Cedernholz beinahe unzerstörbar ist, es ist, obzwar von 
leichter Structur, dennoch sehr weich und passt sich demgemäss, 
wenn es in den Wurzeloanal hineingepresst wird, der Form des 
Canals genan an. Das Paraffin macht es gegen Feuchtigkeit 
undurchdringlich und erleichtert dies .die Entfernung desselben 
aus dem Canale, wenn aus irgend einer Ursache es nöthig 
sein sollte. 

Verfasser wendet zum Zwecke der Desinfeetion des Canals 
vor Einführung des so zubereiteten Stiftes gewöhnlich Chlor¬ 
zink an. Dr. S, 


Lieber einige Ursachen des Verfalles der Milch* 
zähne und deren Behandlung. Von R. Denison Pedley. 
(The Dental Eecord. — Januar 1890.) 

Nach Anführung verschiedener constitutioneller und prä- 
disponirender Ursachen, die zum Verfall der Kinderzähne führen, 
kommt Autor auf die unrichtige Nahrung zu sprechen. In der 
Externalabtheilung eines Krankenhauses, wo die zur Hilfe gegen 
Zahnkrankheiten Kommenden ein Alter von zwölf Monaten bis 
acht Jahren haben, konnte Autor beobachten, dass die Nahrung 
nicht mangelhaft ist, sondern vielmehr unzweekmässig gegeben 
wird. So wurde ein zweijähriges Kind von seiner Mutter ge¬ 
bracht, das angeblich nicht essen konnte. Die Prüfung ergab 
einen cariösen Molar auf jeder Seite des Unterkiefers. Die 
Ränder des Zahnfleisches waren tief ulcerirt, die Zahnhälse oben 
und unten auf beiden Seiten entblössend, Ebenso war die 
Wangenschleimhaut tief ulcerirt und zeigte einen gelblichen, 
schmutzigen Grund mit dünnem eitrigen Ausfluss. Des Kindes 
Athem war sehr stinkend, die Zunge stark belegt. 

Auf die Anfrage betreffs der Diät erfuhr Autor, dass sie 
hauptsächlich aus Butterbrod, Thee, Bier und Fleisch bestand. 
Die Mutter trug mit sich ein sechs Monate altes Kind, schwäch¬ 
lich und kränklich, das kräftig an einer schmutzigen Flasche, 
Milch, Thee und Wasser enthaltend, saugte. Das Weib war 
gut gekleidet und sagte, sie haben stets reichliche Nahrung. 

5 


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Nachdem Autor die bekannten Vorschriften über Kinder¬ 
diät gegeben, kommt er auf die Unreinlichkeit als eine der 
wichtigsten Ursachen des Verfalles der Zähne zu reden. Die 
Kinder der Armen sind sehr selten mit einer Zahnbürste be¬ 
kannt, jene der mittleren Classen machen davon keinen Gebrauch. 
Bei den Ersten ist es dem Umstande zuzuschreiben, dass ihre 
Eltern ihre eigenen Zähne nie reinigen, bei den Zweiten, dass 
die Gewohnheit zu spät begonnen hat. Die Leute glauben, dass 
es nicht nothwendig ist, ein Kind zu lehren, seine Zähne zu 
reinigen, bis sie ihm die Ursache nicht erklären können, oder 
da die Zähne doch nur Milchzähne sind. „Ich dachte, mein 
Kind ist noch nicht gross genug“, hört man gewöhnlich 
sagen. 

Obschon das Publikum den Werth der conservativen 
Zahnheilkunde schätzen mag, ist es doch merkwürdig, dass so 
wenig Sorge für die temporären Zähne verwendet wird. Selten 
beobachtet der Mutter ^rächendes Auge die beginnende Fäulniss 
und ein Rath wird erst dann begehit, wenn es zu spät ist. Dieses 
ist stets der unveränderte Fall in der Krankenhauspraxis. 

V enn wir uns erinnern, wie dauernd die ersten Eindrücke 
sind, £0 kann man schwerlich staunen, dass das Kind sich scheut, 
eine Percon wieder zu besuchen, die es als seinen Feind be¬ 
trachtet. 

Zur localen Behandlung übergehend, meint Autor, dass 
die Aengstlichkeit des Patienten, das fortwährende Speichel¬ 
tröpfeln und nicht am wenigsten die kleinen Dimensionen der 
Mundhöhlung viele Schwierigkeiten bereiten. 

Ist der Verfall sehr oberflächlich, so genügt ein wenig 
Caustik. Autor befeuchtet gewöhnlich eine Baumwollcompresae, 
reibt sie auf einer Stange Silbernitrat, führt sie über die cariöse 
Oberfläche und wischt sie dann mit warmem Wasser aus. 
Wenn die Oberfläche rein gehalten ist, wird diese Application, 
gelegentlich wiederholt, sehr oft jede weitere Störung hemmen. 
Besonders nützlich erweist sie sich um den Hals der temporären 
Zähne und auf der labialen Oberfläche. Sollte eine Fällung ge¬ 
macht werden, so kann dieselbe Methode befolgt werden, wo 
die ganze cariöse Masse nicht entfernt werden kann. 


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Für FüllüDgen empfiehlt Autor uur gute Guttapercha und 
Amalgam (womöglich Kupfer). Zum Schlüsse spricht sich Autor 
entschieden gegen jede Wurzelbehandlung und Wurzelfüllung 
bei temporären Zähnen aus. Dr. T. 


Gingivitis in Folge von Influenza. (L'odontologie 
Feber 1890.) Lecaudey berichtete iu der „Societe d’Odonto- 
logie“ über Erfahrungen, die er angeblich während der Influenza- 
Epidemie zu machen Gelegenheit hatte. 

Nach ihm manifestirte sich die Influenza auch in def 
Form einer ganz besonderen Gingivitis, welche er bei mehreren 
Influenzakranken beobachtete. Das Zahnfleisch war leicht ge¬ 
schwollen und wie mit kleinen Granulationen durchsäet. Oefters 
bestand die Gingivitis für sich allein, zuweilen war dieselbe mit 
Schmerzen im Ohre vergesellschaftet. 

Die eingeschlagene Therapie — „antiphlogistique et 
calmant“ (?) — bestand in Scarificationen und nachträglicher 
Anwendung von — Jodtinctur nebst einem Gargarisma, bestehend 
aus Zehn Tropfen Belladonnatinctur aut ein halbes Glas lau¬ 
warmen Wassers; dieselbe soll gute Resultate ergeben haben, 
während bei den ersten Fällen, welche mit Glycerin und Bor¬ 
säure behandelt wurden, der Erfolg ein minder zufrieden¬ 
stellender gewesen sein soll. 

In der dieser Mittheilung folgenden Discussion erklärte 
P. Dubois, gleichfalls zwei Fälle gesehen zu haben, welche 
mit den von Lecaudey beobachteten grosse Aehnlichkeit be- 
sassen, Dr, v, L 


Crystalloid Gold von (7. M. Johnson^ Chicago. (Dental 
Review, März 1890.) Johnson befürwortet dieses neue 
Goldpräparat auf’s Wärmste, und scheinen seine Aus¬ 
führungen für den praktischen Zahnarzt Beachtung zu ver¬ 
dienen. Unter crystalloidem Gold wird ein Präparat verstanden, 
welches aus zwei Lamellen Folie, zwischen welchen ein grösseres 
Quantum Krystallgold gelegt ist, besteht. Die Idee stammt von 
R. S. Williams, New-York. Es besitzt die gute Eigenschaft, 


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zähe and sehr adaptabel zu sein. Es wird in vier Nummern 
verfertigt: Nr, 1 und 2 sollen für den Anfang der Füllung 
dienen; Nr. 3 für die allgemeine Verwendung und Contonr- 
arbeit; Nr. 4 für combinirte Füllungen, nämlich mit Amalgam 
(cervicaler Rand). Verfasser hat nur mit Nr. 1 und 2 Erfahrung 
erworben und bezeichnet sie als die besten Goldpräparate, die 
man je für den Anfang der Füllung zur Verfügung besass. Die 
specielle Behandlung dieses Goldes besteht in der Anwendung 
möglichst breit pointirter Flügger, ferner in der sorgsamen 
Adaptation zum Cavitätengrund oder zw deren Wandungen, 
was umso leichter zu bewerkstelligen ist, da das Präparat sieh 
nicht — wie Folie oder Cylinder — umstülpt. Gegenüber dem 
«Non cohäsiv“ besitzt es auch den Vortheil, an Ort und Stelle zu 
bleiben, wo es applicirt wird, während dies bei „Non cohäsiv* 
nicht immer gelingen will. Die Pellets sind am zweckmässigsten 
nach Bedarf znzuschneiden und eine gewisse Anzahl derselben 
in Vorrath zu halten. Bei Beginn (start) der Füllung soll das 
Annieten vermieden werden, und nur zur Zeit der Completirung 
der Füllung mittelst Nr. 3 soll genietet werden, und zwar 
das rothglühende Gold. Nach entsprechendem schliesslichem 
Hämmern soll man eine ebenere Oberfläche gewinnen, als es 
durch gewöhnliche Folie erzielbar ist. Hoffentlich wird das 
Präparat in unseren Dental-Depöts recht bald- erhältlich sein. 

_ A. 

Modeilir-Compositionen zum Abdrucknehmen. Von 

Dr. Geo. S. Staples, Sherman, Taxos. (Archives of Dentistry, 
January 1890.) 

Verfasser gibt in diesem Artikel seine eigenen Erfahrungen 
über die Abdruckmassen nach einer Praxis von ungefähr acht 
Jahren mit denselben, Verfasser spricht sich zu Gunsten der 
Abdruckmassen aus. Er räumt dem Gyps zum Abdrucknehmen 
keinerlei Vorzüge vor den Modellir-Compositionen ein. Die Zahn¬ 
ärzte, die Gyps favorisiren, haben die Abdruckmassen gewiss 
nicht mit der nothwendigen Sorgfalt verwendet. Namentlich 
bei partiellen Stücken sind sie entschieden dem Gyps vorzu¬ 
ziehen. Eine solche Platte, nach einem Gypsabdrucke und 


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namentlich bei schief stehenden Zähnen, wird ohne Torberiges 
Zarechtfeilen an den Stellen, wo sie an den natürlichen Zähnen 
anzaliegen hat, nicht in den Mnnd gebracht werden können. 
Ein Wachsabdrnck gibt bei nnregelmässig stehenden Zähnen 
an diesen Stellen etwas nach and eine leichte Correction des 
Modells an diesen Theilen wird bei einem sonst guten Abdruck 
die Platte nicht bindern, in den Mnnd gebracht werden zu 
können. Für den Patienten ist die Abdruekmasse entschieden 
weniger unangenehm als Oyps. Aber auch für ganze Sätze lässt 
sich mit den Abdruckmassen ein ebenso correcter Abdruck er¬ 
zielen als wie mit Gyps, und man hat dabei noch den Vortheil, 
ein viel glatteres Modell in kürzerer Zeit und mit weniger Um¬ 
ständen zu erhalten. Verfasser gibt nun seine Methode wie 
folgt, an: Man nehme einen etwas grösseren Abdrncklöffel als 
wie für Gyps, mit einem üeberschnss von Abdruckmasse. Man 
drücke sanft an und halte die Lippen ab, bis der Löffel überall 
gut am Platze ist. Vor dem Abdrucknehmen wird dem Patienten 
ein. Speiehelsack vorgebunden. Hierauf wird mit einer Spritze 
Eiswasser bis zur vollständigen Erhärtung der Masse in den 
Mund gespritzt. Wenn man einen solchen Abdruck dann aus 
dem Munde entfernt, lässt' er nichts zu wünschen übrig. 

■ ■" ■ Dr. Ä 

Eine schwere CocaYn-lntoxication. Von M. F. Hoenel. 
(Semaine mödicale. — Le progrös dentaire. — Jänner 1890.) 

Mit der Verbreitung des Cocains und hauptsächlich mit 
der häufigen Verwendung von parenchymatösen Injeetionen ist 
es nicht zu verwundern, wenn die Intoiicationsfälle sich ver¬ 
mehren. Schon kleine Dosen können bedenkliche Erscheinungen 
verursachen; während man gesehen hat, dass wiederholte In- 
jectionen, entsprechend Totaldosen von 10 bis 20 Oentigramrn 
Cocain, gar keine Unannehmlichkeiten hervorriefen. (Fränkel: 
10 Spritzen einer Lösung ä 1 ; 100; Schmidt: 10 Spritzen 
einer Lösung von 4 : 100.) 

Autor, der davon in seiner Poliklinik einen täglichen Ge¬ 
brauch macht, hat einige leichte Intoxicationsfälle beobachtet, 
Blässe, kalten Sehweiss, Schwindel, Betäubung (Taumel), Ban- 


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gigkeil, Unbehageö, beschleunigter Puls etc., alles Unannehm- 
lichkeiten, die mit Amylnitrit-Iahalationen verschwanden. In 
einem Falle, in dem deren Anwendung nicht von Erfolg war, 
hatte die Patientin bei einer lojection von O'OOS Gramm eine 
schlaflose Nacht. 

Angesichts der verschiedenen Empfänglichkeit bei ver¬ 
schiedenen Individuen verabreicht Hoenel nur ganz kleine 
Dosen und steht bei grossen Operationen ganz davon ab. För 
eine einfache Incision gebraucht er 0 005 Gramm und zwei bis 
drei Mal die nämliche Menge für kleinere Operationen wie die 
Ablation eines Tumors, Extraction eines Fremdkörpers, Phimosis- 
operation, zur gleichen Zeit seine Zuflucht zur künstlichen Blut¬ 
stillung nehmend. Zu einer Zahnextraction genügt auf jeder Seite 
zwischen Zahnfleisch und Alveole 0 005 Gramm einzuspritzen, 
ln der Mehrzahl der Fälle ist das Resultat glänzend. Immerhin 
kann man vollständige Erfolglosigkeit haben. Die grösste und 
ohne Unannehmlichkeit vom Autor angen^endete Dose beträgt 
0’035 Gramm. 

In dem Falle, der den Gegenstand dieser Notiz bildet, 
batte ein Zahnarzt einem jungen, kräftigen Mädchen von 
19 Jahren drei Viertel einer eine 15 : 100 Lösung enthaltenden 
Spritze, also 0’1125 Gramm, in zwei Malen unter das Zahn¬ 
fleisch injieirt und dann die Extraction ohne Schmerzen ausge- 
führt. Sogleich nachdem Patientin — und zwar auf eine ganz 
unbewusste Art — sich den Mund ausgespült hatte, war sie 
blass geworden, verlor die Besinnung und es traten Convulsionen 
auf. Amylnitrit und kalte Applicationen auf der Stirne hatten 
keine Besserung zur Folge. 

Als Hoenel die Kranke erblickte, war sie immer noch 
ohne Besinnung, unempfindlich jedem Reize gegenüber, die 
Respiration mit Seufzern begleitet, das Gesicht cyanotisch, der 
gesammte Körper, Rumpf und Extremitäten durch clonisehe 
Convulsionen erregt, welche sieh mit allmälig wachsenden 
Ruhepausen wiederholten. Die Gesichtsmuskeln nahmen an diesen 
fünf Stunden dauernden Krämpfen nicht Theil; die Pupillen 
waren mittelmässig dilatirt ohne Reaction; kein Exophtalmus, 
heisse und trockene Haut, thermometrische Messung am Ende 


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der Krisis ergibt 32-62, der Puls, im Anfang nicht zu zählen, 
gab gegen Ende 176 Pulsationen, die Respiration 44. Nach dem 
Verschwinden der Gonvnlsionen blieb die Kranke noch Zwei 
Standen ohne Besinnung. Zu sich gekommen, gibt sie an, nach 
der zweiten Injection ohne Bewusstsein gewesen zu sein. Es 
war ihr unmöglich, sich aufrecht zu halten, die Arme anfzu- 
heben, die Hand, die man ihr reichte, zu drücken. Halbe 
Photophobie, das Empfindungsvermögen der Haut war vermin¬ 
dert, die Schleimhaut der Nase und des Mundes vollständig 
anästhesirt, Geruch und Geschmack verloren; trockene Kehle, 
brennender Durst; Puls 132, Respiration 28. Darauf entstand 
Cardialgie, zuerst weniger intensiv, in den folgenden Tagen 
immer mehr; Urinabsonderuug während 24 Stunden unter¬ 
drückt; kein Schlaf während 30 Stunden, kein Appetit 
während 4 Tagen. 

Während die anderen Erscheinungen in zwei bis drei 
Tagen verschwinden, verbleibt die Cardialgie sechs Tage. Amyl- 
nitrit und kalte Compresseu an den Kopf ohne Erfolg; ziemlich 
grosse Dosen Opiums scheinen keinen grossen Einfluss gemacht 
zu haben. 

Alle diese Erscheinungen stimmen mit denen überein, 
welche die Arbeiten von Dänini, Anrep, Dardufi etc. ex¬ 
perimentell dem Cocain zusehreiben; Störung der Sensibilität, 
epileptiforme Anfälle von corticalem Ursprung (vasomotorischer 
Krampf); beträchtliche Erhöhung des Blutdruckes: Beschleuni¬ 
gung des Pulses, Verminderung der Seeretionen. 

Landterer hat die Maximaldosis einer Cocalninjection 
auf O-Olö festgesetzt, Decker 002 Gramm, Hoenel würde 
bei ä 0'03 Gramm stehen bleiben, jedoch mit der Mahnung, 
diese Dosis bei Cachectischen, Herzleidenden und Greisen nie 
zu erreichen. Dr. T, 


Antiseptische Wirksamkeit kleiner Sublimat-Dosen 

von M. T. Sodalji de Rome. — (Bull. Mdd. — Revue et Ar- 
chives Suisses D’odontologie. Fevrier 1890.) 

Wenn man eine an und für sich schwache Lösung von 
Sublimat und dazu noch kleine Dosen anwendet, ;uja;’ai:)jsep*5 


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tisch zu wirken, kunn män die sie auszeichnenden Eigenschaften 
dadurch erreichen, dass man sie auf eine Temperatur von 45 
bis 50 Grad bringt. Die minimalen Dosen, auf diese Art wirksam 
gemacht, sind deshalb nicht mehr caustisch noch toxisch. 
Experimente auf Flüssigkeiten, wie Urin, Milch und Fleisch¬ 
brühe, auf Culturen haben dem Autor die gute Begründung 
dieser Behauptung bewiesen. Dasselbe ist der Fall bei Anwen¬ 
dung des Sublimats in der Chirurgie, Gynäkologie, wo äusserst 
kleine Dosen, aber deren Substanz auf 45 bis 50 Grad erwärmt 
w’orden war, die gleichen antiseptischen Wirkungen hatte, wie 
stärkere Dosen, ohne Unannehmlichkeiten zu bewirken. 

Dr. T. 


Ueber einen eigenthUmlichen Fall von hochgradiger 
Salivation und deren Heilung berichtetDr.J?o5?e^fo im „Boletin 
de medicina y farmacia.« (L’art dentaire, März 1890.) 

Bei einem 32jährigen Manne von gesunder Constitution 
stellte sich — angeblich ohne jede nachweisbare Ursache — eine 
Vermehrung der Speichelsecretion ein, welche allmälig zunahm 
und zuletzt einen enormen Grad erreichte. 

Der Kranke gebrauchte nach ärztlicher Verordnung chlor¬ 
saures Kali, Adstringentia, Narcotica und andere Medicamente 
— ohne jeden Erfolg. 

Als der Patient in die Behandlung Dr. Robledo’s kam, 
w^ar er — nach angeblich zweijährigem Bestände des Uebels — 
physisch und psychisch hochgradig herabgekommen. 

Die von Dr. Robledo vorgenommene genaue Untersuchung 
führte gleichfalls zu keinem Resultate betreffs der veranlassenden 
Ursache des Leidens. 

Es wurden nun abermals chlorsaures Kali, Opium und 
Atropin verordnet, nebenbei ein roborirendes Regime eingeleitet, 
Kaltwasserbehandlung und Heilgymnastik angewendet — Alles 
ohne Erfolg. 

Endlich wurde Extractum niicis vomicae gegeben, 
und zwar 0*25 in 20 Pillen; schon während des Gebrauches 
dieser ersten Dosis stellte sich w^ahrnehmbare Besserung ein, 
fortgesetztem Gebrauche und gesteigerter Dosis — 


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0*15 pro die — rasch zunahm und ein Monat nach Beginn 
dieser Behandlung zur vollständigen Heilung führte, nachdem 
inzwischen auch das Allgemeinbefinden des Kranken wieder zur 
Norm zurückgekehrt war. 

Wenn die Beobachtung und deren Wiedergabe correct 
sind, so ist der vorliegende gewiss als interessanter Fall 
anzusprechen. Dr. v, L 

Das Waschen des Amalgams. Von Dr, B, 0. Stevens, 

Hannibal, M. 0. (Archives of Dentistry, April 1889.) 

Verfasser fühlt sich zu einer Mittheilung über das Aus¬ 
waschen des Amalgams bewogen, "weil von anderer Seite gegen 
das Auswaschen des Amalgams gesprochen wurde. Verfasser ist 
im Gegentheile der Ansicht, dass jedes Amalgam ausgewaschen 
werden muss. Er ist ein Gegner des Auspressens des Amalgams, 
bevor es in die Zahnhöhle gebracht wird, da die Erhärtung des¬ 
selben dadurch beschleunigt wird. Zerkleinert man das Amalgam 
nach dem Auspressen, um es in die Cavität zu bringen, lässt es sich, 
da die Erhärtung schon begonnen hat, schwer stopfen. Verfasser 
wäscht jedes frisch empfangene Päckchen Amalgam gründlich 
drei- bis viermal mit Alkohol aus, bis dasselbe sich nicht mehr 
färbt. Dann wird es auf reinem Papier ausgebreitet und trocknen 
gelassen und nachher in zw^ei weithalsigen Flaschen unverschlossen 
aufbewahrt. Nach Ansicht des Verfassers erhärtet ein gutes 
Amalgam gleichmässiger und langsamer, wenn man es in einer 
unverschlossenen Flasche aufbewahrt, obzwar dadurch und durch 
das Ausbreiten und Trocknen au der Luft zur Oxydation desselben 
Veranlassung gegeben ist. Verfasser hat nämlich die Beobachtung 
gemacht, dass ein frisch geöffnetes Packet schneller erhärtet und 
sich ungleichmässiger verarbeiten lässt, als wenn es einige 
Wochen unverschlossen gehalten wurde. Aus dem Waschspiritns 
kann man durch Absetzeu eine erdige dunkle Masse gewinnen, 
die, mit Quecksilber gemischt, langsam erhärtet und dann sehr 
dunkel und brüchig wird. Wenn diese Masse nicht durch Aus¬ 
waschen vorher aus dem Amalgam entfernt wird, gibt sie die 
Ursache der dunklen Färbung und der Brüchigkeit der Bänder 
Verfasser mischt das Amalgam in der Hohlhand, britfgti^s 3a: 


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172 


kleinen Stückchen in die Cavitüt and presst es sorgfältig mit 
erwärmten platten Instrumenten an die Wände der Cavität, so 
dass alle Irregalaritäten erreicht werden. Wird die Cavität feucht, 
kann dieselbe mit Baumwolle aasgetrocknet und dann weiter 
gefüllt werden. Nach dem Erhärten wird gründlich polirt. 

Dr. S. 


Varia. 


Docentur. Herr Dr. Wilhelm Yajna in Elausenbnrg 
wurde über Vorschlag der dortigen Universität, vom königl. 
Ungar, ünterrichtsminister zum Docenten für Zahnheilkiinde 
bestätigt. jEJ. 


Berichtigung, 

In meinem Bericht über den «Internationalen zahn¬ 
ärztlichen Congress in Paris* im I. Heft 1890 dieser Zeit¬ 
schrift, habe ich auf Seite 52 irrthümlich erwähnt, dass Herr 
Docent Dr. Bleichsteiner in Graz, bei leichteren Cocaln- 
Intoxicationen ein Gramm 10*/o Extr. opii aequosi injicirt, 
während es richtig referirt heissen sollte: Bei hysterischen 
Anfällen ist Extr. opii aequosi indicirt. 

Budapest. Dr. Armin Bofhniann. 


Aufruf. 


Der gefertigte Leiter des k. k. zahnärztliehea Universitäts- 
Ambulatoriums stellt an die Herren Faeheollegen die Bitte um 
Zusendung von Anomalien, Präparaten, Gypsabgüssen etc. für 
die in ihren Anfängen bereits bestehende Sammlung des 
Instituts. 



Doc. Dr. Julius Scheff jnu. 

Wien, I. Hoher Markt 4. 


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Empfangene Zeitschriften. 


A m e 

The Dental Cosmos. 

The Internat. Dental Journal. 
Archives of Dentistry. 

The Dental Advertiser. 

Dental Office and Laboratory. 


r i k a: 

Items of interest. 

The Southern Dental Journal. 
Ohio Journal of Dental Science. 
The Dental Review. 

The Western Dental Journal. 


Deutschland. 

Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkuude. 
Correspondenzblatt für Zahnärzte. 

Journal für Zahnheilkunde. 

Die zahnteehnische Reform. 

Zahnärztliches Wochenblatt. 

Centralblatt für chirurg. und orthop. Mechanik. 

England. 

The British Journal of Dental Science. 

The Journal of the British Dental Association. 
The Dental Record. 


L’art dentaire. 
Lodontologie. 


Frankreich. 

Revue odontologique. 
Le progrt^s dentaire. 


Oesterreich. 


Oesterr. ärztl. Vereins-Zeitung. 
Centralblatt für die gesammte 
Therapie. 


Zahnärztliche Rundschau. 
Medicinisch - chirurgisches 
Centralblatt. 


Schweiz. 

Revue et Archives suisses d’odontologie. 

Illustrirte Monatsschrift der ärztlichen Polytechnik. 


Russland. 

dyöoBpaqeÖHUM B-bciHHK'B, (Zahnärztlicher Bote.) 

Wir bestätigen den Empfang von Tauscheiemplaren der 
genannten Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung 
unter der Adresse: - - . 

Julius Weiss, Wien, I. Fleischmarktifk 1. ^ ^ 


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tiii ninmniiimii ii»iiniiiiiH»iiiiiiTnitHiiiiiiiU]HiiiiiunilimniiliiiJiiiLiiiuiü]iiMllJUllilililiil 


^ Atlas zur Pathologie der Zähne. 

Von 

Prof. Dr, M. Beider und Prof. Dr. C. Wedl. 
Z-weite veraacieKrte ja*vuflag*e. 

Bearbeitet von 

Dr. J* V. Metnitz 

Docent der Zahnheilkunde an der Universität Wien. 

Mit cnolisclicr Ucbersetzung von E W, Ruggles,* M. D., New^York, City- 
Erate Lieferung. — In Lnp.-Quart. Tafel I—VI und 3 Bogen Text. 
Preis broschirt fl. 4.80 b. W. Der Atlas wird in 4 Lieferungen erscheinen 
und Ende 1890 vollständig vorliegen. 

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Handbuch der zahnärztlichen Heilmittellehre 

von Professor Holländer 

Director der königl. zahnärztlichen Poliklinik a. d- Universität Hal'e a. S 

nnd Dr. Schneidemfihl 

Docent an der königlichen Universität Kiel. 

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einschlägigen Bücher sind schnellstens zu beziehen durch 

% R. LÖwiti Buchhandlung, Wien, Rothenthurmstrasse 22« ^ 


ii im t iiuLHiun Tw ii i uwi H iin nTHTniiimitS 


Ein fflorrison-Chair — Eine White’s Office Dental Lathe 

wenig gebraucht, sind ä fl. 100.— , respective fl. 25.— zu ver¬ 
kaufen. Auskünfte ertheilen die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleischmarkt 1. 


Ein Vertreter 

Univ. ined. Doctor, wird für den Monat August gesucht. An¬ 
fragen unter „Vertreter Nr. 81“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, 1, Fleischmarkt 1. 


Mehrere Techniker 

für Wien und die Provinz zum sofortigen Antritt gesucht. 
Offerten unter ,,Techniker Nr. 82"^ an die Herren 


Weiss St Schwarz, 


Wien, I. Fleischmarkt 1. 


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^ II 


Dieses vorzügliche Phosphat-Cemeut hat in 
England die weiteste Verbreitung gefunden und 
kann in Dosen, welche je 4 Fläschchen Pulver 
(gelb, braun, bläulich und weiss) und 1 Fläsch¬ 
chen Flüssigkeit enthalten, zum Preise von 

^ Mark 8.— — fl. 4.80 ö. W. 

von allen Dental-Depöts bezogen werden. 

J. A. Robertson D. D. S. 

-- ^ n- 

Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

Weiss & Schwarz 

T^ieaa, I. neiscliixisirlst 1. 




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Dr. W. Vajna’s „Capillar-Injectoren“. 

Diese Instrumente dieueu zur leichten iiud ßichereu Eiufiihrimg ver¬ 
schiedener flüssiger, desinficireuder Medicamente in die Zahnwurzelcanäle; 
durch dieselben werden Zahnwurzeln leicht und vollständig desinficirt und 
die Füllung pulpaloser Zähne auf eine bisher noch nicht erreichte Weise 
erleichtert. Die Capillar-Injectoren können vor der Füllung der Cavität zum 
Ausspülen derselben mit verscliiedenon Medicamenten und zui’ reinen und 
prompten Auflegung von Heilmitteln auf die exponirte Pulpa oder auf das 
sensible Dentin, sowie bei der Behandlung der Rigg’schen Krankheit zur Ein¬ 
führung verschiedener Heilmittel unter das Zahnfleisch, gebraucht werden. 




Preis eines Etuis, enthaltend: 
b Stück Capillar-Iujectoren (Fig. 1, 

2 und B), 2 Stück Gummiansätze, 

3 Stück Homöopath. Fläscliclien nebst 
genauer Gebrauchsanweisung 

31. o.— := fl. 3.—. 

i'V'i (Siehe een Artikel Dr. Vajna’s auf Seite 130 dieses Heftes.) 

' Zii heziehen’vöii WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleischniarkt Nr. 1. 


Anwendung. 




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Fig. 1. 


Fig. 1. Zum Stellen, 
in massivem Nussbaum 
elegant ausgestattet, mit 
5 Schubladen M. 30.— 
= fl. 18.— ö. W. 

Derselbe Kasten, 
kleineresFormat M.25.— 
fl. 15.— ö. W. 

Fig. 2. Zum Stellen, 
in massivem Nussbaum¬ 
oder Eichenholz, elegant 
ausgeführt, mit Nickel- 
rerzierung M. 50.— = 
fl. 30.— ö. W. 



Fig. 2. 


Zur Einrichtung der 
Medicamenten-Schränke 
liefern wir Pulvergläser 
und Stöpselflaschen mit 
eingebranntem Schild 
nach Angabe, für 50 Gr. 
Inhalt ä Mr 1.25 = 
fl. —.75 ö. W., für 
100 Gr. ä M. 1.50 = 
fl. —.90 ö.W. per Stück. 


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Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ 

■Wi:E33Sr, 1. neisclj.ECLa,r3st 1. 


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Excavatoren. 






128 129 130 131 133 133 134 

Preise siehe 



■ • ' • » II I i I I I I I I 1 I I 

135 136 137 138 139 140 141 142 143 

auf der nächsten Seite. 


6 


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Excavatoren. 


1? ü H 3 I t n Mi 1 /( \ 

MM VU ) 



iU U5 1^6 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 

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162 163 164 165 


166 167 168 169 170 171 


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(} U 0 H I « 1 n 1 «J 

^ 3; 3\ I n I 1 



173 174 


175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 l88 189 

/ jf ^ jf 1 Preise per Stück: ,, 

il//M\ ' Mm '/ \ S. S.White’s Fabrikat mit vernickeltem 

Griff M. 1.- = fl. —.60 ö. W. 

S. S. White’s Fabrikat als conische 
Einsatzinstmmente 
M. -.50 = fl. —.30 ö. W. 
Englisches Fabrikat mit blauem Griff 
M. —.65 = fl. —.40 ö. W. 

190 191 192 193 194 195 

Zii lieziBlifiü TOD WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleiscliniartl Hr. 1. 



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Polirer. 



3 ? 38 ’ 

x\r. , Prem per Stück: . . 

» 32-^41 ’ ^ Fabrikat mit geh. vernick. Griff M. 

^l8CouischesEiusatziu.striimeiitM 15o”—fl an * ixr ” ” 

■' « - glattem „ ” 

« 32—41 ” ” ” brauem 

” ” n geh. vemickelteu 

” ” » glattem „ 


blauem 


2.20 == fl. 1 

2.50 .. 1 

1 

.. 1 

.1.50 

1.20 = 

2.25 „ 1 

1.75 = „ 1 


.32 ö. W 
.50 


Di^hiz^ä ©O ' 


10 

.20 

.90 

.‘72 

.35 

.05 

.87 




Meissei (Chisels). 



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Meissei (Chisels), 




PreiseperStttck: • 

S. S. White’s Fabrikat als conisches Emsatzinstrument M. 1.50 = fl. —.90 ö. W. 

„ „ mit gehauenem vemickelt.<jGriif „ 2.20 = „ 1.32 „ 

Englisches „ „ „ „ ‘ „ „ 2.— = „ 1.20 

„ „ , glattem „ „ „ 1.50 = „ —.90 „ 

f) n n n n n n 1*20 = „ .72 „ 



Dr. R. W. Starr’s 



(Root-reducers.) 


Fig I, 2 . 



Diese Meissei sind bestimmt, die Ränder der Wurzeln abzutragen, um dieselben 
^ (collars) bei Kronenarbeit geeignet zu machen. Fig. 1 zeigt die 

Zahnwiu*zel in ihrem natürlichen Zustande, Fig. 2 nach deren Präparation mit 
Dr. Starr’s Meissein. Nr. 1 und 2 sind für die frontalen, Nr. 3 und 4 für die rück¬ 
wärtigen Zahnwurzeln bestimmt. 

Preis per Stück als conische Einsatz-Instrumente M. 2.— = fl. 1.20 ö. W. 


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(small scalers). 



Preis per Stück: 

S. S. White’s Fabrikat mit fa^onirtem Ebenbolzgriff 
M. 2.20 = fl. 1.32. 

Dr. Abbott’s Instrumente 

zum Entfernen des Zahnsteines. 



2 3 4 5 67 8 9 




u 



10 11 


12 13 


Preis per Stück: 

S. S. WhUe’s Fabrikat mit geh. vern. Griff M. 2.20 = fl- i* 


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DR- BROWN’S 

„Heroic“-Meissei. 


3 cziriD 


□ □ 



-...iru'rzr 

sehr empfohlen. amenkanischen Dentisten 

Preis per Stück: 

8. 8. WHITE'S Frtriluil, klag ai|Muu. 

"■■■ 1. J 8 Mk. 6.80 _ (. 8.90 6. W. 

j? 5, 6 ^ 7^— == 4 20 

Etuis dazu ” r Vn ” 

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Instrumente zum Entfernen des Zahnsteins * 

(Scalers). ^ ^ 





Instrumente zum Entfernen des Zahnsteins 





Preise per Stück: 

S. S. White’s Fabrikat als conische Einsatz¬ 
instrumente M. 1.50 = fl. —.90 ö. W. 

S. S. White’s Fabrikat mit gehauenem ver¬ 
nickelten Griff M. 2.20 = fl. 1.32 ö. W. 
Englisches Fabrikat m. gehauenem vernickelten 
Griff M. 2.— = fl. 1.20 ö. W. 
Englisches Fabrikat mit glattem vernickelten 
Griff M. 1.50 = fl. —.90 ö. W. 
Englisches Fabrikat mit glattem blauen Griff 
M. 1.20 = fl. —.72 ö. W. 


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Preise per Stück: 

S. S. White’s Fabrikat als conische Einsatz-Instrumente: 


Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 13, 14.15, 16,17. 20, 21, 22, 29 M. 2.— 
„ 8, 9, 10, 11, 12, 18, 19, 23, 24, 25, 26, 27, 28 „ 1.50 

Mit gehauenen veni. Griffen die Nr. 1, 2 u. s. w. „ 2.50 

ft Q 2 20 

Englisches Fabrikat mit geh. und vem. Griff alle Nrn. „ 2.— 
ij j, glattem jj l.oO 

„ „ „ „ blauem „ „ „ „ 1.20 


1. 1.20 
„-.90 
„ 1.50 
., 1.32 

i, 1.20 

„-.90 

„ 1.20 


8. W. 

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Instrumente für plastische Füllungen. 


Dr. J. Foster-Flagg’s. 



30 31 32 33 34 33 3C 37 33 30 40 41 


Guttapercha-Instrumente. 



42 43 44 43 i6 47 48 49 50 51 


Preise per Stück: 

S. S. White’s Fabrikat als conische Eiusatzinstriimente: 

Nr. 30, 31, 35, 37—41, 43—45 .M. 1.50 = fl. —.90 ö. W. 

„ 32, 33, 34, 36 . .„ 1.10 = —.66 „ 

«^^42. 2.20 = „ 1.32 „ 

mit gehauenem und vernickelten Griff: 

Nr. 30, 31, 35, 37—41, 43—.52 .M. 2.20 = fl. 1.32 5. W. 

« 32, 33, 34, 36 1-75 = „ 1.05 „ 

Englische.s Fabrikat mit vern. Griff’ alle Niuimiern „ 1.50 = „ —.90 „ 

« n r blauem „ ,, ,, „ 1.25 = „ — .75 „ 


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The Improved 

Wilkerson Dental Chair 

WITH DETACHBLE ARMS. 




MateriRl improvefflenta 

d elevating the back, every motiou of the thair may oe g^ployed, 

.t ofk^e of the operator, and that, too, whde both hands areem^^ 
d wÄ moving from the position at the s.de or hack of the patie 
Made in Low, Medium, and High Base. 


PRICES. r. 11 i«n 

M/r T»1 1, . Roll. 180- 

[n Best Quality Green or Maroon Plush .. 180.- 

[n nrimson Plain Turkey Morocco or Leatner • • • •. ' \ ^ 

[n Einest Green or Maroon Plush, puffed with Plush, trimme 
with Silk Cord, with Wilton Carpet . . . • • • • 

In Emhossed Turkey Morocco, Tan or R”?®' ateh 

Plain Morocco, edged with Cord, with Carpet to 
In Louis XVI Tapestry, puffed with Plush and trimmed wi 

Silk Cord, Carped to mateh. 

BOXING FB.EE. 

THE 8. 8 WHITE DENTAL MFO. CO. 

PHILADELPHIA, NEW-YOBK, BOSTON, CHICAGO BBOO 


180.- 

200 .— 

210 .- 

225 .— 


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Imitation des „üfUkerson-Stiiliis“. 



Dieser Stuhl ist eine genaue Imitation des bekannten S. S. 
Whito’scben Wilkerson-Clairs, besitzt dessen sämmtlicbe Be¬ 
wegungen und ist tadellos ausgefübrt. 

Preis mit rotbem oder grünem Plüscbüberzug M. 585.— 
= fl. 350 ö. W* incl. Fracht und Zoll ab Wien.*) 

0 Dieser Preis entspricht M. 450.— ab Berlin. 


1 


Depdt zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

1. fleifd^marft ][. 


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Dieser Stuhl ist eine Combinalion des^Oelpedal- 
c^estattet folgende Bewegungen: ln die Hohe mittelst V 

Achse Rücklehnung des ganzen Sessels sowie der Lehne separat. J’ 

der Lehne allein und des Kopfstückes allein. Entfernung der Armstutzen. 

Polsterung ist rother oder grüner Plüsch. 

Preis M. 485 = fl. 290 ö. W., inclusive Fracht und Zoll ab Wien. ) 

1) Dieser Preis entspricht M. 400.— ah Berlin. 


Depot zahnärztlicher und zahnteclmischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ, WIEN, I. Fleischmarkt I. 


-- '0 


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Operationsstuhl mit Oelpumpe Ee. 



Die Cuustruction ist ähuliuh wie die des nebeusteheudeu Stuhles Cc aber 
eleganter ausgeführt. Der Rückeutlieü ist mit eiuem anfschlagbaren Kinder¬ 
sitz versehen, 

u a'*' oder griluem Plüscliiiberzng ohne Attacheineut 

m‘ Än'~ ^ 2’ '*^■1 extrafeiuem türkischen' Bezug wie Abbildiuig 

Hl. 40.— = fl. 24.— 8. W. mehr. Alles inclusive Fracht und Zoll ab Wien.') 

^ ') Dieser Preis entspricht M. 450.— ab Berlin. 

Depöt zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

Weis« 8r Schwaras, Wien 

I. Fleischmarkt 1. 

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CBAHT OF GUM SECTIONS, FÄRTIAL 

Upper, Sets of Thrco (Cenirals and Lateral}, in One Section. 



No. 1. Small crown; short gum; loug bite: both centrals and right lateral. 
No. 2. Like No. 1, bnt with left hiteral. 



No. 4. Siiiall, medium crowu; short gum; medium bite; both centrals 
and right lateral. 

No. 3. Like No. 4, biit wit left lateral. 



Nr. 6. Medium crown; short gum; medium bite; both centrals and 
right lateral. 

No. 5. Like No. 6, biit with left lateral. 



No. 7. Large, medium crown; short gum; long bite; both centrals and 
1*1 l3*i361*d/l 

No. 8. Like No. 7, but with left lateral. 

A complete catalogue of our Artificial Teeth, containing one hundred 
and fifty eight pages will be sent to any dentist on application. 

THE S. S. WHITE DENTAL UFG- CO. 

Philadelphia, New-York, Boston, Chicago, Brooklyn. 


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7 





Dieselbe entspricht den höchsten Anforderungen emer 
vorzüglichen Abdmckmasse, selbe klebt nicht an den 
Fingern, ist angenehm parfiimirt und im Stande, selbst 
Gyps als Abdruckmaterial zu verdrängen. 

Preis per Pfnnd 31. 5.— = fl. 3.— ö. W. 

Zu haben in allen Dental-Depöts. i 

—-- ( 

Atteste von den Herren Zahnärzten: j 

Dr. Isziai, Üniversitäts-Docent, Dr. Videky, Dr. Moreifi ' 
Dr. Kennedy, Dr. Lisznyal, Dr. Abonyi, Dr. Hekschi 
Dr. V. Abraham und audereu. ‘ 


WEISS & 


WIEN 

I. Fleischmarkt 1. 





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32 ßramiii 8 Mark = fl. 4.8ö ö. W. 


Depdt zahnärztlicher nnä zahnteohnlcoher ütenslUen von 

WEISS & SCHWARZ 

I. IF’leiscli.aaa.rlct DiTr. 1. 


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Max Schmidts Specialitäten für Zahntechnik. 

Einlagen für Kautsohukgebisse. 

Diese Einlagen sind anatomisch genau der Zungenseite, resp. 
Mahlfläche der Zähne nachgebildet und können entweder bei 
ganzen Gebissen Fig. 1 und 4, oder bei einzelnen Knnstzähncn 
Fig. 2, 3 und 5 verwendet werden. 


Preis: 

Obereoder untereStüeke aus Victoria-Metall M. 2.50 = fl. 1.25 Gold. 
Patentschluss Fig 2 und 3 • • • „—•^0==„—.20 „ 

einzelne Zähne mit oder ohne Ansatz Fig. 5 „ —.20 = „ —.10 „ 

In Gold oder Platin, per Gramm • • „ 6.— = ,, 3.— „ 

Patentirte Zinnformen für Kauüäclien. 

Bei dem Gebrauch dieser Zinnformen, um die Kaufläehe der künstlichen 
Zähne herzustellen (neue verbesserte Methode der „Zahnformer“), hat man nichts 
weiter zu thun als diese für den Gebrauch fertigen Zinnformen auf die modellirte 
Wachsplatte hinter den Zähnen mit etwas Wachs fest zn schmelzen. Beim Ein¬ 
setzen in die Cüvette werden wie gewöhnlich die Schneiden der Zähne mit 
Gyps tiberkappt, der Ueberguss wird auf die Kauflächen aus Zinn aufge¬ 
gossen. Nach dem Stopfen wird zuerst ohne diese Zinkbleche der Kautschuk 
gepresst und beim Oeffnen der Cüvette, wenn alles gut ausgepresst erscheint, 
die Zinnformen auf ihren Platz im Kautschuk gelegt und die Cüvette ge¬ 
schlossen. 

Nach dem Vnlkanisiren nimmt man die Zinkbleche herab und hat eine 
glänzende harte, schön modellirte niid polirte Kaufläche ans Kautschuk, so 
dass hinter den Zähnen nichts mehr auszuarheiteu ist, also mit wenig Mühe 
bedeutende Zeiterspamiss. Preis per 100 Stück M. 2.— = fl. 1.20 ö. W. 

Anmerkung: Bei der directen Stopfmetbode bedient man sich 
passender „Zahuforiner“, um die Zinnbleehe auf den Kautschuk aufzudrücken. 

Bei der jetzigen Preissteigerung der Porzellanzähiie mache ich 
nochmals auf meine Metallzähne anfmerksam, welche in allen Formen und 
Metallen hergestellt werden. Preis per 100 Stück nur M. 20 — fl. 12.— ö. W. 
in Victoria-Metall. 

Dieselben sind sowohl bei Kunst gebissen als auch zum Aufplombireii 
auf Wurzelreste als künstliche Zahnkrone zu gebrauchen. 

Zn liezielieii inrcli: WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleiscliiarkt 1. 

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Nr. I milchwelss, Nr. 2 bläulichweiss, Nr. 3 lichtgelb, Nr. 3a braungelb, Nr. 5 dunkelgelb, 

Nr. 6 lichtgrau. 


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Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

Sch'waras, Wien 

1. Fieisclunarkt 1. 


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I. neischmarkt Nr. 







^ünpli^ 


fid? mein ©efetjäft fo auferorbentlid; »ergröfevt Ijat, ba§ 
cs mir an geit gebraef), Wein« mEbEUauel!Bnuil0En 
5 U bcadjten, fo befuditc id? UUr bie 6 £jaui>l*JPcItausftcIIungcn, 
an mcIc^en ftd? aUt größt« ^abrifanten bet^eiligten, 

3c^ empfing f873 in lüien unb bann in ftirtr folgcnbcn 
aDcH a u s ft c 11 u n g bic ßöiJifitn Jtusjcidjnungen für ftüufJ- 
lilil? Jäßnt, mclc^e — als ber ^attpljiötig meines ®cfdjäftcs 
— ben aUttntgen ®egcnftanb meiner Jlusftellungen bilbeten. 

Die geüßfe 2tncrfcnnung, meld^e einem ^‘iJ’Eifantcn ju 
C^cil mürbe, erhielt ic^ jcbo(^ für Svßünlittt, ^iärftt U«i* 
ttaiürliii|t0 Huöftßen meiner ^äljne, mic folgt: 


2lu53ug 

aus' Äcm Jttlgemcincn Bericht bet pteistiAler übet bie pteife in (ßtiippe XXIV 
Itßc JnieEnntiunnlen RuspsHung iu 3^ti«ab«lpliia 1876. 

„Bett Ej. D. 3tt|it jteate n«r Säljtte aus — abet feine ausjieauns 
war tuc^ attßu IKidifuttgien filn aitögiefieiiftn^f. X^ie gähne waren nio? 
aHein in 23e3U9 auf färbe, < 5 (an 3 unb Did^tigfeit rollenbet, fonbern it|re form 
war roUjtänbig ben natürlichen ähnlich. Dies gilt fowolfl für bie einse neu 
gähne, als auch für bie gan 3 en (Sarnituren ron 28. gufammenfte ini9 
seigte genaues Stubium fowohl bes Kieferbogens, als auch peinlich^ 
nähme auf bie XPünfehe bes Patienten unb bie €rforberniffe bes gahnu^^S 
Die rerfchiebenartigften formen ber 5ähne felbft unb ihre rcrfchiebenartigen 
Abweichungen in ber unb Xag^tung 311 einanber traren |0 

Uxrrfrßlfiitli nachgeahmt, ba§ fie für !u 0 npäutii 0 nalürltjft ^ 
werben mußten. Augerbem war bie Sll&paiX| ber gähne 
unb tro^ ber latfrßien :^ 0 rnien waren fie ron ♦ 

Schließlich waren bie Crampons (platina=Stifte) berartig angebracht, ud ^ 
unmöglich aus ben gähnen hetunsgenommen werben fonnten." 

. Jujti 

lElr. 66 Maöifon $!r. JA- 

»r. 1301 $t 1303 mrd| Sir. piglalielplila i|^a. 



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Sechs Weltausstellungsmedaillen 



der höchsten 


iür künstliche 



















Speinapftischchen 

(nach Dr. Hillischer). 


Elegant ornameutirt mit vernickelter Platte. 

Höchste Stellung 110 Cm., niederste Stellung 60 Cm., ohne Speinapf 

M. 30.- = fl. 18. ö. W. 


Vernickelte Speinäpfe. 

Aus starkem j\lessiugblech mit abschraubbarer 

Schale und Goldfaii^-. 31. 12.— -- H. 7.20 ü. W. 

dto. kleiner., 10.— = „ (1— ,, „ 

dto. einfacher .. .. 8.- ^ „ 4.80 „ „ 



Depöt zahnärztlicher und zahntecbnischer Utensilien von 


I. (fleifd^marFt \, 


1 

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VI. Jahrgang. 


III. Heft. 


Juli 1S90. 


Oesterreichisch-iingarische 

Yiertelj alir sschrift 

für 

Zahnheilkunde. 

--- 


Von Dr. J. v. MetnitSy Doceiit an der Universität in Wien. 

Folgende Zeilen sind jener Art von abnormer Zahnbein- 
bildimg gewidmet, für welche zuerst Wedl den Namen „inter¬ 
stitielle Dentinneubildiing^S nach ihm Baume die Bezeichnung 
„interstitielle DentikeU^ in unsere Fachliteratur eingeführt hat. 

Was man unter Dentikel versteht, braucht an diesem 
Orte wohl nicht weiter ausgeführt zu werden. Wir befassen 
uns in diesem Aufsätze allein mit jenen Dentikeln, welche man 
bin und wieder mitten im Dentin eines Zahnes vorfindet. Nicht 
allein in Meuschenzähnen kommen diese abnormen Bildungen 
vor, wir finden sie auch in den Zähnen vieler Säugethiere. Den 
Elfenheinarbeitern sind sie wohlbekannt und stehen bei 
ihnen wegen der geringen Dichte ihrer Substanz im Verrüfe. 

i 


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174 


Die interstitiellen Dentikel im Elfenbein haben nämlich eine 
geringe Elasticität und nehmen auch keine schöne Politur an. 

Die interstitiellen Dentikel erscheinen auf Durchschnitten 
von Menschenzähnen als ovale, hin und wieder kreisrunde 
Systeme von Dentinsubstanz. Der Verlauf der Zahnbeincanälchen 
ist im Grossen und Ganzen ein radiärer und, wie Wedl be- 


1> h 



l b 

Fig. 1. 


Dentikel im Wurzeltlentin eines menschlichen Eckzahnes, a Wurzel¬ 
canal; 5 Dentin der Zahnwurzel; c Resorptionsbuchten an der Wand 
des Wiu'zelcanales; d, di Dentikel; in ihrem Bereiche sieht mau die 
deutliche Ablenkung der Zahnbeincanälchen der Wurzel. Die con- 
centrische Schichtung der Grundsubstanz tritt deutlich hervor. 

tonte, ein ccntripetaler, d. h. in den peripheren Theilen ist 
ihr Lumen weiter, in den centralen lösen sie sich in immer 
feiner werdende Aestchen auf. In vielen interstitiellen Dentikeln 
ist eine concentrische Schichtung der Grundsubstanz zu erkenneu, 


II 


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175 


im Centium sehen wir einen unregelmässig zackigen Raum von 
schwer bestimmbarem, jedoch an Globularmassen erinnernden 
Inhalte. 

Die interstitiellen Dentikel trifft man oft mitten im Dentin 
des Zahnes, ja sogar von der Pulpahöhle weit entfernt und in 
geringer Entfernung vom Wurzelceinente. Meist sind sie in ver¬ 
mehrter Anzahl vorhanden. Bisher konnte ich dieselben niemals 
im Kronendentin eines Menschenzahnes finden, stets waren sie 
im Wurzeldentin eingeschlossen. In Bezug auf ihre Vertheiluug 
auf die einzelnen Zahngruppen ist zu bemerken, dass ßie nach 
meinen Erfahrungen am häufigsten in Mahlzähnen, wohl auch 
in Eckzähnen zur Beobachtung gelangen. Die von mir unter¬ 
suchten Zähne mit interstitiellen Dentikeln gehörten Individuen 
in vorgerückterem Alter an. Wir wollen damit nicht sagen, 
dass in Zähnen jüngerer Individuen nicht auch Dentikel im 
Zahnbein gefunden werden könnten, jedenfalls sind sie bei 
Zähnen junger Individuen seltener und scheint dieser Umstand 
für unsere Ansicht über die Entstehung der interstitiellen Den- 
tikel zu sprechen. 

Es drängt sich nun wohl die Frage auf: Wie ist die 
Entstehung dieser abnormen Zahnbeinbildungen zu erklären? 
Wir sind der Ansicht, dass in der überwiegendsten Anzahl der 
Fälle die interstitiellen Dentikel in das Gewebe des Wurzel- 
dentins gelangt sind dadurch, dass das Letztere über sie hinweg- 
gewachsen ist und dieselben umrungen hat. 

1. Die Kronenoberfläche der Zähne ist vor ihrem Durch¬ 
bruche schon fertig geformt, bevor die Wurzelbilduug überhaupt 
begonnen hat. Die Wurzel bildet sich dann nach und nach und 
zugleich lagern sich neue Zahnbeinschichten von der Pulpa¬ 
oberfläche aus an. Der Anfangs scharfe Wurzelrand des Zahn- 
scherbehens wird auf diese Weise immer dicker und unter 
gleichzeitigem Verrücken wird die Wurzellichtung zum engen 
Wurzelcanale, der mit seiner Ausmündungsstelle, dem Foramen 
apicale, einen oft sehr engen Raum für die Gefässe und Nerven 
der Pulpa bildet. Wenn nun vor Ablauf dieser Wachsthums¬ 
periode an der Pulpaoberfläche in Folge irgend einer Störung, 
eines Reizes eine Dentinneubildung, ein Dentikel, entsteht, 

1 * 


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176 


warum sollte es unmöglich sein, dass dieses kleine Gebilde in 
das Zahnbein der Wurzel einbezogeu werde? Dass Dentin- 
neubilduugen in Zahnkeimen, die noch nicht zum Durchbruche 
gelangt sind, entstehen, ja in Masse entstehen können, erhellt 
zur Genüge aus dem Studium jener Zahnmissbildungen, die wir 
in einem von mir seinerzeit geschriebenen Aufsatze über Odontome 
kennen gelernt haben. 

2. Wenn wir nun zugeben, dass die wandständigen 
Dentinneubildungen ganz gut von dem darüber wachsenden 



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Fig. 2. 



Ovales interstitielles Dentikel im Zahnbein der Wurzel eines mensch¬ 
lichen Mahlzahnes. a Wurzelcanal; h Dentin; c Gement; d Dentikel. 


Zahnbein eingeschlossen werden können, müssen wir uns denken, 
dass die Pulpaoberfläche eine kleinere wird und ihre Dentiii- 
zellenschichte sich im Bereiche des Dentikels um dieses herum 
zurüekzieht. Es werden also auch die Zahnbeiucanälchen der 
Circiimferenz des Dentikels in ihrem Verlaufe entsprechen. Wir 
sehen thatsächlieh eine auffallende Theilung der Dentinsubstauz 
peripher vom Dentikel. Die Zahnbeiucanälchen zeigen einen 
der Oberfläche der Dentinneubildung entsprechenden Verlauf. 


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1T7 


Dieser ist nicht mehr der im Grossen und Ganzen zwischen 
Cement und Pnlpahöhle geradlinige, sondern wir sehen eine 
auffallende Ablenkung iih Bereiche der Dentinneubildung. Die 
Zahnbeincanälchen umkreisen die letztere, um sodann ihren 
normalen Verlaut in der Richtung gegen die Pulpahöhle einzu¬ 
schlagen. 

Wir besitzen Präparate, welche Dentinneubildungen zeigen 
von der Gattung der wandständigen bis zu solchen, die zur 
Hälfte oder gerade ihrem ganzen Umfange nach von Dentin 
eingeschlossen sind. Im Umkreise der Dentikel (Fig. 2) sind 
die Zahnbeincanälchen aus ihrer Richtung auffallend abgelenkt 
in der Weise, dass sie die sphärische Dentinneubildung um¬ 
kreisen und sodann wieder ihren normalen Verlauf gegen den 
Wurzeltheil der Pulpahöhle annehmen. 

Auf diese Deviation der Zahnbeincanälchen hat zuerst 
Baume hingewiesen und haben meine Uotersuchungeu in 
dieser Richtung dessen Angaben bestätigt. Nicht einverstanden 
kann ich mich mit der Behauptung desselben Autors erklären, 
dass die Bildung der Dentikel fast immer im Parenchym der 
Pulpa beginnt. Es ist dies ein alter Streit, den seinerzeit 
Hohl gegen Wedl’s Theorie begonnen. Ich will nur bemerken, 
dass die Entwicklung der Odontoblasten an der Oberfläche der 
Pulpa aus den Parenchymzellen erfolgt, kann mir aber nicht 
vorstellen oder habe bei meinen Untersuchungen niemals An¬ 
haltspunkte gefunden dafür, dass sich im Parenchym der Pulpa 
Dentinzellen und sohin Dentin gebildet hätten. Die sogenannten 
freien Dentikel können nur von der Odontoblastenschichte ent¬ 
stehen. Derselben Ansicht über die Entstehung der Dentikel 
aus den Zellen der Odontoblastenschichte waren auch Hei der 
und Wedl, als sie für die Entstehung der Dentikel eine In¬ 
version der Dentinzellenschichte annahmen. Aus einem freien 
Dentikel wird durch die Einbeziehung desselben in das normale 
Zahnbein ein interstitielles. 


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178 


Eil Fall m 9ra beitaits im DMMer tpcii aDspbilUen 

BacMbaeg. 

Von Dr. Julius Scheff jun., Docent an der Universität in Wien. 

Ueber Unter- und Ueberzabl der Zähne des menschlichen 
Gebisses wird unter gleichzeitiger Berücksichtigung der älteren 
und neueren Literatur unausgesetzt berichtet, dadurch soll offenbar 
der Beweis geliefert werden, dass die Urform uuserer Be¬ 
zahnung keineswegs eine sichere Voraussetzung znlässt. Nach 
Tomes') soll der heterodonten Bezahnung eine homodonte vor¬ 
ausgegangen sein und er lässt die verschiedenen heutigen 
Zahnformen aus einer ursprünglich einfachen hervorgehen. Auch 
andere Autoren, w'ie beispielsweise Zuckerkandl*) sind der 
Ansicht, dass die meisten Sänger der Eoeän-Periode 44 Zähne 

in folgender Vertheilung "g" P’’®- X ^ 

besitzen und dass diese Zahnformel aUen Heterodonten als ge¬ 
meinsame Stammform zukommt. Von dieser Voraussetzung aller¬ 
dings nur bedingungsweise ausgehend, müssen wir zugeben, 
dass unsere heutige Bezahnung sich in Reduction befindet. 
Das Erscheinen von mehr als 32 Zähnen oder eine Ueberzahl 
bei gewissen Zahnsorten und das zeitweilige Auffinden von 
Zahnrudimenten lassen den noch nicht ganz erwiesenen Schluss 
zu, dass unsere Bezahnung denn doch ursprünglich eine andere 
gewesen sein dürfte, als sie heute ohne Rücksicht auf ver¬ 
gleichende Studien angenommen wird. Thatsache ist, dass die 
Ueberzahl hauptsächlich in jener Kiefergegeud verkommt, wo 
ein Ausfall in der Zahl stattgefunden hat, und diese bezieht 
sich immer auf die Schneide- und Backenzähne, seltener auf 
die Molares und ausserordentlich selten auf die Eckzähne. Auch 
das zweite Moment, nämlich das Vorkommen von Zahnrudiraenten, 
welche bisher nur in der Gegend der Schneide- und Backen¬ 
zähne gefunden wurden, lässt auf ein typisches Verhalten nach 

<) Tomes-Holländer, Anatomie. 

2) Zuckerkandl. Ueber rudimentäre Zähne. Mediciuische Jahr¬ 
bücher 1885, Seite 377. 


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179 


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dieser Richtung hin schliessen. Das zeitweilige Vorkommen von 
mehr als 32 Zähnen und der Ausfall einzelner Zahnsorten be¬ 
rechtigen wohl zu der Ansicht, dass im Laufe der Zeit eine ge¬ 
wisse Gesetzmässigkeit entstanden, wonach auf die Reduction 
zu schliessen wäre. So finden wir überzählige Schneidezähne 
sowohl im Ober- als im Unterkiefer sehr häufig an den für sie 
ursprünglich bestimmten Orten, und es gehört auch nicht zu 
den Seltenheiten, dass wir sechs typisch ausgebildete Schneide¬ 
zähne in einer Reihe regelmässig nebeneinander gestellt an¬ 
treffen. Auch die Prämolares zeigen etwas Aehnliches, und wenn 
wir beiderseits das gleiche Verhalten finden, so müssen wir 



Fig. 1. 


annehmen, dass Derartiges auf keinem blossen Zufall beruht, 
sondern dass die Natur nach gewissen Normen vorgeht. Fig. 1 
zeigt einen Unterkiefer mit jederseits drei typisch ausgebildeten 
Prämolares, die nur deshalb nicht in einer Reihe stehen, weil 
links der zweite nach innen und rechts der zweite nach aussen 
gestellte Zahn erst später durchgebrochen sein dürften, wo sie 
ihren Platz bereits eingenommen fanden. Der erste Molar ist 
an seinem Platze erschienen. Der erste und zweite Prämolar, 
in unserem Falle beiderseits der dritte, nahmen ihren Platz ein, 
während der zweite supernumeräre sich zwischen beide Prämo¬ 
lares hineindrängeu musste. Auf der linken Seite kam er von 
innen, um nach aussen zu drängen, auf der rechten kam er 


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180 


von aussen, um nach innen zu gelangen. Beiderseits musste er 
auf halbem Wege stehen bleiben. 

Wir haben es demnach hier mit einer Ueherzahl der Prämo¬ 
lares zu thun, welche uns wieder, wie viele ähnliche Beispiele, be¬ 
lehrt, dass unsere Bezahnung ursprünglich eine an Zahl grössere 
gewesen sein dürfte, und dass solche überzählig auftretende 
Zähne, rvenn sie nicht zur höheren Entwicklung gelangen, als 
Rudimente oder als Seitensprosse des den Schmelzkeim mit 
dem Zahnwalle verbindenden Stranges unentwickelt Zurück¬ 
bleiben können. Selbstverständlich können solche Sprossen die 
verschiedensten Phasen der Entwicklung durchmachen, wie dies 
Baume*) klar auseinandergesetzt hat, und wir haben dann die ver¬ 
schiedenen Stadien der Rednction oder besser die verschiedenen 
Abstufungen der Entwicklung bis zum typisch ausgebildeten Zahn. 


MiHipi aus der talBärztlittei Klliil to 1. ii Dnnrität 

n MapAO 

Von Dr. L, Hattyasi/y klin. Assistent daselbst. 

I. 

Pulpitis chron. hypertrophica sarcomatosa. 

Marie N., 20 Jahre alt, Stubenmädchen. Vor einem Jahre 
traten heftige Schmerzen im zweiten unteren Molarzahn auf, 
sie beschloss daher diesen Zahn extrahiren zu lassen; bei der 
Extraction brach die Krone in der Höhe der Pulpaböhlen-Wölbung 
ab. Seit einigen Monaten gewahrte die Kranke am Orte des 
genannten Zahnes ein Gebilde, welches bei Berührung schmerzte 
und die Patientin veranlasste, die Klinik aufzusuchen. 

Die Untersuchung ergab Folgendes: An der bezeichneten 
Stelle lagerte in mesial-distaler Stellung eine circa 2 V 2 Centi- 
meter lange und einen Centimeter dicke Wulst, welche mit 

0 Baume. Odontologische Forschungen, 1. Band. 

2) Wir eröf&ien unter dieser Ueberschrift kleine Mittheilungen, wie es etwa 
Fälle aus der Praxis zu sein pflegen. Wenn man auch nicht immer i^ 
Lage ist, Karitäten im Wesen zur Veröffentlichung zu bringen, so dürte 
doch mancher klinische Fall das Fachinteresse erregen. Br. ÄrTcövy. 


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181 


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der Pulpa durch einen Stiel in Verbindung stand. Die Artieu- 
lation war wegen der Schmerzhaftigkeit unmöglich. Da Patientin 
eich der Extraction des Zahnes widersetzte, wurde nur das 
hyperplastische Gebilde am Stiel abgeschnitten. Es erwies sieh 
als ein mittelhartes Gebilde von der Natur der Eingangs ange¬ 
gebenen Diaguose. Bemerkenswerth ist in diesem Falle 
die ungewöhnliche Grösse und die sonderbare Lagerung 
des Neugebildes. 

Sechs Wochen nach der Excision kam die Kranke wieder; 
in dieser kurzen Zeit hypertrophirte die Pulpa beinahe wieder 
zu derselben Grösse wie zur Zeit der ersten Operation. Der 
histologische Zusammenhang war jedoch jetzt lockerer, das Gebilde 
selbst weniger schmerzhaft, aber leichter blutend. Diese rasche 
Recidive haben wir bisher in keinem ähnlichen Falle beobachtet. 
Die furchtsame und empfindliche Kranke konnte weder zur 
nochmaligen Excision noch zur Extraction bewogen werden. 

II. 

Dentitio secundaria precox prm. I inf. sin. 

Alice Z., vier Jahre alt. Bei der Kranken sind die Milch¬ 
zähne klein und stehen schütter. Mit Ausnahme des unteren 
linken ersten Milchmolarzahnes sind sämmtliche vorhanden. An 
dessen Stelle, in der Richtung des bucealen Zahnfleisehrandes 

Fig. 1. 

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Zahnkrone. 

(Natürliche Grösse.) 

befindet sieh eine von den übrigen Milchzähnen durch Form 
und Grösse sich unterscheidende Zahnkrone mit zwei unent¬ 
wickelten Höckern. Bei der Kranken, welche vor zwei Jahren 
an einem langwierigen Mundübel (wahrscheinlich Stomatitis 
aphtosa) litt, wurde von jener Stelle ein leicht beweglicher 
Zahn mit den Fingern entfernt. 

Die an der oben erwähnten Stelle befindliche unentwickelte 
Zahnkrone (Fig. 1) entspricht ihrer Form nach dem ersten 
Prämolaris. Nach dessen Entfernung wurde es ersichtlich, dass 


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der Zahn gerade im Stadium der Dentifieation des Collum sieh 
befunden hatte. Von den bei Milehmolaren vorkommenden ver¬ 
zweigten Wurzelresten war keine Spur vorhanden. Das vorzeitige 
Zahnen wurde in diesem Falle theils durch die schüttere Stellung 
der Zähne, theils durch das vorangegangene Mundübel begünstigt. 

III. 

Abscessus alveolaris chron. (fistulagingivalis) bilateralis; 
neerosis apicalis. 

Frau L. K., 36 Jahre alt, ans Pdpa. Ihre Klage betraf den 
lucis. lat. jnf. sin. Vor anderthalb Jahren traten auf der lin¬ 
gualen, dann auf der labialen Seite unterhalb des Zahnfleisch- 
randes alternirend Geschwülste auf, die in letzterer Zeit 
permanent geworden sind. Für ein Trauma fehlen anamnestische 


Fig. 2. 



Ein in der Mitte gespaltener Schneidezahn. 

Von labialer Seite gesehen (natürl. Grösse). 

Angaben. Der Zahn sitzt auf seiner Stelle; bei der Articulation 
wird er nicht stärker gedrückt als die übrigen. Die Krone und 
der Hals sind intact. Der Zahn ist in labio-lingualer Richtung 
beweglich, die Bewegung verursacht keine Schmerzen. Gegen 
den Apex gerichteter Druck ist schmerzhaft. Auf der lingualen 
und labialen Seite des Zahnfleisches sitzt ein weiches, empfind¬ 
liches, fluctuirendes Geschwür. 

Dem extrahirten Zahne verleiht folgender Befund Interesse: 
Die normale Länge des ganzen Zahnes ist 17 Millimeter, die 
Länge der Wurzel elf Millimeter. Der Durchmesser der Wurzel 
beträgt in der Mitte in labial-lingualer Richtung sechs Milli¬ 
meter, ebendort in mesial-distaler Richtung drei Millimeter. 
Die Wurzel ist in labio-lingualer Richtung gespalten 
(Fig. 2), so dass sie einen mesialen und distalen Theil 
zeigt. Die Spalte der Wurzelhälften beträgt unten einen halben 
Millimeter. In labialer Richtung ist die Spalte sieben Millimeter 


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lang klaffend, die weitere Spaltung, welche geschlossen ist, be¬ 
trägt drei Millimeter. Die Spalte ist in lingualer Richtung in 
einer Länge von neun Millimeter offen und in einer Länge von 
zwei Millimetern geschlossen. In labialer Richtung ist die Spalte 
vertical und bleibt in der Mittellinie, in der linjj:ualen Richtung 
ist sie ebenfalls vertical, nur fällt sie um Einiges von der 
Mittellinie ab, die Zeichnungen der Linien und Ränder decken 
sich jedoch. In der Spalte erblicken wir den ebenfalls ge¬ 
spaltenen Wurzelcanal der Pulpa. Diese Spalte konnte bei der 
ganz leichten Extraction nicht entstanden sein, und überhaupt 
kann ein Zahn künstlich in dieser Weise nicht gesprengt werden. 
Wie und wodurch diese Spalte entstanden ist, können wir nicht 
apodiktisch bestimmen; als Möglichkeit kann erwähnt werden, dass 
wir es hier vielleicht mit einem Fall zu thun haben, wie er in den 
60er Jahren in der „Deutschen Vierteljahrsschrift für Zahnheil- 
kunde^^ als Zahnexplosion Beschreibung fand und in den letzten 
Jahren von Coleman in den Verhandlungen der „Odontological 
Society of gr. Brit.“ anschliessend an eigene Beobachtungen 
neuerdings zum Gegenstände der Erörterung gemacht wurde. 

An der Klinik wurden seit Mitte Juni mit dem von 
Professor Stilling*) anempfohlenen Pyoktanin einige Versuche 
angestellt, und obwohl wir noch nicht in der Lage sind, über 
dessen Wirkung und Anwendbarkeit in der Zahuheilkunde und 
Mund-Chirurgie Bericht erstatten zu können, so wollen wir 
doch schon jetzt die Aufmerksamkeit unserer Fachgenossen auf 
dieses „eitertödtende“ Mittel — behufs anzustellender Versuche — 
gelenkt zu haben wünschen. Die hartnäckigen Eiterungen seitens der 
Zähne und anderer Anlässe im Alveolarprocesse und Kieferknochen 
eröffnen der angepriesenen Wirkung einlohnendes Feld für Erfolge. 
Die Fälle, wo wir es bisher angewendet haben, waren; Necrosis 
process. alveol., Sequestration; Caries alveol. (pyorrhoe); Abcess. 
alv. chron. Hoffentlich wird es uns möglich sein, im October- 
Heft uns darüber aus eigener Erfahrung auszusprechen. 


1) AuUinfarbstoffe als Autiseptiea und ihre Anwendung in der Praxis. 
Von Dr. J. Stilling etc. Strassburg. Verlag Trttbner 1890. 


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Das AUMten üer AitpiiisteD kl BsMIai pil(a- 

Mer Zäke. 

Von Dr. v, Isoo, Zahnarzt in Wien. 

Wenn dem Arzte bei der conservativen Behandlung 
pulpakranker Zähne unter Umständen die Aufgabe erwächst, 
die afficirte Zahnpulpa nicht zu entfernen, sondern einen Heil¬ 
versuch einzulciten, so erscheint es zweckmässig, sich an jene 
therapeutischen Grundsätze anzulehuen, welche bei der Be¬ 
handlung anderer, im Stadium beginnender oder partieller Ent¬ 
zündung sich befindender Organe allgemeine Geltung haben. 

Zu diesen gehören, selbstredend nebst anderen: thunlichster 
Schutz des betroffenen Organes oder Orgautheiles vor weiterer 
Irritation und Ruhe. 

Wenn wir an einem pulpakranken Zahne die Füllung aus¬ 
geführt haben, — ob diese eine provisorische oder bleibende 
war, ob die Pulpa eröffnet wurde oder nicht, ändert Nichts an 
der Sache — ist der Zahn vor chemischen Reizen geschützt. 
Um denselben vor thermischen Insulten zu bewahren, werden 
wir dem Patienten empfehlen, Speisen und Getränke nicht heiss, 
noch sehr gekühlt zu nehmen; haben wir auf diese Mahnung 
vergessen, so liegt nicht viel daran, der kranke Zahn wird das 
Versäumniss aus freien Stucken nachholen und sich vor Tem- 
peraturexcessen durch seine üeberempfindlichkeit selbst schützen. 

Hiemit ist die Therapie gemeiniglich erschöpft; von mancher 
Seite wird dem Patienten noch in der besten Absicht ein Laxans 
verschrieben oder er wird — gleichfalls in der besten Absicht — 
mit der zahnärztlichen Panacee bepinselt und hierauf entlassen. 

Nun blieb aber analoger W’’eise noch übrig, den Zahn 
vor mechanischen Reizen zu bewahren oder, was dasselbe 
ist, ihn in Ruhe zu versetzen; wurden wir dem Patienten 
einfach auftragen, auf der Seite des kranken Zahnes nicht zu 
heissen oder zu kauen, so wäre damit der Zweck nur unvoll¬ 
ständig erreicht, denn bei jedem Biss wird der Zahn in Folge 
der natürlichen Articulation von seinen Gegnern getroffen und 
mithin mechanisch gereizt; um denselben hievor zu bewahren, 


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müssen wir die natürliche Articulation corrigiren, d. h. die Be¬ 
rührungspunkte der Gegner soweit abschleifen, dass heim Biss 
der kranke Zahn von seinen Gegnern nicht erreicht wird; wird 
nun die betreffende Kieferseite zur Kauarbeit nicht verwendet, 
so ist der kranke Zahn ausser Action gesetzt. 

Dieses therapeutische Mittel scheint nicht nur nicht all¬ 
gemein, sondern nur sehr vereinzelt zur Anwendung zu kommen; 
wenigstens konnte ich selbst in voluminösen Lehrbüchern der 
Zahnheilkunde keine Erwähnung desselben vorfinden. 

Witzei empfiehlt in seinem „Compendium der Pathologie 
und Therapie der Pulpakrankheiten des Zahnes* allerdings das 
Abschleifeu der Spitzen des Gegenzahnes, doch nur in der 
Absicht, dass die Füllung eines pulpakranken Zahnes vom 
Antagonisten nicht getroffen und mithin der kranke Zahn vor 
einem unnatürlichen Drucke bew^ahrt werde. 

Eine deutliche Aeusserung habe ich lediglich in Hil- 
lischer ausgezeichneter Schritt „Zahnärztliche Winke und 
Receptformeln“ gefunden, wo es Seite 13 heisst: „Unbedingt 
aber müssen Zähne, deren Pulpa auch nur partiell 
erkrankt ist, durch Abschleifen der Höcker des Gegen¬ 
zahnes vor dem Drucke desselben geschützt werden.“ 

Ich habe diese Methode öfters geübt und glaube, bei 
günstigem Resultate einen nicht unwesentlichen Theil des Er¬ 
folges derselben zuschreibeu zu können, ohne deshalb diese Ver- 
muthung als Behauptung hinstellen zu wollen, da der Beweis hiefür 
begreiflicherweise schwer oder richtiger unmöglich zu erbringen 
wäre. Dessungeachtet halte ich die Methode der allgemeinen 
Anwendung und der Empfehlung w^erth, und zwar umsomehr, 
als dieselbe, den bei einem Versuch nicht zu unterschätzenden 
Vortheil bietet, nur nützen und gar nicht schaden zu können. 

Die Behandlung pulpakranker Zähne zieht sich bekannter- 
massen zumeist sehr in die Länge; da aber die abgeschliffenen 
Zähne sich selbstredend mit der Zeit verlängern und wieder 
berühren werden, so erscheint es nothwendig, diese Berührung 
— sofern der pulpakranke Zahn noch nicht als geheilt entlassen 
w'erden konnte — hintanzuhalten, d. h. die Gegner neuerdings 
zu verkürzen. 


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Um die Zeitdauer zu ermitteln, nach welcher eine Be¬ 
rührung wieder stattfindet, habe ich, nachdem die angestrebten 
Beobachtungen an Patienten sich als undurchführbar erwiesen 
hatten, bei mehreren Individuen im Alter von 20—29 Jahren 
an normalen Zähnen Versuche augestellt: es wurden in sechs 
Fällen zweimal je ein Molar und viermal je ein Prämolar durch 
Verkürzung der Gegner um die Dicke eines doppeltgenomraenen 
gewöhnlichen blauen Articulationspapieres ausser Berührung 
gebracht und dann die Articulation täglich geprüft: 

Die Resultate waren folgende: 

L Fall: Wiederherstellung der Articulation am 26. Tage, 


II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 


Bei den zwei letzten Fällen kürzte ich naeli wiederer- 
laugter Berührung die Gegner neuerdings in derselben Weise 
und erhielt bei dem V. Fall die abermalige Herstellung der 
Articulation am 29 Tage, bei dem VI. Fall die abermalige 
Herstellung der Articulation am 32 Tage. 

In einem Falle endlich, bei welchem ich sowohl den 
pulpakranken Zahn — einen Prämolar — als auch die Gegner 
um Bedeutendes, vielleicht um je einen halben Millimeter ab¬ 
kürzte, war die Articulation am 111. Tage, an welchem ich 
die Patientin zuletzt sah, noch nicht wieder hergestellt. 

Die so sehr differirenden Resultate obiger Versuche mögen 
zum grossen Theile durch individuelle Verschiedenheit zu Stande 
gekommen sein; zweifelsohne jedoch wurden dieselben auch 
wesentlich beeinflusst durch die Ungenauigkeit der Versuche, 
indem es sehr schwer ist, bei so kleinem Mass in jedem Falle 
die gleiche Schichte abzuschleifen. 

Die mittlere Dauer des Eflfeetes einmaliger Verkürzung 
würde aus obigen sechs Fällen 23-8 Tage, respective wenn 
man die zwei wiederholten Abkürzungen gleichfalls in Rechnung 
zieht, 25-2 Tage betragen; bei der kleinen Anzahl der Versuche 
und der Verschiedenartigkeit der Resultate erscheinen diese 


9. 

16. 

21 . 

41. 

36. 


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187 


Mittelzahlen wenig verlässlich; und man wird gut thun, in der 
Praxis sieh an die kürzeste Zeitdauer, d. i. acht Tage zu halten; 
da jedoch der pulpakranke Zahn länger, zuweilen viel länger 
io Inactivilät verharren soll, so erscheint es empfehlenswerth, 
entweder von vorueherein etwas energischer — etwa um die 
Dicke eines vierfach genommenen blauen Articulationspapieres 
abzukürzen oder in regelmässigen Intervallen die Articulation 
zu controliren, und sobald ein einfach genommenes blaues 
Articulationspapier Spuren einer Markiruug hinterlässt, von 
Neuem abzuschleifen. 


PfattisGliii flute fnr üe BetaBtan approiigiiiler Catitea. 

Von Dr. Rudolf Weiser, Zahnarzt in Wien. 

(Schluss. 0 

Au die im Vorhergehenden beschriebenen gewöhnlich 
vorkommenden Fälle approximaler Cavitäten schliessen sich 
noch einige seltenere Modificationen an. Zunächst die recht 
unangenehm zu behandelnden sehr kleinen Cavitäten hoch oben 
am Zahnhals der Molaren und Prämolareu. Alles Separiren und 
Einlegen ist hier gar oft erfolglos; rasch und sicher führt 
folgendes Verfahren zum Ziele: auf der Kaufläche des Molaren 
oder Präniolareu wird mittelst eines kleinen Corundrädchens 
sagittal eine Furche durch’s Email geschliffen und von hier 
aus schräg nach aufwärts durch’s Dentin hindurch auf die zu 
behandelnde kleine Cavität losgebohrt; nachdem das am Zahn¬ 
hals und ebenso das auf der Kaufläche mündende Ende dieses 
Bührcanales erweitert worden, fuhrt man den rotireuden Bohrer 
in zur Achse des Bohrcauales parallelen Zügen solange von 
der Hals-Cavität gegen die Furche auf der Kaufläche und wieder 
zurück, bis der Bohrer schliesslich die Mitte der mesialen oder 
der distalen Kante des Zahnes durehschneidet, wodurch man 


») Siehe 1. Heft 1890, Seite 23, und II. Heft 1890, Seite 142 dieser 
Zeitschrift. 


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188 


directen Einblick auf die eigentlich zu behandelnde (in dem 
geschilderten Falle am Besten mit Kupfer-Amalgam zu füllende) 
Höhle bekommt. Bei Zähnen mit sehr engen Hälsen dürfte es sich 
jedoch nicht selten besser empfehlen, von den soeben bezeichneten 
schwer zugänglichen Cavitäten aus mit einem kleinen Bosen¬ 
bohrer gegen die buccale oder noch besser gegen die linguale 
Fläche der Krone loszubohren, an der buccalen, beziehungs¬ 
weise der lingualen Fläche eine mit verlässlichen Unter¬ 
schneidungen versehene Cavität herzustellen und so zu bewirken, 
dass man schliesslich eine das Amalgam vollkommen sicher 
retenirende Buccal- oder Lingual-Cavität zu füllen hat, welche 
einen Ausläufer gegen die mesiale oder distale Halsregion des 
Zahnes aussendet. 

Bei unteren Prämolaren, deren innerer Höcker sehr häufig 
so wenig entwickelt ist, dass es sehr schwer fallen würde, 
die Fissur zu einer genügend weiten Furche auszusehleifen, und 
wenn man aus irgend einem Grunde bei oberen (auch wohl 
unteren) Eckzähnen distale Cavitäten nicht mit Gold füllen 
will, lassen sich sehr gut aussehende Amalgamföllungen in der 
Weise hersteilen, dass man, falls es sonst Schwierigkeiten 
haben sollte, für dieses Material sicheren Halt zu bekommen, 
den bei älteren Leuten ohnedies abgekauten äusseren Höcker 
der unteren Prämolaren, beziehungsweise die Spitze des Eck¬ 
zahnes etwas abschleift und diese Stelle dann mit einem Rosen¬ 
bohrer zu einer Null der achterförmigen Füllung umgestaltet. 
Wenn ich erste untere Prämolaren oder Eckzähne mit ver¬ 
jauchten Pulpen zu behandeln habe, wähle ich stets die eben 
geschilderte Präparationsmethode, weil es bei derselben fast 
immer ohne jede Schwierigkeit gelingt, mittels flexibler Bohrer 
den Wurzelcanal seiner ganzen Länge nach auszubohren und 
so die mit Jauche imbibirten Dentinschiehten zu entfernen. 
Mitunter bat es sich mir als sehr praktisch erwiesen, kleine, 
schwer zugängliche distale Eckzahn-Oavitäten — zumal kleine, 
nahe dem Zahnhals liegende bei unregelmässigem Stand der 
Zähne — mit einer künstlich geschaffenen, mit guten Unter- 
schneidiingen versehenen kleinen Cavität an der Lingualfläche 
dieser Zähne zu verbinden und so trotz der schwierigen 


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Situation der zu füllenden Höhlen dennoch verlässliche Amal- 
gamfüllungen zu legen. Die achterförmige Füllung lässt sich 
endlich mit eclatantem Nutzen und grosser Leichtigkeit dort 
an wenden, wo durch das Tragen eines Zahnersatzstückes mesiale 
und linguale oder distale und linguale Seite eines Zahnes 
cariös geworden sind. Die Lage der beiden Nullen der Acht 
in zwei aufeinander senkrechten Ebenen sichert wieder den 
Halt. •) 

Haben grosse mesiale Defecte an Prämolaren bei Pa¬ 
tienten, welche die Mittel nicht besitzen, um sich eine kost¬ 
spielige Gold-Contourfüllung machen zu lassen, denen mau aber 
auch nicht gut eine entstellende graue Amalgamfüllung au beim 
Sprechen und Lachen sichtbarer Stelle legen kann, auch die 
für Anwendung einer combinirteu Zinngold- und Goldfüllung 
erforderlichen Eigenschaften nicht, dann empfiehlt sich ganz 
besonders die von Quinby in seiner „zahnärztlichen Praxis^^ 
eingehend beschriebene Methode, die verloren gegangene Contour 
der Zähne durch gestanzte, den Rändern der Cavität genau 
augepasste Metallkappen herzustellen, welche daun mittelst 
Guttapercha oder Cement befestigt werden. 

Sowie ich im bisher Gesagten wiederholt auf die Noth- 
wendigkeit hingewiesen habe, beim Legen approximaler Füllungen 
die normale Contour des Zahnes dauernd wieder herzustellen 
oder, wo dies nicht möglich ist, aiisgiebigst V-förmig zu sepa- 
riren, so möchte ich ebenso eindringlich darauf hinweisen, 
dass man auch beim Fiuiren dieses Ziel sieh fortwährend vor 
Augen halte und mit vollkommen gleicher Sorgfalt zu Werke 
gebe, ob mau nun mit Gold, Zinngold oder Amalgam gearbeitet 
hat. Speciell bei den Amalgamfüllungen, die man ja bei vielen 
Amalgamsorten nicht am selben Tage, au dem sie gelegt wurden, 
auch poliren kann, darf man nicht vergessen, dass am Tage 
nach der Operation sich der durch Einlage von Gummi, Wolle, 

1) Dass Goldklanimeru von Piecen durch Amalgauifulluugeii leiden, 
scheint nicht für alle Amalgamarten zu gelten. Ich bemerkte dies bei dem von 
mir seit Jahren zu vollster Zufriedenheit verwendeten Ash-Ahnagani I. unality 
niemals, dagegen wiederholt bei dem sonst sehr empfehlenswerthen Kupfer- 
Amalgam von Li pp old. 

2 


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Holzkeil ii. s. w. verschoben gewesene Zahn nunmehr an seinem 
normalen Platze befindet und dass man sich hüten muss, von 
der Stelle, wo die benachbarten Kronen normaler Weise wie zwei 
Kugeln sich berühren, mehr wegzuschleifeu als höchstens so viel, 
um einen Seidenfaden, wie wir ihn zum Befestigen des Cofferdams 
anwenden, durchzulassen, sonst wird sich beim Kauen dieses 
Interstitium in sehr belästigender Weise sofort mit Speisetheilchen 
füllen. Andererseits kann man nicht pedantisch genug sein beim 
Entfernen auch der kleinsten Partikelchen jeglichen Ueber- 
sehusses von Füllungsmaterial, welcher sich am eervicalen Kande 
der Füllung etwa vorfindet. Um nun z. B. eine am vorhergehenden 
Tage gelegte Araalgam-Contourfüllung richtig zu finiren, ist es 
bisweilen nothwendig, noch einmal entweder rasch durch Holz¬ 
keil oder langsam durch Gummi leicht zu separiren; ist dies 
geschehen, dann möchte ich zu folgendem Verfahren lathen: 
zunächst werden mittelst feiner Polirstahle, Excavatoren etc. 
lose Partikel vom Cervicalrande und Umgebung entfernt, dann 
mit der Länge nach entzwei geschnittenen, also sehr schmalen 
groben Whitersehen Schmirgelstreifen dieser Rand sorgfältigst 
abgeschliffen; dann erst werden breite, aber nur feine Streifen 
oder auch Teague’s ganz feine depressed Disks augewendet, 
um durch die schmalen Streifen entstandene Stufen auszugleichen 
und dennoch von der Stelle, wo zwei benachbarte Kronen sich 
nahezu berühren sollen, ja nicht zu viel fortzunehmen, wodurch 
jede noch so kunstvoll hergestellte Contour wieder nutzlos 
gemacht würde. 

Aber nicht nur beim Excaviren, Formen der Höhle, beim 
Fullen selbst und beim Finiren, auch bei der Vorbereitung 
schon heisst es mit Bedacht auf das vorgesteckte Ziel, möglichst 
normale Verhältnisse herzustellen, lossteuern. Ueberall, wo eine 
Contourfüllung herzustellen ist, muss man zunächst darauf 
achten, ob zwei benachbarte Zähne sich noch in normaler 
Stellung nebeneinander befinden oder ob sie nicht durch Sub¬ 
stanzverlust an den Berührungsstellen einander nähergerückt 
sind. In letzterem Falle wird man stets vor dem Legen der 
Füllung mehr oder weniger ausgiebig durch Einlagen die be¬ 
nachbarten Zähne auseinander schieben müssen, während man 


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sich dort, wo der Zerfall noch nicht zur Folge hatte, dass die 
Zähne ihre normale Entfernung von einander verloren haben, 
sich bei Gold- und bei Amalgamfällungen mit Matrizen be¬ 
helfen kann. So viel ich an mir selbst und an sehr zahlreichen 
Patienten erfahren habe, ist es am wirksamsten und gleich¬ 
zeitig am schouendsten, wenn man in folgender V/eise durch 
Einlagen separirt: Am ersten Tage wird ein dünnes Streifchen 
Natnrgiimmi so zwischen die Zähne gezogen, dass es die Papille 
nicht drückt; ist Letztere stark entwickelt oder gar schon durch 
die cariösen Bänder gereizt, so entfernt man sie mittelst dünner, 
einem doppelschneidigen Dolche ähnlichen Messercheu, von 
welchen eines von vorne her, das andere vermöge seiner 
Krümmung in lingnal-Iabialer, beziehungsweise lingual-buccaler 
Richtung angewendet werden kann; unterlässt man die Exstir¬ 
pation der stark entwickelten oder gar einer gereizten Papille, 
so verursacht jede Einlage mehr oder minder heftige Schmerzen, 
ja ab und zu sogar leichte Fiebererscheinungen während der 
Nacht. Das erste Gummistreifchen wird beim mühsamen Ein¬ 
zwängen zwischen die scharfen Berührungsstellen cariöser Zähne 
meist arg zerfasert, so dass es geringe separatorische Wirkung 
hat. Erst ein zweites etwas dickeres Streifchen, welches sich 
eventuell der Patient selbst am zweiten Tage einlegt, hat ent¬ 
schiedene Wirkung. In Fällen, wo auch diese zweite Giimmi- 
einlage noch nicht genügend separirt haben sollte, sowie überall 
da, wo der Gummi nicht wirken kann, weil zwei grosse an¬ 
einander stossende Höhlen nicht genügenden Angriffspunkt für 
den streifenförmigen Gummi darbieten, verdient Mastixwolle vor 
allen sonst gebräuchlichen Einlagen den Vorzug; der Natur¬ 
gummi fault nicht und reizt nicht, wenn man nur die Papille 
nicht quetscht und dafür Sorge trägt, dass die Streifen aussen 
und innen genügend vorstehen, um sich nicht mit den kantigen 
Enden in’s Zahnfleisch bohren zu können, während die leicht 
faulende Wolle oft inficirend wirkt; deshalb empfiehlt es sieh, 
nach dem Tropfen Mastix-Lösung auch noch einen Tropfen 
01. menth. pip. auf das Bäuschchen zu bringen und trotz dieser 
antiseptischen Cautele derlei Einlagen nicht länger als höchstens 
zwei Tage liegen zu lassen. 

2 * 


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Will man namentlich dort, wo grosse Goldfüllungen gelegt 
werden sollen, recht schonungsvoll behandeln, so lege mau, 
nachdem die Zähne durch Gummi oder Wolle genügend weit 
von einander geschoben worden sind, in die oberflächlich ex- 
cavirten Hälse und in das Interstitium auf einige Tage Hill’s 
Stopping, Guttapercha, Fletchers Artificial dentiue, Gyps oder 
ein anderes ohne Druck einführbares und sich weiter nicht mehr 
ausdehaendes Material ein; dadurch verlieren die separirten 
Zähne sehr bald ihre Empfindlichkeit und das Bohren sowie 
das Klopfen oder der Druck beim Goldfüllen schmerzen fast 
gar nicht. Dort, wo die Caries weit unter Zahnfleischhöhe 
vorgedrungen und der obere Rand der Cavität auch nach dem 
Exstirpiren der Papille nicht freigelegt erscheint, lege ich auf 
Anrathen meines verehrten Gollegen Dr. Smrecker mit recht 
befriedigendem Erfolge auf einen Tag ein Stückchen Feuer¬ 
schwamm unter dieFletcher-Einlage, Dadurch, dass sich dieses 
hygroskopische Material später mit Speichel ausaugt, übt es 
einen sanften, nicht schmerzenden Druck auf das Zahnfleisch 
und man findet am Tage darauf den cervicalen Rand der Höhle 
einer rationellen Behandlung zugänglich gemacht. 

Sehr häufig finden wir bei vernachlässigten oder 
planlos behandelten Zahnreihen entweder einen noch 
gesunden Zahn mit seinem mesialen oder distalen Buckel iu 
die cariöse oder mit einer halbausgewaschenen Cementfölluug 
versehene Höhle seines Nachbars hineinragen; oder es sind zwei 
cariöse Zähne dadurch unnatürlich einander nahegerückt, dass 
die halbkugeligen Flächen, mit welchen sieh dieselben einst¬ 
mals berühit hatten, vollständig destruirt wurden; oder endlich 
bietet sich etwa folgendes trostlose Bild dar: zwei Molaren siud 
mittelst einer doppeltbehanenen flachen Separirfeile derart miss¬ 
handelt worden, dass eine schmale parallelwandige Furche — 
eine wahre Fall- und Faulgrube für Speisereste — die ver¬ 
stümmelten Zähne trennt, welche womöglich noch gegen das 
Zahnfleisch hin durch zwei stehen gelassene, gegen jede Be¬ 
rührung mit dem Zahnstocher furchtbar empfindliche Stufen im 
Dentin begrenzt wird; gefüllt sind diese kunstvoll separirten 
Zähne mit namentlich gegen den cervicalen Rand hin bereits 


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ganz aufgelösten Cement- oder, wenn’s gut geht, mit lockeren 
Amalgamfüllungen! — Selbst in dieser schlimmsten Kategorie 
der zuletzt beschriebenen drei Gruppen von Fällen approximaler 
Caries kommen wir, wenn nicht durch die allgemein bekannten 
Methoden des Separirens mittelst dilatirender Einlagen, so doch 
durch die BonwiH’sche Methode (vergl. Deutsche Monatsschrift, 
VI. Jahrg., November-Heft, Schwarze: lieber Contouvfüllungen) 
fast immer zum Ziel. Sie besteht darin, dass man die zu be¬ 
handelnden approximalen Cavitäten excavirt und sowohl sie 
als auch den Zwischenraum bis zum Zahnfleisch hinauf mit 
S. S. White’scher Guttapercha füllt. Es ist — wenn auch noch 
nicht recht erklärte — Thatsache, dass zwei derart behandelte 
benachbarte cariöse Zähne in drei bis zehn Wochen völlig 
schmerzlos mindestens so stark auseinander gedrängt werden, 
um den Aufbau und das Finiren — die ursprüngliche Form 
genau wiederherstellender Contourfüllungen sehr leicht zuzulassen. 
Die Methode soll jedoch nur bei den Molaren und Prämolaren, 
welche den hiebei wirkenden Factoren breitere Angriffsfläche 
bieten, und insbesondere sich dann bewähren, wenn sich die 
Cavitäten bis auf die Kaufläche erstrecken. 

Zur Beruhigung Derer, welche irregeleitet durch hie und da 
auftauchende Bedenken über eine allerdings theoretisch mögliche, 
in der That jedoch niemals als schädlich sich erweisende Ent¬ 
wicklung elektrischer Ströme in Folge des Vorhandenseins ver¬ 
schiedenartiger Metallfüllungen sich scheuen würden, von zwei 
aneinanderstossenden approximalen Contourfüllungen die mesiale 
aus Gold und die minder auffallende distale aus Ziungold 
oder Amalgam herzustellen, will ich bemerken, dass ich diesen 
Behandlungsgang bei minder bemittelten Patienten sehr häufig 
anwende. Um die frisch finirte Goldfüllung nicht durch das 
Quecksilber einer später zu legenden Amalgarafulliing zu ge¬ 
fährden, bedecke ich, wenn die Letztere in derselben Sitzung 
gelegt werden soll, die Erstere mit einem Stückchen „Euglisch- 
Pflaster“, welches nach Entfernung des Cofferdams sieh durch 
den Speichel wieder ablöst; Goldfüllungen, welche bereits einige 
Tage dem Einflüsse der Mundsecrete und der Ingesta ausgesetzt 
waren, sind auf ihrer Oberfläche bereits mit einer feinen Schichte 


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überzogen, welche die erwähnte Vorsichtsmassregel überflüssig 
macht. 

Im Vorstehenden hab’ ich es gewagt, Präparations¬ 
methoden das Wort zu reden, welchen für den ersten Anblick 
so manches Bedenkliche anhaftet. Es wird zunächst sehr viel 
im Gesunden gearbeitet. Ja, aber nur, um anstatt der bei 
dichtem Stande der Zähne für Approximal-Füllungen unzu¬ 
lässigen Ceraent- verschiedenartige Metallfüllungen anwenden 
und noch dazu denselben unzweifelhaft sicheren Halt bieten 
zu können; und die behufs Fixirung der Füllung im Ge¬ 
sunden angelegten Cavitäten gehen nie so tief, dass sie mehr 
Empfindlichkeit erzeugen wuirden, als sonst Metallfüllungen es 
für einige Zeit thun; zudem ermöglichen es z. B. gerade die 
achterförmigen Amalgamfülluugen dadurch, dass man nicht zu 
furchten braucht, sich zufällig die zum Halt nothwendigen 
Unterschneidungen mit Temperatur schlecht leitenden Unter¬ 
lagen zu verstopfen, bevor man das Amalgam einbringt; in 
weit ausgiebigerer Weise die Pulpa vor Reizung zu schützen. 
Dass der Zahn durch die künstliche Ausdehnung der Cavität 
auf die Kaufläche weniger geschwächt wird, als wenn ich die 
dünne Aussen- und Innenwand oder gar die fast nur mehr aus 
Email bestehende Kauflächenwand einer approximalen Höhle 
noch mit — bezüglich ihrer Verlässlichkeit sehr zweifelhaften — 
Unterschneidungen versehe, habe ich eingangs hervorgehoben 
und möchte nur noch bei der in diesem Aufsatze befürworteten 
Methode des Präparireus von der Kaufläche aus es als Vortheil 
bezeichnen, dass man mit den verdächtigen, schwächlichen 
Rändern, v-elche so ungemein schwer von allem cariösen 

Dentin zu befreien sind, nicht gar so behutsam und sparsam 
umgehen braucht aus reiner Angst, sich ja den Halt der 

Füllung nicht zu gefährden. 

Und schliesslich möchte ich gegenüber mir befreundeten 
Vertretern und Anhängern der neueren Schule, welche zum 
grossen Theil den Werth des Amalgams als Füllungsmaterial 
entweder gar nicht anerkennen wollen oder auf eine sehr 

niedere Stufe stellen, der Versicherung Ausdruck geben, dass 
ich mich im Laufe der letzten drei Jahre davon überzeugt 


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habe, wie werthvoll ein richtig behandeltes gutes, d. i. sich 
beim Erhärten weder erheblich ausdehnendes, noch überhaupt 
schrumpfendes Amalgam^) als Füllnngsmaterial werden kann, 
wenn man nach den hier beschriebenen Methoden separirt, die 
Cavitäten präparirt, schon gleich beim Einbringen sorgfältigst 
jedes überstehende Partikelehen entfernt, und die Contouren der 
Zähne anatomisch richtig wieder herstellt und mit pein liebster 
Pedanterie die Füllungen finirt. Wenn man auch noch so 
meisterlich mit Zinugold zu füllen versteht, so gibt es doch sehr viele 
Fälle, wo es nicht anwendbar ist, und man braucht denn doch 
im Durchschnitte für Zinngoldfüllungen mehr Zeit, als für eine 
Amalgamfüllung. 

Gleich von vorneherein möchte ich mich übrigens auch 
gegen einen Vorwurf verwahren, der mir von Seite ruhiger, 
ernster und zweifelhafter Beobachter, welche mit Gement- und 
Guttaperchafüllungen in ganz bestimmten Fällen vielleicht 
recht befriedigende Resultate erzielt haben, aus Missverständniss 
erhoben werden könnte; gegen den Vorwurf, dass ich in ein¬ 
seitiger und kurzsichtiger Voreingenommenheit nur die Vorzüge 
metallischer Füllungsmaterialien in’s Auge fasse und dem Gement 
noch Schlechtes nachsage; zum Beweis, dass ich auf diesem 
Standpunkte mich nicht befinde, sondern vielmehr dem Principe 
«prüfe Alles und wähle das Beste" huldige, will ich nur er¬ 
wähnen, dass ich in Fällen von sehr acuter Garies stets zuerst 
CeraentfülluDgen lege, weil ich in üebereinstimmung mit den 
Behauptungen erfahrener Praktiker gefunden habe, dass das 
weiche, nässende, empfindliche Dentin durch den Gement sehr 
günstig beeinflusst wird, und nach kürzerer oder längerer Zeit 
derartige Eigenschaften annimmt, welche es zur Aufnahme 
metallischer Füllungen geeignet machen. Auf diese provisorischen 
Füllungen verlasse ich mich jedoch nie länger als ein Jahr und 
ersetze sie nach dieser Frist schon durch Metallfüllungen oder 

i) Ich erinnere diesbezüglich an die vor mehreren Jahren von Fl et eher 
Angestellten Versuche mit Amalgamsorten, welche ergaben, dass manche beim 
Erhärten sich mehr oder weniger ansdehnen, andere schrnmpfen, und dass 
die eine Legirung mit viel Quecksilber, die andere mit wenig Quecksilber 
behandelt, die minimalste Ausdehnung erreicht. 


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erneuere das Cement-Provisoriura, je nach dem jeweiligen Zu¬ 
stande des unter seinem Einfluss gewesenen Dentins. 

Eine sich freilich nur über Monate erstreckende Statistik 
hat mir das überraschende Resultat ergeben, dass ich hei ge¬ 
wissenhafter Befolgung der in Obigem geschilderten hier und 
dort aufgenommenen Methoden und erhaltenen Fingerzeige in 
kaum fünf Percent der Fälle Oement als Füllungsmaterial zu 
verwenden brauche, obwohl sich mein Patieutenkreis durchaus 
nicht, um mit jenem sattsam bekannten Herrn Hofrathe Telschow 
zu sprechen, ausschliesslich „aus den oberen Zehntausend“ 
recrutirt, und ich mit demselben von der Natur mit schlechten 
Zähnen bedachten Bacengemische zu thun habe, aus dem gewisse 
fabriksmässig betriebene Ceraentfüllungs-Etablissements ihre 
Opfer beziehen. 


Notliiials las Ud io der Zabieiggde. 

Von Dr. Maximilian Hirschfeld^ Hof-Zahnarzt in Carlsbad. 

Im Interesse meiner Berufsgenossen w^ie im Interesse des 
profe>ssionellen und wissenschaftlichen. Fortschrittes will ich 
meine Methode und den Werth des Cocains in der Zahnheil- 
kuude besprechen. Hier möchte ich mir vorerst die Frage er¬ 
lauben: Wie kommt es, dass auf dem zahnärztlichen Gebiete 
von Eiuzeluen wissenschaftliche Wahrheiten erkannt und prak¬ 
tische Fortschritte erzielt werden, ohne dass sie, wie dies auf 
anderen Gebieten der Heilkunde der Fall ist, einerseits zur 
Errungenschaft der Wissenschaft, zum Gemeingut der gesammten 
Berufsgenossenschaft werden, und anderseits zum Nutzen und 
Wohle der leidenden Menschheit allgemeiner Anerkennung und 
üebung sich erfreuen? 

Wie kommt es, dass solche Errungenschaften erst lange 
nachdem sie gemacht worden, die verdiente Anerkennung und 
Verbreitung erlangen? Diese i^nomalie hat meines Erachtens 
einzig und allein darin ihren Grund, dass die Berufsgenojsen- 
schaft der Zahnärzte sich nur zu oft auf die Ausübung dieses 
Zweiges der Heilkunst zurückzieht, nicht aber in fortwährendem 


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Oontacte bleibt mit der Mediein im Allgemeiuen. Dadurch mag 
es dann kommen, dass die Resultate der Forschung der Patho¬ 
logie, der Pharmakologie u. dgl. m. sich nur langsam und 
allmälig bei dem seine Praxis cultivirenden Zahnarzte Bahn 
brechen. Die Zahnärzte sind zumeist Autodidakten. Es geht jeder 
seinen eigenen Weg. Jeder verdankt seine Erfahrung, sein 
Können seinem eigenen wissenschaftlichen Streben, seiner eigenen 
Gewissenhattigkeit, seiner Praxis. Findet nun der Eine oder der 
Andere etwas Neues, so hat er nur das Recht zu behaupten, 
dass es ihm neu ist, nicht aber anzunehmen, dass es auch 
Anderen neu sei. Der bisherige Mangel einer, ich möchte sagen 
dogmatischen. Schule machenden Lehrkanzel lässt kein System, 
keine Summe von Erkenntnissen, als das allgemein Gütige 
erscheinen, wo dann Alles, was diesen Kreis des allgemein als 
gütig Anerkannten überschreitet, sich als neu darstellt. So 
gehen die Zahnärzte alle parallel neben einander, ohne in dem 
Punkte der Mittheilsamkeit zu convergiren. Dass diesem Uebel- 
stande abgeholfen werde, liegt im Interesse der Zahnärzte, ist 
ein Postulat des wissenschaftlichen Fortschrittes auf dem Ge¬ 
biete der Heilkunde überhaupt, und. dieser bedauerliche Uebel- 
stand manifestirt sich auch bei dem eben von mir zur Be¬ 
sprechung gewählten Gegenstand. 

Ich weiss wohl,] dass ich über das Cocain als Anästhe- 
ticum nichts Neues bringe; ist doch die Summe der über das 
Cocain veröffentlichten Aufsätze bereits zu einer kleinen Bibliothek 
herangewachsen. Hat doch das Cocain seit den epochemachenden 
Versuchen des Dr. Koller die ganze medicinische Welt be¬ 
schäftigt und in der Behandlung der verschiedensten Affectionen, 
bei Augenkranheiten, bei Leiden des Kehlkopfes und Rachens, 
bei Affectionen des Magens und der Harnblase etc. seine oft¬ 
malige Verwerthung gefunden und in kurzer Zeit eine Literatur 
zu Tage gefördert, wie noch selten irgend ein anderes Heil¬ 
mittel, irgend eine Heilmethode es bisher vermochte. Wenn ich 
aber dennoch meine Erfahrungen mit dem Cocain in meiner 
zahnärztlichen Praxis veröffentliche, so glaube ich, dass mich 
einerseits die grosse Zahl der seit fünf Jahren mit subgingivaler 
Cocain-Injection vorgenommenen Zahn- und Wurzelextractionen 


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hieza berechtigt, aaderseits fühle ich mich zu dieser Veröfifent- 
licbung gedrängt, weil ich nur zu oft von vielen Collegeu und 
selbst von solchen, deren wissenschaftliche Tüchtigkeit längst 
allgemein anerkannt ist, abfällige Urtheile über die Anwendung 
und anästhesirende Wirkung des Cocain erfuhr. 

Viele Collegen scheinen durch den tragischen Petersburger 
Fall, dem zwei Menschenleben zum Opfer fielen (der Cocaintod 
einer zu operirenden Frau und der hierauf erfolgte Selbstmord 
des Operateurs Dr. K o 1 o m i n) von der Anwendung des Cocains 
völlig abgeschreckt worden zu sein. Mit welchem Anästheticum 
sind aber keine Todesfälle zu verzeichnen? Jedes neue Mittel 
hat seine eifrigen Fürsprecher, hat seine Enthusiasten, welche, 
noch bevor sie die Schattenseiten eines solchen Mittels kennen, 
all’ zu viel wagen und das neue Mittel auf diese Weise in 
Misscredit bringen. 

Dasselbe war bei Dr. Kolomin der Fall. Dr. Kolomin 
hat bei dieser Frau 24 Gran = 168 Centigramm Cocain an¬ 
gewendet, somit ein Quantum, welches zu 60 bis 80 Zahn¬ 
extractionen ausreicht. Was Hufeland einst vom Opium sagte: 
„Opium est sancta vitae aneora, sed eymba charontis in manu 
imperiti“ findet bei jedem giftig wirkenden Heilmittel, so auch 
beim Cocain seine rolle Anwendbarkeit. 

Es steht ausser allem Zweifel, dass das Cocain bei all’ 
seinen Vorzügen ein sehr intensiv wirkendes Gift ist, dass das 
Cocain auf einzelne Patienten eine eigenartige, ungeahnte 
Wirkung hat und dass von Seiten des Arztes mit der nöthigen 
Vorsicht vorgegangeii werden muss. Hofrath Teltsehow sagte: 
Corresp.-Blatt, Heft 1 v. J. 1887: „Das Cocain ist in der Hand 
eines verständigen Operateurs als eine grosse Wohlthat für die 
Menschheit zu betrachten und wird seine Anwendung in der 
Zahnheilkunde bald eine allgemeine werden.“ 

Meine Erfahrungen über das Cocain bewegen sich blos 
innerhalb der Grenzen der Zahuheilkunde, und zwar als locales 
Anästheticum und Analgeticum. Weder die bisher gemachten 
Erfahrungen bei der innerlichen Anwendung des Cocains, als 
Narcotieum von Boswarth, William, Hamond, Mattison, 
EWerts etc., noch die Erfahrungen über die Anwendung, den 


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Werth und die toxische Wirkung des Cocains in der Chirurgie 
sind für die zahnärztliche Praxis massgebend. In der Chirurgie 
stehen sich die Ansichten über die anästhetische Wirkung 
sowie über die Grösse der Dosis ziemlich schroff entgegen. 
Während Reclus, Wall, Orloff u. m. a. grosse Operationen 
mit grosser Dosis, vier bis fünf Pravaz’sche Spritzen einer fünf- 
biszehnpercentigenLösung, vornehmen, wollen Wölfler,Haenel, 
Link nur bei kleinen chirurgischen Eingriffen im Cocain ein 
sehr werthvolles Anästheticum erblicken. Der Chirurg, der 
Operateur wendet zu einer Operation drei bis fünf Pravaz’sche 
Spritzen einer 10-, 15- bis 25percentigen Cocain-Lösung an. Der 
Zahnarzt hingegen kann mit Rücksicht auf das beschränkte und 
kleine Operationsfeld sowie anderseits wegen der festen Structur 
der Gingiva höchstens drei bis fünf Theilstriche einer Pravaz’schen 
Spritze injiciren. Ans eben diesem Grunde können wir uns 
auch mit Fraenkel, die Concentration herabzusetzen, nicht be¬ 
freunden, weil wir eben nur zwei, drei bis vier Tropfen in 
die Gingiva eiozuspritzeu vermögen. 

Seit fünf Jahren wende ich bei Zahn- und Wurzelextrac¬ 
tionen ausschliesslich Cocain an, und zv’^ar mache ich biiccal 
und lingual zwei bis vier Einstiche um den zu extrahirenden 
Zahn von drei bis vier Theilstriche einer Pravaz’schen Spritze, 
also drei bis vier Tropfen einer löpercentigen Cocainlösung, 
Meine Lösung besteht aus 15 Oentigramm Cocain, ein Gramm 
zweipercentigem Carbolwassser und ein Tropfen Oleum menthae. 
Bei Anwendung von drei bis vier Theilstrichen dieser Lösung 
ist die Gefahr einer lutoxication gänzlich ausgeschlossen, denn 
ich habe in der oben erwähnten Zeit von fünf Jahren 5839 Zabn- 
und Wurzel-Extractionen gemacht, und zwar: 

bei 1449 Männern, 

4114 Frauen und 
„ 276 Kindern 

und niemals ein Symptom einer Intoxicatiou wahrgenommen. 
Ich hatte überraschende, alle Erwartungen übertreffende Er¬ 
folge und werde ganz übereinstimmend mit Herrn Dr. Jessen 
aus Strassburg — siehe dessen Vortrag über das Cocain in 
der 62. Versammlung deutscher Aerzte und Naturforscher zu 


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200 


Heidelberg — nicht eher von der localen Anwendung des 
Cocains bei Zahnextractionen abgehen, bis wir ein Anästheticura 
finden, welches hei gleicher Gefahrlosigkeit bessere 
Resultate liefert. Ich mache anch niemals zwei Injectionen 
nach einander, obwohl die Patienten sehr oft darnm bitten, 
sondern erst nach einigen Stunden oder besser erst am anderen 
Tage. Die Technik der Injection in’s Zahnfleisch sowie das Zu¬ 
warten bis zum Eintritt der vollständigen Anästhesie ergibt sieh 
aus der Praxis. Oft tritt nach der Extraction, insbesondere wenn 
mehrere Wurzeln auf einmal gezogen wurden, eine durch zwei 
bis drei Tage andauernde Geschwulst auf, die aber nur einer 
ödematösen Anschwellung gleicht und nicht von der Extractions- 
wunde herrührt, sondern von der Circulationsstörung, die durch 
Cocain hervorgerufen wurde, entsteht, und der Anwendung der 
cataplasme echauffement schnell wieder weicht. Ich kenne bisher 
nur zwei Momente, die als Contraindication gelten, das ist 
grosse Aufregung und Angst, ferner vorhandene Menstruation. 
Wenn ich auch keinen genügenden physiologischen Grund für die 
Gegenanzeige der Cocain-Injection während der Menstruation zu 
finden vermochte, so scheint doch jene gewisse Aufregung, die der 
Vornahme einer Operation vorhergeht, durch die nervöse Aufregung 
während dieses physiologischen Proeesses gesteigert zu werden und 
als Contraindication gelten zu sollen. Genug, meine Erfahrung hat 
in zahlreichen Fällen ihre unzweifelhafte Bestätigung gefunden. 

Es ist Sache des Zahnarztes, und er wird stets seinen 
Zweck erreichen, die Angst und die Aufregung beim Patienten 
zn verscheuchen, wenn er ihm versichert, nicht früher die Zange 
zur Hand nehmen zu wollen, bis nicht vollständige Empfindungs¬ 
losigkeit in der ganzen Umgebung des Zahnes eingetreten. Aus 
dem oben angeführten Grunde sollen Frauen stets früher be¬ 
fragt w'erden, ob sie sich unwohl, d. h. ob sie sich gerade zur 
Zeit in der Menstruation befinden. Ist letzteres der Fall, so 
unterlasse man lieber die Operation, oder man nehme höchstens 
zwei Theilstriche der Pravaz-Spritze. Man muss aber immer 
darauf gefasst sein, dass solche Patienten von einer schwachen 
Ohnmacht befallen werden können, die aber durch eine horizontale 
Lage in drei bis fünf Minuten wieder schwindet. 


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Ich habe sehr oft in Gegenwart anderer Collegen bei 
Patienten mit unregelmässiger Herzthätigkeit subgingivale 

Cocain-Injection von zwei bis zwei ein halb Theilstrichen einer 
«'1 löpercentigen Lösung gemacht, ohne je unangenehme Ersehei- 

D, nungen zu erhalten. Ich und in wiederholten Fällen anwesende 

«D Aerzte — Internisten, nicht Zahnärzte — haben gefunden, dass 

In* nach der Injection die Herzaction mit grosser Gleichmässigkeit 

k\ vor sich geht, dass nicht selten vorhandene systolische und 

m diastolische Geräusche schwanden (allerdings bin ich nicht in 

«ei der Lage anzugeben, für wie lange Zeit), weshalb wir eben der 

ioei Ansicht sind, dass das Cocain bezüglich seiner Wirkung auf die 

m Herzthätigkeit noch nicht gehörig erprobt und gewürdigt wurde, 

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Ak der NarHipraiis. 

Von Dr. Ferdinand Tänzer, Zahnarzt in Triest. 

Es dürfte heute wohl nur wenige Zahnärzte geben, welche 
Extractionen vornehmen und sich dabei der Vornahme der Nar- 
cosen, resp. Betäubungen vollständig enthalten. Bei der neu- 
rasthenisch veranlagten Bevölkerung zumindesteus der Gross¬ 
städte und speciell bei einer durch den psychisch deprimirenden 
Einfluss des Sciroccos nervösen Seehafenbevölkerung wie Triest 
dürfte es wohl ganz unmöglich sein, an dem starren Princip 
der Negation irgendwelcher Narcose festzuhalten. Es dürfte 
wohl nicht angehen, mit kalter Ruhe zu erklären, zur Vor¬ 
nahme einer so unbedeutenden Operation, als es die Extraction 
sei, bedürfe es keiner Narcose. Wir müssen über ^so viel Mit¬ 
gefühl verfügen können, um unsere Clienten nicht einfach als 
Feiglinge, sondern als durch Vererbung und nervös deprimirende 
Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogene Kranke zu betrachten. 
Sehen wir doch, wie kräftige Männer bei Ankündigung der 
Extraction zagen und zittern, wie Clienten es vorziehen oft 
Monate lang zu leiden, ehe sie sich zu einer Zahnextraction 
entschliessen, wie sie selbst ihr Gebiss verfallen lassen und wie 
sie oft lieber die ganze zweite Hälfte ihres Lebens an Verdau¬ 
ungsstörungen laboriren, ja dadurch geradezu ihr Leben ver- 


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202 


kürzen, ehe sie sich entschliessan könnten, die vor dem Einsetzen 
eines künstlichen Ersatzstückes nothwendigen Zahnextractionen 
vornehmen zu lassen. Nach meiner glücklicherweise geringen 
Erfahrung in eigener Erduldung von Schmerz bei der Z^^hn- 
extraction und nach den täglichen Exclamatioueu unserer Clienten 
scheint es mir, dass nicht die Grösse des Schmerzes, sondern 
die ganz einzig dastehende, mit einem andern Schmerz nicht 
vergleichbare Qualität des Schmerzes so abschreckend wirkt. 

Zur Vornahme der Narcose bediene ich mich desiVgO, mitdem 
ich mich von Jahr zu Jahr mehr befreunde. Die Narcosen gehen so 
einfach und glatt vor sich, dass ich ausserordentlich befriedigt bin. 
Verwendet wird coraprimirtesGas, durchschnittlicher Gasverbrauch 
sechs Gallonen, als Mundstücke benütze ich theils das Clover’sche, 
theils die Pfeife und Nasenklemraer. Von den ira letzten Halbjahr 
gemachten 500 Narcosen finde ich nur zweimal ausgeprägte Cyauose 
und nur zweimal Kopfschmerz, der den ganzen Tag über dauerte, 
notirt, einmal wurde ein epileptischer Anfall ausgelöst. Diese 
Narcose wurde nur auf dringenden Wunsch des Hausarztes aus- 
geführt, da in Folge heftigen, wochenlangen Zahnleidens fast 
täglich ein bis zwei epileptische Anfälle ausgelöst wurden und 
Patientin sich sonst absolut zur Vornahme der Extraction nicht 
entschliessen konnte. Es wurden zwei Zähne extrahirt, darauf voll¬ 
kommenes Wohlbehagen. In sehr vielen Fällen wurde nur Lähmung 
der Extremitäten und Analgesie, keine vollkommene Anästhesie 
erzielt, Patientin gaben an, zwar keinen Schmerz erlitten zu 
haben, dennoch das Ansetzen der Zange am Zahn — wenn 
auch nicht als Schmerz — gefühlt, sprechen gehört zu haben etc. 

Trotzdem gewiegte Narcotiseure mit gehäufter Erfahrung 
für die iV^O-Narcose keine Conlraindication kennen, so könnte 
ich mich doch in folgenden Fällen zur V^ornahme der 
Narcose nicht entschliessen: 

1. bei Herzleiden, 

2. bei Individuen mit excessiver Fettbildung, 

3. bei durch chronische Lungenleiden und Cachexien 
herabgekommenen Individuen, 

4. bei Struma, 

5. bei atheromatöser Entartung der Gefässe. 


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203 


Clienten mit schweren Herzleiden machen uns fast stets 
aufmerksam. Ist mir Jemand eines Herzleidens verdächtig, so 
wird er an den Hausarzt gewiesen, eventuell untersuche ich 
ihn selbst. Bei constatirtem Vitium cordis lehne ich jede Nar- 
cose ab. Schwere Herzkranke befinden sich leider in steter 
Lebensgefahr. Die Lebensuhr könnte ja gerade während einer 
Narcose — ohne directen Einfluss derselben — ablaufen. Ich 
erinnere mich da der Mittheilung eines Wiener Collegen. Eine 
Patientin aus Ungarn besuchte ihn eines Nachmittags, um sich 
ihre Zähne mit JVgO-Narcose entfernen zu lassen. Da College 
sehr beschäftigt, Patientin überdies sehr timid war, bestellte er 
sie für den nächsten Tag. Im Laufe des nächsten Tages kam 
der Gatte der Clientin mit den heftigsten Anklagen, dem Collegen 
vorwerfend, er hat seine Frau, die gestern Abend gestorben, 
durch die Narcose getödtet. Dem Collegen war es ein Leichtes, 
nachzuweisen, weder eine Narcose noch irgend einen operativen 
Eingriff gemacht zu haben. 

Trotzdem ich die ATgO-Narcose bei einiger Vorsicht und 
Uebung für absolut ungefährlich halte und mit der gehäuften 
Erfahrung ein warmer Anhänger derselben geworden, so bin ich 
doch der Ansicht, dass wir in gewissen wohl seltenen Fällen 
der „tieferen“ Narcosen kaum entbehren können. 

Es gibt Neurastheniker, die — bei noth wendiger vollständiger 
Ausräumung des Mundes — trotzdem sie schon zu der iVgO- 
Narcose Vertrauen gefasst haben, sich davor entsetzen, sich zu 
einer drei-, vielleicht viermaligen A^^O-Narcose in den Operations- 
stuhl setzen zu müssen und die uns um eine tiefe, aber nur 
einmalige Narcose stüimiseh bereden. 

Ich sehe in der That nicht ein, warum dem Patienten — 
wenn absolut keine Contra-Indication vorliegt — diese Wohl- 
that verweigern? 

In solch’ einem Falle ziehe ich doch die Vornahme z. B. 
einer Aethernarcose durch einen tüchtigen Narcotiseur und 
gehöriger Assistenz einer protrahirten A/gO-Nareose mit vielleicht 
tiefer Gyanose vor. 

Eine Krankengeschichte aus meiner Praxis in Graz, die 
sonst nicht ohne Interesse ist, ist mir besonders in Erinnerung. 


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204 


Einer meiner Jugendfreunde, Banleiter, seit zwei Jahren an einer 
k. k. Statthalterei in einer Südprovinz, stellte sich mir eines 
Tages als zahnleidend vor. Er behauptete auch lungenkrank za 
sein, Abends zu fiebern, an Nachtschweisseu zu laboriren etc* 
Die Untersuchung des Mundes ergab Fisteln nach allen Richtungen, 
Abscesse mit Entleeruug von profusem, übelriechenden Eiter, 
faulende Wurzeln, pulpalose Zähne. 

Patient selbst sah abgemagert aus, war sehr deprimirt, hustete. 

Nach eingehender Examinirung kam ich zu dem Verdacht, 
es hier mit Malariacachexie zu thun zu haben, nachdem Patient 
augab, in einer Sumpfgegend stationirt zu sein, in der Malaria^ 
erkrankungeu nichts Seltenes sind. Neben der Behandlung des 
Fiebers schlug ich baldigste Extraction sämmtlicher Zähne und 
Wurzeln vor. Patient war einverstanden, drang jedoch unbe¬ 
dingt darauf, nur einmal narcotisirt zu werden. 

Patient wurde auf das Herz untersucht, und da nicht die 
geringste Contra-Indieation vorlag, gab ich endlich die Zu¬ 
stimmung- Doeent Dr. Ebner nahm die Narcose vor. Mein Freund 
war in wenigen Tagen vollkommen geheilt, Dank der Ent¬ 
fernung der putriden Stoffe aus dem Munde, Dank auch der 
heilkräftigen Luft Steiermarks. 

Ich bin vollständig überzeugt, meinem Freunde einen 
grossen Dienst erwiesen zu haben, da derselbe bei seinem 
nervösen Eigensinn unter anderen Umständen sich nicht zur 
Vornahme der Extractionen entschlossen hätte. 

Die vorletzte „tiefe“ Narcose, die ich hier vornehmen 
liess, geschah hei einer jungen Dame, bei der etwa 14 Zähne 
zu extrahiren waren. (Narcotiseur Dr. Massepust.) 

Bei der letzten Narcose handelte es sich um einen Potator, 
einen Forstmeister, einen wahren Riesen, bei dem es sich um 
Extrahirung von 16 Zähnen und Wurzeln handelte und wo ich 
bei der Felsenfestigkeit der oberen Eckzähne, von denen aus 
zwei lange Fistelcanäle in den harten Gaumen verliefen, eine 
JViO-Narcose für ganz ungenügend gehalten hätte. (Narcotiseur 
Dr. Fischer.) 

Selten dürfte wohl eine Narcose sein, wie sie bei einer 
Dame von den Herren Primarius Dr. Escher und Dr. Fischer 


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ausgeführt wurde, die oach Verbrauch von zehn Tropfen Chloro¬ 
form — ausnahmsweise Chloroform — in tiefste Narcose fiel. 
Patientin war für Chloroform sehr empfänglich und pflegte es 
sich selbst gegen Migräne in ihr Taschentuch aufzugiesseu. 

Meine Patienten, die sich einer Aethernarcose unter¬ 
ziehen wollen, lasse ich genau untersuchen, die Narcose soll nur 
von bestbekaunten Narcotiseuren ausgeführt werden, und zwar 
stets im Hause des Patienten oder in einem Sanatorium. Wenn 
das geringste Bedenken, die kleinste Contra-Indication vorliegt, 
würde ich meine Theilnahme an einer Operation unter Narcose 
entschieden ablehnen. 

Bei Kindern und Greisen dürfte man wohl auch kaum 
in die Lage kommen, solche Narcosen vornehmen lassen zu 
müssen. 

Dass bei Chloroform- und Aethernarcosen viele Todesfälle 
Vorkommen, ist ja gar nicht zu verwundern, denn die Chirurgen 
sind selbst bei den schwersten Contra-Indicationen, bei den 
schwersten Herzfehlern, trotz der immensen Gefahr gezwungen, 
ihre Operation unter Narcose auszuführen. 

Das entfällt natürlich in unserem Fache. Obgleich ich 
duteh neun Monate an der Klinik des Hofrathes Professor 
V. Rzehaczek in Graz an den Chloroformnarcoseu thätigen 
Antheil nahm, möchte ich doch in Anbetracht der stets möglichen 
Syncopegefahr dem Aether — wenigstens für unsere Zwecke — 
den Vorzug geben. 

lieber die Syncope äussert sich Prof. Albert (Lehrbuch 
der Chirurgie): „Der gefährlichste Zufall ist die Sistirung der 
Circulation — die Chloioformsyncope, Das Bild des Kranken 
ist wahrhaft grauenerregend. Während die Respiration ganz 
gut vor sich geht, setzt der Puls auf einmal aus. Der Gehilfe 
meldet dies, der Operateur blickt den Kranken an und schon 
sind die Gesichtszüge cadaverös bleich und verfallen, der Unter¬ 
kiefer sinkt wie nach dem Tode herab, die vorgezogene Zunge 
bleibt regungslos drausseu liegen, die Cornea sind glanzlos, die 
Pupillen weit und reactionslos; die Wunde blutet nicht; die 
Arterien entleeren nur einige Tropfen dunklen Blutes; die 
Athmung steht still; die Herzarbeit hat aufgehört. Die ganze 

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Scene tritt ohne Vorboten auf, oft naclidem der Kranke 
schon längere Zeit kein Chloroform mehr geathmet hat. Nur 
durch energische künstliche Respiration wurden Einzelne in 
diesem Augenblicke dem Tode entrissen.“ 

Immer grösser wird die Zahl der Operateure, die dem 
Aether das Wort reden. Unter den von Fueter in Bern 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, 29. Band, 1. Heft) angeführten 
150 Narcosen waren 33 im Kindesalter stehende Patienten 
ätherisirt, die jüngsten waren Säuglinge, vier, fünf und sieben 
Monate alt. Fueter erwähnt der besonders starken Excitation 
bei Potatoren und war zufällig darauf gekommen, solchen 
Patienten vor der Narcose Alkohol reichen zu lassen, worauf 
die Narcosen glatt vor sich gingen. 

„Es scheint die Wirkung des Alkohols diejenige des 
Aethers zu unterstützen und zu einer Summirung derselben zu 
führen, was den Gedanken einer gewissen Analogie der Aether- 
narcose mit dem Alkoholrausch nahelegt, der noch bekräftigt 
wird durch die Aehnlichkeit der Symptome beim Erwachen.“ 

Dr. J, R. Comte kommt in einer Vertheidigungssehrift 
des Aethers gegen Chloroform, an die Adresse des Dr. Kappeier 
gerichtet (siehe Revue m^dicale de la Suisse romande. — Revue 
et Archives Suisses d’OdontoIogie, Mai 1890), zu folgenden 
Schlüssen: 

„1. Die Anästhesie kann ebensowohl mit Aether als mit 
Chloroform erzielt werden, ohne dass man genöthigt ist, über¬ 
mässige Dosen anzuwenden und das Eindringen der Luft in die 
Athmungscanäle mehr oder weniger zu verhindern. 

2. Die intensive Methode, die darin besteht, dass man 
50 Cubikcentimeter Aether in die Maske giesst, um die Anästhesie 
in zwei Minuten herbeizuführen, ist verwerflich, nicht weil sie 
gefährlich, sondern für den Patienten höchst beschwerlich ist. 

3. Die durch den Geruch erzeugten Unannehmlichkeiten, 
das Erbrechen während und nach der Anästhesie sowie die 
nachfolgende Ueblichkeit bleiben sich bei der Anwendung jeglichen 
anästhetischen Mittels so ziemlich gleich. 

4. Die Excitationsperiode erscheint durch den Gebrauch 
des Aethers weder länger noch heftiger, als dies beim Ohloro- 


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form der Fall ist. Die starken Aufregungen werden nur durch 
alkoholische Mittel hervorgerufen. Dagegen bemerkt man zuweilen 
beim Erwachen ätherisirter Personen eine gewisse Unruhe und 
bei Frauen sogar wirkliche hysterische Krisen. 

5. Die Einwendungen, die sich dem Gebrauch des Aethers 
entgegnen lassen, sind nicht so bedeutend, wie die Anhänger 
des Chloroforms behaupten wollen. Sie beziehen sich nur auf 
die zu Entzündungen geneigten Athmungsorgane sowie auf die¬ 
jenigen Entzündungen, die im Gefolge von Laryngo- und Tracheo- 
stenose erscheinen. Ueberdies ist der Gebrauch des Aethers 
niemals angezeigt, wo man genöthigt ist, den Thermocauter am 
oder nahe dem Kopf anzuwenden oder bei offenem Lichte zu 
operiren. Die Gefahr, dass sich der Aether entzünde, kann 
jedoch mit Anwendung gewisser Vorsichtsmassregeln bedeutend 
vermindert werden. 

6. Mit Vorbehalt der vorhin erwähnten Fälle verdient 
der Aether den Vorzug über das Chloroform bei allen Operationen 
und besonders in der Zahnchirurgie, in den Einrichtungen 
von Luxationen und allen langwierigen Operationen. 

7. Die von Kocher angewandte Methode, die darin 
besteht, dass er die durch Chloroform erzielte Anästhesie durch 
Aether fortzuerhalten sucht, ist wenig rationell, in Anbetracht, 
dass die Hälfte der durch Chloroform verursachten Todesfälle 
am Anfänge, d. h, vor der vollständigen Anästhesie stattfindet. 
Die Gefahr des Todes durch Chloroform wird auf diese Art nur 
zur Hälfte beschworen. 

8. Der Aether ist minder gefährlich als das Chloroform. 
Obwohl diese Thatsache noch nicht durch die Statistik absolut 
bewiesen ist, sind doch die Vermuihungen so zahlreich, dass 
sie einer Gewissheit gleichen. 

9. Angenommen, dass die durch Aether herbeigeführteu 
Todesfälle ebenso zahlreich seien als die durch Chloroform ver- 
ursacbteu, verdient der Aether nicht weniger den Vorzug, denn 
fast immer genügen bei zufälligen Todesfällen durch dieses 
anästhetische Mittel der s*eh were Krankheitszustand, die Schwierig¬ 
keit der Operation und die bei der Section Vorgefundenen 
Läsionen, um die Verantwortlichkeit des Chirurgen mehr weniger 

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zu entlasten. Dasselbe gilt aber nicht bei Todesfällen durch 
Chloroform, die sehr oft weder durch den allgemeinen Zustand 
des Kranken, noch durch d.ie Schwierigkeit der Operation und 
durch das Resultat der Section gerechtfertigt werden können. 

10 Die Respiration des ätherisirten Kranken sollte fort¬ 
während aufmerksam beobachtet werden, wenngleich es nicht 
nöthig ist, den Puls zu controliren. Immerhin wäre es gefährlich, 
die Aetherisation einem Anderen anzuvertrauen als einem hin¬ 
länglich geübten Arzte. Die Gefahr des Aethers liegt gerade in 
der zu grossen Zuversicht in seine Harmlosigkeit.“ 


Vereinsberiehte. 

ZalmäßtMii Mm äss 1 MeriatioMta «äitijtliti 
Coiims za Mia voai 4. Ms 10. Aapsl 1890. 

X. Internationaler medicinischer Congress zu Berlin 1890. 

Alle Zusagen und Anmeldungen Seitens zu erwartender 
Theilnehmer sind dem Bureau des Congresses, Karl¬ 
strasse 19, baldthunlichst bekannt zu geben, Einß 
möglichst frühzeitige Kenntniss der zu erwartenden Mitglieder 
ist für alle Veranstaltungen von Wichtigkeit, auch kann hei 
besonderen Zusendungen und Einladungen nur mit den auge¬ 
meldeten Personen gerechnet werden. 

Es wird gebeten, nach Möglichkeit dahin zu wirken, dass 
in- und ausländische Collegen die Lösung ihrer Mitglieds¬ 
karten durch Einsendung von 20 Mark an den Schatzmeister 
Dl*. Bartels, SW. Leipziger Strasse 7ö, bewirken. Hierdurch 
wird den Betreffenden Zeitverlust und Weitläufigkeiten bei Beginn 
des Congresses erspart. Auch ist es nur auf diese Weise möglich, 
die Listen gleich Eingangs vollständig und genau zu gestalten. 
Ferner ist möglichst frühzeitige Sicherung von Wohnungen 
zu empfehlen. Meldungen nimmt das Wohnungscomite, Karl¬ 
strasse 19, entgegen. 


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Alle Vortragenden und Referenten seien auf das 
Ausdrücklicliste darauf aufmerksam gemacht, dass sie einen 
kurzen druckfertigen Auszug auf einseitig beschriebenen 
Blättern in durchaus leserlicher Schrift in einer der drei 
Cougresssprachen zu der Versammlung mitzubringen haben. 
Manuscripte, welche erst nach Schluss der Verhandlungen ein¬ 
gereicht werden, können unter keinen Umständen Berück¬ 
sichtigung finden. 

Zur Aufnahme in die Verhandlungen gelangen aus¬ 
schliesslich die während derselben von den Autoren selbst, 
beziehentlich durch einen hierzu gewillten Vertreter persönlich 
vorgetragenen Mittheilungen. Etwa vorher eingehende 
Ausführungen müssen ad acta gelegt werden. 

Die Tagesordnung der zahnärztlichen Section hat 
insofern eine Aenderung erfahren, als Punkt 5 derselben „üeber 
die BonwilTsche Methode der Articulation bei künstlichen 
Zahnersatzstücken“ (vgl. Beibl. Märzheft, S. 23) abgesetzt und 
dafür „Unregelmässigkeiten der Zahnstellung^^ (Ref. Dr Talbot, 
Chicago) eingesetzt worden ist. Doch wird über Bonwill’s 
Methode ein Vortrag gehalten werden. 

Von Seiten des Orgauisations-Comites sind folgende fünf 
Themata zur allgemeinen Besprechung aufgestellt und folgenden 
Referenten übergeben: 

1. Die Betäubung mit Bromätbyl in der zahnärztlichen 
Praxis. Referent: Herr Holländer, Halle a. S. 

2. Veranlassung, Verlauf und Behandlung der Pyorrhoea 
alveolaris (Nosographie et histoire de l’arthrite alveolaire 
symtomatique). Referent: Herr Magitot, Paris. 

3. Ueber die Betheilignng der Mikroorganismen bei der 
Caries der Zähne. Referent: Herr Mnmmery, London. 

4. Ueber Kronen- und Brücken-Arheit (Crown and Bridge- 
VVork). Referent: Herr W. C. Barrett, Buffalo. 

5. Ueber unregelmässige Stellung der Zähne. (On iiTe- 
gularities of the teeth.) Referent: Herr E. S. Talbot, Chicago. 

Ausserdem sind für die zahnärztliche Section noch folgende 
Vorträge und Demonstrationen angemeldet: 


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1. Herr C. F. W. Bödecker, New-York: On the filling 
of proximal surfaces of the teeth by a combination of the 
Herbst and the mailet System. 

2. Herr 0. Saner^ Berlin: Die Zahnheilkunde im Dienste 
der Chirurgie. 

3. Herr W. Sachs, Breslau: Die Vorbereitung eaiiöser 
Zahnhöhlen zum Füllen, mit Demonstrationen an einem Schädel- 
präparat 

4. Herr Hesse, Leipzig: Die Drehung der Prämolaren 
um ihre Längsaxe. 

5. Herr Ch. A. Hayman, Bristol: A ease of facial dis- 
figurement, an artificial palate, eheek and eye. 

6. Herr Geo. Brunton, Leeds: a) FiXtraction of teeth, 
uuder anaesthesia in the Howard position. h) Rapid filling with 
combination of amalgam and gold. 

7. Herr 6. L. Curtis, Syracuse (N.-Y.): a) Clinik on 
bridge work. h) Treatment of pyorrhoea alveolaris. c) Treatment 
of sensitive dentine by dehydration. 

8. Herr W. Booth Pearsall, Dublin: a) On oblique 
rooted teeth, illustrated by photographs and specimens. 6) Oa 
a new method of exhibiting specimens of abnormal teeth in 
public or private museums, with illustrations. 

9. Herr Thos. G- Read, London: On crowning. 

10. Herr Busch, Berlin: lieber Verwachsung und Zwillings¬ 
bildung der Milchzähne und der bleibenden Zähne (dentes 
concreti et dentes geminati). 

11. Herr M. Morgenstern, Baden-Baden: Neue Unter¬ 
suchungen über die Bildung des Schmelzes und des Zahnbeins, 
mit Demonstrationen. 

12. Herr F. H. Briggs, Torquay: a) Demonstration of an 
entirely new electric mailet with several other original Instru¬ 
ments for dental surgery. b) On crown and bridge work in its 
different stages of manufacture. 

13. Herr Benno Sachs, Zahnarzt, Hirschberg i. Schl.: 
Zur Odontologie der angeborenen Kieferspalte und Lippenspalte. 

14. Herr S. C. Bensow, Helsingfors: Demonstration einiger 
Zahnoperationen und der dazugehörigen Instrumente. 


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15. Herr Rosander, Stockholm: Die Zahnhygiene nnd 
ihre allgemeine Bedeutung. 

16. HerrYonnger, San Francisco: Clinic in implantation. 

17. Herr Emil Flörke, Bremen: Demonstration von 
elektrischen Apparaten. 

18. Herr Gustav Flörke, Bremen: Demonstration im 
Schuellfüllen der Zähne. 

19. Herr O’Brien, Dresden: Rapid filling by use of the 
Bonwill-Mallet. 

20. Herr Fletcher, Cincinnati: Essay on implantation 
of teeth. 

21. Herr Andrews, Cambridge: Development and eal- 
cification of enamel. 

22. Herr J. S. Marshall, Chicago: Fractures and diastasis 
of the Superior maxillary bones and upper bones of the face, 
healed by the aid of the interdental splint and cranial support. 

23. Herr E. S. Talbot, Chicago: The differentiation of 
anterior protrusion of the superior maxillae and teeth. 

24. Herr W. Dali, Glasgow: Porcellain Fillings, 

25 Herr Otto Arnold, Columbus: Demonstration on filling 
with heavy and cohesive foils. 

26. Herr Ritter, Berlin: lieber tuberkulöse Mundaffectionen. 

27. Herr Schwarze, Leipzig: Vergleichung der Bewegung 
des Kiefergelenks mit der im Bonwiirseheu Articulator 
möglichen Bewegung. 

28. Herr L. Schmidt, Lübeck: Demonstration von Zahn- 
schliflfen, welche aus Dermoideysten des Ovariums herstammen, 
ferner von Schnitten aus Neubildungen der Kiefer (Epulis mit 
Ossificationskern) und endlich von Schliffen von Zahnrudimenten. 

29. Herr W. G. A. Bon will, Philadelphia: The anatomical 
articulator. 

30. Herr Miller: Weitere Untersuchungen über den Werth 
verschiedener Autiseptica bei der Behandlung nicht extrahirbarer 
Pulpareste. 

31. Herr J. Carabatsanis, Athen: a) ün obturateur 
apres Poperation d’un osteo-sarcome. b) Nouveau systöme de 
dents artificielles sans planques et sans crochet, c) Nouveau 


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rödressemeut au fil d’aeier. d) Traitemeut de la pyorrhoe 
akeoJaire. e) La gingivite. 

32. Herr A. W. W. Baker: Notes on the pathology of a 
dentigerous cyst. 

33. Herr 6eo. Cunningham, Cambridge (England): a) A 
new low-fusing continuous gum, with specimens and demon- 
strations. b) A Statistical analysis of some experients in the 
implantation of human teetb. 

34. Herr Hutchinson: ö)The Infliience of re tarded Eruption 
of the Wisdomteeth on the general Health, b) Demonstrations of 
Models of Regulating Cases and of his Treatment of congenital 
Cleftpalate and of syphilitie perforations. 

35. Herr J. Sch eff, Wien: Schicksal des Periostes und 
der Pulpa bei replantirten Zähnen. 

36. Herr A. Ham er, Utrecht: Untersuchungen über die 
Entstehungsweise der sogenannten freien Dentikel in der Pulpa. 

Sectionsfest. 

Sonntag, den 3. August, Abends zwischen 7 und 
8 Uhr versammeln sich die Mitglieder des Congresses, welche 
sich der zahnärztlichen Section anschliessen wollen, im zahn¬ 
ärztlichen Institut der König!. Universität, Dorotheenstrasse 40, 
und begeben sich von hier in grösseren Gruppen nach dem 
nahe gelegenen Ausstellungspark, wo sie den Abend in zwang¬ 
losem Zusammensein verbringen. 

Montag, den 4. August, findet die Eröffnung des Con¬ 
gresses durch die erste allgemeine Sitzung Vormittags 10 Uhr 
im Circus Renz, Karlstrasse 19, statt und nach Schloss 
derselben die Constituirung der einzelnen Sectionen durch die 
Wahl ihres Vorstandes. 

Mittwoch, den 6. August, Abends 7 Uhr findet in 
der „Ressource zur Unterhaltung^, Oranienburgerstrasse 18, das 
Diner der Section für Zahnheilkunde statt. Das Unterzeichnete 
Festcomitö wird aus den für dieses Fest an gesammelten Mitteln 
jedem Mitglieds der Section, welches ausserhalb der Grenzen 
des Deutschen Reiches seinen Wohnsitz hat, eine Einladungs¬ 
karte für dieses Diner überreichen. Diejenigen Mitglieder der 


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Section, welche innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches 
ihren dauernden Wohnsitz haben, werden aufgefordert, wenn 
sie an diesem Feste theilnehmen wollen, sieh eine Theiluehmer- 
karte zum Preise von 12 Mark in dem Sitzungssaal und auch 
am Festabend noch in den Räumen der Ressource zu lösen. 

Auf die Anwesenheit von Damen bei dem Sections-Diiier 
sieht sich das Comite zu seinem lebhaften Bedauern genöthigt, 
zu verzichten. 

Die Einladungskarten sowie die Theilnehmerkarten be¬ 
ziehen sich auf das Menu und einen leichten weissen und 
rothen Tischwein. (Sollte Jemand wünschen, theurere Weine zu 
trinken, so müssen dieselben nach der Karte bestellt und beim 
Empfang sofort bezahlt werden.) 

Am Schlüsse des Diners hofft das Festcomite in der 
Lage zu sein, sämmtliche Gäste und Theilnehmer mit Cham¬ 
pagner bewirthen zu können. 

Nach Beendigung des Diners (ungefähr 10 Dhr) findet 
bei gutem Wetter eine Fortsetzung des Festes in dem be¬ 
leuchteten Garten statt, bei schlechtem Wetter dagegen stehen 
die Säle einem zwanglosen Zusammensein offen. 

Was nach dem Schluss des Diners genossen wird, ist 
von Gästen uüd Theilnehmern zu bezahlen. 

Für eine gute Tafelmusik trägt das Festcomite Sorge. 

Da es für den Wirth des Festlocales von der grössten 
Wichtigkeit ist, die Zahl der Theilnehmer baldigst zu wissen, 
so bittet das Comite die deutschen Herren, welche am Feste 
theilnehmen wollen, sich baldigst bei dem mitunterzeichneten 
Schatzmeister Dr. Grunert, Rossstrasse 30, zu melden. 

Die Listen zur Einsendung des Beitrages für das Sections- 
fest sind noch offen. 

Das Festcomite. 

Busch. Grunert (Schatzmeister). Kliugelhöfer. Lustig. 

Miller. Tidick. Warnekros. Zimmermann. 

Der Schweizerische odontologische Congress findet 
am 4., 5. und 6. October d. J. in Genf statt. 


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Referate und Journalsehau. 

Handbuch der Zahnheilkunde. Herausgegeben von 
Docent Dr. Julius Scheff junior. (Verlag Alfred Holder, 
Wien 1890.) 

Von diesem auf 24 Lieferungen a fünf Bogen berechneten 
Werke liegen uns die ersten zwei Hefte vor. Dieselben enthalten 
die Anatomie des Mundes mit besonderer Berücksichtigung der 
Zähne von Professor Zuckerkandl in Wien. 


Compendium der Zahnheilkunde für Studirende 
und Aerzle von M. U. Dr. Josef Ahonyi (Wien 1889, Wilhelm 
Braumüller). 

Das kleine, 154 Seiten starke Büchlein Ahonyi s, das vor 
einiger Zeit in ungarischer und gegenwärtig in deutscher Ueber- 
setzung erschienen ist, befriedigt durch seine Kürze und dadurch, 
dass der Verfasser es verstanden hat, den gesammten Stoff der 
Zahnheilkunde in anschaulicher Form vorzuführen. Entsprechende 
Zeichnungen tragen zum besseren Verständniss bei. Einzelne 
Capitel sind trotz der knappen Darstellung recht gut gearbeitet. 
Hoffentlich werden die kleinen Fehler, die wahrscheinlich bei 
der Uebersetzung unterlaufen sind, in der nächsten Auflage ver¬ 
mieden sein. Für praktische Aerzte ist es ein guter Wegweiser, 
weniger für angehende und bereits prakticirende Zahnärzte. 
Das Buch ist hübsch ausgestattet. S. 


Lieber Stomatitis ulcerosa^^ von Dr. Ferdinand 
FrUhwald. (Jahrbuch für Kinderheilkunde, XXVIII. Band, 1889.) 

In der voranstehenden Arbeit hat der Verfasser die den 
Zahnarzt nicht minder als den Kinderarzt interessirende Stoma¬ 
titis ulcerosa zum Gegenstände einer bacteriologischen Unter¬ 
suchung gemacht. Dieselbe hat die Vermuthung, als seien 
Mikroorganismen, wenn auch nicht die alleinigen, doch die 
wesentlichen Erreger der genannten Krankheit, vollkommen 
bestätigt. 


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215 


Früliwald ging so zu Werke, dass er nicht sowohl von 
dem Mundseerete der Kranken, sondern von den gesehwürigen 
Stellen selbst kleine Partien entnahm und auf Gelatin und 
Bouillon überimpfte. 

Schon bei den ersten Untersuchungen fiel dem Verfasser 
unter den Bacillenforoien eine durch den fötiden Geruch ihrer 
Reinculturen auf, welcher Geruch an jenen der Stomacace 
erinnerte; auch bei den nachfolgenden Versuchen konnte diese 
Bacillenart unzweifelhaft cultivirt werden. 

Der Bacillus zeigt in jüngeren Culturen eine ovoide Form 
mit geringem Ueberwiegen der Längsachse, in älteren Culturen 
deutliche Stäbchenform mit abgerundeten Enden; die Länge 
wechselt zwischen 1*5 bis 2 /i, die Breite zwischen 0*6 bis 1 //. 

Die vom Verfasser an Mäusen und Kaninchen vorge¬ 
nommenen Experimente stellten die Pathogenität dieser Bacterien- 
art ausser Zweifel; die parasitäre Energie derselben erscheint 
bei verschiedenen Thiergattungen verschieden zu sein. 

Durch Impfung direct auf die Mundschleimhaut eines 
Kaninchens Stomacace zu erzeugen, ist nicht gelungen, indem 
es zu keiner typischen Geschwürsbildung kam, obwohl noch 
am dritten Tage nach der Impfung in dem vom Oberkiefer 
abgestreiften Schleim die Stäbchen nachgewiesen werden 
konnten. 

Nach diesen Resultaten wird man nicht umhin können, 
den von Frühwald entdeckten Bacillus, welcher sich 
von ähnlichen, bereits bekannten, durch wesentliche Merkmale 
ziemlich scharf diflFerenziren lässt, für den specifischen Er¬ 
reger der Stomatitis ulcerosa anzusprechen. 

Bezüglich der Action dieses Mikroorganismus nimmt der 
Verfasser an, dass entweder das schon entzündete Zahnfleisch 
oder kleine, durch die verschiedensten Anlässe wie durch¬ 
brechende oder cariöse Zahnspitzen erworbene Verletzungen bei 
schlecht oder gar nicht gereinigter Mundhöhle die Invasions¬ 
stätte und den Nährboden für den Krankheitserreger bilden, 
oder dass durch das Eindringen dieses Pilzes in die Mundhöhle 
an und für sich eine Gährung der in der Mundhöhle oder 
in cariösen Zähnen zurückgebliebenen ei weisshaltigen Sub- 


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stanzen veranlasst wird, wodurch es zu entzündlichen Er¬ 
scheinungen des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut kommt. 

Die vorliegende Arbeit hat demnach das unbestreitbare 
Verdienst, über die Aetiologie einer häufigen und wichtigen 
Kraükheitsform wesentliche Klarheit verbreitet zu haben und 
wir freuen uns mit dem Verfasser, dass er für seine mühe¬ 
vollen Untersuchungen durch so positive Resultate belohnt 
wurde; dass letztere für Prophylaxe und Therapie auch einen 
eminent praktischen Werth besitzen, biaucht nicht erst gesagt 
zu werden. 

Nicht vergessen wollen wir, dass die Arbeit neben dem 
sehr plastischen klinischen Bilde der Stomatitis ulcerosa auch 
die Therapie derselben erschöpfend behandelt. Dr. v. L 


Internationale Bezeichnung der Zähne von George 
Cmmingham. (Dental Record, 1890, Nr. 3.) 

In einem vor derOdontol. Soe. of Gr. ßri tai n gehaltenen Vor¬ 
trage betonte Mr. Cunningham die Wichtigkeit einer einheitlich 
bei allen Nationen eiuzutührenden abgekürzten Bezeichuungsart der 
Zähne. Eine aus den Herren Grosheintz, Dubois, Schwartz, 
Trallero und G. Cunningham bestehende Commission er¬ 
örterte die bisher hiefür in Vorschlag gebrachten Systeme. Die 
Bezeichnung von 1—32 wurde als zu umständlich fallen gelassen 
und nur die Numeriruug von 1—8 und von 1—16 in Erwägung 
gezogen. Dass das erstere System, bei welchem nur 8 Ziffern 
gebraucht werden, am leichtesten zu verstehen und zu merken 
sei, wurde einstimmig anerkannt. Bekanntlich werden bei dieser 
Methode die Zähne eines Gebisses in vier Gruppen getheilt, 
1 bezeichnet sämmtliche centralen Schneidezähne, 2 die late¬ 
ralen etc. Die Stellung des zu notirenden Zahnes im Ober¬ 
oder Unterkiefer wird sodann durch die Position der betreffenden 
Ziffer über oder unter einem Horizontalstriche, die Lage des¬ 
selben auf der linken oder rechten Seite durch einen vor oder 
hinter die Ziffer gestellten, die Medianlinie repräsentirendeu 
Verticalstrich angegeben. Trotz der grossen Einfachheit dieses 
Systems glaubte die Commission ein anderes acceptiren zu 


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sollen, bei welchem die Nothwendigkeit eines Verticalstriehes 
vermieden wird. In demselben werden die Zähne jedes Kiefers 
mit den Ziffern 1—16 bezeichnet, u. zw. so, dass die geraden 
Zahlen für die rechte, die nngeraden für die linke Seite an- 
geweiidet werden. Die Zähne des Unterkiefers werden durch 
einen Slri-!!! über der betreffenden Ziffer von jenen des Ober¬ 
kiefers, bei denen derselbe fehlt, unterschieden. 

Folgendes Schema wurde somit von der Commission 
empfohlen: 

Rechte Seite: 


Oberkiefer 

16 

14 12 10 

8 

6 

4 

2 

Unterkiefer 

16 

14 12 lü 

T 

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Oberkiefer 

1 

Linke Seite: 

3 5 7 

9 

11 

13 

15 

Unterkiefer 

T" 

IT X T~ 


TT 

13 

15 


Für die Milchzähne wurden die Zahlen von 1—10 in der 
gleichen Weise, wie für die permauenteu augenommen. Zum 
Unterschiede von den letzteren dient ein vor die Ziffer zu setzender 
Deciraalpuiikt. 

In Bezug auf die Symbole, welche verwendet werden sollen, 
um die Flächen der Zähne zu bezeichnen, wurde entschieden 
jene zu adoptiren, welche Mr. Cunninghara vor einigen Jahren 
vorgeschlagen. L bezeichnet labiale und buecale, P palatinale 
und linguale, M mediale, D distale Fläche. Für „Kaiifläche“ 
wurde der Buchstabe T (triturating surface) gewählt. 

Mr. Cunningham empfiehlt diese „internationale“ ße- 
zeichuiiugsart (welche vom letzten Congress einstimmig ange¬ 
nommen wurde) als leicht erlernbar, zeitsparend und überaus 
praktisch. 

In der auf den Vortrag folgenden Discussion bemerkte 
Mr. H. Baldwin, dass es allerdings wünschenswerth wäre, eine 
einheitliche Bezeichnungsart einzuführen. Das alteS 3 "Stem scheine 
ihm jedoch natürlicher, als das sogenannte internationale. Einen 
Winkel rechts oder links zu machen, sei ganz natürlich, in 
dem internationalen System liege etwas Willkür. 


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Mr, Walter F. Coffin glaubt, dass die neue Bezeich¬ 
nungsart auch zu Irrtbümern Veranlassung geben könnte. Wenn 
man den oberen linken centralen and lateralen Schneidezabn 
durch die Ziffer 1 und 3 bezeichnet neben einander notirt hat, 
kann dies leicht für 13 gelesen werden und somit eine Ver¬ 
wechslung mit dem zweiten Mahlzahne stattfinden. Durch das 
alte System ist man auch im Stande, eine Zahngattung, z- B. 
die der ersten Backenzähne, ganz allgemein durch die ihr zu¬ 
kommende Ziffer zu bezeichnen, ohne dass man hiezu ein 
weiteres Symbol nöthig hat. 

Mr. Cunningham sagt in seiner Erwiderung, dass die 
angeführten Punkte in der Commission w^ohl erwogen wurden. 
Die Winkelschreibung hätte den Nachtheil, dass die Buch¬ 
drucker sie ohne specielle Typen nicht reprodueiren könnten. 
Was den Einw'and Mr. Coffin’s betrifft, so entfällt derselbe, 
wenn ein Komma, wie es auch sein soll, zwischen die Ziffern 
eingeschoben wird. 

(Die Methode, die Zähne mit Hilfe eines Winkelzeichens 
eindeutig zu bestimmen, dürfte, wie sich auch aus Vorstehendem 
ergibt, gegenwärtig wohl die meisten Anhänger besitzen. Sie 
wurde vom Primararzt Dr. Adolph Zsigmondy angegeben, 
V. Deutsche Vierteljahrsschrift für Zahnheilkunde, Jahrgang 1. 
Anm. d. Ref.) —y. 


Demonstration des Hypnotismus als eines An- 
ästheticums während der Vornahme zahnärztlicher und 
chirurgischer Operationen, (l’he Dental Record, Mai 1890, 
aus „The Lancet“.) 

Eine Anzahl der hervorragendsten Aerzte und Zahnärzte 
von Leeds und dem gleichnamigen Districte versammelten sich 
in Folge einer freundlichen Einladung der Herren Zahnärzte 
Gebrüder Cartes & Turner am 28. März im Park Square, 
Leeds, um einer Reihe von chirurgischen und zahnärztlichen 
Operationen beizuw’ohncn, welche in den Ateliers obgenannter 
Herren vermittelst der hypnotischen Einwirkung des Herrn 
Dr. Mil ne Bram well von Goole, Yorkshire, vorgenommen 


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wurdea. Man brachte dieser Sitzung grosses Interesse entgegen, 
da Herr Bram well bekanntlich ein wahrer Meister der in 
der Medicin angewandten Kunst des Hypnotismus ist und in 
Kurzem ein Werk über diesen Gegenstand veröffentlichen wird. 
Nahezu 60 Aerzte und Zahnärzte, darunter die bedeutendsten 
Namen, nahmen die Einladung an. Dr. Olifford Albutt 
sandte einen Brief, in dem er sein Bedauern ausdrückte, der 
Versammlung nicht beiwohnen zu können und erinnert zugleich 
die Gesellschaft, dass er noch ganz wohl der Zeit gedenke 
— es war vor 35 Jahren — wo Lister mehrere schwierige 
Operationen ausführte, bei denen er den Hypnotismus als 
Anästheticum gebrauchte; sein Freund, ein wissenschaftlich 
gebildeter Laie aus Lincolnshire, war ihm dabei als Hyp¬ 
notiseur behilflich gewesen. 

Zunächst wurde nun eine Frau von 25 Jahren hereinge¬ 
bracht. Dr. Br am well hypnotisirte sie mit einem Worte und 
befahl ihr, sie müsse sich vom Herrn T. Cartes schmerzlos drei 
Zähne ziehen lassen, sodann müsse sie Alles thun, was Herr Cartes 
von ihr verlangen würde, z. B. den Mund öffnen, ausspucken etc. 
Dieses Experiment gelang vollständig. Man sah nicht den 
leisesten Schmerzenszug in ihrem Gesichte, hörte keinen Laut, 
und als man sie erwachen hiess, sagte sie, dass sie nicht den 
mindesten Schmerz im Zahnfleisch verspüre und auch nichts 
von der Operation wisse. Dr. Br am well hypnotisirte sie aber¬ 
mals und befahl ihr das Zimmer zu verlassen und sich in den 
Wartesaal zu begeben, was sie genau so that. — Die nächste 
Person war eine 19jähvige Magd, welcher man unter der von 
Dr. Bram well herbeigeführten hypnotischen Wirkung vor 
14 Tagen einen grossen bis in die Wange hineinreichenden 
Lacrimal'Abcess geöffnet und ungehindert ausgeschabt hatte, 
ohne dass sie davon Kenntniss gehabt oder Schmerz verspürt 
halte. Der Verband wurde überdies lediglich unter hypnotischer 
Anästhesie gewechselt und die Höhlung mit der Spritze ge¬ 
hörig ausgewaschen. Dr. Br am well ist fest überzeugt, dass 
„die heilenden Suggestionen“ viel dazu beitrugen, dass dieselbe 
schon nach zehntägiger Behandlung genas. Diese Genesung sei 
umso bemerkenswerther, da Patientin mit ererbter Syphilis 


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220 


behaftet und ihr Gesundheitszustand ein keineswegs günstiger 
ist. Sie wurde durch folgenden Brief eingeschläfert, den Doctor 
Br am well an Zahnarzt Turner einsandte: „Ich sende Ihnen 
eine Patientin mit eingeschlossener Ordre. Sobald Sie ihr die¬ 
selbe einhändigen werden, wird sie sofort eiuschlafeu und Ihren 
Befehlen gehorchen.^ (Abschrift der Ordre:) „Auf Befehl Doctor 
Bramwell’s sollen Sie einschlafen und Herrn Turner’s Be¬ 
fehlen gehorchen.Auch dieses Experiment fiel günstig aus. 
Sobald sie die Note gelesen hatte, verfiel sie in einen so tiefen 
Schlaf, dass sie am Ende einer ziemlich langen Operation, 
während welcher 16 Zahnstumpfe entfernt wurden, lächelnd 
erwachte und fest darauf bestand, keinen Schmerz zu fühlen. 
Dr. Br am well erklärte, dass der dritte Versuch wahrscheinlich 
misslingen wird, theils wiegen der grossen Jugend des Patienten, 
eines achtjährigen Knaben, und hauptsächlich weil er erst vor 
zwei Tagen augefangen hatte, in demselben hypnotische An¬ 
ästhesie hervorzurufen. Er erklärte zugleich, dass Patienten in 
dieser Form von Anästhesie eines gewissen Unterrichtes oder 
einer Vorübung bedürften, deren Zeitdauer bei jedem Individuum 
verschieden sei. Patient wurde jedoch genügend hypnotisirt, 
dass Herr Eebson eine Operation an seiner grossen Zehe vor¬ 
nehmen konnte, indem er ein knöchernes Gewächs und einen 
Theil der 1. Phalanx entfernte. Erst gegen Ende der Ope¬ 
ration stiess der kleine Patient ein paar Webrufe aus uud als 
man ihn nachher befragte, schien er wenig von dem zu wissen, 
was mit ihm vorgegangen war. In diesem einen Falle musste 
Dr. Br am well die Suggestion wiederholen. 

Der nächste Fall war ein löjähriges Mädchen höchst 
sensitiver Natur, bei der die Tonsillen entfernt werden sollten. 
Auf Dr. B. Verlangen wurde Herr Bendelock Hewetson in 
den Stand gesetzt, während sich Patientin im hypnotisirten 
Zustande befand, jede Tonsille mit Leichtigkeit zu entferueu. 
Auf dieselbe Art entfernte Hewetson eine Cyste von der Grösse 
einer Bohne aus der Nasenseite einer jungen Frau, die voll¬ 
kommen anästhetisch war. 

Herr Turner entfernte sodann zwei starke Molaren ebenso 
erfolgreich aus dem Munde eines Mannes, von dem Dr. B. 


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aussagte, dass er ihn durch hypnotische^ Suggestion vollständig 
von seiner Trunkenheit curirt hätte. Um dies den Anwesenden 
zu beweisen, wurde der Mann hypnotisirt und zeigte man ihm 
in diesem Zustande ein Glas Wasser, das Dr. B. als schlechtes 
Bier bezeichnet. Man erweckte ihn sodann und Dr. ß. bot ihm 
das Glas Wasser an. Er führte es zu seinen Lippen, spuckte 
aber sofort die „ekelhafte Flüssigkeit^ aus. Andere nicht minder 
interessante Erscheinungen wurden mit Hilfe dieses Patienten, 
eines starken, gesunden Arbeiters, illustrirt und explicirt 

Bei einem anderen Patienten, bei dem unter Hypnose 
eine sehr schwierige Extraction unter gleich günstigen Um¬ 
ständen ausgeführt wurde, erklärte Dr. B., wie er diesen Mann 
durch Hypnotismus von einer sehr widrigen Gesichtsnenralgie 
geheilt habe. Nach dreitägiger Anwendung von Hypnotismus, 
nachdem jede andere ärztliche Behandlung fruchtlos geblieben, 
war die Neuralgie gänzlich geschwunden und nicht mehr wieder¬ 
gekehrt. Der Mann hatte auch während der Nacht erfrischenden 
hypnotischen Schlaf bekommen, zum ersten Mal durch einen 
Brief, den Dr. B. zu diesem Zwecke an seine Tochter sandte, 
und bei einer anderen Gelegenheit durch ein Telegramm, und 
waren beide Methoden vollkommen wirksam. Am Schlüsse dieser 
Serie von hypnotischen Experimenten dankte Herr Scattergood, 
Decan des Yorkshire Collegiums, im Namen der Gesellschaft 
für die äusserst interessanten und wunderbar erfolgreichen 
Experimente Herrn Dr. Bramwell mit dem Bemerken, dass er 
überzeugt sei, „dass die Zeit gekommen wäre, in der der Hyp¬ 
notismus als ein nothwendiger Theil unseres Studiums anerkannt 
werden müsse*. 

Mit dem war die Sitzung zu Ende. 

Die Patienten sahen so wenig als möglich Patienten 
ähnlich, indem sie weder durch ihr Benehmen noch durch ihren 
Ausdruck das geringste Anzeichen verriethen, dass sie in einigen 
Fällen an umfassenden chirurgischen Eingriffen gelitten hatten 
oder noch litten. 

Im Anschlüsse an die an sich interessanten hypnotischen 
Experimente des Dr. Bramwell will ich noch zwei englische 
Stimmen über obiges Thema citiren. 

4 


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222 


In demselben Hefte des Dental Record, May 1, 1890, 
wird im Hinweis auf obige Versuche gesagt, dass selbe nichts 
Neues enthalten. 

Friedrich Anton Mesmer, gestorben 1815, errichtete bald 
nach der Veröffentlichung seines bekannten „Briefes an einen 
fremden Arzt über den Magnetismus^ ein Hospital in Wien 
und hypnotisirte für grössere wie kleinere Operationen zuerst 
in Wien und sodann auch in Paris. Esdaide begann 
7. April 1845 eine lange Reihe von Operationen in Indien, 
wobei er den Hypnotismus als schmerztödtendes Mittel ge¬ 
brauchte. Braid aus Manchester und Elliatson aus London 
hatten sogar schon vor dieser Zeit nachdrücklich behauptet, 
dass der Mesmerismus oder Hypnotismus, wie ihn Braid zu 
nennen vorzog, eine Thatsache und dass seine wohlthätige 
Kraft viel weitreichender sei, als man dies bisher vermuthete, 
obgleich sie Mesmer selbst für einen gewissenlosen Schwindler 
hielten und sein sogenanntes Geheimniss als einen Unsinn 
erklärten. 

Der Hypnotismus, welcher in den Vierziger Jahren sozu¬ 
sagen Mode geworden war, wurde indessen bald durch Aether 
(1846), Chloroform (1847) und Stickoxydul verdrängt, welch’ 
letzteres, obgleich bereits vor 20 Jahren eiugeführt, erst 1868 
in London Glauben fand. Keiner von den zahlreichen Arbeitern 
auf dem Felde der Neurypnologie haben die Möglichkeit be¬ 
zweifelt, dass man durch den Hypnotismus oder die Suggestion 
eine Anästhesie hervorrufen könne, aber die meisten von ihnen 
haben sich kräftig gegen die Annehmbarkeit seines Gebrauches 
verwahrt. Die furchtbare Gewalt, die an den Personen an¬ 
gewendet werden kann, und die beinahe absolute Macht, die 
der Hypnotiseur nolens volens über seine Patienten gewinnt, 
versetzten Hypnotiseur und Hypnotisirenden in einen be¬ 
dauerlichen Gesundheitszustand. Unbewusste wie Auto-Suggestion 
können in manchen Fällen ebenso gefährlich wie unbequem 
werden. Ein wohlbekannter Experimentirender gewöhnte sich an 
Auto-Suggestion, das heisst, er pflegte sich durch scharfes Oon- 
centriren seiner Aufmerksamkeit auf irgend einen Gegenstand 
in den hypnotischen Zustand zu versetzen. Nach einiger Zeit 


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223 


fand er, dass die geringste Anstrengung seiner Aufmerksamkeit, 
z. B, auf die Abfassung eines Briefes oder seiner blossen 
Signatur ihn zum Schlafe anregte. Es müssen in der Regel 
viele hypnotische Versuche angestellt werden, um einen sicheren 
Erfolg Voraussagen zu können. Diese beiden Nachtheile haben 
den Hypnotismus als ein Anästheticum im Hintergründe zurück¬ 
gehalten und herrscht überdies wenig Zweifel darüber, dass 
seine Anwendung mit nicht geringen moralischen Gefahren ver¬ 
bunden ist. 

Im British Journal of Dental Science, June 16,1890, 
wird die Meinung des Sir Andrew Clark, eines entschiedenen 
Gegners des Hypnotismus, gebracht. Der Eindruck, den die er¬ 
langten Resultate auf ihn gemacht, sei: 1. dass diese Er¬ 
scheinungen ganz einfachen physiologischen Zuständen glichen, 
deren Erklärung die Einführung einer anderen, mit geheimniss- 
vollen Kräften ausgestatteten Person völlig entbehrt; 2. dass 
sich sein Wirkungskreis auf neurotische Personen beschränkt; 
3. dass die gewöhnliche Ausübung des sogenannten Hypnotisirens 
den Frauen äusserst schädlich sei, und zwar körperlich und 
geistig; schliesslich glaubt er überhaupt nicht, dass solch’ eine 
Kraft, wie manche Personen in unserer Profession sie zu be¬ 
sitzen Vorgaben, eine wahre Kraft sei, die man jemals zum 
allgemeinen Nutzen der Menschheit unter’ was immer für Um¬ 
ständen anwenden könnte, die Aerzte anzuuehmen wünscheus- 
werth fänden. Dr. T, 


Einesonderbare Extraction. (L’odoutologie, April 1890.) 
Gravollet, Vorstand des zahntechnischen Ateliers der Pariser 
zahnärztlichen Schule, berichtet in der Sitzung vom 1. April 
dieses Jahres der „Societe d’Odontologie de Paris“ über nach¬ 
folgenden Fall von schwieriger Entfernung einer Wurzel. 

Madame B. wünschte die Entfernung ihres zweiten linken 
unteren Backenzahnes; derselbe, dessen hochgradige Defecte mit 
Cement gefüllt waren, verursachte heftige Schmerzen in Folge 
einer Periodontitis; die Krone war gebrochen, von der Wurzel 
vollkommen getrennt und hing lediglich am Zahnfleisch. 

4* 


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V'or sechs Jahren erlitt die Dame am linken Unterkiefer 
in der Gegend dieses Zahnes ein heftiges Trauma, welchem 
eine intensive Periodontitis mit Lockerung dieses Zahnes folgte; 
nach Ablauf der Periodontitis setzte sich der' Zahn wieder fest, 
doch scheint die Pulpa damals abgestorben zu sein, indem der 
Zahn häufig, namentlich beim Kauen Beschwerden verursachte. 
Nach einigen Jahren entwickelte sich an dem Zahne Caries 
und derselbe wurde trotz mehrmaliger zahnärztlicher Behand¬ 
lung die Ursache von wiederholter schmerzhafter Periodontitis; 
dies veranlasste schliesslich die Patientin, den Zahn entfernen 
zu lassen. 

Nach Entfernung der Krone ging Gravollet daran, die 
Wurzel zu extrahiren, was ihm jedoch weder mit der Wurzel- 
Zange, noch mit dem Gaisfuss und Hebel gelang. Hierauf ver¬ 
suchte er, eine Resection der Alveolen vorzunehmen und brachte 
eine stark gebaute Resectiouszauge in Anwendung, doch gleich¬ 
falls ohne Erfolg; es erwies sich der Knochen als enorm fest. 

Bei näherer Untersuchung fand Gravollet die Kiefer¬ 
partie in der ganzen Umgebung dieses Zahnes durch eine 
condensirende Ostitis (d’osteite condeusante) verändert, wie 
er meint, ohne Zweifel in Folge der mehrjährigen chronischen 
Periostitis. 

Da die Patientin die Entfernung der Wurzel durchaus 
wünschte, — und fugen wir hinzu, offenbar ein wahres Muster 
von Geduld war — so beschloss Gravollet, die Wurzel in 
der Alveole zu vernichten, und zwar durch Ausbohren mit Bohrern 
von zunehmender Stärke. Nach halbstündigem Bemühen hatte 
er die Wurzel beinahe vollständig ausgebohrt und entfernte 
die restireiiden dünnen Wände mit Hilfe eines Excavators. 

Dr. V. L 


Wanderung einer Zahnplatte von Dr. A. Ledlie, 
Belfast. (British Journal of Dental Science, June 1890.) 

Autor erzählt folgenden, wohl höchst seltenen Unfall 
Frau F., eine jüngere verehelichte Dame, liess sich vor elf Jahren 
ein Oberstück, entsprechend den beiden rechten Schiieidezähneu, 


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dem linken kleinen Schneide- und linken Eckzahu anfertigeu. 
Zur Befestigung dienten zwei Gold klammern. Mit der Zeit 
M'urdeu nun die Nachbarzähne schlecht und gingen verloren, 
die linke Klammer wurde als unnütz abgenoramen, die Platte 
wurde immer lockerer und unsicherer, bis es schliesslich öfters 
vorkam, dass sie beim Husten aus dem Munde fiel. Von der 
Zeit an, wo die eine Klammer überflüssig geworden war, pflegte 
Clientin die Platte Abends vor dem Schlafengehen aus dem 
Munde zu nehmen. Am Donnerstag Abends, das ist 20. Fe¬ 
bruar 1890, vergass sie darauf. Gegen VaÜ Uhr, kurz nachdem 
sie eingeschlafen war, wurde sie durch ein erstickendes Gefühl 
geweckt und gewahrte sofort, dass sie die Platte sammt Zuge¬ 
hör verschluckt hatte. 

Autor sah sie eine halbe Stunde später. Die Platte sass 
im Oesophagus fest und verursachte ihr viele Beschwerden. 
Das Gefühl war kein erstickendes mehr, eher das von grossem 
Druck und Quetschung hinter dem Sternum und rief dasselbe 
ein unaufhörliches, aber erfolgloses Verlangen zum Schlucken 
hervor. Mit Hilfe eines Schlundstossers gelang es, die Platte 
aus ihrer Lage zu rücken. Sie sank io den Magen und die 
Patientin fühlte sich augenblicklich erleichtert. Autor rieth 
derselben an, nur Kartoffeln, Reis und Eier zu geniessen 
und sich soviel als möglich der Getränke zu enthalten, auch 
sollte sie kein Abführmittel einnehmen. Diese Vorschrift wurde 
aufs Genaueste befolgt. Am nächsten Tage klagte sie über 
Schmerzen im Epigastrium, die aber bald aufhörten. Samstag 
und Sonntag fanden Entleerungen, am Montag Vormittag endlich 
die entscheidende statt. Die Fäces waren fest, nach Zerbröcke¬ 
lung derselben fand mau die ganze Platte sammt Zähnen und 
Klammer vollkommen in der Fäealmasse eingebettet. Jedwede 
üble Nachfolgen blieben aus und zeigte sich während des 
Durchganges keine Störnug, ausgenommen die epigastrisehe 
Beschwerde am zweiten Tage und der durch die Enthaltung 
von Getränken verursachte Durst. Selbstverständlich verursachte 
die hakenförmige Klammer während der Wanderung die grösste 
Besorgniss. Dass ein solches Gefüge solch eine Reise auf solch 
einem Weg glücklich vollenden, sich durch solche Engen hin- 


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226 


durchzwängen, sieh iu solchen Ervveitenmgeu aufhalteu, sich 
um Windungen herurnschwingen und schliesslich in die Aussen- 
uelt gelangen konnte, ohne au irgend einem Punkte geankert 
zu haben, ist beinahe unglaublich, dafür gibt Autor folgende 
Erklärung. 

Es ist beinahe gewiss, dass zuvörderst der Haken in den 
Oesophagus gelangte, und zwar mit seiner Rundung nach ab¬ 
wärts und mit seiner Spitze nach aufwärts gerichtet. Das ganze 
Gefüge passirte jedenfalls den Pylorus in Mitte des festen 
Mageninhaltes, wobei der Draht noch immer seine vorerwähnte 
Stellung behauptete. Nachdem das aus soliden Nahrungsstoffen 
bestehende Beförderungsmittel die cylindrische Form erhalten 
hatte und in das Duodenum eingetreteu war, durfte man den 
Rest der Reise „offene Fahrt“ nennen. Die Enthaltung von 
Abführmitteln und Flüssigkeiten reducirte die perlstaltische 
Bewegung der Gedärme auf ein Minimum, wodurch sich zugleich 
die Möglichkeit verringerte, dass der cylindrische Behälter auf¬ 
gelöst oder in seiner Gestalt verändert wurde. Der Mangel der 
Flüssigkeit verminderte überdies bedeutend die Auflösung und Ver¬ 
dauung und bewahrte somit auf die Länge hin die Unversehrtheit 
der Masse. Ihr Fortgang durch das Duodenum, Jejunum und Ileum 
könnte annähernd mit der Bewegung eines durch seinen Cylinder 
gleitenden Kolbenkopfes verglichen werden. Nach dem Aus¬ 
gange durch die ileo-coecal valve wurde die Bedeckung der 
Platte jedenfalls durch Fäealanhäufungen vertieft während die 
absorbirende Wirkung sie noch solider machte. Der Caliber der 
Röhren musste sich dabei beträchtlich erweitern, wobei sein 
Lauf weniger gewunden wurde, so dass der Rest des Durch¬ 
ganges durch Colon, Flexura sigmoidea und Anus mit verringerter 
Gefahr vollendet werden konnte. Kurz, die Passage der 
cylindriseheu Masse vom Pylorus gegen und dnrch den Anus 
würde wesentlich derselbe gewesen sein, auch wenn er die 
Zahnpiece gar nicht enthalten hätte. 

Während die vorhergehende Erklärung höchst wahr¬ 
scheinlich eine praktisch richtige Lösung der erfolgreichen Be¬ 
endigung dieses getährlichen Abenteuers sein mag, so ist es 
doch höchst unwahrscheinlich, dass das nämliche kleine Stück 


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eiaer Mundgarnitur ein gleiches Kunststück mit gleich unschäd 
lichem Erfolge wiederholen könnte. Dr, T. 


Wurzelfüllung mit Hickory. (The British Journal of 
Dental Science. May 15. 1890.) 

Dr. White hat 19 Jahre hindurch gerade Wurzeln mittelst 
Hickory gefüllt. Er füllt nicht den ganzen Canal, nicht mehr 
als einen */e Zoll zur Spitze. Der Zweck seines Gebrauches 
dient um zu wissen, dass das Foramen geschlossen ist, dann 
kann man die Wurzel mit irgend einem beliebigen Stoffe füllen. 
Zu diesem Behufe feilt man ein Stück trockenes, dichtes Hickory 
fast zu einer Nadelspitze und schiebt es hinauf zur Spitze. 
Kündigt sieh der geringste Schmerz an, so zieht man das Holz 
heraus und schneidet am Ende ein kurzes Stück hinweg; dann 
schiebt man es abermals hinein und macht am Schneideraude 
des Zahnes ein Zeichen; zieht es nochmals heraus und macht 
mit einem scharfen Messer ringsherum einen Einschnitt, ungefähr 
Vb Zoll von der Spitze, und biegt das Ende über, ohne es ab¬ 
zubrechen. Jetzt schiebt man es zum letzten Male hinein, wobei 
der Einschnitt die richtige Lage bezeichnet, hämmert es fest 
und dreht das Ende ab. Dr. T. 


Antipyrin als Hämostaticum bei Zahnfleisch- 
blulungen. (Revue et Archives suisses d’odontologie. Mai 1890.) 

Die kräftige hämostatische Wirkung des Antipyrins wurde 
bereitsschon erwähnt.Dr. Marie v. Saint-Aiguen-sur-Cher theilt die 
Beobachtung mit, die er bei einem zehnjährigen Kinde gemacht 
hatte, das in Folge einer Zahnextraction eine reichliche Blutung 
erlitt, welche schon zehn Stunden dauerte, als unser College 
gerufen wurde. Ein einziges Wattabäuschchen mit Antipyrin 
hemmte sofort die Hämorrhagie, die sich nicht mehr wiederholte. 

Dr. T. 


Ein sehr grosses Odontom beim Menschen von 

J. Bland SuUm (Dental Record. 1890. Nr. 6.) 

Bei weitem das grösste Odontom, welches beim Menschen 
jlii beobachtet wurde, ist jenes, das Hil ton als Exostosis beschrieb 


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228 


(V. Guy’a Hospital Reports, vol. 1, 1836). Bei Patienten, einem 
Manne von 36 Jahren, wurde das eine Antram von einem grossen, 
knochenharten Tumor eingenommen. Der von demselben aus¬ 
gehende Druck brachte die Gesichtswand des Anlrums sammt 
den Weichtheilen zum Schwinden. Die Schwellung war 13 Jahre 
früher bemerkt worden. Mit Zunahme derselben wurde der 
Iklbus verdrängt und barst endlich. Lange Zeit hindurch lag 
der Tumor frei, die Eiterung war beträchtlich, gelegentlich 
stiessen sich auch Knochenstücke von unregelmässiger Gestalt 
ab. Endlich fiel zum Erstaunen des Mannes die Enochenmasse 
heraus, einen grossen Defect im Gesichte hinterlassend. Der 
Tumor hat ein Gewicht von beinahe 15 Unzen und misst im 
grössten Umfang 11 Zoll. Er ist sehr hart; die Schlifffläche 
besitzt ein elfenbein-ähnliches Aus.sehen und zeigt eine Anzahl 
von concentrisch angeordneten Schichtenlinien. Bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung bemerkt man eine grosse Anzahl von 
Laeunen und Canälchen, die in sehr regelmässiger Weise an- 
georduet sind. Dentin konnte S. nicht nachweiseu. auch ist es 
unmöglich, ohne das Präparat zu zerstören, sieh zu vergewissern, 
ob nicht Zähne in demselben eingeschlossen sind. 

Nachdem der Tumor keine Verbindung mit dem umgebenden 
Knochen hatte, im Antrum sass und seine peripheren Theile 
die gleiche Structur besitzen, wie die bei Pferden vorkommenden 
Odontome, steht S. nicht an zu erklären, dass derselbe durch 
die Vergrösseruug eines oder mehrerer Zahnfollikel entstand 
und in der That ein Odontom ist. 

Zu verschiedenen Gelegenheiten hat Sntton in den Kiefern 
von Ziegen, Affen, Beutelthieren, Löwen und Bären Tumoren 
gefunden und in den „Transact. of the Odontol. Soc.“ beschrieben, 
welche Tumoren aus welligem Bindegewebe und Knochen be¬ 
standen und einen oder mehrere Zähne oder Dentikel enthielten. 
Bezüglich der Structur sind diese weichen Tumoren identisch 
mit dem Follikel eines normalen Zahnes, und da sie durch das 
übermässige Wachsthum des Follikels entstehen, hat S. sie 
fibröse Odontome genannt. Aehnliche Tumoren findet man in 
den menschlichen Kiefern; sie wurden als Fibrome, Osteome etc. 
beschrieben. Das Museum des St. Thomas Hospitals enthält 


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229 


einen Tumor, der von Solly aus dem Oberkiefer eines ITjährigen 
Mannes entfernt wurde. Er ist als Osteofibrom beschrieben, 
besitzt eine rundliche Gestalt, eine glatte Oberfläche und hängt 
mit den Wurzeln des Eckzabnes, der Backzähne und des ersten 
Mahlzahnes zusammen. Der Tumor besteht aus welligem fibrösem 
Gewebe, in welches Kalkablagerungen eingestreut sind. Eine 
dünne Schale wahren Knochens umgibt ihn. In manchen 
Fällen verknöchern die fibrösen Massen und der Zahn wird in 
eine änsserst harte knochenähnliche Hülle eingebettet gefunden. 
Die Osslfication kann sehr frühe beginnen und durch successive 
Anlagerung von neuen, durch die periodontomale Membran 
producirten Knochensehiehteu ein grosser Tumor entstellen. Bei 
Hilton’s Fall war ein Zahn retinirt. Der Follikel verdickte 
sich und verkalkte später. Die Masse nahm an Grösse zu, brach 
in das Antrum durch und füllte dasselbe, nachdem von Seite 
der Kapsel fortwährend neue Anlagerungen statthatten, nach und 
nach aus. Als der Tumor die Fossa uasalis durchbrach, trat 
Entzündung und Vereiterung der Kapsel ein, welche endliih 
zur Ausstossiing führten. 

Eine Untersuchung dieses sowie ähnlicher Fälle zeigt, 
wie irrationell es ist, sämmtliche Tumoren, die aus dem Antrum 
entfernt werden, unter dem Namen Exostosis znsamrnenzufassen. 

In manchen Lehrbüchern findet sich die irrthümliche 
Angabe, dass Odontome beim Menschen nur im Unterkiefer ver¬ 
kämen. S. fügt, um dieselbe zu widerlegen, dem vorliegenden 
Aufsatze eine Tabelle der ihm bekannten wichtigeren Odontome 
bei. Sieben derselben sassen im Unter-, fünf im Oberkiefer. Die 
Beschreibung sowie Abbildungen dieser Präparate finden sich 
im „Journal of comp. med. and veteriuary archives“ of New- 
York, January 1890. — y. 


Herpes Zoster des Mundes und der Lippen. (The 
British Journal of Dental Science. — Februar 1890.) 

Herpes Zoster des Mundes und Zahnfleisches, sagt der 
Verfasser des Dental Review, stellt sich als eine acute, einge¬ 
schränkte inflammatorische Krankheit dar, die mit einem Aus- 


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230 


brach von Herpesbläschea auf einer rotheu entzfindeteu Basis 
charakterisirt ist. Dem Ausbruche der gruppirten Bläschen geht 
eine starke Neuralgie des fünften Nerven vor und nach. Die 
Invasionsperiode dauert drei Tage, ist von entschiedenem Fieber 
und anderen allgemeinen Symptomen begleitet, dabei sehr starke 
Neuralgie des fünften Nerven. Dann werden die angegriffenen 
Theile beim Druck sehr empfindlich und auf der rothen Schleim¬ 
haut bilden sich Reihen oder kleine Gruppen von Bläschen. 
Die Neuralgie, früher allgemein, beschränkt sich jetzt auf die 
erkrankte Partie. Die Krankheit dauert drei Wochen bis einen 
Monat bei fortdauerndem Schmerz. 

Autor will zwei Fälle beobachtet haben: 

Im ersten bildeten sich die Bläschen im Innern der rechten 
Wange und verbreiteten sich bandförmig in paralleler Richtung 
der oberen Zähne. Im zweiten Fall war der Ausbruch auf das 
Zahnfleisch des rechten unteren Kiefers beschränkt, sich vom 
rechten unteren Cuspis bis zum zweiten Molaren verbreitend. 

Die Krankheit ist wahrscheinlich infectiösen Ursprunges 
und von einer durch trophische Störungen verursachten Neuritis 
der kranken Gegend abhängig. 

Therapie: Baumwolle zwischen Wange und den Zähnen 
zur Vermeidung der Friction, eventuell eine Cocain und Morphin 
enthaltende Salbe. Dr. 1. 


Eine neue Art GoldfUllungen. Von Dr. C. H. Land. 
(Items of interest. October 1889.) 

Aehnlich wie Porzellanstücke können auch Goldpflöcke in 
Zahncavitäten mit Hilfe plastischer Materialien befestigt werden. 
Der Process ist folgender: Platinafolie wird in die Cavität einpolirt, 
wodurch ein Abdruck derselben und eine Matrix gewonnen wird, 
in der Gold oder sonst ein passendes Metall zu einem soliden 
Pflock geschmolzen wird. Man erhält auf diese Weise ein genau 
die Zahnhöhle aasfüllendes Stück. Das Schmelzen kann mit 
einem gewöhnlichen Löthrohr vorgenommen werden. Erfahrungs¬ 
gemäss ist es von Vortheil, die den Goldpflock umgebende 
Platinahülle abzuschleifeu, die Oberfläche des Goldes w ird dadurch 


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frei uüd bietet so, wenn Amalgam zur Befestigung desselben in 
der Zahnhöhle verwendet wird, eine bessere Verbindung. Die 
Cavität wird mit einer dünnen Amalgamschicht ausgekleidet, 
ebenso wird der Goldpflock mit Amalgam bedeckt. Er wird dann 
mit leichten Hämmern in die Höhle eingetrieben, wobei das 
überflüssige Amalgam herausgepresst wird. In Proximal-Cavitäten 
wird der Goldpflock mit Seidenfäden festgebunden, bis das 
Amalgam hart geworden. Pflock und Amalgam bilden dann eine 
feste Füllung aus einem Stücke, Diese Methode beseitigt die 
hässlich aussehenden grossen Amalgamfüllungen, es findet keine 
Schrumpfung statt, es bietet uns auch die präservirenden Eigen¬ 
schaften des Quecksilbers als keimtödtendes Mittel und ist leicht 
in seiner Anwendung. Für Freunde des Kupferamalgams bietet 
diese neue Methode besonderes Interesse. Bei sorgfältiger Aus¬ 
führung ist es schwer zu entdecken, dass das Gold durch Amalgam 
an seiner Stelle befestigt ist. Cofferdam ist dabei selten noth- 
wendig und das mühsame Einhämmern fällt ganz weg. 

Dr. T. 


Ein centraler Schneidezahn in der Nase. (The 
British Journal of Dental Science. December 2, 1889.) 

In dem Georgia State Meeting berichtete Dr. S. Ä. White 
den Fall eines Kindes, das zu ihm gebracht wurde mit einer 
sehr schmerzhaften Protuberanz in dem einen Nasenloch. Bei 
Untersuchung der Zähne fand er, dass der rechte seitliche und 
der linke centrale Schneidezahn sich berührten, vom rechten 
centralen fehlte jede Spur und auch der Platz für ihn. Nachdem 
die Zähne separirt wurden, minderte sich in kurzer Zeit die 
Schmerzhaftigkeit der Nase, die Protuberanz verschwand und 
der fehlende centrale Schneidezahn kam an der richtigen Stelle 
zum Vorschein. Dr. t. 


Das Volk der Ibo’s in Afrika tödtet, wie das „The 
British Journal of Dental Science“, 1. Mai 1890, berichtet, die¬ 
jenigen Kinder, bei denen zuerst die oberen Zähne durchbrechen, 


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232 


und verschont nur jene, deren untere Zähne aut normalem 
Wege zu Tage kommen. Dr. T. 


Ueber Replantation der Zähne. Eine historische und 
experimentelle Studie von Dr, Julius Scheff junior. 7 Bogen 
mit 5 lithographischen Tafeln bei Alfred Holder, Wien 1890. 


Ossification der Pulpa. (The British Journal of Dental 
Science. Dental Review. Von Dr. H, H. Fitch, Pekin, Hl.) 

Der Gegenstand der Pulpa Noduli oder der Ossification 
der Pulpa ist für Patient und Arzt von gleich grossem 
Interesse. Zum Autor kam eine starke Fabriksarbeiterin von 
20 Jahren, um sieh zwei untere Vorderzähne ausziehen zu 
lassen, da sie schmerzhaft und locker waren. Sie war augen¬ 
scheinlich mit Speichelfluss behaftet und die fraglichen Zähne 
waren bis an die Wurzelspitzen entblösst. Sie sollte auch eine 
Fissurenhühliing gefüllt haben. Die Höhlung war nicht tief. Die 
einzige scheinbare Störung schien die Entzündung des Zahn¬ 
fleisches in Folge des Gebrauches von Mercur. Die Patientin 
klagte über grosse Empfindlichkeit in den Zähnen selbst, wenn 
sie etwas darauf biss und wenn sie Heisses oder Kaltes in den 
Mund nahm. Die Zähne wurden sorgsam gereinigt, das Zahn¬ 
fleisch mit Jodin bestrichen, dieses Verfahren jeden Tag er¬ 
neuert. In weniger als einer Woche waren die Zähne fest und 
das Zahnfleisch normal. 14 Tage nach der ersten Sitzung kam 
Patientin wieder und sagte, der gefüllte Zahn, es war ein linker 
unterer Molar, tödte sie vor Schmerz. Es handelte sich um einen 
Alveolarabscess. Nach Extraction und Spaltung des Zahnes fand 
man im Pulpacentrum einen Nodulus. Diese Ossification wurde 
auch in den Wurzelcanälen gefunden. 26 Tage später wurde 
Patientin ätherisirt, um drei andere Zähne zu beseitigen, und 
nach vier Tagen wurde ihr ein weiterer ausgezogen, die sich 
alle in demselben Zustande befanden. Die Entwicklung der 
Noduli ging von Pnlpacentrum aus. Das bezeichnendste Symptom 
war die übermässige Empfindlichkeit der betreffenden Zähne 


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233 


unter ThermalFeränderungen oder beim leisesten Drucke. Die 
Paiientin erklärte in der Folge, dass auch die anderen Zähne 
sie auf dieselbe Weise beunruhigten. Es werden öfters Fälle 
berichtet, wo einer oder zwei Zähne auf ähnliche Art äuge- 
gvifFen sind, eine so allgemeine Störung ist jedoch noch niemals 
verzeichnet worden. (?) (Siehe Anmerkung.) Harris erklärt die 
Ossification der Pulpa als ein Resultat des Nervenreizes. Dies 
würde jene Ossification erklären, die in Folge der Abnützung 
des Zahnes durch Kauen entsteht, aber schwerlich einen Fall 
wie der oben besprochene. 

Dr. Homer Judd von St. Louis auf solche Zähne hin¬ 
weisend sagt, dass die Calcification oder Dentification vom 
Centnim der Pulpakammer ausging. Die Zähne waren von einer 
harten kieseligen Beschaffenheit, beinahe ganz gesund und ver¬ 
ursachten längere Zeit vielen Schmerz. Es waren untere Mahl- 
zähue. Ganz besonders erwähnt er den äusserst hohen Grad 
von Empfindlichkeit, der bereits in anderen Fällen erkannt worden 
war und die eine der bemerkenswerthesten Zeichen des Leidens 
ist. In einigen Fällen waren bei dem geringsten Reize, ja sogar 
durch einen kalten Luftzug die peinlichsten neuralgischen 
Schmerzen hervorgernfen. 

Er führt drei dieser Fälle vor, wo in jeglichen die 
allgemeine Gesundheit des Patienten mehrere Jahre lang ernstlich 
gefährdet war durch den auf diese Weise erzeugten, unaufhör¬ 
lichen Nervenreiz. Diese Patientinnen waren Damen von 32 bis 
45 Jahren und hatte jede an Tartar gelitten, was möglicher Weise 
ihr Leiden durch Nervenreiz erklärt. In allen diesen Fällen stellte 
sich nach Entfernung der Zähne eine ungetrübte Gesundheit ein. 

Der letzterwähnte Fall wird folgendermassen geschildert: 
Eine Dame von 30 Jahren klagte über stossweisen Schmerz iu 
ihren Zähnen und dass irgend ein heisses oder kaltes Nahrungs¬ 
mittel dieselben empfindlich mache. 

Der Tartar wurde sorgfältig entfernt und die Hälse der 
Zähne mit jodisirtem Zink berührt, auch nahm Patientin Chinin. 
Die Zähne waren äiisserlich gesund. Oberhalb des linken, 
zweiten, oberen Molaren fand sich eine kleine Absorbirung des 
ZaluiflcivSches. Der Schmerz hielt an und wurde ihr am 18. Juni 


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234 


ein Zahn gezogen, am 20. zwei Zähne, am 24. zwei Zähne, 
am 28, vier Zähne, am 29. zwölf Zähne und am 5. Juli neun 
Zähne. Der Schmerz hörte nicht eher auf, bis der letzte Zahn 
aus dem Munde war, und seither hat sie nicht wieder gelitten. 

Dr. T. 

Anmerkung. Ich erinnere mich da eines Falles ans der 
Praxis meines Vaters in Graz. Eine junge verheiratete Dame 
lief in ihrer Verzweiflung die meisten Collegen ab, bis ihr 
endlich der letzte Zahn entfernt wurde. In allen Zähnen fand 
man Dentikelbildung. Der Ref. 


Varia. 


Auszeichnung. Dem Zahnärzte Herrn Dr. Josef Klauber 
in Prag wurde von Sr, k. und k. Hoheit Erzherzog Franz 
Ferdinand von Oesterreich-Este der Titel eines Kammer-Zahn¬ 
arztes verliehen. 


Aufruf. 


Der gefertigte Leiter des k. k. zahnärztlichen Universitäts- 
Ambulatoriums stellt an die Herren Fachcollegen die Bitte, um 
Zusendung von Anomalien, Präparaten, Gypsabgüssen etc. für 
die in ihren Anfäogen bereits bestehende Sammlung des 
Instituts. 

Doc. Dr, Julius Scheff jun. 
Wien, I. Hoher Markt 4 


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Empfangene Zeitsehriften. 


Amerika: 

The Dental Cosmos. Items of interest. 

The Internat. Dental Journal. The Southern Dental Journal. 
Arehives of Dentistry. Ohio Journal of Dental Science. 

The Dental Advertiser. The Dental Review. 

Dental Office and Laboratory. The Western Dental Journal. 

Deutschland. 

Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde. 
Correspondenzblatt für Zahnärzte. 

Journal für Zahnheilkunde. 

Die zahntechnische Reform. 

Zahnärztliches Wochenblatt. 

Centralblatt für chirurg. und orthop. Mechanik. 

England. 

The British Journal of Dental Science. 

The Journal of the British Dental Association. 

The Dental Record. 

Frankreich. 

L’art dentaire. Revue odontologiqiie. 

L’odontologie. Le progr^s dentaire. 

Oesterreich. 

Oesterr. ärztl. Vereins-Zeitung. | Medicinisch - chirurgisches 
Centralblatt für die gesammte Centralblatt. 

Therapie. | 

Schweiz. 

Revue et Arehives suisses d’odontologie. 

Illustrirte Monatsschrift der ärztlichen Polytechnik. 

Russland. 

SyöoBpaqeöHUM BkcxHHK^. (Zahnärztlicher Bote.) 

Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der 
genannten Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung 
unter der Adresse: 

Julius Weise, Wien, I. Fleischmarkt Nr. 1. 


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Verlag yod ALFRED HÖLDER, t. und t Hof- nnd Dniversitäts-Bnchhändler in BIEK, Rothentharmstrasse 16. 

Soeben ist erschienen: 

Handbuch der Zahnheilkunde 


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S. S. White’8 Fabrikat mii 
gehauenem vernickelt. Griff 



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S. White'8 Fabrikat als cotiisches Einsatz-Instrument: 


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Nr. 411—414 
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Snow & Lewis’ 

Automatische Plombirhämmer. 



2 . Nr. 3, mit Rückschlag. 

Preise siehe Nebenseite. 


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Snow & Lewis’ automatische Plombirhämmer. 

Nr. 1 und 2 einfachendig mit geradem Schlag. 

Durch die am Ende des Hammers angebrachte Regulirschraube lässt 
sich der Schlag beliebig stark oder schwach, sowie lang oder kurz 
stellen. Mittelst des Ringes kann der innere Mechanismus eingestellt 
und sodann der Hammer als Handstopfer verwendet werden. 
Preis fl. 20.40 ö. W. 

Nr. 3 und 4 doppelendig mit geradem Schlag und Rückschlag. 
Der Schlag ist regulirbar. 

Preis fl. 22.50 ö. W. 


Etuis für automatische Plombirhämmer. 


(Abbott’s und Snow & Lewis’.) 



Mit blauem Sammt gefüttert für eineu automatischen Hammer uuci 
18 oder 24 Stopferspitzen. — Preis fl 4.80 Ö. W. 


WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleischmarkt 1 

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Bon will’s 

tertaerter mecliaiuiicto Hamniet 

für Socket-Point-Stopfer. 

Erfunden und patentirt von Dr. W. Ö. A. Bonvrill. 

S. S. White’8 Fabrikat. 

ln diesem Hammer wird der Schlag durch 
eine sich drehende Metallscheibe, in deren Rand 
eine Stahlplatte eingelegt ist, hervorgerufen. Die¬ 
selbe steht weit genug vor, nm den Kopf des 
Pistons bei jeder Umdrehung der Scheibe zn 
treffen. Das andere Ende des Pistons ist hohl 
und in drei Theile gespalten, nm die Stopfer 
darin anfznnehmen und passt sowohl fhr die Ein¬ 
sätze von Snow & Lewis-Hammer als auch für 
Oone-Socket und andere Bohrmaschinen-Iustrn- 
mente. 

Die Schnelligkeit der Schläge ist bedingt 
durch die Umdrehungen der Bohrmaschine. Die 
Stärke des Schlages kann entweder je nach der 
Schnelligkeit, in der man die Maschine bewegt, 
oder je nach dem Drucke auf das Stopfinstrument 
modificirt werden. Auch bewirkt ein Druck auf 
den gespaltenen Vordertheil (siehe Figur) eine 
Schwächung des Schlages. Der Hammer wird 
bereits vollständig znsammengestellt versandt. 
Niemals sollte der Vorsprung an dem Hammer {E) 
auseinander genommen werden. Das Einzige, was 
zn thun ist, nm den Hammer einzustellen, besteht 
darin, dass man den Einsteller (H) hemmdreht. 
Dieser dreht ein Zahnradgetriebe, das sich sehr 
langsam bewegt, aber eine Einstellung bis zu 
Viooo Zoll vornehmen kann. Abnutzung allein ist 
im Stande, irgend einen Schaden an den Instm- 
menten hervorzuru en. 

Man hält den Hammer wie eine Feder oder 
einen Bleistift. Der Daumen liegt auf dem 
schraffiiten Theile der Umhüllung. Auf diese 
Weise lässt sich der Hammer vollständig con- 
troliren. Auch lassen sich die Schläge, ohne Ans¬ 
setzen der Maschine, z. B. wenn man das Gold 
In die Höhle einfübren will, von Zeit zu Zeit 
aufheben. Dies geschieht durch Verschieben der 
Finger, wodurch das Ende des Pistons mit dem 
Hammer nicht mehr in Berührung gelangt. Auch 
lassen sich fortlanfende Schläge anbriugen, wenn 
man die Finger beugt. Ansserdem kann das Stopf¬ 
ende leicht gedreht und nach irgend einer Richtung 
hin durch eine gleichzeitige Bewegung der Finger 
nnd des Daumens gestellt werden. 

Der schraffirte Theil der Umhüllung ist bei G 
mit einer Drehschranbe versehen, nm die Lage 
des Stopfendes zn verändern. 

Der Bonwill-Hammer kann für die Handstücke 
Nc. 4, 6, 7 oder H und TF, für das Slip-Joint- 
Handstück und für die Bouwill-Maschine passend 
bezogen werden. Beigedrnckte Abbildung zeigt 
das Slip-Joint-Handstück. 

Jedem Hammer liegt eine Gebranchsanweisnng bei. 

Preis; fl. 36.— ö. W. 

Bei Bestellung ist stets das betreffende Hand¬ 
stück, zu dem der Hammer passen soll, anzugebeu. 

“^^7"eiss cSc Scli.*w"a»ra5 
Dental-Depöt 

Wien, I. Fleischmarkt Nr. 1. 

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BonwiH’s 

elektromagnetischer 

LOUBIßHAUUEE 

vcriDessert von 

Marshall H. Webb. 
Preise: 

Hammer mit Verbiudiingsstüok 
und Leitungsschiiiir 

fl. 84.— ö. W. 

Batterie mit vier Elementen und 
Kasten 

fl. 30 .— ö. w. 


Erklärung: 

A, Leituiigsschnur. 

B, Fingerring. 

C, (Jüiitactschliiss, 

JJ. Annatiir des Haminers. 

E. li^lektroiiiagnete, 

E. IJartgiiminipolster. 

(}. Dessen Kegulirsehraube. 

H. Stopfer-Kinsatz-Instrument. 

/• Schraube des Interruptors. 

K, PJatinsjiilzen des Interruptors. 

L. Feder zum Rücktrieb des Hammers. 

J/. Guinmieiülage, um den Rückschlag des 
Haminers zu mildern. 
iV. Feder des Interruptors. 

O. Schraubenmutter zur Regulirang der 

Stange P. 

P. Stange zur Einstellung der Schlagdistanz 

des Hammers. 

Q. Federn zur Fixirung des Stopfers. 

P. Schlitz im Handstück. 

S, Regulator der Feder des Interruptors. 

T, Arinatur-Fixirung. 

U, K Interruptor-Regulirschrauben. 

Weiss & Schwarz 

I- FlelscliaÄisirJst 1. 


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Rauhe’s 


pneoinatisclier WinMIiaiiMer. 




Dieser Hammer 
ist insbesondere ^ 

zum Condeusireu S i 

von Gold- // 
Füllungen au dis- ij 
talen Flächen ge- i 
eignet, kann aber j 
auch wie der M 
Kirby’sche benützt V\ 
werden, wenn man v\ 
den Wiukelkopf \ 

absehraubt und 
durch einen ge- 
Wöhnlicheu, geraden 
Hammerkopf ersetzt. 

Preis des completen In¬ 
strumentes laut Zeich¬ 
nung m. Stativ, Schlauch, 
Ballon, 10 Stopferspitzen 

i 40,- ö, W. 





WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Pleischmarktl. 


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Rauhe’s 


pneumatischer 



Doppelhammer. 

Derselbe ist wie uebenseitig 
beschriebener Hammer, jedoch 
beliüden sich an dem Stativ 
zwei Hämmer, der rechtwinkelige 
und der gerade, damit beim Ge¬ 
brauche dem Plombeur kein Auf¬ 
enthalt durch das Wechseln des 
Hammerkopfes entstehe. 

Preis cofflplet fl. 10.— ö. W. 


Stopferspitzen. 

Wir halten eine grosse Aus¬ 
wahl von S. S. White’s Cone- 
Socket-Stopferspitzen auf Lager, 
die durch Zwischenhülsen in 
allen Arten von Hämmern fixirt 
werden können. 

Weiss & Schwarz 

Wien. 

I. Fleischmarkt Nr. I. 


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ABBOTT’S 

automatiscHer Ploibirlianar. 

(Patent angemeldet.) 

Dieser Hammer hat beide Bewegnngen, 
nämlich den Schlag nach vor- und rück¬ 
wärts iö sich combinirt. 

Die Spindel und der Schlagmechanismos 
sind in der Mitte des Hammers fixirt und 
eines seiner beiden Enden ist zur Auf¬ 
nahme der gerade schlagenden Stopfer¬ 
spitze geeignet, während das andere die 
Stopferspitze für den Rückschlag aufninimt. 
Die Vortheile des Hammers sind: 

1. Kejne Friction; kein Schnarreu oder 
Rasseln einer Spiralfeder. 

2. Geringerer Druck seitens des Opera¬ 
teurs erforderlich. 

3. Dey Mt chanismns ist von der Hand¬ 
habe (Röhre) unabhängig. 

4. Der schwerere Hammer mit leichteren 
Federn, welcher nach vielen genauen Ver¬ 
suchen als leistungsfähiger erkannt wurde, 
bewegt sich in gehärteten Stahlhülseii 
und Lagern frei im Centrnm und reducirt 
die Friction auf ein Minimum. 

5. Der Rückschlag ist direct wirkend 
und wird durch denselben Mechanismos 
herbeigeführt. 

Sowohl die Snow & Lewis-Stopferspitzen 
als auch die Cone-Socketspitzen sind in 
diesem Abbott’s Hammer verwendbar. 
Preis, vernickelt • • fl. 22.60 ö. W. 

<55 Sclx-warz 

Wien 

T. Fleisohmarkt Wr. 1. 



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Stopfer-Spitzen fär den Rückschlag 

zu Dr. ABBOTT’s automat. Hammer. 



12 3 4 3 6 7 8 9 10 11 12 


Diese Stopfer-Spitzen sind von Dr. ABBOTT für den Bückschlag 
construirt worden und sind für alle erforderlichen Fälle aasreichend. 

PREISE: 


Nr. 1 bis 7.per Stück fl. 1.— ö.W. 

i»8»l2 ••*•••••» n n 1.25 n 

Der ganze Satz.. 12.60 „ 


Handhämmer zum Plombiren. 



Hämmer für Goldstopfer, 22 Centimeter lang, mit Kopf ans 
Messing, vernickelt, mit Blei gefüllt und Holzstiel. 


Preis fl. 1.50 ö. W. 


Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien 

WEISS & SCHWARZ,Wien, L Fleischmarkt 1. 

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Professer Di. IWs InstrjEiite t Zii-GolHimpi 


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IPreise: 

In Ebenholz-Griff ä fl. 1.80 ö. W. 
Soeben ist unsere ausführliche 

Preis-Liste 

zahnärztlicher 

Plombir -Materialien 

erschienen, die wir auf Verlaugen franto 
zusenden. 

WEISS & SCHWARZ 

WIEN, I. Fleischmarkt i. 


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j Carl W olrab’8 

I F* lg © ^ e @ © l de 


Qoldoylinder per Unze (32 gr.) M. 130. — ~ fl. 78.— ö. W. 
dtO. „ Vs „ (4 gr.) „ 16.50 = „ 9.90 « 

Goldfolie, weiche extracohägive j pro Unze 

dtO. „ noncohäsive > (38 gr.) M. 125.— = fl. 75.~ö. W. 

dtO. „ schraffirte f ( 4 gr.) „ 16 .— — fj 9.60 „ 

Der Preis stellt sich billiger als für amerikanisches oder englisches 
Gold, da die Unze volle 32 gr. statt 31 gr. wiegt. 


Atteste über Carl Wolrab’s Goldpräparate. 

Ihr Gold benütze ich in Cylindern nnd Folie seit drei Jahren in meiner 
eigenen Praxis nnd für die Füllungen im zahnärztlichen Institute: Ich freue 
mich, Ihnen mittheilen zu können, dass ich es dem besten Fabrikate an die 
Seite stelle, ja seiner ausserordentlichen Geschmeidigkeit und Haltbarkeit 
wegen, fast jedem anderen Ooldpräparate für überlegen halte. 

Leipzig, den 10. Jänner 1890. 

Prof. Br. Fr. Hesse 

Director d. zahnärzU. Institutes d. Universität Leipzig. 

Nach mehrjährigem Gebrauch Ihres Goldes bestätige ich Ihnen hier¬ 
mit gerne die Güte Ihres Fabrikates. Die Goldcylinder sind sehr plastisch 
und frei von Verunreinigungen, welche man sonst häufig findet. Ungeglüht 
schmiegt sich das Gold ansgezeichuet den Wänden der Cävitäten, leicht 
geglüht wird es ausserordentlich adhäsiv. Das Blattgold verarbeitet sich 
ebenfalls vorzüglich. Nr. 10—60 kann ich zum Herstellen von Contonr- 
füllnngen und für Oberflächen bestens empfehlen. 

Stockholm, 20. September 1889. 

Br. Elof Förberg, Hofzahnarzt. 

Ihrem Wunsche gemäss erkläre ich- mit grossem Vergnügen, dass Ihr 
Gold, die Folie sowohl, wie die Cylinder, sich ansgezeichnet verarbeiten lässt 
nnd bei Anwendung der Hotationsmethode allen anderen vorznziehen ist. 
Bei meinen Demonstrationen in Paris habe ich dasselbe ausscbliesslich benützt. 

Grenoble (IsSre). G. O. Oludins 

Dooteur ea Cbirurgie dental re. 

ihr Gold habe ich für die Methode von Dr. Herbst mit aller 
Zafriedenheit gebraucht, und ich muss sagen, dass ich sonst kein Gold 
gesehen habe, das so gut für dieses System geeignet ist. 

London. Prof. Storer Bennet. 

Die Goldpräparate, welche Herr C. Wolrab liefert, sind alle vor¬ 
züglich. Ich kann diese deutschen Fabrikate allerbestens empfehlen. Das 
Gold ist chemisch rein und verarbeitet sich besonders gnt. 

Bremen. Dr. W. Herbst, Zahnarzt. 




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Kleines Plolnbi^Etui nach Dr. Julius Scheff jun. 



Bntbaltend: 

1 Zahnspfegel. 

1 Puster. 

1 Amalgam-Träger. 

1 Schmelzmesser, 

2 doppelseit. Amalgam-Stopfer 
nach Scheff. 


1 Foster-Flagg Spatel. 

1 Houghtons Spatel. 

6 Excavatoren. 

1 doppelseitige Zahnsonde. 

1 Pincette. 

10 Bohrer zur Bohrmaschine. 


Preis je nach Qualität nnd Ausstattung der Instrumente yon 

fl. 20.— ö. W. aufwärts. 


WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleischmarkt 


I. 


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a ftd? mein ©efe^äft fo au^croröentlic^ üergtöferf (jatf ba$ 
es mit an Seit gebtac^, ktetttB Jä^BbEUaUSjfBttun^Bn 
ju beachten, fo befuc^te idj ttUC öic 6 ^aupt-IPcltausftellungcn, ,»? 

an welchen ftc^ aÜB ^abrifanten betljeiligten. ;S 

3ct? empfing f875 in IDien unb bann in iBirBB folgcnben 
^Bli a u s ft e 11 u n g bie 2tu53ci^nungen füt ftüufl- 

IttfiB JälinB, melc^e — als bet1|aupilhiBt0 meines ©efdjäftes 
— ben attettti^eu ©egenftanb meiner 2tusftellungen bilbeten. 

Die 0C0^fe Jtnerfennung, melc^c Je einem ^abrifanten ju 
C^eil mürbe, erhielt ic^ jeboc^ fÜC j^xflänfiBii, i^tärftB Utti» 
Itaittrltt};^» ÄU»fef|Bn meinet S«t|ne, mie folgt: 

2IU53Ug 

aus bem ^ingemeiueit Beriefet ber preisriebter über bie preife in (Sruppe XXIV 

tftx JntBrnatlöttalien Äu^pieKung |u 1876* 

„fjerr I). 3uPt fielltc nur MSfiXit aus — aber feine Husftettung 
n>ar nac^ aUtn Äitljfungiett ftttt Die gähne roareu nid^t 

aüein in 23e3ug auf (färbe, <S(an3 unb Dic^tigfeit poüenbet, fonbern itjre (form 
mar üoUftänbig ben natürlichen ähnlich. Dies gilt fomohl für bie ein3elncn 
gähne, als auch für bie gan3en (Sarnituren uon 28. gnfammenfteüung 
3eigte genaues Stubium fomohl bes Kieferbogens, als auch peinliche Hücfficht» 
nähme auf bie IDünfche bes Patienten unb bie (Erforberniffe bes gahuar3tes. 

Die uerfchiebenartigften (formen ber 3ähne felbft unb ihre ucrfchiebenartigen 
Hbmeichungen in ber unb Xa0«rurt0 511 einanber maren fo 

nachgeahmt, bag fie für irüflpänt»i0 nafiitlttft gehalten 
merben mugten. Kugerbem mar bie ber gähne ÜTüriÜ0lttl| — 

unb tro^ ber lartcj^ßtt iffarmcn maren ge non 0rö}|ftnÖ0lttftcr i^färkc. 

Schlieglich maren bie <£rampons (platina^Stiftc) berartig angebracht, bag fie 
unmöglich aus ben gähnen hß^ausgenommen merben konnten." 

. W. Jujti 

Br. 66 Watiirfn 36lr. (Uiltago JH. 

»r. 1301 «p 1303 mrdi 3tt. PftttalrrlpQta 





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ranülen und schwarzen oder rothen Kautschuk- 




-„♦u nder schwarz 


Ij-o-ffbiasex 



Fig. 5. 

Moifats mit Luftkammer, Isolator und Netz fl. 7.50 ö. W. 



]y[it Ventil, Isolator und Ballonschützer aus Metall fl. 5.70 8.W. 



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ppr 




Mundspiegel 

mit la. englisohen aiäsern. 


Runde Form Fig. 1. 

2 3 ^ _ 

li 20 22 Mm. Durchm. 

Plan- oder hohl gesehliflfen 
l mit schwarzem Vulcanitgriff 
I fl. 1.50 ö. W. 

Mit weissem Beingriff 
fl. 1.80 Ö.W. 

Extra gross 30 Mm. Durchmesser 
fl. 3.- ö. W. 


Ovale Form mit Kugelgelenk Fig. 2. 

Feinste Qualität in drei Grössen 
fl. 4.50 6.60 7.20 ö. W. 


. 1 . —- ' ... 

Utenslllen von 

WEISS 4 SCHWARZ, WIEN 

I. Fleischmarlst 1. 


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Mit Slip joint-Handstttck Nr. 7 fl. 170.— ö. W. 

WEISS & SCHWARZ,^ Wien, 1.^ Fleischmarkt I 


























redxjced prtces. 



VVhite Dental Engine 



BeginningMay 1,1890, 
the prices of the S. S. 
White Improved Dental 
Engines will be as fol- 
lows: 

Engine, /j(40.000 
“ 45000 

«C“ “ 45.000 

«D“ “ 45.000 

14 instrnments included 
in cach case. 

Boxing 75 Cents. 
These engines (more 
especially the „D‘‘—the 
largest wheel,here shown) 
haye had a constantly in* 
creasing sale, easily main- 
taining their positiou at 
the head of the list as the 
best-selliug and most serviceable 
flexible-arm engine ever offered to 
(lentists, uothwithstanding the intro* 
(Inciion of cheaper patterns. They 
will stand more abuse, du heavier 
Work with less strain? and last 
longer tban any machines con* 
stracted with spring or orther flexi¬ 
ble joints. Most any engine will do 
light work satisfactorily,bnt it takes 
the power of the flexible shaft to 
stand the strain of the heavier op- 
erations which nnavoidably occnr 
in general practice. So unfailingly 
has the S. S. White Improved re- 
sponded to every call made upon 
its capacity that it is freqncntly re- 
ferred to as the “old reliahle“. 

Send for Catalogue of Dental 
Engines and Equipments. 


The S. S.White Dental 
Mfg. Co>y 

PhLUaelphia, 

New-York, 

Boaton, 

Okloago, 

Broeklys. 


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The Principal elements in the wide popularity of the Morrison Chair are, 
its extraordinary vertical ränge of movement, and the ease and rapidity with 
w’hich it is raised and lowered. The dentist can operate with equal convenience 


whether sitting or Standing. 

The lower back-pad can be adjasted to the small of the patient’s back, 
and the upper one raised, lowered, or entirely removed, as in operating for children. 

The arms can be lowered so as to be entirely oat of the way of the opera- 
tor, or they can be clamped in the intermediate positions. 

The Clair has a reclining movement, and it may be secarely clamped in 
any position by slight pressnre on the foot*lever. The foot-rest has a wide ränge 
of movement, and can be adjusted by either operator or jfiatient. 

'When desired, casters are inserted in'' the feet. Those in front roll laterally 
only, permitting the Chair to be swang to tarn the pktieut’s face to the light; 
those in the rear feet revolve backward and forward, so that the Chair can be 
moved by pashing it like a wheelbarrow. The casters can be locked, so that the 
force exerted in filling-operations will not mpve the Chair. 


PRICES. 

In Corded Upholstery (Stadents* Morrison).Dollar 105 00 

In Best Qaality Green or Maroon Flash or Plain Morocco, 

redaced from Dollar 130.00 to. n 120.00 

In Real Morocco, Embossed, redaced from Dollar 140.00 to „ 130.00 

In Finest Quality Green or Maroon Plnsh paffed and trimmed 

with Plush, redaced from Dollar 150.00 to • • • • n 140.00 

Any style, with Casters, Dollar 10.00 extra. 

The Illustration Shows No. 4 Spittoon, No. 3 Bracket, No. 3 Socket, which 
are extra, and add Dollar 8.00 to the above prices. 

BOXING FREE. 


THE a. a. WHITE DEMTaii HFO. €0.. 

PHILÄVELIHIÄ, NEW YORK, BOSTON, CHICAGO, BROOKLIN. 

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Imitation des „Wilkerson-StuMs“. 



Dieser Stuhl ist eine genaue Imitation des bekaunten S. S. 
White’sehen Wilkerson-Chairs, besitzt dessen sämmtliche Be¬ 
wegungen und ist tadellos ausgeführt. 

Preis mit rothem oder grünem Plüschüberzug fl. 350 ö. W. 
iucl. Fracht und Zoll ab Wien.^) 

1) Dieser Preis entspricht M. 450.— ab Berlin. 


Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ 

I, I^leisclimsLrlst 1. 


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Operationsstuhl mit Oelpumpe Ee. 


Die Construction ist ähnlich wie die des nachstehenden Stuhles Cc, aber 
eleganter ausgefohrt. Der Kückentheil ist mit einem aufschlagbaren Kinder¬ 
sitz versehen. 

Preis mit rothem oder grünem Plüschüberzug ohne Attachement 
fl, 350. — ö. W., mit extrafeinem türkischen Bezug wie Abbildimg fl. 24.— Ö. W. 
mehr. Alles inclusive Fracht und Zoll ab Wien.') 

0 Dieser Preis entspricht M. 450.— ab Berlin. 

Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensiiien von 

Weis« Sg SchM'arK, Wien 

I. Fleischmarkt 1. 

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.r -’y ■'■•V'Vj«!. 


Dieser Stuhl ist eine Conibination des Oelpedal- und Cycloid-Stuhles und 
gestattet folgende Bewegungen: ln die Höhe mittelst Pumpe. Um dif 
Achse. Rücklehnung des ganzen Sessels sowie der Lehne separat. Erhöhung 
der Lehne allein und des Kopfstückes allein. Entfernung der Armstützen. 
Polsterung ist rother oder grüner Plüsch. 

Preis fl. 290 ö. W., inclusive Fracht und Zoll ab Wien.') 

1) Dieser Preis entspricht M. 400.— ab Berlin. 


Depot zahnärztlicher mid zahutechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ, WIEN, I. Fleischmarkt I 


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VI. Jahrgang. 


IV. Heft. 


October 1S90. 


Oesterreichisch-ungarische 

Vierteljahrssclirift 

für 

Zahnheilkunde. 



ScMctsal des Feriostes Mi ier Folpa ki raplaatMea 

Zäkei 

Vortrag, gehalten auf dem X. internationalen medicinischen 
Congress in Berlin von Dr. Julius Scheff jun., Docent an der 
Universität in Wien. 

Der Gegenstand meines heutigen Vortrages betrifft ein 
wiederholt in Versammlungen diseutirtes und in M^erthvollen 
wissenschaftlichen Aufsätzen behandeltes Thema. Dass ich dieses 
neuerdings zur Erörterung bringe, mag seine Rechtfertigung in 
den histologischen Resultaten finden, welche sich bei den von 
mir angestellten Versuchen ergeben haben.*) Durch dieselben 
gelangte ich zu interessanten und wie mir scheint bedeutungs¬ 
vollen Thatsachen, die bisher völlig unbekannt waren. 

Bei diesen meinen Experimenten war es mir weniger um 
Verbesserungen oder um bestimmte Vortheile für die Praxis 

0 Meine Arbeit „Die Eeplantation der Zähne“ erscheint 
demnächst bei Alfred Hölder, Wien. 


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236 


zn thuD; ich liess mich ausschliesslich von wissenschaftlichen 
Motiven leiten und hatte zunächst das Verhalten des Periostes 
und der Pulpa im Auge. 

Wie aus den geschichtlichen Zusammenstellungen ersichtlich 
wird, sind die Re- und Transplantation der Zähne alte Operationen. 
Wollen wir nach dem ersten Fall einer Replantation suchen, 
so begegnen wir diesbezüglich argen Widersprüchen, die nnr 
dadurch erklärlich werden, dass den einzelnen Autoren die 
Original-Ausgaben jener Werke mangelten, die sich mit diesem 
Gegenstände beschäftigten. Während Einige, und zu diesen gehört 
auch Mitscherlich, den ersten Fall einer wirklichen Re¬ 
plantation für Dupont (1633) reelamiren, kann ich mit Be¬ 
stimmtheit nachweisen, dass der berühmte Ambroise Parö 
in seinem unvergleichlichen Werke (Opera Chirurgica 1594, p. 477) 
sehr ausführlich einen Fall von Replantation in leigender 
Weise beschreibt: 

„Si lapsns aut ictus violentia commoti labant, minime 
eximendi sunt, sed restituendi, et ad proximos qui bene haerent 
vinciendi, tempore enim in suis alveolis confirmantur, quemad- 
modum expertus sum in Antonio de la Rue vestiario: cni 
pugionis capulo cum maxilla fracta esset, et tres dentes eon* 
cussi, ac lere suis alveolis excussi, restitnta maxilla, redditi 
sunt loco dentes, et filo duplici ceratoque proximis adjuneti; de 
caetero expressis et eolatitiis similibusque jusculis hominem 
nutrivi, adstringentia gargarismata ex nucibus cupressi, myrtilo 
et pauco alumine in oxierato incoctis concinnavi, eaque ore 
versare jussi; bis artibus perfeci, ut mox illi aeqiie faeilis esset 
atque antea in omnem dentinm partem mansus. Auditum habeo 
ale homine fide digno, visam sibi primae nobilitatis mulierem 
quae in avulsi dentis locum alium sibi sanum; pedisequae 
cuidam suae eodem tempore exemptum, extemplo substitui et 
inseri jussit, qui temporis progressu sese velut actis radicibns 
obfirmarit, sic ut in ipsum indolenter ut in reliquos ipsa 
manderet. Sed ut jam dixi de hac re nihil praeter auditum 
habeo. “ 

„Wenn sie (die Zähne) durch heftigen Fall oder Stoss 
erschüttert werden, so sind sie ja nicht auszuziehen, sondern 


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237 


wieder einzusetzen und au ihren gut haftenden Nachbarn zu 
befestigen, denn sie werden mit der Zeit in den Alveolen wieder 
fest, gleichwie ich an dem Anton de la Riie, dem Vestiariiis, 
erfahren habe. Diesem wurde mit einem Dolchgriff der Kiefer 
gebrochen, drei Zähne erschüttert und fast aus ihren Fächern 
herausgerissen. Nach Einrichtung des Kiefers wurden die Zähne 
in ihre Lage zurückgebracht und mit doppeltem gewachsten 
Faden an den Nachbarn befestigt. Im Uebrigen ernährte ich den 
Mann mit Brühen und Suppen und verordnete zusammenziehende 
Gurgelwässer aus in Oxycrat eingekochten Cypressennüsseu, 
Myrthen und etwas Alaun zum Mnndansspülen. Dadurch bewirkte 
ich, dass er bald wie früher leicht auf allen Orten des Gebisses 
kauen konnte. Ich habe auch von einem glaubwürdigem Manne 
gehört, dem sich eine hochadelige Dame vorgestellt habe, 
welche sich an die Stelle eines ausgebrochenen Zahnes einen 
gesunden zur gleichen Zeit ihrer Kammerfrau gezogenen Zahn 
einsetzen liess. Dieser hatte sieh mit der Zeit gleichwie durch 
Schlagen von Wurzeln so befestigt, dass sie auf demselben so 
schmerzlos wie auf den übrigen beissen konnte. Aber wie gesagt, 
ich habe hievon nur gehört.^ 

Von dieser Zeit an wurden die Re- und Transplantation 
namentlich die erstere vielfach von Chirurgen und Zahnärzten 
in der Praxis ausgeführt. Je nach den bekanntgewordenen 
Erfolgen oder Misserfolgen hatte sie ihre Anhänger und Gegner. 
Wollte man die Namen aller Autoren aufzählen, die sich mit 
der Re- und Transplantation beschäftigten, so würden sie eine 
Legion geben. Allen, in früherer wie in neuerer Zeit, war es 
zumeist blos darum zu thun, einen praktischen Erfolg erzielt 
zu haben. Auf welche Weise ein durch Zufall oder absichtlich 
aus seiner Alveole entfernter Zahn, in dieselbe wieder zurück- 
gebracht, einheilen könne, wurde bis in die allerjüugste Zeit 
gar nicht berücksichtigt; es handelte sich blos um den Ein- 
heilungsprocess und wie lange er brauche, um dem Zahn seine 
ursprüngliche Festigkeit wieder zu geben. Ob das Periost und 
die Pulpa dabei betheiligt, welchen Veränderungen diese beiden 
Gewebe unterworfen seien, war niemals der Gegenstand einer 
eingehenden Untersuchung geworden. Die Ansichten über das 


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Verhalten des Periostes und der Pnlpa gingen weit auseinander 
nnd die Thierversuehe, welche allein massgebend gewesen wären, 
nur vereinzelt gemacht wurden, so blieb diese Frage bis in die 
neueste Zeit ungelöst. Mitscherlich und Fredel sind wohl 
die einzigen Autoren, die nach dieser Richtung Erspriessliches 
geleistet haben. Ersterer jedoch Hess die Pulpa unberücksichtigt, 
letzterer liess sich wegen Mangel an genügendem Material von 
Gesichtspunkten leiten, welche seine Untersuchungen beeinflussen 
mussten. Dadurch war das Ergebniss derselben unzulänglich 
und da daraus resultirenden Schlussfolgerungen entsprechen 
nicht ganz den von mir gefundenen Thatsachen. 

Es kann als bestimmt angenommen werden, dass bei jeder 
Extraction eines Zahnes sein Periost, welches als dessen 
Haupthefestigung angesehen werden muss, zerrissen wird und 
dass der eine Theil desselben in der Alveole im Zusammen¬ 
hänge mit dem Alveolarperiost zurückbleibt, während der 
andere an dem extrahirten Zahne haftet und mit demselben 
entfernt wird. 

Wenn auch die Integrität des extrahirten und wieder 
replantirten Zahnes von höchster Wichtigkeit ist, so hat eine 
leichte Verletzung des Zahnhalses, denn nur um diesen kann 
es sich insbesondere handeln, gewiss nicht jenen Einfluss auf 
das Gelingen oder Misslingen der Einheilung, wie dies von 
mancher Seite behauptet wird. Ich habe Zähne, trotz bei der 
Extraction erfolgten grossen Widerstandes und trotz der dadurch 
gegebenen starken Zahnverletzung, replantirt, sie heilten gleich 
den Unverletzten gut ein. 

Die Gründe zn finden, warnm ein Zahn einheilt, ein anderer, 
der unter den gleichen Cautelen replantirt wurde, nicht, war 
ich ausser Stande und die von einzelnen Autoren dafür an¬ 
gegebenen Ursachen scheinen mir wenig stichhältig. 

Welches ist das Schicksal des replantirten Zahnes und 
w'ie verhält sich dabei das Periost und die Pulpa? 

Bekanntlich wird der Zahn durch die Extraction aus 
seiner nutritiven Verbindung gebracht und wirkt, wenn er in 
seine frühere Lage zurückgebracht wird, nur mehr als fremder 
Körper. 


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Die Art, in welcher die Verbindung des in der Alveole 
zurückgebliebenen Periostes mit dem replantirten Zahne vor 
sieh geht, kann eine verschiedene sein. 

Als die einfachste Form muss wohl jene angesehen werden, 
wo eine directe Verwachsung des zurückgebliebenen Alveolar¬ 
periostes mit dem Gemente, vielleicht auch mit dem am Zahne 
haften gebliebenen Periosttheil eintritt, was als prima intentio 
aufzufassen wäre. Es findet diese Art der Verwachsung zweifels¬ 
ohne bei der Replantation statt, wenn auch nicht am ganzen 
Umfange des Zahnes, denn nur als eine solche directe Ver¬ 
wachsung, als eine prima intentio, sind jene glatten Flächen 
des Zahnes, die am Schnittpräparate als geradlinige Grenzen 
zwischen Periost und Gement erscheinen, zu deuten. 

In diesem Falle ist die Verwachsung des Periostes mit 
dem Zahne sehr rasch erfolgt. 

Es kann aber das neugebildete, vom Periost stammende 
Gewebe durch seine Wucherung zu einer mehr oder weniger 
ausgebreiteten Resorption des Gementes führen, welche sich 
neben der directen Verwachsung finden kann. Diese Resorption 
kennzeichnet sich durch jene bald flach, bald tief in das Gement 
hineinreichenden Buchten, welche in der ganzen Ausdehnung 
des Gementes, oftmals am Halse des Zahnes oder blos an dessen 
Wurzelspitze auftreten. Der Resorptionsprocess beschränkt sich 
entweder ausschliesslich auf das Gement oder die Resorption 
greift immer tiefer durch das Gement bis an das Dentin. 

In diesem Stadium kann durch ein Stillstehen der Re¬ 
sorption und selbst bei tiefgreifender Ausschmelzung des Zahnes 
noch immer eine feste Verwachsung entstehen, indem an den 
Wänden der Resorptionsräume offenbar durch die Thätigkeit 
der Osteoblasten neue Knochensubstanz gebildet wird und 
dadurch alle jene Buchten von einer Gementschichte ausgekleidet 
werden. 

Doch kann anderseits die Resorption auch nicht zum 
Stillstände kommen, sondern zu einer so ausgebreiteten Con- 
sumption des Zahnes führen, dass sein Dentin bis in den 
Pulpacanal aufgezehrt wird, was namentlich an den Wurzel¬ 
spitzen, seltener an den Seiten des Zahnes stattfindet, ja es kann 


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durch die Consumptioa der Wurzel der Zahn, welcher Anfangs 
offenbar durch eine theilweise direete Verwachsung — 
prima Intentio — fest schien, wieder locker werden und 
ausfallen. 

Aber selbst bei einer so hochgradigen Resorption, dass 
stellenweise das Dentin vollkommen durchbrochen ist, ja selbst 
die ganze Hälfte der Wurzel consumirt ist, kann es noch zu 
einer dauernden Einheilung kommen, indem die Resorption, 
selbst wenn sie soweit vorgeschritten ist, doch noch stillestehen 
kann und in dem zellreichen vom Periost stammenden Gewebe, 
welches die Resorption vermittelt, eine Bildung neuer Knochen¬ 
substanz vor sich geht. Diese neue Kuochensubstanz, durch 
Osteoblasten gebildet, kleidet die Resorptionsflächen aus und 
durchsetzt in Form von Balken das zellreiche Gewebe, von 
welchem es gebildet wmrde. Ja es kann letzteres fast total 
verknöchern, nur mit Zurücklassung feiner Havers’scher Ca¬ 
näle und so, da diese Knochennenbilduug auch mit dem Knochen 
des Kiefers zusammentreten kann, allerdings nur an vereinzelten 
Stellen erfolgen. 

Es ist dies das wirkliche Verwachsen des 
Knochens mit dem Dentin, ein bisher äusserst selten 
beobachtetes Vorkommen. Die Verwachsuugsstelle erscheint 
nicht als gerade, sondern als eine unebene, wellenförrnige Linie. 

Ich komme zum zweiten Punkte meiner Unter¬ 
suchungen, nämlich zur Pulpa. 

Ist der Zahn durch die Extraction aus seiner natürlichen 
Verbindung gebracht, so erfolgt dadurch auch eine Abreissung 
der Pulpa von ihrem Mutterboden, und die in der Zahnhöhle 
verbleibenden Reste der Pulpa erfahren eine Ernährungsstörung 
gleich jenem Periosttheile, welcher an dem extrahirten Zahne 
haften bleibt. 

Es unterliegt die Pulpa jenen Veränderungen, die jedes 
seiner Nutrition beraubte Gewebe nothwendiger Weise durch- 
machen muss. Es mag dabei gleichgiltig sein, ob der Zahn 
längere oder kürzere Zeit ausserhalb der Alveole verblieben ist. 
Das Schicksal der Pulpa eines extrahirten und re- 
plantirten Zahnes ist immer Necrose. 


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Es könnte zwar der Einwurf erhoben werden, dass bei 
einer möglichst raschen Replantation eine Verbindung der ab¬ 
gerissenen Pulpa mit ihrem Mntterboden möglich sei. Wenn 
wir jedoch den Gefässreichthum des Pulpagewebes berücksich¬ 
tigen, welcher uns die Pulpa als ein Gewebe erscheinen lässt, 
welches ausgiebige Ernährung beansprucht, wenn wir die langen, 
äusserst feinen Pulpacanäle bedenken, durch welche an der 
Wurzelspitze die Gefässe zu dem so reichlichen capillaren Gefäss- 
netze der Pulpa eintreten, so scheint die Annahme gezwungen, 
dass die zweifellos nach der Abreissung sich retrahirenden 
Gefässe der Pulpacanäle des Hundezahnes sich mit dem Mutter¬ 
boden wieder so rasch vereinigen sollen, um in dem gefäss- 
reichen Pulpagewebe hinlänglich bald die Circulation wieder 
herstellen und dadurch das Gewebe vor rückgängigen Metamor¬ 
phosen bewahren zu können. 

Vielmehr wird die Vereinigung mit dem Mutterboden eine^ 
nur höchst unvollkommene sein, und das die Pulpahöhle füllende 
gefässreiche Gewebe kann durch eine solche unvollkommene 
Vereinigung nicht mehr ernährt werden, zumal da es wegen 
seines Gefässreichthums zweifellos eine sehr ausgiebige Ernährung 
beansprucht. 

Demnach macht die Pulpa alle jene Veränderungen durch, 
welchen jedes seiner Ernährung beraubte Gewebe unterworfen 
ist, sie wird necrotisch. Die Necrose kennzeichnet sich 
durch das Ausbleiben der Functionsfähigkeit, durch Feltdegene- 
ration, durch Kalkiuciustation, durch Pigmentbildung als Resi¬ 
duum der Blutgefässe etc. 

Von den meisten Zahnärzten wird eine Pulpa dieser Art 
als atrophisch bezeichnet; ich halte jedoch diese Bezeichnung 
für unrichtig, da unter Atrophie nur ein Schwund des Gewebes, 
kein Absterben desselben zu verstehen ist. Eine atrophische 
Pulpa enthält noch lebensfähige, wenn auch geschwundene Ele¬ 
mente, sie ist noch functionsfähig. Dagegen ist die Pulpa eines 
replantirten Zahnes durch die Aufhebung der Ernährung abge¬ 
storben, functionsunfähig. 

Durch die Behandlung mit Alkohol und Säuren sind in 
meinen Fällen natürlicher Weise die Producte der Fettdegene- 


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ration nnd Kalkinfiltration grösstentheils verschwunden; dennoch 
sind ihre Residuen häufig nachzoweisen. In der Regel ist näm¬ 
lich nach jener Behandlung nur ein feines, ungefärbt bleibendes 
Netzwerk zurückgeblieben, dessen Masehenräume früher Fett 
und Kalk enthielten, wovon hin und wieder noch Spuren 
sichtbar sind. 

Zu welcher Zeit die abgerissene Pulpa schon necrotisch 
ist, kann ich nicht bestimmen, da bei dem Hunde mit kürzester 
Versuchsdauer — neun Tage — die Pulpa schon necrotisch 
wurde. Dieses necrotische Gewebe, welches an Stelle der 
früheren Pulpa sich findet, kann vollkommen unverändert bleiben, 
während der Zahn vom Perioste her vollkommen festgewachsen 
ist (256 Tage alter Zahn mit neerotischer Pulpa). Meist zeigen 
sieh dabei die Pnlpacanäle an den Wurzelspitzen von geiäss- 
führendem Bindegewebe ausgefüllt. 

Sehr häufig aber gehen von diesem ’ gefässführenden Binde¬ 
gewebe der Pnlpacanäle der Wurzelspitze bindegewebige und 
gefässhaltige Sprossen in das Netzwerk der necrotischen Pulpa 
hinein, welche ohne Zweifel als von den Pulpacanälen aus 
erfolgte Gewebsneubildung aufzufassen sind. In der Regel bleibt 
aber diese Bildung nur auf die Spitze beschränkt und reicht 
nur in sehr wenigen Fällen hoch in den Pulpacanal hinauf. — 
Eine andere Art der Gewebsbildung in der Pulpahöhle findet 
derart statt, dass die Pulpacauäle der Wurzelspitze verschwunden 
sind und ein weiter Eingang der Pulpaböhle gebildet erscheint, 
durch welchen ein Gewebe von der Wurzelspitze her in den 
Canal hineinreicht, ihn selbst bis in die Krone ausfüllen kann. 

Es kann kein Zweifel sein, dass dieses Gewebe periostalen 
oder markigen Ursprunges ist, denn wir finden in ihm eine 
oft sehr ausgedehnte Neubildung von Knochen, welche entweder 
nur alseine eementartige Lage das Dentin an der ganzen Innen¬ 
fläche überkleidet oder auch in Form von untereinander zu¬ 
sammenhängenden Bälkchen das den Canal ausfällende Gewebe 
durchsetzt. Diese Knochenbälkehen stehen dann durch die weite 
Eingangsöffnung mit dem Kieferknochen in Verbindung, während 
die eementartige Auskleidung um den Rand des Eingangs herum 
mit dem eigentlichen Cemente zusammenbängt. Ist die Knochen- 


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neubildnüg noch eine fortschreitende, so finden wir dement¬ 
sprechend die Knochenlamellen besetzt mit Reihen mehrkerniger 
Zellen, den Osteoblasten (Fig. 1). Ist dagegen die Knochenbildung 
abgeschlossen, so fehlen dieselben. Während also die früher 

erwähnte Gewebsbildung die 
Bedeutung einer Regeneration 
von den Pulpacanälen aus hat, 
in welchen Reste der alten Ge- 
fässe erhalten geblieben sein 
dürften, findet die zuletzt ge¬ 
schilderte ArtihreErklärung in 
einer vom Perioste und dem 
Marke ausgehenden Resorption 
der Wurzelspitze. 

Allerdings braucht sicher 
diese Resorption nicht zu einer 
Knoehenneubildung zu führen, 
welche gewiss als ein Ab¬ 
schluss derselben anzusehen 
ist, sondern sie kann durch ihr 
Fortschreiten zu einer so hoch¬ 
gradigen Consumption des 
Zahnes führen, dass derselbe 
nachträglich, nachdem er 
scheinbar fest geworden ist, 
noch ausfällt, wie es ja auch vom 
Perioste aus an der Aussen- 
fläche des Zahnes geschehen 
kann. Die Ausschmelzung des 
Dentins bei dieser R Sorption 
scheint unter Auftreten sehr 
grosser vielkerniger Zellen zu geschehen. 

Noch eine andere Art der Neubildung von Geweben inner¬ 
halb der Pulpahöhle kann stattfinden, nämlich dadurch, dass 
die in das Zahnbein tief eiudringende Resorption die Pulpahöhle 
erreicht, wodurch das die Resorption vermittelnde Gewebe in den 
Pulpacanal hineinwuchern kann. Wenn nun auch eine solche 



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seitliche Resorption, die meist nur an einer umschriebenen Stelle 
stattfindet, durch ihr Fortsehreiten die Consumption und das 
nachherige Ausfallen des Zahnes zur Folge haben kann, so ist 
doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Resorption 
stillsteht. Ist dies der Fall, dann tritt in dem die Resorption 
vermittelnden Gewebe periostalen oder markigen (Kieferrand) 
Ursprunges Knochenbildung auf und der ganze seitliche Defect 
des Zahnes sowie der Pulpacaual kann sodann von Knochen- 
lamellen, die das Dentin begrenzen und das neue Gewebe selbst 
durchsetzen, durchzogen werden. 

Von besonderem Interesse ist es, dass Verletzungen des 
Zahnes (seitliche Sprünge oder Absprengungen an der Wurzel¬ 
spitze, Wurzelbrüche am Zahnhalse) von günstigem Einflüsse 
sind für ein rasches Entstehen derartiger Gewebsneubildung 
im Pulpacanale, von der Seite oder von der Wurzelspitze aus. 

Resume; 

Das Ergebniss meiner Untersuchungen berechtigt demnach 
zu folgenden Schlüssen: 

1. Die Einheilung des replantirten Zahnes ist 
vorwiegend eine periostale, und zwar kann dieselbe 
als prima intentio auftreten, indem das Alveolar¬ 
periost mit dem Zahncemente, ohne dass an letzterem 
Resorption eintreten würde, verwächst, oder sie tritt 
im Anschluss an eine mehr oder weniger ausgebreitete 
durch die Periostwucherung vermittelte Resorption auf, 
und zwar nachdem diese zum Abschluss gekommen ist, 
während eine fortschreitende Resorption zur nach¬ 
träglichen Ausstossung des eonsumirten Zahnes führt. 

2. Die Pulpa wird an jedem replantirten Zahne 
necrotisch. Entweder bleibt sie in diesem Zustande 
dauernd, obwohl der Zahn periostal befestigt worden 
ist, oder es tritt an Stelle des necrotischen Gewebes 
ein neues Gewebe. 

Dieses neue Gewebe findet seinen Ausgangs¬ 
punkt entweder von den Pulpaeanälen des Hunde¬ 
zahnes, in welchem noch lebensfähige Elemente 


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zurückgeblieben sein können, und dann wird es von 
einem zarten gefässreichen Bindegewebe gebildet, 
welches vom normalen Pulpagewebe durch den Mangel 
an Odontoblasten sich unterscheidet, od er es entsteht 
durch Hinein wuchern des periostalen oder des mar¬ 
kigen Gewebes, und zwar auf dem Wege der meist an 
der Wurzelspitze, seltener an den Seiten des Zahnes 
den Pulpacanal öffnenden Resorption. 

Da letzteres Gewebe periostalen, resp. markigen 
Ursprunges ist, kann es bei Stillstand der Resorption 
mehr oder weniger ausgebreitet verknöchern. 


ihr Ue MeiliH ir Mrotrianeii hi Carieii to Zäbaa. 

Von «7. Hoivardj Mummery, M. R. C. S. in London. 
Vortrag, gehalten auf dem X. internationalen medicinischen 
Congress in Berlin. 

Aus dem vom Vortragenden zur Verfügung gestellten Manuscripte übersetzt 
von Dr. Emil Schreier in Wien. 

Als ich aufgefordert wurde, die ßerathung über diesen 
wichtigen Gegenstand einzuleiten, fühlte ich natürlich einige 
Bedenken, mich dieser Aufgabe zu unterziehen, und mein Be¬ 
denken wurde gewiss nicht verringert dadurch, dass ich wusste, 
dass ich in Gegenwart von erfahrenen Männern sprechen sollte, 
die dieses Gebiet zum Gegenstände ihrer Specialstudien gemacht 
haben. Ohne die Erwartung aber, dass es mir möglich sein 
würde, in meiner Muttersprache die wichtigsten Arbeiten der 
letzten Jahre über diesen Gegenstand zu prüfen, hätte ich kaum 
diese verantwortliche Arbeit unternehmen dürfen. Die unver¬ 
meidlich aufgeschobenen Uebersetzungen aber, und meine geringe 
Kenntniss der deutschen Sprache mag mir zur Entschuldigung 
dienen, wenn es sich zeigen sollte, dass ich irgend etwas von 
Wichtigkeit, was in jüngster Zeit zu diesem Gegenstände dazu¬ 
gekommen, ausser Acht lasse, oder es den Anschein hat, dass 
ich einzelne der erschienenen mühsamen Arbeiten auf diesem 
Gebiete nicht genügend würdige. Ohne Zweifel werden alle 


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solche Mängel in der folgenden Discussion vollständig beseitigt 
werden, und ich hoffe, dass sie im Einklänge stehen wird, nicht 
mit der Unvollkommenheit meines einleitenden Vortrages, son¬ 
dern mit der wissenschaftlichen Bedeutnng und der praktischen 
Wichtigkeit dieses Gegenstandes. 

Indem ich in eine Erörterung eingehe Ober den Einfluss 
der Mikroorganismen auf die Caries der Zähne, glaube ich den 
erwünschten Zweck am besten zu erreichen,.wenn ich es mög¬ 
lichst wenig auf theoretische Ausführungen ankommen lasse 
und meine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf diese verschie¬ 
denen Punkte richte, welche noch offene Fragen sind, über die 
verlässliche Beobachter einigermassen verschiedene Ansichten 
haben. Um diese Punkte angemessen zu würdigen, dürfte ein 
kurzer geschichtlicher Ueberblick angezeigt sein. 

Während die Entdeckung des Zusammenhanges der Caries 
mit der Anwesenheit von Mikroorganismen und der Abhängigkeit 
dieser Krankheit von der fermentativen Wirkung dieser Gebilde 
jüngsten Datums ist, war die Idee, dass irgend ein lebendes 
Wesen zugegen sei, bekanntlich schon in ältesten Zeiten auf¬ 
getaucht. Ohne bei diesen alten Theorien zu verweilen, mag es 
mir nur gestattet sein, auf die Wurm-Theorie anzuspielen, 
welche sich eine lange Zeit behauptete und an Stelle der alten, 
von Hippoerates aufgestellten Theorie trat, nach welcher Caries, 
wie die anderen Krankheiten, durch eine schlechte Beschaffenheit 
der Flüssigkeiten verursacht wurde. Im Arzneibuche der Angel¬ 
sachsen begegnet man vielen merkwürdigen Vorschriften, sich 
von diesen Würmern zu befreien. Zum Beispiele will ich das 
Folgende anführen: „Für Zahnwürmer nimm Eichelmehl und 
Bilsenkrantsamen und Wachs, von jedem gleich viel, knete 
zusammen, mache daraus eine Wachskerze, zünde sie an, lasse 
den Rauch in den Mund, lege ein schwarzes Tuch unter, dann 
werden die Würmer darauf fallen.“ 

Was immer für Bedeutung wir dieser alten Wurm-Theorie 
beilegen mögen, das Erste, was Einem bei diesem geschichtlichen 
Rückblicke auffällt, ist die Frage, ob nicht die Erforschung 
speciell unseres Gebietes, des Mundes, mit Recht beanspruchen 
kann, das Mittel gewesen zu sein, sogar vor Jahrhunderten das 


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Dämmerii einer bacteriologischen Wissenschaft vorweggenommen 
zu haben, denn in dem Bande der Transactionen der königlichen 
Gesellschaft vom Jahre 1684 erscheint ein vom 17. September 
1683 datirter Brief jenes grossen Pionniers der Mikroskopie, 
Anton Leuwenhoek von Delft. Derselbe ist überschrieben: 
„Mikroskopische Beobachtungen über Thiere im Schorfe der 
Zähne, die Substanz, genannt Nasenwörmer, und das Häutchen, 
bestehend aus Schuppen“. 

In diesem Briefe sagt er; „Obzwar meine Zähne ge¬ 
wöhnlich sehr rein gehalten werden, finde ich doch, wenn ich 
sie durch ein Vergrösserungsglas betrachte, dass zwischen ihnen 
eine feine weisse Substanz wächst, so dick wie angefeuchtetes 
Mehl. In dieser Substanz muthmasste ich, dürften, obzwar ich 
keinerlei Bewegung darin wahrnehmen konnte, wahrscheinlich 
lebende Wesen sein. Ich nahm deshalb etwas von diesem Mehle 
und mischte es entweder mit reinem Regenwasser, welches 
keine Thiere enthielt, oder mit etwas von meinem Speichel, in 
dem weder Thiere noch Luftblasen sich befanden, die darin 
eine Bewegung hervorrufen konnten; und dann beobachtete ich 
zu meiner grossen üeberraschung, dass die genannte Substanz 
sehr viele kleine Lebewesen enthielt, welche sich sehr seltsam 
bewegten. Die von der grössten Sorte waren nicht zahlreich, aber 
ihre Bewegung kräftig; sie schossen durch das Wasser oder den 
Speichel wie ein Matrose oder ein Hecht. Die zweite Art wirbelte 
umher, ungefähr wie ein Kreisel, und war an Zahl grösser als 
die erste. Bei der dritten Art konnte ich nicht gut die Gestalt 
unterscheiden, denn manchesmal schien sie ein Oval zu sein, 
und manchesmal ein Kreis. Diese waren ausserordentlich klein 
Und so flüchtig, dass ich sie mit nichts besser vergleichen 
konnte, als mit einem Schwarm Fliegen oder Mücken, die in 
einem engen Raume fliegen und durcheinander wirbeln. Ausser 
diesen Thieren fand ich eine grosse Zahl von Strichen oder 
Fäden, verschieden lang, aber gleich dick, durcheinander ver¬ 
worren, die einen gebogen, die anderen gerade gestreckt. Diese 
zeigten keine Bewegung oder Leben.“ 

Es kann nur wenig zweifelhaft sein, dass die letztge¬ 
nannten Striche die gemeinen Leptothrixßlden waren, und wahr- 


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scheinlich entdeckte Leuwenhoek auch, wie Dr. Miller 
vermuthet, das wohlbekannte „Spirillium sputigenum“, welches 
in grosser Anzahl zwischen den Zähnen nahe dem Zahnfleisch- 
rande gefunden wird und eine sehr lebhafte Bewegung aufweist. 
Es ist erstaunlich, dass dieser grosse Forscher mit seinen un¬ 
vollkommenen Instrumenten so sollte moderne wissenschaftliche 
Entdeckung vorgenommen haben. 

Ficin US beschreibt im Jahre 1846 Caries als einen theil- 
weisen Fäulungsprocess, durch die Anwesenheit von Infusorien 
hervorgerufen. 

Klencke stimmt mit Ficinus bezüglich der fauligen 
Form der Caries überein, beschreibt aber im Jahre 1850 noch 
eine andere Form, bei welcher ein Pflanzen-Parasit, den er 
Protococcns dentalis nennt, eine Rolle spielt. 

Der erste systematische Bericht aber über die Thätigkeit 
der Mikroorganismen bei Caries ist die von Leber und Rotten¬ 
stein im Jahre 1867 veröffentlichte wichtige Arbeit: „Reeher- 
ches sur la carie dentaire“. Dieser Beitrag ist umso bemerkens- 
werther, wenn man bedenkt, dass er zu einer Zeit erschien, als 
noch kaum eine der grossen Entdeckungen in der Bacteriologie 
gemacht war. 

Sie beschreiben die Caries als hervorgerufen zum Theil 
durch Wirkung von Säuren, zum Theil durch die Wucherung 
eines bestimmten Mikroorganismus innerhalb der Zahnbein- 
röhrchen, des Leptothrix buecalis, und behaupteten, dass das 
Wachsthum dieses Pilzes in der Substanz des Zahnbeines nicht 
stattfinden könne, ohne dass eine Entkalkung der Zahngewebe 
durch eine Säure vorangegangen wäre. 

Sie fanden, dass die Zahnbeincanälchen erweitert uüd 
von einer körnigen Masse durchsetzt waren, und da sie beob¬ 
achteten, dass diese körnige Masse bei der Behandlung mit 
Jod und Säuren sich violett färbte, so sahen sie sie als zu¬ 
sammengesetzt aus Elementen des Leptothrixpilzes an, welche 
in die Zahnbeincanälchen hineingewuchert sind. Sie erwogen, 
dass, obgleich die Anfangsstadien der Wirkung der Säuren zu- 
znsehreiben seien, die gefundenen Bilder doch nicht zur Genüge 
durch die Wirkung der Säuren allein zu erklären sind, Sondern 


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zum Theil von der Wucherung der genannten Pilze abhäugen, 
und schlossen, dass die im Munde zwischen den Zähnen und 
in den Fissuren des Schmelzes liegen gebliebenen Speisereste 
eine saure Gährung eingehen, als deren Product sieh wahr¬ 
scheinlich Milchsäure bildet. 

Professor Wedl erörtert in seiner ^Pathologie der Zähne“ 
(Wien 1870) die Ansichten von Leber und ßottenstein und 
glaubt, dass der von diesen Autoren beschriebene Pilz in keinem 
directen Zusammenhänge mit der Entwicklung von Caries stehe. 
Er glaubt, dass die Ausbreitung der Caries im Dentin durch 
die Säure veranlasst werde und nicht durch den Pilz. Er 
äussert sich wie folgt: Die wuchernden Pilzelemente dringen 
ohne Zweifel in die Zahnbeincanälchen ein und dehnen sie aus, 
aber nach meiner Beobachtung kann dies nicht eintreten, so¬ 
lange nicht die Entkalkung des Zahnbeines oder wenigstens 
das erste Stadium dieses Processes vollendet ist. Ich habe nie 
eine Pilzwucherung in dem noch harten cariösen Gewebe entdeckt.*) 

Er schliesst, dass die Caries hauptsächlich ihren Grund 
hat in der abnormen Secretion des Zahnfleisches sowie der 
übrigen Schleimhaut des Mundes und der Speicheldrüsen, und 
dass sie, von geeigneten Stellen an der Oberfläche des Zahnes 
ausgehend, in der Richtung gegen die Pulpahöle fortschreitet. 
In Folge der Zersetzung der Seerete werden Säuren gebildet, 
welche die Kalksalze aus den harten Geweben ausziehen und 
den Anlass geben zu einem Zerfall der betroffenen Partien 
dieser letzteren, ohne dass in ihnen eine Entzündungserschei¬ 
nung auftritt. Der Zerstörungsprocess wird wesentlich gefördert 
durch die Anhäufung von Speiseresten in den Secreten, wo¬ 
durch ein günstiger Boden für die Wucherung des Leptothrix 
buccalis in dem todten erweichten Dentin gegeben ist. 

Für einige Zeit nun begegnen wir keinen weiteren bedeu¬ 
tenden Untersuchungen in dieser Richtung. Die Existenz eines 
Mikroorganismus bei der Caries war dargethan und nach dem 
Aussehen, welches das eariöse Gewebe unter dem Mikroskope 
bot, nahm man an, dass dieser Mikroorganismus (immer Lepto- 


0 Aus dem englischeu Texte rückübersetzt. 


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thrix bueealis vorausgesetzt) an dem pathologischen Proeesse 
betheiligt sei, während Säuren, im Munde gebildet oder hinein- 
gelangt, durch Einleitung einer Entkalkung des Gewebes den 
Weg für sein Vordringen geebnet hätten. 

Auf diesem Punkte der Forschung wurde der Einfluss der 
Mikroorganismen auf die Entstehung der Caries, in England 
wenigstens, thatsächlich gering geachtet, trotz der Untersu¬ 
chungen von Leber und Rottenstein. Die damals füh¬ 
rende Ansicht war die rein chemische Theorie der Caries. 

Auf dem internationalen medicinischen Congresse zu 
London 1881 machten ünderwood und Milles eine Mitthei¬ 
lung über die Erforschung des Einflusses von Organismen auf 
die Zähne und die Alveolartheile der Kiefer, welche zusammen 
mit den darauf folgenden Untersuchungen von Prof. Miller 
bewirkten, dass der Einflnss von Mikroorganismen auf die Ent¬ 
stehung von Caries als Thatsache angenommen wird. Sie er¬ 
klärten, dass Caries absolut von der Anwesenheit und der Ent¬ 
wicklung von Organismen abbänge. Diese Organismen greifen 
zunächst die organische Substanz an, und indem sie auf diesem 
Nährboden sich entwickeln, erzeugen sie eine Säure, die die 
Kalksalze zum Schwinden bringt. Der ganze Unterschied 
zwischen Caries und einfacher Entkalkung durch Säuren ist 
bedingt durch die Anwesenheit und die Thätigkeit von Keimen. 
Sie demonstrirten die Existenz von Mikrocoeeen und Bacterien 
in den erweiterten Zahnbeincanälchen. Sodann brachten sie 
gesunde Zähne in septische und aseptische Flüssigkeiten in 
Flaschen und bewiesen, dass in einer aseptischen Flasche 
niemals Caries auftritt, während in einer septischen Flasche 
eine Veränderung, mehr minder deutlich ausgesprochen, sich 
einstellt, was auch Charles Tomes in der Diseussion über 
diesen Vortrag constatirte, indem er sagte: ,Bei den früheren 
Versuchen künstliche Caries darzustellen waren Keime nicht 
ausgeschlossen worden und hatten demgemäss ihre volle Wirk¬ 
samkeit ausgeübt, aber ünderwood und Mi 11 es zeigten, 
dass wenn diese augeschlossen wurden, Caries nicht auftrat* 
Er äusserte sich, es sei dies ein Beitrag zu unserer Kenntniss 
von der künstlichen Erzeugung der Caries, welcher von keinem 


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folgenden Forscher auf diesem Gebiete werde ausser Acht ge¬ 
lassen werden können. 

Es blieb noch übrig zu zeigen, welches die Säure ist, 
die durch die Microorganismen erzeugt wird, und auf welche 
Weise sie sich im Munde bildet. Der erste Platz in der Er¬ 
forschung dieser Frage gebührt Prof. Miller in Berlin, welcher, 
mit gediegenen chemischen Kenntnissen ausgestattet, eine Reihe 
von wichtigen Versuchen anstellte, die viel dazu beitrugen, 
diesen Theil der Frage anfzuklären und ihn auf durchaus wissen¬ 
schaftliche Basis zu stellen. Er fand, dass frischer Speichel, 
mit Zucker oder Stärkemehl gemischt, ohne Ausnahme in vier 
bis fünf Stunden saure Reaction zeigte, gleichgiltig ob der 
Versuch im Munde durchgeführt wurde, mit Hilfe eines kleinen 
Röhrchens, das an einem Zahne befestigt wurde, oder ausserhalb 
des Mundes, indem man das Gemenge bei Bluttemperatur hielt. 
Bei einer Temperatur von 100» wurde keine Säure gebildet. 
Wenn Stärkemehl allein einer viel höheren Temperatur aus¬ 
gesetzt wurde, bildete sich Säure, ein Beweis, dass das 
Ferment im Speichel und nicht in der Stärke sich befand. 
Durch andere Experimente wurde es bewiesen, dass nicht das 
Ptyalin des Speichels die saure Reaction hervorrief. 

Wurde eine sterilisirte Lösung von Stärkemehl in Speichel 
mit cariösem Dentin oder mit Speichel, der direct aus dem 
Munde genommen war, geimpft, so wurde saure Gährung ge¬ 
bildet, was darthut, dass im Munde und in cariösem Dentin 
ein organisirtes Ferment existirt, welches die Fähigkeit hat 
saure Reaction hervorzurufen. 

Durch Controlversuche wurde bewiesen, dass Röhren mit 
sterilisirter Nährflüssigkeit ohne Ausnahme sauer wurden, wenn 
man sie direct vom Munde impfte, während Röhren, die man 
nicht inficirte, neutral blieben. 

Weiters wurde, indem ähnliche Versuche unter Luft¬ 
abschluss augestellt wurden, dargethan, dass auf geeignetem 
Nährboden diese Wirkung auch in den tieferen der Luft nicht 
ausgesetzten Schichten des Dentins auftreten kann, mit anderen 
Worten, dass einige von den bei Caries gefundenen Organismen 
anaerobie sind. Andere Versuche hatten den Zweck zu zeigen, 

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dass durch den Gebrauch von starken Antisepticis im Munde, 
im Vereine mit einer sorgfältigen Reinigung mit der Bürste 
und dem Seidenfaden, der in Speichelproben erzeugte Säure¬ 
grad um ein Bedeutendes reducirt werden konnte. Alle an- 
gestellten Culturen zeigten unter dem Mikroscope Pilze, und 
zwar Mikroeoecen, Diplococcen, Bacterien oder Fadeuformen. 
Dr. Miller beschreibt alle diese Formen als manchesmal an 
einem einzigen Faden gefunden, was ihm den genetischen Zu¬ 
sammenhang der Formen wahrscheinlich macht. 

Er schloss sodann, dass dieser Pilz nur aus Kohlehydraten, 
insbesondere Zucker, im Stande sei, nennenswerthe Mengen von 
Säure zu erzeugen. Er folgert, dass dieses Ferment morpho¬ 
logisch dem Bacterium der Milchsäure (gährung) entspricht und 
findet, dass die grosse Mehrzahl der im Munde gefundenen 
Pilze die Fähigkeit besitzen, aus Rohr- oder Traubenzucker 
Säure zu entwickeln, ln fast allen untersuchten Fällen schien 
diese Säure Milchsäure zu sein. Eiu Glied in der Beweis¬ 
kette fehlte aber noch: kann Caries ausserhalb des Mundes 
künstlich erzeugt werden, wenn man die im Munde gefundenen 
Bedingungen möglichst genau naehahmt? Dr. Miller beant¬ 
wortet diese Frage im bejahenden Sinne und seine Methode 
künstliche Caries zu erzeugen ist mit seinen eigenen Worten die 
folgende: „Ein gesunder Bicuspis wurde in Schnitte gesagt, die 
zwischen ein Drittel bis einen Millimeter Dicke variirten, und 
eine gleiche Anzahl dieser Schnitte wurde in je eines von zwei 
Reagenzgläschen gelegt. In das eine dieser Gläschen wurden 
sodann fünf Cubikcentimeter einer vollkommen neutralisirten, zwei- 
procentigen wässerigen Lösung von Fleisch-Extract gebracht, in 
das andere dieselbe Lösung mit Zugabe von 0'2 Gramm Rohr¬ 
zucker. Beide Röhren mit ihrem Inhalte wurden dann sterilisirt 
und nach dem Erkalten mit einer Reineultur des erwähnten 
Pilzes versetzt Die Lösung in dem zweiten Gläschen wurde in 
wenigen Stunden sauer, nicht so die in dem ersten Gläschen, 
da sie nicht gähriingsfähig w'ar. Nach Ablauf einer Woche 
waren die dünneren Schnitte im zweiten Gläschen so weit 
erweicht, dass eines derselben, welches zur Prüfung heraus¬ 
geholt worden war, leicht zwischen den Fingern gebogen werden 


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konnte. Am Ende der zweiten Woche waren alle mit Ausnahme 
der dickesten Schnitte vollständig entkalkt. 

Eine mikroskopische Untersuchung zeigte, dass die Pilze 
in zahlreichen Canälchen zu einer beträchtlichen Tiefe ein¬ 
gedrungen waren, und die befallenen Röhrchen zugleich leicht 
ausgedehnt waren. Am Schlüsse der dritten Woche fand sich die 
Einwanderung viel weiter vorgeschritten, die Canälchen stark er¬ 
weitert, und an einigen Stellen waren die Wände durchgebrochen, 
was zur Bildung von ovalen Räumen oder Cavernen in dem 
Dentin führte. Kurz, wir hatten einen typischen Fall von Caries.“ 

Underwood und Mi lies beschrieben in einer an die 
Odontologische Gesellschaft im Jahre 1884 gerichteten Mit¬ 
theilung einige Versuche über die Erzeugung künstlicher Caries, 
bei welchen die erhaltenen Resultate mit den Dr. Millers 
nicht identisch waren. 

Bei ihrem ersten Versuche war Aepfel- und Buttersäiire 
in einer Flasche Fleisch - Bouillon und Speichel vorhanden. 
Fragmente von Dentin wurden dieser Flüssigkeit ausgesetzt, 
aber die hervorgerufene Veränderung war nur ganz oberflächlich, 
obgleich die Röhrchen erweitert waren und eine Substanz ent¬ 
hielten, die sich rasch färbte. 

Es wurde behauptet, dass bei diesem Versuche die den 
Mikroorganismen nöthige Nahrung fehlte, denn Eiweisssubstanzen, 
wie Fleisch, geben bei der Zersetzung im Munde keine Säuren. 
Jene brauchten Stärkemehl oder Zucker als Material, woraus 
Säure zu erzeugen. 

In ihrem zweiten Versuche, bei welchem sie in den Ma¬ 
terialien während einer längeren Zeit Fäulnisserscheinungen vor 
sich gehen Hessen, trat kaum irgend eine wahrnehmbare Ver¬ 
änderung ein. Dieses Resultat wurde seitdem dahin gedeutet, 
dass die Fäulniss alcalische Reaction erzeugt, die mit der sauren, 
die Mikroorganismen fördernden Reaction widerstreitet. Ein 
derartiges Beispiel von Widerstreiten der Fäulniss mitCaries sieht 
man in jenen Fällen, in welchen eine Wucherung von eiterndem 
Zahnfleische zum Theil eine grosse cariöse Cavität aus¬ 
gefüllt hat. Die Caries wird oft zum Stillstände gebracht und 
am Rande findet man alcalische Reaction. 

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la einem dritten Versuche, in welchem Bruchstücke von 
Dentin einem Gemenge von Speichel und Brod in einer Flasche 
ausgesetzt waren, wurde eine Veränderung im Dentin hervor- 
gerufen, aber Underwood und Milles betrachten diese Ver¬ 
änderung als eine sehr schwache Caries, wenn überhaupt als 
solche. 

Sie kamen zu dem Schlüsse, als dem Resultate dieser 
Versuche, dass der Proeess, um wirksam zu sein, in einem 
lebenden Munde vor sieh gehen müsse, wahrscheinlich weil hier 
der einzige Zustand gegeben ist, in welchem die speciellen 
Keime wirklich thätig sind. 

Die eben beschriebenen Untersuchungen ermächtigen uns, 
eine definitive Erklärung über das Verhältniss von Mikro¬ 
organismen zur Caries abzugeben. Es ist nun, wie es zuerst 
von Leber und Rottenstein constatirt und von Underwood 
und Milles, Dr. Miller und anderen Beobachtern bestätigt 
wurde, wohl begründet, dass in allen Fällen von Caries Mikro¬ 
organismen zugegen sind und ohne ihre Anwesenheit Caries 
niemals statthat. 

Die bei der Caries der Zähne auftretenden Erscheinungen 
können in zwei Stadien getrennt werden; das erste ist ein 
theilweiser Entkalkungsprocess, das zweite ein Zustand der 
Zersetzung und Lösung des Gewebes. Das erste Stadium der 
Caries besteht in einer Entkalkung der Zahnsubstanz durch 
Säuren, welche im Munde durch einen Gährungsprocess ge¬ 
bildet werden. Diese Gährung ist das Resultat der Einwirkung 
von Mikroorganismen auf den im Munde vorhandenen Zucker, 
der entweder als solcher genommen wurde, oder durch das 
Ptyalin des Speichels aus Stärkemehl sich nmgebildet hat. 
Eia längerer Contact der Mikroorganismen mit den Zähnen ist 
nothwendig für das erste Stadium der Caries durch Einlagerung 
von Speiseresten entweder zwischen den Zähnen oder in 
Fissuren und Vertiefungen ihrer Substanz. 

Im zweiten Stadium der Caries, nachdem diese Entkal¬ 
kung bereits vor sieh gegangen, wird es den Mikroorganismen 
möglich, in das erweichte Gewebe einzudringen; und indem sie 
auf dem in Lösung vorhandenen Zucker als Nährboden sich ent- 


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wiekelü, bilden sie frische Säure in demselben, speciell in denZahn- 
beineanälchen. Sie wuchern nun unhehindert in denselben, dehnen 
und erweitern sie, bis sie zusammenbrechen. Sie zerstören die 
Grundsubstanz und bewirken so vollständigen Zerfall des Gewebes. 

Nach Dr. Miller besitzen verschiedene Pilze des Mundes 
die Fähigkeit, Eiweisssubstanzen in die lösliche Form zu bringen, 
und er ist daher der Ansicht, dass das zweite Stadium der 
Caries ein Verdauungsprocess ist. Die Grundsubstanz des 
Zahnes wird durch ein dem Pepsin ähnliches Ferment aufgelöst, 
gerade so wie Eiweiss durch das Pepsin des Magensaftes. Der¬ 
selbe Beobachter fand niemals Fäulnisserreger in den tieferen 
Lagen von cariösem Dentin, und er hält Fäulniss überhaupt 
nicht bei der Caries für wesentlich. Die Gegenwart von 
Fäulnisserregern wurde wohl das zweite Stadium der Caries be¬ 
schleunigen, könnte aber das erste nur aufhalten. 

Die bei diesem Gährungsprocesse gebildete Säure scheint 
nach den oben beschriebenen Untersuchungen in den meisten 
Fällen Milchsäure zu sein. Die Fähigkeit, aus Kohlehydraten 
Milchsäure zu bilden, ist einer grossen Anzahl von Bacterien- 
arten eigen. Es ist genau bekannt, dass die Entwicklung der 
Bacterieu nachtheilig beeinflusst wird durch die bei Umwandlung 
der Gewebe gebildeten Produete. Milchsäure ist für die Milch- 
säuergährung schon bei einem Gehalte von 0*8% von Nach¬ 
theil. Bei Versuchen mit dem Milchsäure-Bacillus erwies es 
sich nothwendig, die Säure, wenn sie einmal in dieser Menge 
gebildet war, mit Kreide zu neutralisiren. 

Es ist offenbar, dass in cariösen Zähnen die freigeworde¬ 
nen Kalksalze mit der Säure milchsauren Kalk bilden, wo¬ 
durch der Ueberschuss an gebildeter Säure gebunden wird, 
so dass die Gährung, da die Mikroorganismen von dem störenden 
Einflüsse der Säure befreit sind, ungehindert vor sieh gehen kann. 

Bezüglich der mikroscopischen Befunde bei der Caries 
haben wir zu betrachten die Erscheinungen im Schmelze, im 
Cement und im Zahnbein. 

1. Im Schmelz. Das Email verliert seine Transparenz und 
die Prismen erscheinen von einander getrennt. Die Elemente des 
Pilzes sieht man nur in den Zwischenräumen, die durch die 


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Lockerung gebildet werden, da in der Substanz keine Canäle 
vorhanden sind, längs welcher sie Vordringen könnten. Die 
Structur des Gewebes ist eben eine derartige, dass sie die 
Wucherung von Mikroorganismen nicht zulässt. Gewöhnlich 
ist eine dunkle Verfärbung des Emails wahrzunehmen. 

Dr. Abott spricht in einer im Dental Cosmos im Jahre 
1879 veröffentlichten Arbeit, bei Beschreibung von entkalkten 
Partien des cariösen Emails, von den sich gut färbenden Massen 
der erweichten Substanz als von protoplasmatischen Gebilden 
und embryonalen Körperchen, welche die im Gewebe durch die 
Caries hervorgerufene Veränderung sichtbar gemacht hat. Er 
betrachtet dieses sowie ähnliche Erscheinungen im cariösen 
Dentin als ein Zeichen von hoher Vitalität in den Geweben. 
Andere Beobachter halten es für unregelmässige Massen von 
Keimen gemengt mit dem Detritus des zerfallenen Zahnes, welche, 
da sie nicht homogen sind, den Farbstoff an verschiedenen 
Stellen unglelchmässig aufnehmen und so fälschlich das Bild 
von Zellen hervorrnfen. (Miller.) 

2. Im Gement. Wenn die Caries sieh auf das Gement 
erstreckt, findet man die Organismen in den Lacunen und 
längs der Canälehen sich ausbreiten. Nach Dr. Miller’s 
Beobachtungen werden die Sharpey’sehen Fasern im Gement 
von Pilzen durchsetzt und erweitert, während das zwischen¬ 
liegende Gewebe der Einschmelzung verfällt. 

3. Im Zahnbein. Das Gefüge des Dentins ist für die 
Wucherung von Mikroorganismen besonders günstig und dem¬ 
gemäss können ihre Wirkungen am besten in diesem Gewebe 
verfolgt werden. 

Wenn man einen mit Fuchsin oder Gentianviolett ge¬ 
färbten Längsschnitt durch cariöses Dentin eines Zahnes, in 
welchem der Zerfall von einer Fissur in der Krone ausge¬ 
gangen ist, unter schwacher Vergrösseruug untersucht, so findet 
man sofort, dass die gefärbte Partie mehr weniger die Gestalt 
eines Kegels hat, dessen Basis durch den am stärksten gefärbten 
Theil gebildet wird, welcher dem zerfallenen Dentin vom Boden 
der Cavität entspricht, während die Spitze des Kegels gegen 
die Pulpahöhle des Zahnes gerichtet ist. 


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Bei Untersuchung mit stärkerer Vergrösserung sieht man, 
dass die Mikroorganismen, gewöhnlich Mikrococcen oder stab¬ 
förmige Bacterien, reichlich längs der Zahnbeinröhrchen Vor¬ 
dringen. In den mehr oberflächlichen Partien sind sie dicht 
aneinander gedrängt, während sie in den tieferen Schichten des 
Gewebes die Röhrchen weniger erfüllen und in manchen Fällen 
oft nur auf eine einzelne Linie beschränkt sind, und man sieht, 
dass die Basis des Kegels dadurch zu Stande kommt, dass die 
Mikroorganismen längs der feinen Ausläufer des Röhrchens sieh 
seitlich ausbreiten. An einzelnen Stellen erscheinen die Röhrchen 
zu unregelmässig kegelförmigen oder ovalen, mit Mikroorga¬ 
nismen erfüllten Räumen erweitert, und durch das Zusammen- 
fliessen solcher sieht man in vielen Fällen grosse Gavitäten 
sich bilden. Diese Gavitäten brechen in einander ein, und so 
wird das ganze Zahnbeingewebe allmälig zerstört. Oft sieht man 
Gruppen von Röhrchen, die mit Mikroorganismen erfüllt sind, 
in Partien des Dentins liegen, die augenscheinlich von der 
Infection frei sind, in anderen Fällen scheint das Grundgewebe 
verschwunden zu sein und das ganze Zahnbein in der unter¬ 
suchten Partie eine einzige Masse von Mikroorganismen zu 
bilden. 

Leptothrixfäden sind besonders an den Rändern der Prä¬ 
parate wahrnehmbar, wo ihr Eindringen in das entkalkte Ge¬ 
webe durch Bündel von Fäden bezeichnet ist, die bis zu einer 
gewissen Tiefe in das Dentin sich erstrecken. 

Man begegnet auch Proben, wo diese Fäden die Zahn¬ 
beinröhrchen zu einer bedeutenden Tiefe durchdringen, und 
manche dieser Präparate zeigen durchaus Leptothrix mit Aus¬ 
schluss anderer Formen. 

Mit den Leptothrixfäden gemengt sieht man oft schmale 
runde Punkte, welche leicht fälschlich für Mikrococcen gehalten 
werden könnten. Es sind Querschnitte dieser Gebilde, wovon 
man sich bei verschiedener Einstellung überzeugen kann. Coccen 
und kurz stäbchenförmige Bacterien sind jedoch die Formen von 
Mikroorganismen, die gemeiniglich in den tieferen Lagen des 
Dentins gefunden werden. In vielen Objecten findet man manche 
Röhren mit Mikrococcen und andere in ihrer Nachbarschaft mit 


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Bacillen erfüllt, und nach den Beobachtungen Dr. Miller’s 
sind einzelne Eöhrchen zu findeu, in welchen sowohl Mikro- 
coccen als auch stahförmige Bacterien zu sehen sind. Inter¬ 
globularräume, die so oft an Zähnen unter dem Schmelz ge¬ 
funden werden, spielen bei der Caries eine wichtige Rolle, 
indem sie die Porosität des Dentins vergrössern und zu einer 
rapiden Zerstörung desselben in seitlicher Richtung fuhren, und 
das ist der Grund der so gewöhnlichen ünterminirung des 
Emails in Fällen, wo die Caries auf der Zahnfläche beginnt. 
Dr. Miller beschreibt Pilze, die in diese Interglobularräume 
eindringen; aber in den vielen Präparaten, die ich untersucht 
habe und die diese Räume zeigten, sah ich diese niemals von 
gefärbten Mikroorganismen eingenommen, und die in den Röhr¬ 
chen enthaltenen schienen an Interglobularräuraen Halt zu 
machen. Es hat mithin nicht den Anschein, als ob sie inner¬ 
halb derselben wucherten. 

Manche Objecte zeigen eine merkwürdige quere Spaltung 
der Grundsubstanz rechtwinkelig zu den Canälcheu, wodurch 
ovale Räume geformt werden, die ein sehr charakteristisches 
Aussehen haben. Pound vom bacteriologischen Laboratorium am 
King’s College in London, der eine grosse Zahl von Schnitten aus 
cariösem Dentin untersucht hat, sagt, er habe diese ovalen 
Räume stets in Zähnen mit todter Pulpa gefunden und erkennt 
einen todten Zahn an dieser besonderen Erscheinung. Ich weiss 
nicht, wie weit diese Beobachtung von anderen Forschern be¬ 
stätigt worden ist. 

Nach Dr. Miller ist in cariösem Dentin immer eine Zone 
erweichten Gewebes der Begrenzungslinie der Mikroorganismen 
voraus, welche das gesunde Gewebe von dem kranken trennt. 
Diese Zone entspricht in ihrem Umrisse nicht dem inficirten 
Gebiete. 

ünderwood und Mi lies jedoch waren nicht im Stande 
irgend eine Erweichung in von Organismen nicht befallenem 
Gewebe zu entdecken. Jedes Gewebe, welches nur im geringsten 
Grade mit einer scharfen Spitze durchstossen wurde, liess unter 
dem Mikroscope diese Organismen erkennen. Sie impften ferner 
Nährgelatine mit Dentinstücken, welche von den äussersten 


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Grenzen der erweichten Partie genommen waren, und fanden, 
dass eine reichliche Entwicklung von Mikroorganismen statthatte. 
Sie kamen daher zu dem Schlüsse, dass, obgleich man von 
vorneherein erwarten sollte, eine erweichte Zone zu finden, da 
ja diese Organismen eine Säure hervorbringen, welche die Fähig¬ 
keit hat, Dentin zu erweichen, eine solche doch nur sehr schwer 
darzustellen ist, und, wenn überhaupt vorhanden, nur eine 
mikroscopische Ausdehnung haben könne. 

In seinem neuesten Werke erwähnt Miller als einen 
Beweis des Vorhandenseins dieser Zone die Thatsache, dass 
Längsschnitte durch cariöses Dentin, mit Fuchsin gefärbt, grosse 
ungefärbte Gewebspartien an den Rändern des Präparates zeigen. 
Diese Proben sind offenbar genügend erweicht, um sie zu 
schneiden, obgleich sie keine Keime enthalten. Die Pilze ver¬ 
breiten sich schneller in der Richtung der Röhrchen, als nach den 
Seiten hin, da sie nach dieser Richtung ihren Weg nur durch 
die schmalen queren Ausläufer der Canälchen nehmen können. 
Die entkalkenden Säuren aber können auch nach dieser Richtung 
mit Leichtigkeit das Gewebe durchsetzen. Derselbe Beobachter 
constatirt, dass die Pilze im Stande sind, in die Röhrchen des 
normalen Zahnes einzudringen. Da der Durchmesser eines 
Röhrchens grösser ist, als der eines Mikrococcus, so ist kein 
mechanisches Hinderniss für das Eindringen von Pilzen gegeben, 
und bei starker Vergrösserung sieht man mitunter eine kleine 
Zahl, gewissermassen eine Avantgarde, welche in das normale 
Zahngewebe eingedrungen ist, ohne daselbst irgendwelche Ver¬ 
änderungen hervorzurufen. In Milchzähnen, die sich resorbiren, 
sieht man oft, wie in die offenen Röhren Pilze auf eine kurze 
Strecke eindringen. 

Einer Erscheinung begegnet man oft auf Längsschnitten 
cariöser Zähne, deren Entstehung noch nicht mit einiger Be¬ 
stimmtheit bekannt ist. Man sieht kurze getrennte Stäbe liegen, 
einige zerstreut in allen Richtungen, andere noch innerhalb 
der Canälchen in verschiedenen Winkeln gegen einander ge¬ 
lagert, wie ein Haufe von Ziegeln, der im Begriffe ist umzusturzen. 

Es ist möglich, dass es Gerüste von Röhrchen sind, die 
besonders auf Zugabe von verdünnter Schwefelsäure verschwinden 


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(Miller); anderentheils können es Theile von consolidirten 
Fibrillen oder der Neumaun’sehen Scheide sein, welche in 
dieser Weise zerbrochen ist (Tomes). 

Auf Querschnitten erscheinen die Canälchen durehge- 
sehnitten, mit Mikroorganismen dicht gefüllt und im Durch¬ 
messer bedeutend erweitert, auf Kosten der Grundsubstanz. An 
zahlreichen Stellen verlaufen drei oder vier Canälchen zusammen, 
indem die Grundsubstanz und die Wände der Canälchen zer¬ 
stört sind. 

Einige Erscheinungen auf Querschnitten gibt es, die 
schwer zu erklären sind. 

Wenn mehrere dieser ausgedehnten Canälchen sieh ein¬ 
ander nähern, bilden sie prismatische oder winkelige Formen, 
da die Zwischensubstanz verschwunden ist, während die be¬ 
grenzende Wand unversehrt blieb. Es ist schwierig, für dieses 
Verschwinden der Grundsubstanz eine Erklärung zu geben, es 
wäre denn so, wie Miller annimmt, dass die Pilze eine pepsin¬ 
artige diffundirbare Substanz bilden, welche die Zwischensubstanz 
auflöst, während die Neunaann'sehe Scheide noch intaet ist. 

Querschnitte bieten ausserdem ein besonderes Aussehen, 
welches als Tabakpfeifenerseheinung beschrieben worden ist. 
Gerundete Massen einer scheinbaren homogenen Substanz, die 
eine tiefe Färbung annimmt, sieht man die weit ausgedehnten 
Röhrchen einnehmen und in manchen Präparaten bemerkt man 
Mikroorganismen von feiner fadenförmiger Gestalt, die zwischen 
denselben und um sie herum laufen und einen deutlichen Kreis 
von Gewebe übrig lassen, welches von den Fäden nicht durch¬ 
setzt ist. Diese letztere Erscheinung sieht man häufiger an den 
Rändern der Präparate, wo Leptothrixformen am zahlreichsten 
sind. Es scheint das eine Art secundären Eingriffes dieser Faden¬ 
formen auf das Grundgewebe zu sein. 

Was die bei der Caries in Betracht kommenden Mikro¬ 
organismen betrifft, so ist nach Leber und Rottenstein 
Leptothrix buccalis, welches in der Form von langen dünnen 
Fäden und durehfilzten Massen in grosser Menge im Munde 
gefunden wird, der wesentlichste Organismus, um den es sich hei 
der Garies handelt. Dieses wurde von späteren Beobachtern 


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bestritten, obgleich Dr Miller in einer im „Independent Prac- 
titioner“ erschienenen Arbeit von einem Pilze spricht, welcher das 
Aussehen bot, wie Mikrococcen, Diplococcen, Bacterien, Bacillen 
und Faden-Formen, und angibt, dass man alle diese Formen 
mitunter an einem einzigen Faden vereinigt findet, was, wie 
er meint, ihren genetischen Zusammenhang beweist. Doch gibt 
er zu, dass, obwohl man im Munde monomorphen und pleo¬ 
morphen Formen, ständigen und solchen, die verschiedene 
Uebergangsstadien sehen lassen, begegnet, die Mehrzahl der bei 
Garies gefundenen Mikrorganismen monomorph ist. 

Dr. Flügge sagt: „Es ist offenbar, dass die Bezeichnung 
Leptothrix nicht als genetische Benennung gebraucht werden 
kann, denn die verschiedensten Arten von Bacillen können diese 
fadenförmigen Gebilde hervorbringen, und die Fäden, welche 
man in den Mundsecreten und in dem Zahnbelag trifft, sind 
wahrscheinlich nichts anderes als Fadenformen von mannig¬ 
fachen wohlbekannten, oder noch unbekannten und weit ver¬ 
schiedenen Bacillen. Es ist zum Beispiel möglich, dass Bacillus 
butyricus gemeiniglich an der Bildung von Leptothrix buccalis 
im Munde theilnimmt; und es ist wahrscheinlich, dass viele 
andere Bacillen, namentlich anaerobie Formen dasselbe thun.“ 
Er fuhrt aus, dass Leptothrixfäden nicht zu einer Species zu 
gehören scheinen, da sie Verschiedenheiten in der Dicke, Bieg¬ 
samkeit u. s. w. zeigen, und dass jene Bacillen, welche aus dem 
Munde durch Anlegung von Culturen isolirt werden sind, nicht 
die Formen sind, die Leptothrix erzeugen. 

In jüngster Zeit kam Dr. Kreibohm (Centralblatt für 
Bacteriologie VII, 1890) sowohl vom Standpunkte der mikro- 
scopischen Prüfung als durch Culturen zu dem Schlüsse, dass 
Leptothrix. nur eine besondere Phase des Wachstums verschie¬ 
dener Schizomryceten darstelle. Er fand vier Formen mit der 
Fähigkeit Leptothrix zu entwickeln, wovon zwei Bacillen und 
zwei kurze Bacterien waren. 

Dr. Miller sagt in seinem letzten Werke: „Kurz, der 
Name Leptothrix buccalis ist nicht einem Pilze mit deutlichen 
Eigenschaften angemessen und verdient nicht behalten zu werden, 
da er nur der Ausfluss einer verwirrten und irrigen Anschauung ist.‘^ 


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Von 22 Arten von Pilzen, die Dr. Miller im Jahre 1885 
aus dem Munde isolirte, hatten zehn die Gestalt von Coccen 
(von verschiedener Grösse), fünf erschienen als kürzere, sechs 
als grössere Stäbchen; eine Art bildete Spirillen, eine andere 
wuchs zu langen Fäden aus. 

Von dreissig in einem folgenden Versuche cultivirten 
Arten waren 18 Coccen und 11 Stäbchen, eine bildete Fäden. 
In Flüssigkeiten wuchsen 3 zu langen verknüpften oder nicht 
verknüpften Fäden, eine bildete Spirillen; 8 waren beweglich, 
14 bewegungslos. Sporenbildung konnte er nur bei 3 wahr¬ 
nehmen, die anderen schienen sich durch quere Tbeilung zn 
vermehren. 

Sie zeigten ein sehr verschiedenes Verhalten zu Sauer¬ 
stoff, nur 10 wuchsen bei freiem Luftzutritt; 4 wuchsen 
besser, wenn sie der Luft ausgesetzt waren, konnten aber auch 
ohne sie gedeihen; 8 schienen sowohl mit als ohne Sauer¬ 
stoff sieh gut zu entwickeln, 8 erzeugten in Gelatine-Culturen, 
die einige Tage alt waren, Farbstoffe, und bildeten lehmgelbe 
Massen, so wie man sie gelegentlich an den Wangenfläehen von 
Zähnen sehen kann, welche nicht sehr rein gehalten werden. 

Der Farbstoff befand sich im Protoplasma oder der Zell¬ 
membran, das als Nährboden dienende Medium war nicht ge¬ 
färbt. Bei der in Caries anftretenden Pigmentation bleiben die 
Pilze farblos, während der Zahn selbst gefärbt ist. Diese Färbung 
ist nicht in allen Stadien von Caries sichtbar, sondern gewöhnlich 
nur, wenn sie weit vorgeschritten ist und dabei einen lang¬ 
samen Verlauf, gewissermassen chronischen Charakter zeigt. 
Organische Substanzen nehmen, wenn sie durch Mikroorganismen 
zersetzt werden, eine dunkle Färbung an, und Professor Miller 
entdeckte bei Versuchen, die er über diesen Gegenstand an¬ 
stellte, in den verfärbten Zähnen Eisen. Ob aber bei der Caries 
des Dentins und Schmelzes das Eisensalz in genug grosser 
Menge erzeugt wird, um aus dieser Quelle die Verfärbung ab¬ 
zuleiten, ist, wie er sagt, noch nicht mit Gewissheit fest¬ 
gestellt. 

Von den Pilzen, welche speciell durch die Bildung von 
Milchsäure im Munde eharakterisirt sind, hat Dr. Miller 


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durch Culturen 3 einzelo dargestellt. Er findet, dass die 
grosse Mehrzahl der im Munde des Menschen gefundenen Pilze 
die Fähigkeit besitzt, aus Rohr- oder Traubenzucker Säure zu 
bilden, und es ist wahrscheinlich, dass mit sehr wenigen Aus¬ 
nahmen, wenn die geeigneten Bedingungen ihnen geboten sind 
alle es vermögen. Er findet weiters, dass derselbe Pilz in einer 
Schichte saure, in einer anderen alkalische Reaction hervor- 
rufen kann und sagt: In solch einem Falle wickeln sich ohne 
Zweifel zwei verschiedene Processe ab, zuerst die Ernährung 
des Organismus, begleitet von dem Erscheinen alkalischer Pro- 
ducte, zweitens die Gährungstliätigkeit, mit sauren Ergebnissen 
als Begleiterscheinung. Er führt weiter aus, dass bei den ver¬ 
schiedenen Bedingungen, und den in so grosser Anzahl im 
menschlichen Munde vorhandenen Pilzen, die Reaction ge¬ 
legentlich neutral oder alkalisch sein mag, und dieses wurde 
ein zeitweiliges Hinderniss für das Fortschreiten der Oaries 
abgeben. 

Er ist der Ansicht, dass viele von diesen Pilzen peptoni- 
sirend wirken können, und dass eine Anzahl sowohl diese 
Fähigkeit besitzt als auch die, aus Kohlehydraten durch Gährung 
Säure zu erzeugen, und auf diese Weise im Stande sein mag, 
die Erscheinungen von Oaries im Munde hervorzurufen. 

Die Mikroorganismen verdanken ihre rapide Entwicklung 
den Secreten, Ablagerungen u, s. w. der Mundhöhle, und nicht 
eher, als das Gewebe des Zahnes eine gewisse Veränderung — 
erst Entkalkung, dann Peptonisirung — eingegangen ist, können 
sie es als Nahrung verwenden. Die Entkalkung ist hauptsächlich 
bedingt durch die Säure, welche aus der Einwirkung der Orga¬ 
nismen auf gewisse im menschlichen Munde befindlichen Kohle¬ 
hydrate entspringt, während die Peptonisation entweder durch 
die directe Thätigkeit des Protoplasmas der Organismen auf 
das erweichte Dentin, oder durch ein von ihnen erzeugtes 
Ferment bewerkstelligt wird. 

Beim Studium und der Trennung der verschiedenen Pilze 
des Mundes war das Material so gross und die Fehlerquellen 
so mannigfaltig, dass es, mit wenigen Ausnahmen, unmöglich 
war, sie zu classificiren oder ihre Lebensbediugungen festzu- 


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stellen. Eine ungeheure Arbeit ist in dieser Richtung noch 
zu leisten, und sie kann nur vollzogen werden von Forschern, 
welche sich der Mfthe unterziehen wollen, die Arten zu sepa- 
riren und die Lebensgeschiehte ihrer Individuen zu verfolgen. 

Unsere vollständigere Kenntniss der krankhaften Verände¬ 
rungen bei der Zahncaries wirft ein besseres Licht auf die Prä¬ 
disposition zur Krankheit und die Ursachen, die sie hervorrnfen. 
Da Zucker die Nahrung dieser Säure bildenden Mikroorga¬ 
nismen abgibt, so werden alle Nahrungsmittel, die Zucker oder 
Stärkemehl enthalten, welches im Munde in Zucker umgesetzt 
-wird, zur Vergrösserung der Neigung der Zähne zum Verfall 
beitragen. 

Einige Versuche, die Dr. Miller über diesen Gegenstand 
anstellte, ergaben das interessante Resultat, dass die im Munde 
aus gekochtem Stärkemehl sieh bildenden Säuren wenigstens 
ebenso verderblich für die Zähne sind, als die aus Zucker her¬ 
vorgehenden. Speichel, welcher Stärkemehl enthält, zeigt bei 
ßluttemperatnr saure Reaetion in ebenso kurzer Zeit, wie wenn 
er Zucker enthält, und in gleicher Menge. Er führt aus, dass 
Stärke und stärkemehlhaltige Substanzen verderblicher sind als 
Zucker, weil Zucker in Folge seiner leichten Löslichkeit bald 
ahfliesst und so unschädlich gemacht wird, während Stärke 
länger an den Zähnen kleben bleibt und so eine länger dauernde 
Wirkung ausübt als Zucker. Dieses wird durch Hesse’s Beob¬ 
achtungen über den Verfall der Zähne von Bäckern bekräftigt, 
obgleich Vegetabilien in rohem Zustande weniger gährungsfähig 
zu sein scheinen als in gekochtem, so dass das Kochen der 
Nahrung einen naehtheiligen Einfluss bei der Hervorrufung von 
Caries auszuüben scheint. Fleisch, wenn es im Munde sieh 
zersetzt, erzeugt nicht Säure, und die Beobachtungen meines 
Vaters und Anderer über die Rolle, die die Nahrung bei der 
Erzeugung von Caries spielt, ergeben, dass Racen, deren 
Nahrung fast ausschliesslich auf Fleisch sich beschränkt, einen 
sehr geringen Percentsatz an Verfall zeigen. Dr. Black’s 
Untersuchungen aber führen zu einem abweichenden Schlüsse. 
Er sagt (Artikel über Aetiologie der Caries, Americ. Syst, of 
Dentistry V, 1, p. 730). 


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nMenschen - Racen, welche zumeist saure Fruchte ge¬ 
gessen hatten, zeigten weniger Verfall der Zähne als jene, 
welche durch ihre Stellung und das Klima von dem Gebrauche 
solcher Nahrungsmittel ausgeschlossen worden sind. Im Allge¬ 
meinen haben jene Stämme, welche sich hauptsächlich bei Fleisch 
und Getreide erhielten, mehr von Caries gelitten, als jene, 
welche eine mehr ausschliesslich vegetabilische und aus Früchten 
bestehende Nahrung beibehielten.“ 

Vom Standpunkte der Gährungsbedingungen im Munde 
würde man gewiss erwarten, iin Allgemeinen bei Vegetarianern 
und Stärkemehl-Essern mehr Caries zu finden, als bei Fleisch- 
Essern; aber wie Dr. Black sagt, unsere Kenntniss ist zu gering, 
um eine längere Discussion über diesen Gegenstand zu rechtfertigen. 

Ein entzündlicher Zustand des Zahnfleisches, der zur Ent¬ 
stehung einer sauren Absonderug Veranlassung gibt, wird von 
einigen Autoren als eine Ursache der Caries angenommen. Dies 
wird jedoch von Dr. Miller bestritten, welcher ausführt, dass 
bei Pyorrhoea alveolaris, wo ein entzündlicher Zustand des Zahn¬ 
fleisches Monate hindurch vorhanden ist, Caries selten auftritt, 
und wo in Fällen mit bemerkenswerther Schwellung des Zahn¬ 
fleisches und Loslösung desselben vom Zahnhalse Caries sich 
entwickelt, sie leicht durch die Einlagerung von Speiseresten 
erklärt werden kann. 

Unter den prädisponirenden Ursachen der Caries nimmt 
mangelhafte Structur den ersten Platz ein; tiefe Fissuren und 
Höhlungen im Email, mangelhafte Bildung des Dentins, insbe¬ 
sondere Interglobularräume (indem sie die Porosität des Ge¬ 
webes steigern) und unregelmässige Stellung der Zähne, die 
zur Retention von Speiseresten führt. Dazu müssen gerechnet 
werden viele Krankheiten, die zu einer sauren Reaction im 
Munde Veranlassung geben. 

Man sagt auch, dass eine Prädisposition zur Zahnver- 
derbniss ererbt sei. Dr. Miller ist der Ansicht, dass dies nur 
insoweit möglich ist, als eine Ererbung von schlecht entwickelten 
oder unregelmässig gestellten Zähnen vorhanden sein kann. 

Die chirurgische Behandlung der Zahncaries, bestehend in 
der gründlichen Entfernung des erkrankten Gewebes, in der Be- 


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handluDg der Cavität mit einem Antisepticum und der Einfügung 
eines Materiales, welches durch seine Dichte und Anschmiegbar- 
keit an die Wände die Pilze durchaus ausschliessen soll, ist 
^ bei dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens das voll¬ 

ständigste Heilmittel für die Krankheit. Wir können jedoch 
kaum behaupten, dass selbst beim sorgfältigsten Vorgehen jeder 
i Keim entfernt wird,' aber diejenigen, welche unter einer dicht 

passenden Fällung bleiben, sind von der Nahrungszufuhr abge- 
sehnitten und an ihrem weiteren Waehsthum gehindert. 

Der Einverleibung von antiseptisehen Materialien in Füllungen 
wurde in jüngster Zeit einige Aufmerksamkeit geschenkt, und 
vielleicht dürfte noch mehr in dieser Richtung gethan werden. 
Was immer für Sorgfalt vom Operateur angewendet werden mag, 
so begegnet man doch hie und da jenen sehr unbefriedigenden 
Fällen, wo trotz der sorgfältigsten Behandlung der Verfall rapid 
fortschreitet und das Fällen nur eine zum Theil erfolgreiche 
Behandlungsweise zu sein scheint. Ohne Zweifel besteht in 
solchen Fällen gewöhnlich eine unverhältnissmässige Porosität 
der Zahngewebe. 

Was die prophylaetischen Massregeln anbelangt, so haben 
pilztödtende Mittel von einer solchen Concentration, dass sie 
ohne Schaden für den Gesammtorganismus im Munde ange¬ 
wendet werden können, keine grosse Wirkung, denn dieQährungs- 
thätigkeit der Mikroorganismen am Grunde von Höhlungen und 
Fissuren des Zahnes wird durch kein Mundwasser beeinflusst. 

Im Munde ist die Schwierigkeit, irgend eine durchaus 
autiseptische Behandlung einzuleiten, sehr gross. Wir können 
ein desinficirendes Mittel in einer Pulpahöhle einsehliessen mit 
viel Aussicht auf Erfolg, aber es ist unmöglich, eine länger 
anhaltende und vollständige Desinfection der Mundhöhle zu er¬ 
zielen, so wie es für die Vorbeugung von Caries nothwendig 
wäre. Die Bacteriologie, diese bedeutende Wissenschaft, welche 
in den letzten wenigen Jahren die Medicin umgestürzt hat, und 
noch jetzt kaum ihre Kindheit passirt hat, hat zu unserer Spe- 
eialität ein neues Interesse hinzugefügt. Sie gab uns ein viel kla¬ 
reres Verständniss für die eigentliche Pathologie der Krankheit, 
aber so werthvoll und wichtig die Beiträge zu unserem Wissen 


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iü unserem' Fache gewesen sein mögen, so kann doch kaum 
behauptet werden, dass unser Verständniss für die Rolle der 
Mikroorganismen bei Zahnkrankheiten ein vollständiges ist. 
Vieles muss noch zu entdecken bleiben, wo noch vieles 
unklar ist. 

Angemessene Forschung in einer Specialfrage wie diese 
können nur von Jenen vorgenommen werden, die sieh für die 
specielle Aufgabe durch gediegene praktische Uebung in den 
allgemeinen Lehren der Bacteriologie und Chemie ausgebildet 
haben. Während wir auf dem weiteren Gebiete der allgemeinen 
Pathologie eine kleine Schaar von Original-Forschern sehen, 
gibt es auf dem begrenzten Gebiete der Zahnpathologie nur 
wenige, welche in Folge ihrer Untersuchungen beanspruchen 
können, unter die Bacteriologen eingereiht zu werden. 

Es ist innerhalb der Macht der jüngeren Barufsgenossen 
gelegen, sich derart auszubilden und vorzubereiten, dass sie 
im Stande sind, ihren Theil beizusteuern zur Ansammlung wohl 
geordneter Thatsachen durch sorgfältig angestellte Versuche 
und Erörterungen; wie Prof Huxley sagt: 

„Was wir wissen, ist begrenzt, was wir nicht wissen, ist 
unbegrenzt; geistig stehen wir auf einer’ Insel in der Mitte 
eines unermesslichen Oceans von ünerklärbarkeit. Unsere Pflicht 
in jeder Generation ist es, etwas mehr Land zu gewinnen, 
etwas hinzuzuthun zum Umfange und der Festigkeit unseres 
Besitzes.“ 



Von Dr. WiTh. Sachs, Zahnarzt in Breslau. 

Jedes für das Ausfüllen einer cariösen Zahnhöhle in der 
heutigen zahnärztlichen Praxis gebräuchliche Material hat —r 
an geigneter Stelle verwendet — eine Reihe von Vor¬ 
zügen vor anderen Materialien. 

Die hauptsächlichsten Erfordernisse eines guten Füllungs¬ 
materials sind: 1. Adaptabilität. 2. Ausreichende Härte 
gegen die mechanischen Wirkungen des Kauactes. 

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3. Unzerstörbarkeit gegen die in der Mundhöhle vor¬ 
kommenden chemischen Einflüsse. 4. Eine der na¬ 
türlichen Zahnsubstanz möglichst ähnliche Farbe. 
5. Keine oder sehr geringe Wärmeleitungsfähigkeit. 
Gold, Zinn, Amalgam, Gemente und Guttapercha sind die Ma¬ 
terialien, unter denen wir unsere Wahl für das Ausfüllen ca- 
riöser Zahnhöhlen treflPen. 

Aus der Verschiedenartigkeit dieser Stoffe geht schon 
hervor, dass keiner derselben die gesammten Eigenschaften in sich 
vereinigt, weshalb auch keine für alle vorkommenden Fälle geeignet 
erscheint. Die noch heute im Publikum vielfach gehegte Ansicht, 
dass Gold unter allen Umständen das beste Material zum Füllen 
eines cariösen Zahnes sei, ist für den erfahrenen Zahnarzt ein 
längst überwundener Standpunkt. In jenen Fällen, welche für 
eine Goldfüllung geeignet sind, kann kein anderes Material mit 
derselben Aussicht auf Erfolg verwendet werden; doch ebenso 
wenig ist eine Goldfüllung im Stande, einen Zahn zu conser- 
viren, wenn die Beschaffenheit der zu füllenden Cavität ein 
anderes Material erfordert. 

Betrachten wir kurz die Vorzüge und Mängel unserer 
Füllungsmaterialien: 


Gold. 


Vorzüge: 

1. Adaptabilität. 

2. Härte gegen Mastications- 
thätigkeit. 

3. Widerstandsfähigkeit ge¬ 
gen chemische Einflüsse. 


M ängel: 

1. Die glänzende gelbe Farbe. 

2. Starke Wärmelei tu ngs-Fä- 
. higkeit. 

3. Besondere Schwierigkeit in 
der Bearbeitung. 


Zinn. 

Vorzüge: Mängel: 

1. Adaptabilität. 1. Die graue, bleiähnliche 

2. Sehr geringe Wärmelei- Farbe, 

tungsfähigkeit. 2. Beschränkte Widerstands¬ 

fähigkeit gegen chemische 
und mechanische Einflüsse. 


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Amalgam. 

Vorzüge: Mängel: 


1. Adaptabilität. 

2. Widerstandsfähigkeit ge¬ 
gen chemische Einwir¬ 
kungen. 

3. Leichte Verarbeitung. 


1. Veränderung des Volumens 
in der Cavität. 

2. Die durch Oxyd nach kur¬ 
zer Zeit entstandene Miss- 
färbuDg der Oberfläche; 
bei einzelnen Präparaten 
theilt sich die Missfärbung 
auch der Zahnsubstanz mit. 

3. Wärmeleitungsfähigkeit. 


Cemente. 


Vorzüge: 

1. Adaptabilität. 

2. Zabnähnliche Farbe. 

3. Keine Wärmeleitungs-Fä- 
higkeit. 

4. Leichte Verarbeitung. 


Mängel: 

1. Unzureichende Wider¬ 
standsfähigkeit gegen che¬ 
mische undunvollkommene 
Härte gegen mechanische 
Einflüsse. 


Guttapercha. 

Vorzüge: Mängel: 

1. Adaptabilität. 1. Sehr geringe Widerstands- 

2. Zahnähnliche Farbe. fähigkeit gegen die Masti- 

3. Widerstandsfähigkeit ge- cationsthätigkeit. 

gen chemische Einwir¬ 
kungen. 

4. Keine Wärmeleitungs-Fä- 
higkeit. 

5. Leichte Verarbeitung. 

Es erscheint mir ein lösbares Problem, die Substanz zu 
finden, welche als üniversalfüllungsmaterial frei von allen 
Mängeln wäre. So lange wir aber nicht im Besitze dieser idealen 
Füllung sind, muss unser Bestreben darauf gerichtet sein, die 
uns bekannten, durch langjährige Verwendung erprobten Ma¬ 
terialien derart zu verarbeiten, dass ihre Vorzüge möglichst 

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zur Geltung kommen, ihre Fehler dagegen soweit als thunlich 
begrenzt und abgeschwächt werden. Dieses erreichen wir in 
einem höheren Grade durch die Verwendung zweier oder 
mehrerer Füllungsmaterialien in einer Höhle, indem man die¬ 
selbe mit verschiedenen Materialien — entweder jedes einzelne 
für sich allein ausfüllt, oder indem man zwei verschieden¬ 
artige Materialien innig mit einander vermengt, wodurch eine 
völlig neue Substanz entsteht. 

Das erste Verfahren nenne ich; die einfache Combi- 
nation, das zweite: die innige Combination. Bei der 
einfachen Combination zweier Füllungsmaterialien verwendet 
man das eine als Unterlage oder zum Schutze der Höhlen¬ 
ränder, während das andere die äussere Fläche der Füllung, 
beziehungsweise die der Kauthätigkeit ausgesetzte Ebene bildet 
Derartige Verbindungen sind folgende: 

1. Noncohäsives und cohäsives Gold. 

2. Zinn und Gold. 

3. Cement und Gold, Zinngold oder Amalgam. 

4. Amalgam und Gold. 

5. Guttapercha und Amalgari. 

6. Guttapercha und Gement. 

1. Noncohäsives und cohäsives Gold. 

Die von einander wesentlich verschiedenen Eigenschaften 
der nöncohäsiven und cohäsiven Goldpräparate gestatten wohl, 
diese beiden Formen des Goldes als zwei besondere Füllungs¬ 
materialien zu bezeichnen. 

Während die erste, vollkommen weich, sich durch leichten 
Druck oder Rotation den Höhlenwänden anschmiegen lässt, er¬ 
fordert die zweite einen kräftigeren Druck, beziehungsweise 
Hammerschlag, um einen absolut genauen Anschluss zu erzielen. 

Das noncohäsive Gold entbehrt dagegen die werthvolle 
Eigenschaft des cohäsiven Goldes, welche durch uuzertrennliches 
Aneinanderhaften der einzelnen Blätter einen Contouraufbau über 
die Höhlenwände hinaus gestattet. 

Man nützt die Vorzüge beider dadurch aus, dass man dm 
Cavitätenwände und Ränder mit noncohäsivem Golde bedeckt 


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uud das cohäsive Gold — da dieses eine bedeutend härtere 
und gegen die mechanische Abnutzung weitaus widerstands¬ 
fähigere Fläche ergibt — zur Herstellung der Mastications- 
fläche oder der Oontour des Zahnes verwendet. (Fig. 1.) 

Die Verbindung beider Goldsorten wird eine sehr zuver¬ 
lässige, wenn man das erste Stäck des cohäsiven Goldes 
mittelst tief gezahnter scharfer Stopfer mit kräftigem Handdruck 
in die noncohäsive Goldlage hineinpresst. Die Füllung wird 
dann mit ausgeglQhtem Golde beendet. 

Man achte darauf, dass die die Cavitätenränder berüh¬ 
renden noneohäsiven Goldlagen etwas über die Höhlenwände 
hervorstehen. Dieser weiche nnd nachgiebige üeberschuss wird. 



a Noncohäsives Gold. 6 Cohäsives. 

bevor man der Feuchtigkeit den Zutritt gestattet, mit dem 
Polirstahl kräftig niedergedrückt. Auf diese Weise erhält man 
eine Goldfüllung, deren Ränder absolut dicht sind und deren 
Oberfläche hart und glatt ist. 

2. Zinn und Gol d. 

Ist eine Zahnhöhle, deren Wände noch stark sind, so tief, 
dass man aus Sparsamkeits-Rücksichten das Quantum des zu 
verarbeitenden Goldes auf ein geringeres Mass zu reduciren 
wünscht, so füllt man den unteren Theil der Höhle mit Zinn¬ 
folie und beendet die Füllung mit Gold, doch darf das Zinn 
nicht an der Oberfläche erscheinen, weil es den in der Mund- 


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höble rorkommenden chemischen und mechanischen Einflüssen 
nicht genügenden Widerstand bietet. (Fig, 2.) Es kann, nachdem 
zwei Drittel der Carität mit Zinn gefüllt ist, der Höhlenrand, wie 
unter suh 1. beschrieben mit noncohäsivem Golde bedeckt und das 
Centrum der Füllung aus cobäsivem Golde angefertigt werden. 
Dieses Verfahren hat ausserdem den Vorzug, dass das Zinn 
zufolge seiner geringeren Wärmeleitungsfahigkeit der Pnlpa 
einen besseren Schutz gegen thermische Einflüsse gewährt, als die 
reine Goldfüllung. Ausserdem kann eine derartige Füllung in 
bedeutend kürzerer Zeit hergestellt werden, ohne dass die con- 
servirenden Eigenschaften derselben im Geringsten beeinträchtigt 
werden. 


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Fig. 2. 

a Zinn. 6 Gold. 


3. Cement und Gold, Zinngold oder Araalgam. 

Besser noch als Zinn hat sich in den meisten Fällen die 
Cementunterlage für die Metallfüllung bewährt, dieselbe ist in 
folgenden Fällen indicirt: Wenn die Höhlenwände so sehr 
durch Caries geschwächt sind, dass durch den Druck, den die 
Einführung einer Gold- oder Zinngoldfüllung erfordert, leicht 
ein Theil des Zahnes abgesprengt werden kann, oder wenn die über 
einer gesunden Pulpa befindliche Dentindecke so dünn ist, dass 
sie durch das Einpressen einer Qoldfüllung eingedrückt werden 
könnte; endlich wenn man zum Schutze der Pulpa eine voll- 




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kommen nichtleitende Substanz zwischen der Metallfüllung und 
der Zahnbeindecke einfugen will. 

Zuweilen muss bei weit vorgeschrittener Caries eine 
bereits erweichte Zahnbeinschicht, um das Exponiren der Pulpa 
zu vermeiden, in der Cavität zurückgelassen werden. Die in dieser 
vorhandenen Fäuluisskeime werden durch Application leicht er¬ 
wärmter Oarbolsäure zerstört, welche man zwei bis drei Minuten 
auf die erweichte Dentinsehicht einwirken lässt. Dann füllt 
etwa man zwei Drittel der Höhle mit weichgemischtem, schnell 
erhärtendem Gement. Hierzu eignet sich die „Neue Mineral¬ 
plombe von Geo. Poulson“ ganz vorzüglich, da sie keinen 



Reiz auf die Pulpa ausübt, und selbst wenn sie in honig¬ 
ähnlicher Consistenz eingeführt wird, in zwei bis vier Minuten 
so weit erhärtet, dass man sofort eine Gold-, Zinngold- oder 
Amalgamfüllung auflegen kann. (Fig.3.) Von der erhärteten Cement- 
unterlage excavirt man soviel, dass die Metallfüllung genügenden 
Halt findet, auch können Haftstellen und Unterschnitte in dem 
Gement leicht angebracht werden. Man entferne sorgsam jede 
Spur des Gementes an den Schmelzränderu, weil es sich an der 
Oberfläche schnell auflöst und dadurch ein neuer Gariesherd 
entstehen wurde. 


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4. Amalgam und Gold. 

Ich habe häufig Gelegenheit gehabt, stark zerstörte Zähne 
durch die einfache Combination dieser beiden Metalle dauernd 
zu conserviren. Sie ist nur für das Ausfüllen der Mahlzähne, 
zuweilen noch der zweiten Bicuspidaten, wegen der durch das 
Kupferamalgam — denn dieses eignet sich in solchem Falle am 
besten — eintretenden unschönen Entfärbung zu empfehlen. 
Ist ein Mahlzahn an einer Seitenfläche mit Einschluss der Masti- 
cationsfläche so sehr zerstört, dass die Cavität bis unter den 
Zahnhals und über einen Theil der Kaufläche reicht, so würde 
eine Goldfüllung, besonders wenn die laterale (distale) Wand 



Fig. 4. 

a Kupfer-Amalgam, b Gold, Zinngold oder Gold-Amalgam, c Niveau des 

Zabnfleischrandes. 

fehlt und der Nachbarzahn noch vorhanden ist, ausserordentlich 
schwierig zu machen sein und es würde selbst bei gewissen¬ 
haftester und geschicktester Ausführung zweifelhaft sein, ob an 
dem cerviealen Rande der Eüllung die Wiederkehr der Oaries 
sicher verhütet sei. Bekanntlich ist eine Kupferamalgamföllung 
zuverlässiger in der Conservirung eines eariösen Zahnes als 
irgend ein anderes Amalgampräparat. Jedoch wirkt die durch 
Oxydirung entstehende Missfärbung der Oberfläche in vielen 
Fällen sehr störend. Man isolirt den zu füllenden Zahn und 
seinen Nachbar nach erfolgter Präparation der Höhle vermittelst 
Gummiplatte und füllt die Cavität unter Anwendung der Matrize 
mit Kupferamalgam. 


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Nach vollständiger Erhärtung desselben, wozu ein Zeitraum 
von zwei bis drei Tagen erforderlich ist, entfernt man einen 
Theil der Füllung an der Kaufläche, bringt in dem Amalgam 
die erforderlichen Unterschnitte an und füllt die zum Theil 
durch Amalgam, zum Theil durch Zahnsubstanz begrenzte 
Cavität mit Gold. (Fig. 4) 

Auf solche Weise vereinfacht man das Ausfüllen einer 
sehr complicirten Höhle wesentlich und erzielt zum mindesten 
denselben sicheren Erfolg, welchen man von einer tadellosen 
Goldfüllnng erwarten könnte. 

Der unter das Zahnfleisch reichende Höhlentheil ist mit 
einer Kupferamalgamfüllung versehen, während die dem freien 
Auge sichtbare Fläche eine Goldfüllung trägt, deren Herstellung 
keinerlei Schwierigkeiten bietet. 

Will man die Masticationsfiäche nicht mit Gold füllen, 
so kann man auch ein sich nicht oder nur wenig entfärbendes 
Goldamalgam verwenden, das in derselben Sitzung auf die 
Kupferamalgamnnterlage gebracht wird. Es ist von einigen 
amerikanischen Zahnärzten empfohlen worden, die untere Hälfte 
der Cavität mit einem sehr trocken gemischten Amalgam zu 
füllen und das Gold sofort auf die noch nicht erhärtete Amal¬ 
gamunterlage zu stopfen. 

Auf dem diesjährigen internationalen medicinischen Congresse 
in Berlin demonstrirte ein amerikanischer College diese Methode. 

Er behauptet, dass die ersten Goldlageu sich mit dem im 
Amalgam enthaltenen Quecksilber amalgamiren, wodurch nach 
Erhärtung des Amalgams eine unzertrennliche Verbindung beider 
Materialien entsteht. Zu den letzten Goldlagen dringt kein Queck¬ 
silber mehr hindurch, so dass sie nach dem Princip der cohäsiven 
Goldstopfmethode aneinandergeschweisst werden können. Dieses 
Verfahren ist zd neu, um schon jetzt seinen dauernden Werth 
benrtheilen zu können. 

5. Guttapercha und Amalgam. 

Guttapercha verhindert das Fortschreiten der Caries weit 
sicherer als irgend ein anderes Füllungsmaterial (vielleicht 
Zinogold ausgenommen), wenn man nicht im Stande ist, den 


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Zutritt der Feuchtigkeit während des Füllens zu verhüten. 
Dieser Vorzug der Guttapercha macht es sehr schätzenswerth 
für jenen Theil seitlicher Höhlen, welcher bis unter das Niveau 
des Zahnfleisehrandes reicht, während an den Stellen der Höhle, 
welche der Kauthätigkeit dienen, ein härteres, widerstands¬ 
fähigeres Material zur Verwendung gelangen muss. Will man 
einen Mahlzabn, dessen Mastications- und seitliche Fläche bis 
unter den Zahnhals zerstört ist, so dass man trotz Gummiplatte 
den Zufluss des Speichels nicht wehren kann, mit ämalgam 
füllen, so bedeckt man den cervicalen Hand der Carität mit 





Fig. 5. 

a Guttapercha, h Amalgam, c Niveau des Zahnfleisehrandes. 

einer Guttaperchalage und streicht sie mit den Rändern der 
Höhle glatt. (Fig. 5.) Alsdann ist man im Stande, die Gummi¬ 
platte so zu flxiren, dass der Speichel ferngehalten wird, und 
füllt, nachdem die Höhle gut getrocknet ist, mit Amalgam. 

6. Guttapercha und Cemen*. 

Für die seitlichen und vorderen Zähne, besonders wenn 
die Oaries soweit vorgeschritten, dass die Höhlenwände dünn 
und zerbrechlich geworden, mithin für eine Goldfüllung nicht 
mehr geeignet sind, verwenden wir trotz ihrer beschränkten 
Haltbarkeit Cementfüllungen, welche der mechanischen Ab¬ 
nutzung wenn auch nicht dauernden, so doch unter normalen 


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Verhältnissen einen mehrjährigen Widerstand bieten. Weit 
geringer ist ihre Resistenz den im Munde vorkommenden 
chemischen Processen gegenüber. Daher erklärt es sich, das 
Cementfullungen in den Seitenflächen gedrängt stehender Zähne in 
kürzerer Zeit gelöst werden als an den freiliegenden Flächen 
der Zähne. In den Zwischenräumen der Zähne entwickeln sich 
aus zurückgebliebenen Speiseresten Säuren, welche die Cement- 
füllung schnell zerstören, besonders ist dies der Fall in der 
Nähe des Zahufleischrandes. Es ist eine bekannte Erscheinung, 
dass Cementfullungen zum Beispiel in den seitlichen Flächen 



a Guttapercha, h Gement, c Niveau des Zahnfleischrandes. 

nebeneinander stehender Backen- und Mahlzähne nach der Masti- 
cationsfläche zu viel länger intact bleiben, als am cervicaleu 
Rande, wo die Säurebildung bald eine grubenförmige Vertiefung 
in dem Gemente erzeugt, welche einen willkommenen Schlupf¬ 
winkel für Speisetheile bildet. Es entsteht in Folge dessen ober¬ 
halb der Füllung neue Caries, welche unbemerkt bis zur 
Pulpa vordringt und vom Patienten erst wahrgenommen wird, 
wenn diese, durch äussere Reize entzündet, Schmerz verursacht. 

Man sollte daher niemals die approximalen Cavitäten mit 
Gement füllen, ohne den cervicaleu Rand der Höhle mit einer 
Guttaperchalage zu bedecken. 


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Gattapercba besitzt alle Eigenscbaften eines guten 
Füllangsmateriales mit Ausnahme der Widerstandsfähigkeit 
gegen mechanische Keibung. Die Guttaperchalage ist am cervicalen 
Rande der Cavität, nachdem der restliche Höhlentheil mit 
Gement ausgefüllt ist, der Masticationsreihung gar nicht ausge- 
setzt, so dass ihre conserrirenden Eigenschaften in keiner Weise 
beeinträchtigt werden. (Fig. 6.) Es erscheint mir unerklärlich, 
weshalb dieses Verfahren, trotzdem es sich dem erfahrenen 
Praktiker geradezu aufdrängt, so wenig geübt wird. Es erhöht 
auf Grund meiner langjährigen Beobachtungen in den meisten 
Fällen die Haltbarkeit einer Cementfüllung um das Dreifache. 

Die innige Combination zweier Füllungsmaterialien 
ist bisher nur in der Verbindung von 

1. Zinn und Gold (Zinngold) und 

2. Amalgam und Gement (Gement-Amalgam) 
zur Verwendung gekommen. 

Bezüglich der Zinngoldfüllungen verweise ich auf die aus¬ 
führliche Arbeit von Miller über diesen Gegenstand') und auf 
meinen Vortrag „lieber Zinngoid-Füllungen“.*) Ich erwähne hier 
nur kurz den Hauptwerth einer Zinngoldffillung. Derselbe liegt: 

1. ln der ausserordentlich leichten und schnellen 
Ausführung. 

2. In dem vorzüglichen Anschluss an die Cavi- 
tätenränder. 

3. In ihrer Verwendung in solchen Höhlen, welche 
während des Füllens nicht vollkommen trocken 
gehalten werden können. 

4. In der Widerstandsfähigkeit gegen die Ab¬ 
nützung und gegen die Einwirkungen der Mund¬ 
flüssigkeiten. 


<) Deutsche Zahnheilkunde in Vorträgen, herausgegeben von Adolph 
Witzei. Heft 2 und 3. „Ueber die Combination von Zinn und Gold als 
Füllungsmaterial für Zähne“ von Professor Dr. W. D. Miller. Hagen L W. 
1887. Druck und Verlag von Hermann Bisei & Comp. 

2) Vortrag gehalten in der 27. Jahres-Versammlung des Centralvereins 
deutscher Zahnärzte in München 1888 — Deutsche Monatsschrift für Zahn- 
heilkunde 1888, VI. Jahrgang, 9. Heft. 


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~ 279 

5. in der geringen Leitungsfähigkeit; 

6. in der Eigenschaft, das Wiederauftreten der 
Caries an den cervicalen Rändern der approximalen 
Cavitäten der Bicuspidaten und Molarzähne zu ver¬ 
hüten. 

Man legt ein Blatt Gold auf ein Blatt Zinn, rollt oder 
faltet sie zusammen und fuhrt sie wie noncohäsives Gold in 
die Cavität ein. Innerhalb einiger Wochen oder Monate gehen 
die beiden Metalle in der Höhle eine so innige Verbindung 
ein, dass man die einzelnen Gold- und Zinnlagen nicht mehr 
von einander unterscheiden kann. Die Füllung wird allmälig 
dunkel und nimmt eine dem härtesten Amalgam ähnliche Con- 
sistenz an. Sie bildet alsdann eine von ihren ursprünglichen 
Bestandtheilen im Aussehen und Wirkung durchaus ver¬ 
schiedene Substanz. 

Ich halte es für überflüssig, an dieser Stelle nochmals 
die genaueren Details über Zinngold zu besprechen, das Mil- 
ler’sche Werk sowohl als mein oben erwähnter Vortrag geben 
eine erschöpfende Beschreibung der Verarbeitungsmethoden, 
der Indicationen für Zinngoldfüllungen etc. Wer sich für 
dieses Füllungsmaterial, dessen conservirende Eigenschaft 
in den geeigneten Fällen bisher unübertroffen ist, interessirt, 
kann aus diesen Schriften die gewünschte Belehrung gewinnen. 
Die Anwendung von Zinngold hat bis jetzt nicht die allgemeine 
Verbreitung gefunden, welche es in hohem Masse verdient. Es 
genügt freilich nicht ein oder zwei Versuche mit dieser Metall¬ 
verbindung anzustellen um dann ein ürtheil fällen zu wollen. 
Man muss es häufig verarbeiten, seine Eigenthümlichkeiten genau 
kennen und die Füllungen längere Zeit neben reinen Goldfül¬ 
lungen beobachten. Dann wird man gewiss ebenso von seinen 
hervorragenden Eigenschaften überzeugt sein, wie Miller, 
Scheff, Jenkins, Young, Paetsch, Schreiter, Holländer 
und Andere. 

2. Cement und Amalgam. 

Erst seit einigen Jahren ist die innige Combination von 
Cement und Amalgam zum Füllen sehr cariöser Zähne benützt 
worden. Soweit meine Erfahrung reicht, kann ich auf Grund 


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280 


einer drei- bis vierjährigen Anwendung und einer 
Reihe von genau beobachteten Fällen diese Mischung 
warm empfehlen, da sie einerseits ausserordentlich leicht zn 
verarbeiten ist, anderseits die Vorzüge jedes der beiden Ma¬ 
terialien zur Geltung gelangen lässt, während ihre bekannten 
Naehtheile beinahe vollständig aufgehoben werden. Mau kann 
jedes gute Gement und jedes erprobte Amalgam dazu ver¬ 
wenden. Ob irgend ein Präparat besondere Vorzüge für diese 
Verbindung besitzt, ist nur durch jahrelange Experimente und 
Beobachtungen zu constatiren. Ich hoffe, dass vorliegende 
Ausführungen manchen Collegen veranlassen werden, die Com- 
biuation praktisch zu versuchen und die einzelnen Fälle za 
notiren und genau zu beobachten, damit wir vollkommenere 
Kentniss über dieses neue Material erlangen, das sich in meinen 
Händen bis jetzt glänzend bewährt hat. 

Die Verarbeitung geschieht auf folgende Weise: Nachdem 
man die Höhle excavirt und die Schmelzränder gut geglättet 
hat, isolirt man den zu füllenden Zahn und, falls erforderlich, 
auch die Nachbarzähne zwecks sorgfältiger Trockenhaltung der 
Höhle unter Gummiplatte. Man bringt einen Tropfen der zu 
der Cementfüllung gehörigen Flüssigkeit auf eine Glasplatte 
und legt ein entsprechendes Quantum Cementpulver daneben. 
Alsdann mischt man Amalgam-Feilspäne mit Quecksilber, wie 
eine gewöhnliche Amalgamfüllung, doch muss diese möglichst 
trocken sein; ein Ueberschuss von Quecksilber würde das Er¬ 
härten der Füllung wesentlich verzögern; das präparirte Amalgam 
legt man nun in die Cementflüssigkeit, fügt zugleich das Ce¬ 
mentpulver hinzu und knetet mit einer breiten, starken, nicht 
federnden Spatel alle drei Bestandtheile recht kräftig ineinander, 
bis man eine innige, gleichmässige Mischung derselben erzielt 
hat. Zwischen den Fingern drückt und formt man zum Schluss 
die ganze Masse zu einer Kugel, welche schnell, bevor sie er¬ 
härtet, in die Oavität gebracht und mit geeigneten kugel- und 
knopfförmigen Instrumenten au die Höhleuwände angepresst wird. 
Die Füllung erhärtet etwas langsamer als eine reine Cement¬ 
füllung, doch nach 10 bis 15 Minuten ist sie genügend erstarrt, 
um den über die Ränder hinausragendeu Ueberschuss mit Messer, 


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281 


Papierscheiben, Stahlfinirer oder Corundumrad abtragen zu 
können. Die vollständige Erhärtung der Masse tritt erst nach 
mehreren Stunden ein und empfiehlt es sich, am folgenden Tage 
das Glätten, Schleifen und Poliren der Füllung vorzunehmen. 
Eine hohe Glanzpolitnr wie Amalgam nimmt die Oberfläche 
nicht an, doch muss man sie ebenso sorgfältig finiren wie diese. 
Die Vorzüge dieser Cementamalgamfullung sind folgende: 
Sie verarbeitet sich so leicht und schnell, wie die 
einfache Cementfüllung, sie haftet wie diese fest an 
den Wandungen der Cavität, erfordert mithin nur 
sehr geringe Unterschnitte. Das Material besitzt 
keine Wärmeleitungsfähigkeit; es gestattet einen 
grösseren Contouraufbau; es erhärtet so schnell, dass 
der gefüllte Zahn schon nach einer Stunde zum Kauen 
benützt werden kann; es nimmt eine amalgamähn¬ 
liche Härte an, so dass es von der mechanischen Wir¬ 
kung der Masticationsthätigkeit fast völlig unbe¬ 
rührt bleibt, ebenso hat es sieh gegen chemische 
Einflüsse bis jetzt weit besser als die einfache Ce¬ 
mentfüllung bewährt; es verändert sein Volumen in 
der Zahncavität durch Contraction oder Expansion, 
wie es der reinen Amalgamfüllung eigenthümlich ist, 
gar nicht; es entsteht keine Missfärbung der Ober¬ 
fläche, doch sollte man das Cementamalgam nur für 
Seiten- und Backzähne anwenden, weil seine graue 
Farbe durch dünne Zahn wände hindurch schimmert und 
dem Zahne ein dunkleres Aussehen verleiht. Aus 
diesem Grunde empfehle ich ein ganz weissfarbiges 
Cementpulver für die Mischung zu benützen, damit 
die Schattirung derselben, welche sich aber nicht 
wie bei Amalgamfüllungen der Zahnsubstanz mit¬ 
theilt, sondern nur durch die Transparenz der Zahn¬ 
wände äusserlich wahrgenommen wird, möglichst 
hell wird. Die Oberfläche einer Cementamalgam- 
füllung hat nach Jahren noch das Aussehen einer 
frisch gelegten Amalgamfüllung. 


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282 


Wie soll ra it ScUalas omtisiroD? *) 

Von Dr. H. Th. Hillischer, Zahnarzt in Wien. 

Zu guter Stunde legte ich bei der 59. Naturforscher- 
Versammlung zu Berlin im Jahre 1886 meine Versuche und 
Erfolge mit dem Lustgassauerstoffgemenge dem Kreise lieber 
Collegen vor; das Interesse für den Gegenstand war so 
lebhaft, dass die erste zahnärztliche Section, die im Rahmen 
der Naturforscher-Versammlungen wirkte, bereitwilligst die 
Pathenschaft übernahm, als ich vorschlug, das Gasgemenge 
auf den kurzen bezeichnenden Namen „Schlafgas“ zu taufen. 
Das Kind, das nun einen Namen hatte, entwickelte sich bald 
zu einem gewichtigen Factor in der Narcosenpraxis. Die 
engeren Collegen, die Zahnärzte, sowie die Chirurgen und 
insbesondere die Geburtshelfer verwenden immer häufiger 
Schlafgas, obwohl in jüngster Zeit dem souveränen Chloro¬ 
form noch eine Reihe anderer, mehr weniger wirksamer, local 
und allgemein anästhesirender Concurrenten in’s Feld geführt 
wurden. Dass für Schlafgas in der Hand des geübten Nar- 
cotiseurs, soweit heute die Erfahrung reicht, eigentlich keine 
Contraindication besteht, sichert dem Gasgemenge auch eine 
weitere, vielleicht grossarlige Verbreitung, trotzdem, dass die 
Darreichung desselben complicirtere Apparate und grössere 
Hebung von Seite des Narcotiseurs fordert als irgend ein 
anderes Anästheticum. Der Zweck meiner heutigen Worte, 
mit denen ich meine früheren Vorträge über dieses mein 
Lieblingsthema vervollständigen möchte, besteht nun darin, 
die Collegen darauf aufmerksam zu machen, worin die 
Schwierigkeiten der Darreichung des Schlafgases bestehen, 
respective unter Vorführung meiner neuesten hiefür con- 


1) Dieser Aufsatz war als Vortrag für die zahnärztliche Section des 
X. internationalen Congresses zu Berlin bestimmt. 


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283 


struirten Apparate bis in's Kleinste zu zeigen: wie man mit 
Schlafgas narcotisirt. 

Bevor ich diese Apparate durch Wort und Bild schildere, 
recapitulire ich nur kurz, dass mit dem Schlafgas nur dann 
in jedem Falle eine verlässliche Narcose zu erzielen ist, wenn 
man das Mischverhältniss von Lustgas und Sauerstoff während 
des Einathmens in jedem Momente beliebig verändern, das 
heisst, dem individuellen Bedürfniss des eben zu Narcotisirenden 
anpassen kann, während mit einem vorher gemengten, also 
während des Athmens nicht veränderbaren Gasgemenge nur 
einzelne Narcosen gelingen, ein grosser Theil, ja die Mehr¬ 
zahl solcher Narcosen hingegen weder den Arzt noch deri 
Patienten befriedigt. 

Leider wird dies nicht genug beherzigt; viele Collegen 
glauben auch ohne Mischapparat auszukommen oder ver¬ 
suchen mit primitiven Einrichtungen, die nur ein ruckweises, 
daher nicht berechenbares Mischen gestatten, auszukommen, 
hei deren Verwendung sie selbstverständlich nach einigen 
Athemzügen nicht mehr wissen, welches Gasgemenge sie dem 
Patienten verabreichen; Sparapparate, die schon für Lustgas 
allein verwerflich sind, erscheinen bei Verwendung eines Gas¬ 
gemenges einfach widersinnig; dass jene Praktiker, welche 
glauben, dem Zeitgeiste huldigen zu müssen, indem sie auf 
ilire Firmatafel das Wort Schlafgas schreiben, aber keinen 
Liter Sauerstoff im Hause haben, den Stand noch mehr als 
die Sache schädigen, will ich hier nur kurz berühren. 

Obwohl meine früheren Apparate die für die gemischte 
Narcose gestellte Aufgabe aufs Präciseste erfüllten, was schon 
Prof. Busch in liebenswürdigster Weise auf der 1886er Natur¬ 
forscher-Versammlung coiistatirte, gab ich mir doch noch 
Mühe, die Vorrichtungen noch handlicher und compendiöser 
zu gestalten, um zur vielseitigen Verwendung derselben anzu¬ 
regen. 

Die Mischung der beiden Gase findet bei diesem neuen 
Apparat ganz nahe beim Munde statt. 

Das vordere Ende des Narcosenapparates Fig 1, dessen 
Mundstück vom Patienten mit den Lippen und Zähnen gefasst 

4 


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284 


wird, hat ausser den Ex- und Inspirationsventilen V und F„ 
eine graduirte Scheibe T, längs welcher durch Fingerdruck 
am Bügel H der Zeiger Z so verschoben wird, dass durch 
die mit ihm fix verbundene, im Innern ensprechend ausge¬ 
schnittene Schieberplatte S das Lumen der zwei Hälften des 



gemeinsamen Zuflussrohres abwechselnd erweitert und verengt 
whd. In der oberen Hälfte des Rohres fliesst, wie die 
Zeichnung des abgeschnittenen Rohres zeigt, in der un¬ 
teren 0. Die Schieberplatte und ihr Zeiger sind so gestellt, 
dass stets hundert Einheiten durchfliessen, davon aber nur 



Fig. 2. 


soviel Sauerstofipercente, als der Zeiger am Gradbogen angibt. 
Das Mundstück Fig. 2, von dem man für jeden Patienten ein 
frisch desinficirtes Exemplar aufschraubt, kann des kleinen 
Bügels & wegen von der Zunge höchstens zur Hälfte ver¬ 
schlossen werden. Statt des Mundstückes kann auch jede 
beliebige Gesichtsmaske, die mit einem entsprechenden Ge¬ 
winde versehen ist, angebracht werden. 


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285 


Das Zuflussrohr, ein durch einvulcanisirte Drahtspiralen 
nicht zusammendrückbares, 120 Centimeter langes Doppelrohr 
aus Gummi, hat an seinem unteren Ende eine Metallplatte, 
welche durch zwei Schrauben dort gasdicht befestigt wird, wo die 
zwei Gasquellen Zuströmen, wozu jede bestehende Installation 
für gemischte Narcose leicht entsprechend adaptirt werden kann. 

In Fig. 3 ist das in den Mischapparat M endigende 
Doppelrohr K mit seiner Anschi'aubplatte A an der Vorder¬ 



wand eines auseinandergeschobenen Koffers angebracht, 
welchen ich für die Verwendung der Schlafgasnarcose ausser 
Haus construirt habe. Obwohl ich bei dieser Construction 
hauptsächlich die Bedürfnisse des Geburtshelfers im Auge 
hatte, wird doch auch mancher specielle Fachcollege, dessen 
grössere Praxis ihn auch manchmal ausser Haus ruft, sich mit 
diesen Einrichtungen bald befreunden. 

Von rückwärts gesehen Fig. 4, erscheint dieser impro- 
visirte Kasten durch die verschiebbare, in Nuten laufende Mittel- 

•k* 


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286 


platte e in zwei Hälften getheilt, in deren unterer die Ringe r 
eine Flasche mit comprimirtem Sauerstoff halten, während in 
den Ringen der oberen Hälfte eine Lustgasflasche befestigt 
ist. Ein Gummisack von 50 X 25 X 25 Gentimeter Dimension, 
circa 32 Liter Gas enthaltend, hat in der vordem untern 
Kante einen grösseren Hahn, welcher bei H, mit dem Abfluss¬ 
rohr für Lustgas, mit einem kleineren, aus der rückwärtigen 



rechten unteren Ecke kommenden Hahn bei ß, mit der Lust¬ 
gasflasche Ft gasdicht verbunden wird, ln gleicher Weise 
wird ein kleiner Sack 25X25X25 Gentimeter gross für 16 Liter 
Inhalt bei Hs mit dem Sauerstoffausflussrohr und bei ßt mit 
der Sauerstoffflasche Ft verbunden. Beide Säcke sind, um 
die Deutlichkeit der Zeichnung nicht zu opfern, im Bilde weg¬ 
gelassen. In der unteren Hälfte des Koffers ist auch noch 
ein Kästchen Ks untergebracht, in welchem der Athmungs- 
schlauch, Mundstück, Marke und alle übrigen Nebenapparate 


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287 


Platz finden. Soll der Kofifer ausser Haus mitgenommen 
werden, so werden die zwei Gasflaschen aus den Ringen ge¬ 
nommen und sammt den zwei Gummisäcken an der Bodenplatte 
des Koffers festgemacht. Die Mittelplatte e wird herausge¬ 
zogen und umgekehrt mit den Ringen nach abwärts wieder 
in die Nuten geschoben, die Seitentheile & nach Lüftung der 
kleineren seitlichen Haken über a geschoben, so dass nun¬ 
mehr die obere Hälfte der Vorderwand d die oberste Seite, 
hingegen die Deckelplatte c, welche mit ihren Hacken ins 
Schloss einfällt, die Rückwand des nun geschlossenen 
Koffers bildet. Da der Koffer nunmehr eine Grösse von 
60X30X30 Centimeter und sammt allem Inhalte ein Gewicht 
von circa 25 Kilogramm hat, so kann er leicht mit auf die 
Reise genommen werden. Für stabile Verwendung im Ordi¬ 
nationszimmer empfiehlt es sich, sich einen die Dimensionen 
des oben beschriebenen Koffers im aufgestellten Zustand 
wenig überragenden trumeau-ähnlichen, rückwärts offenen 
Kasten, welcher der sonstigen Einrichtung des Operations¬ 
zimmers angepasst werden kann, anzuschaffen. Der Kasten 
wird im Innern mit den entsprechenden Ringen und Rohr¬ 
leitungen versehen und am oberen Theil der Vorderwand wird 
der Athmungsschlauch angeschraubt. 

Ein exact functionirender Apparat ist erste Bedingung 
für das stete Gelingen von Schlafgasnarcosen, aber ebenso 
unerlässlich ist hiebei die Umsicht und Uebung des Narco- 
tiseurs. Wenn der Apparat richtig zusammengestellt und auf 
die Dichtigkeit aller Verbindungen geprüft ist, werden die 
Säcke aus den Gasflaschen gefüllt und alle Zwischenhähne 
geöffnet; solange der Bügel des Athmungsapparates sich in 
der Stellung J3* Fig. 1 befindet, ist das ganze System ge¬ 
schlossen, und es kann kein Gas ausströmen. Nun wird der¬ 
selbe zum Bett der Kreissenden oder zum Operationstisch 
geschoben oder bei der stabilen Installation, speciell des 
Zahnarztes, der Patient erst jetzt in’s Operationszimmer geführt, 
unter aufmunternder oder tröstender Ansprache im Operations¬ 
stuhl in die richtige Lage gebracht und sichere Schmerz¬ 
losigkeit zugesichert, wenn die Anordnungen des Arztes befolgt 


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werden. In diesem Stadium bedarf es von Seite des Arztes 
in vielen Fällen eben so grosser Geduld und Liebenswürdigkeit 
gegenüber der entschuldbaren Angst als oft zielbewussten, 
energischen Vorgehens gegenüber den Uebertreibungen schlecht 
erzogener Patienten aller Altersstufen. Hat man sich für An¬ 
wendung der Maske entschlossen, so wird dem Patienten ein 
an einem kräftigen Faden aussen befestigter Keil zwischen die 
Zähne jener Kieferseite gegeben, welche nicht das Operations¬ 
feld bildet, und die Maske ruhig über Mund und Nase des 
Patienten gelegt. Wählt man das Mundstück, so gibt man 
dieses dem Patienten zwischen die Zähne, respective Alveolar¬ 
fortsätze und Lippen, hält diese mit zwei oder drei Fingern 
jeder Hand dicht daran und fordert den Patienten auf, schöne 
Ex- und Inspirationen zu machen. Sobald der Patient regel¬ 
mässig athmet, wird bei Verwendung des Mundstückes die 
Nase mit einer kleinen Klemme geschlossen. Will der Patient 
hiebei die Augen durchaus schliessen, so kann man dies ge¬ 
statten, obwohl die Meisten mit offenen Augen weniger 
ängstlich athmen. Hiebei laut zählen zu lassen stört, dagegen 
kann man, wie Freund Witzei, eine ruhige Gedankenarbeit 
z. B. stilles Zählen bis 50 gestatten. Am besten ist 
es, die Gedanken des Patienten auf etwas Heiteres zu lenken. 
Sobald gleichmässiges Athmen eingetreten ist, wird der Bügel 
des Athmungsapparates geöffnet, das heisst in die Stellung 
B Fig. 1 gebracht. Während bis dahin die In- und Ex¬ 
spiration durch das Ventil F stattfand, weil das eigentliche 
Inspirationsventil F, durch einen mit dem Bügel verbundenen 
Hebel bisher arretirt war, strömt nun durch das Inspirations¬ 
ventil das Gasgemenge zu, durch das Ventil F tritt nun nur 
mehr die Exspirationsluft heraus. 

Wie viel Sauerstoffpercente soll das Athmungs- 
gemisch hierbei enthalten? Im Allgemeinen ist es am 
Besten, mit zehn Percent Sauerstoff zu beginnen. Bei Kindern 
aber, oder Personen, bei denen Habitus oder Anamnese 
schwieriges Athmen voraussetzen lassen, z. B. Männern 
von apoplectischem Aussehen, Asthmatikern etc., gibt man 
im Beginne lieber 15, ja selbst 20 Theile Sauerstoff, da der 


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289 


höhere Sauerstoffgehalt solche aufgeregte und widerspenstige 
atienten in ein gewisses Behagen versetzt. Sobald die Athmun«' 
im ruhigen Geleise ist, geht man allmälig auf zehn Percent Sauer! 
Stoffgehalt herab, ebenso erhöht man den Sauerstoffantheil 
durch einen raschen Fingerdruck am Bügel H Fig. 1, wenn 
un Verlaufe der Inspiration Athemnoth oder Anzeichen von 
yanose sich emsteilen sollten, während bei sehr widerstands- 
ahigen Individuen, namentlich Männern, die an Alkohol ge¬ 
wohnt sind, um den Eintritt der Narcose zu beschleunigen, 
®^“^^oflzusatz für einige Athemzüge bedeutend, selbst 
aut lunf und weniger Percente herabgemindert wird. Weitaus 
die meisten Patienten werden bei dieser Art des Vorgehens 
nach 20 bis 40 Athemzügen sich in genügend tiefer Narcose 
befinden, um einen operativen Eingriff nicht zu fühlen, doch 
arf man die Geduld nicht verlieren, wenn in Ausnahms- 
failen besonders widerstandsföhige Wesen erst in fünf bis 
sechs Minuten nach 80-100 Athemzügen und Verbrauch von 
fast 100 Litern tief genug betäubt erscheinen. 


Will man die Narcose für chirurgische oder geburts¬ 
hilfliche Zwecke protrahiren, so wird man den Zeiger des 
Apparates meistens über zehn erhalten und namentlich in den 
Pausen, welche bei Operationen der Blutstillung und partiellen 
Wundreinigung halber gemacht, bei den Geburten durch den 
Wehenstillstand gebildet werden, bedeutend höher, selbst bis 
0 Percent Sauerstoff steigern können. Am schwierigsten sind 
sehr excitirte Individuen in der Narcose zu behandeln, die 
furchtbare Aufregung, die namentlich zahnärztliche Patienten 
m’s Operationszimmer mitbringen, stellt uns mitunter vor 
eine sehr schwierige Aufgabe. Mit Dr. Witzel’s Arm- und Fuss- 
schlmgen konnte ich mich bis hieher nicht befreunden. Wenn 
trotz der imponirenden moralischen Einwirkung des Arztes 
und sachgemässesten Variation der Sauerstoffzufuhr die Exci- 
tation ein ungewöhnliches Mass erreicht, ist nur die physische 
Kraft eines oder mehrerer Assistenten oder sonstigen Hilfs¬ 
personals im Stande, den Poltron zur Ruhe zu verhalten. 

Dass also eine Narcose nie ohne genügende Assistenz vor¬ 
genommen werden darf, haben ich und Andere oft genug betont. 


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290 


Auf diese Ausnahmsfälle, die ja bei der Anwendung 
anderer Narcotica viel häufiger und viel ärger auftreten, 
musste ich wohl aufmerksam machen, doch können sie uns 
nicht die Freude an einem Mittel verderben, Avelches, wenn 
wir uns einmal mit der grösseren Gomplicirtheit des Apparates- 
und der Nothwendigkeit einer erst durch längere Uebung 
erreichbaren Vertrautheit damit befreundet haben, so schöne, 
gefahrlose Narcosen liefert wie das Schlafgas, dem Witzel’s 
einflussreiches Wort den Weg geebnet. 


Aristol, eil h Msepticii i Jer ZaMeUe. 

Von J. V. Kejelar, Zahnarzt in Jißin. 

Vor geranmer Zeit wurde meine Aufmerksamkeit auf ein 
neues mächtiges Antisepticnm, das von den Doetoren Messinger 
und Vortmann in Aachen erfundene Thymolderivat, das den 
Namen Aristol führt, geleitet. Es ist das beste Ersatzmittel des 
Jodoforms, das seines eckelhaften Geruches wegen, besonders 
bei Mund- und Zahnkrankheiten von den Patienten verpönt 
ist. — Aristol hat keinen unangenehmen Geruch und wird ganz 
gut von empfindsamen Patienten vertragen, hat gar keine 
toxischen Eigenschaften wie das Jodoform, reizt nicht, haftet 
sehr gut an blossliegenden Pulpen und besitzt ausgezeichnete, 
vernarbende Eigenscbaften. 

Ich versuchte es überall da, wo man bei den verschiedensten 
Zahnleiden die bisher üblichen Antiseptiea anwendet, also bei 
gangränösen Pulpen, zur Antiseptik der Wurzelcanäle, Des- 
infection cariöser Höhlen vor Einführung der Plombe und der¬ 
gleichen. Auf gangränöse Palpen streute ich mit einem Pinsel 
Aristol in Substanz, zur Desinfection von Wurzelcanälen und 
cariösen Höhlen benützte ich eine zehnpercentige Lösung des 
Aristols in Schwefeläther; durch schnelles Verdunsten des Aethers 
bildet Aristol eine gleichmässige Decke und trocknet die Cavität 
schnell aus. Bei Fistelgängen benütze ich die Stäbchen aus 


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291 


Cacaobutter zehn TheiJen, Aristol ein Theil, wodurch die Granu¬ 
lation und Vernarbung schnell vorwärts schreitet. 

P II "“löslich, jedoch in Schwefeläther 

Collodium und fetten Substanzen leicht löslich. Meist wird e^n 
z^nperzen iger Lösung oder als Pulver in Substanz a geCe" 
det äusserhch bei Wunden, Geschwüren aller Art be! Aus 
schlagen, Syphilis, Ozaena, OttorhoSa, nasofaryngalen Syphilosen 

Mm kann das Aristol als eins Bareicbernns des Aranei- 
«>bataas,_bes.nda« bei Zab.krankheit.., ansehen nnd es ta« 

das Medieament weiter versuchen wollten. 


Uelißr flas Aristol. 

Von Chem. Dr. Fdix GMmann in Elberfeld. 

Der wenig angenehme und lange haftende Geruch des 
odoforms, aus welchem — wenn auch mit vielem Unrecht — 
das Laienpubhkum manch’ ominöse Krankheit zu diagnosticiren 
sich berechtigt fühlt, hat die chemischen Forscher veranlasst 
nach einem Körper zu fahnden, welcher das Jodoform zu ersetzen’ 
jm Stande wäre. Es kamen so das Tetrajodpyrrol unter dem 
Warnen Jodol, die Kalium- und Natrinmsalze der Parajodphenol¬ 
sulphonsaure als Sozojodol in den Handel. Während das erstere 
eine ephemere Erscheinung blieb, fand das zweite eine grössere, 
immerbin aber doch beschränkte Anwendung. 

Im Laufe der Versuche stellte sich weiter heraus, dass 
diejenigen organischen Jodverbindungen, bei denen das Jodatom 
im Kerne sitzt, bei weitem nicht so energisch wirken als das 
odoform und bei äusserlicher Application durchaus nicht im 
ötande sind, mit den Wundsecreten albuminhaltige Verbindungen 
zu bilden, deren Zustandekommen zum grössten Theile die Wirk- 
samkeit des Jodoforms bediugt. 


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292 


So war man denn bemüht, organische Jodverbindangen 
herzasteilen, welche das Jodatom in der Seitenkette vorzüglich als 
Jodoxylgruppe enthielten und von welchen man sich wegen ihrer 
relativ leichten Abspaltung eine energischere Beaction versprach. 

Es war ein glücklicher Gedanke der Dr. Messinger nnd 
Vortmann, welche in dem Dijoddithymol einen solchen Körper 
fanden. Hatte auch die Idee, eine Verbindang ans Jod nnd 
Thymol, zwei ausserordentlich wirksamen Componenten, herzn- 
stellen, bereits einen Vorgänger im Monojodthymol, so war es 
doch erst den Entdeckern des Aristol Vorbehalten, ans diesen 
beiden Körpern eine Verbindnng zu gewinnen, welche das Jod 
nicht an Kohlenstoff direct wie das Monojodthymol, sondern in 
der Hydroxylgruppe enthielt. 

Dieses Patent, welches die durch die Einführung des 
Phenacetin-Bayer nnd Snlfonal-Bayer in den Arzneischatz be¬ 
kannten „Farbenfabriken vorm. Fr. Bayer & Co., Elberfeld“ er¬ 
worben haben, umfasst eine ganze Gruppe jodirter Phenole, 
von denen indessen das Dijoddithymol, das Aristol, zunächst 
das grösste Interesse beansprucht. 

Wird eine conc. Lösung von Jod in Jodkalium mit einer 
wässerigen Tbymollösung in Natronlauge versetzt, so entsteht 
ein ziegelroth gefärbter voluminöser Niederschlag, das Aristol. 
Die Reaction verläuft nach folgendem Schema: 

CHS CH» CH» CH» 


i 



c c c c 

Cs'h^ Cs'h» Cs^H» Csü’’ 


Der Jodgehalt dieser Verbindung wurde mit 45’8 Percent 
bestimmt. 

Das Aristol ist unlöslich in Wasser und Glycerin, wenig 
löslich in Alkohol, leicht löslich dagegen in Aether und Collo- 


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293 


dium, m Chloroform, in fetten Oelen und auch in Paraffin. Die 
Usnng ist in der Kälte zn bewerkstelligen; Anwendung von 
Warme ruft eine ümlagerung des Moleküls und Abgabe von 
Jod hervor, wodurch der Werth des Mittels wesentlich beein- 
trachtigt wird. Aus gleichen Gründen ist Lichtabschluss, also 
Aufbewahrung in geschwärzten Gläsern, nothwendig. 

Das Aristol zeigt keine toxischen Wirkungen, eine Be¬ 
obachtung, die von verschiedenen Seiten Bestätigung er¬ 
fahren hat. ® 


Dass dem Mittel ein hoher Werth zukommt, dafür zeugen 
die ausserordentlich zahlreichen Publicationen, die bisher er- 
schmnen sind. Nicht für ein einziges Medicament lässt sieh inner¬ 
halb eines gleich langen Zeitraumes eine gleiche Anzahl Ver¬ 
öffentlichungen in der Literatur aufweisen. 

Aus diesen 29 Veröffentlichungen möge Folgendes heraus¬ 
gewählt werden: 

Negative^ Erpbuisse wurden erzielt bei florider Gonorrhoe 
und Favus. Günstige Resultate wurden erhalten bei Behandlung 
von Myeosen, chronischer Gonorrhoe, Psoriasis, Nasen-, Rachen- 
und Kehlkopfleiden, Schanker und Kropf. Ausserordentliche Er¬ 
folge bei Verbrennungen, ünterschenkelgeschwüren, Lupus exul- 
cerans, luetischen Spätformen, Epitheliom, Ozaena und Neben¬ 
hodenentzündung. In neuerer Zeit findet das Aristol in 
Einblasungen Verwendung bei Diphteritis mit gutem Erfolge. 

Die hacteriologischen Prüfungen ergaben fast durchweg 
ein negatives Resultat. Man weiss indessen, dass ähnliche Er- 
pbnisse aus den Versuchen mit Jodoform hervorgingen und hat 
in Betracht zu ziehen, dass die Microorganismen auf einer 
Wunde oder im Organismus unter ganz anderen Lebensbedin¬ 
gungen existiren, als im Reagenzglase oder auf den Cultur- 
platten. 

Vom rein wissenschaftlichen Standpunkte aus mögen diese 
Versuche sehr interessant sein, gewöhnlich aber decken sie sich 
nicht mit den Beobachtungen in der Praxis und haben für diese 
nur einen relativen Werth. 

Die Anwendung des Aristols als Antisepticum gewinnt \ 
immer mehr an Ausdehnung; denn es zeigt die guten Eigen- 1 


r 


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294 


schäften des Jodoforms, ohne dessen durchdringenden Oernch 
und Toxicität zu besitzen. So dürfte es sich rielleicht auch in 
der Zahnheilkunde einen Platz erwerben, wo es bisher ausge¬ 
dehnten Gebrauch noch nicht gefunden hat. 

Im Allgemeinen wird mau hier mit folgender Lösung aus- 
reichen : 

Itp. Aristoli l’O (—2 0) Gramm 
Aeth. snlf. 9-0 
m. f. sol. 

D. ad vitr. flar. 

S : Aeusserl. 

Bringt man in die gut ausgetrockuete Pulpa einige Tropfen 
dieser Lösung, so bildet sich bald eine schützende Decke ron 
Aristol, welches langsam Jod in kleinsten Mengen ahspaltet. 

Das Aristol in der zahnärztlichen Praxis, besonders bei 
gangränöser Pulpa, zur Austrocknung und Desinfection des 
Wurzelcanales und der Zahnhöhle etc. zu prüfen, dazu mögen 
diese Zeilen Anregung gehen. 


Vereinsberiehte, 

I Mertatioiaier Eliciaislier Coaur« za Bari voai 4. i 
10. Aapt 1890. 

Zalinärztliche Section. 

Orignal-Bericht 

erstattet von Dr. Emü Schreier^ Zahnarzt in Wien. 

Wir geben im Nachfolgenden einen Bericht über die V^er- 
baudlnngen der Section für Zahnheilkunde des X. internationalen 
medicinischen Congresses und unterlassen es, über die Thätigkeit 
und Organisation des gesummten Congresses sonst etwas zu er¬ 
wähnen, da ja darüber seinerzeit die Tagesblätter ausführliche 
Meldungen brachten. Die Betheiligung an der Section war eine 
sehr rege, indem mehr als 300 Mitglieder ausgewiesen waren, 


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295 


darunter die besten Namen aus allen Ländern. Insbesondere 
stark waren England und Amerika vertreten. *) 

Nach Schluss der ersten allgemeinen Sitzung versammelten 
sich die Theilnehmer an der Section in den Räumen der 
Ressource, Oranienburgerstrasse 18. Der Präsident des vorberei¬ 
tenden Comit^s, Prof. Busch-Berlin, begrüsst die Anwesenden 
und fordert sie auf, zur Wahl des definitiven Vorsitzenden und 
der übrigen Functionäre zu schreiten. Die Versammlung über¬ 
trägt per Acclamation dem Redner diese Würde. Ebenso werden 
die von demselben vorgeschlagenen Functionäre, die Vicepräsi- 
denten Miller-Berlin und Calais-Hamburg, und zwarersterer 
für die Leitung der Verhandlungen in englischer, letzterer für 
die in französischer Sprache, die Schriftfühiper und endlich die 
Ehrenpräsidenten für jedes Land durch Applaus bestätigt. 

Eine genaue Tagesordnung für die gesammte Dauer der 
Verhandlungen wurde nicht festgesetzt und nur bestimmt, dass 
die Vormittage zur Besprechung der vom vorbereitenden Comite 
aufgestellten fünf Themata, und, soweit die Zeit reicht, für andere 
theoretische Ausführungen verwendet werden sollen; die Nach¬ 
mittage wurden für die praktischen Demonstrationen reservirt 


1) Aus Oesterreich-Ungarn waren anwesend: Abonyi-Budapest, 
Bastyr jun. - Prag, J. Frank-Wien, Harvalik - Triest, Hillischer- 
Wien, Iszlai-Budapest, v. Metnitz - Wien, Nessel-Prag, Scheffjun.- 
Wien, Schreier-Wien, Singer-Linz, Szymkiewicz-Krakau, Tanzer- 
Triest, Wallisch-Wien, Wiesinger-Wien, v. Zallinger-Thurm-Bozen. 

2) Es wurden bestimmt: Für Amerika W. C. Barrett-Bnffalo, Engen 
S. Talbot-Chicago, Mc. Kellops-St. Louis, L. D. Shephard-Boston, 
znm Ehrensecretär: Andrews-Boston. 

Für Grossbritannien: Bowman W. Macleod-Edinburgh, Howard 
J. Mnmmery-London, Arthur Baker-Dublin; zum Ehrensecretär: Geo. 
Ca nningh am-Cambridge. 

Für Frankreich: E. Magitot-Paris, Gallippe-Paris, Georges 
Gaillard-Paris; zum Ehrensecretär: Kühne-Brüssel. 

Für Oesterreich: Sehe ff jun.-Wien. 

Für Ungarn: Iszlai-Budapest. 

Für Russland: Kolbe-Petersburg. 

Für Scandinavien: H a d e r u p - Kopenhagen. 

Für die Schweiz: Redard-Genf. 


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296 


Die nächste Sitzung wird für den folgenden Tag 9. h. 
a. m. im Hörsaale des Anatomiegebäudes angesetzt. 

I. Verhandlungstag. 

Vorsitzender: H. Busch. 

Der Saal ist gegen Tageslicht abgeschlossen und elekiriseh 
beleuchtet zum Zwecke der Demonstration mikroskopischer Prä¬ 
parate mit Hilfe des Projeetionsapparates. 

Als Erster erhält das Wort Herr Mummery- London; 

„Ueber die Betheiligung der Mikroorganismen bei der 
Caries der Zähne." 

Wir bringen den Vortrag vollinhaltlich an anderer Stelle. 0 

Nachdem der Eedner geendet und der Präsident ihm den 
Dank der Versammlung für seine Ausführungen votirte, erhält 
das Wort Herr Miller-Berlin. 

Derselbe demonstrirt mit dem elektrischen Pro- 
jectionsmikroskope eine Reihe von Präparaten, welche 
in sehr deutlicher Weise das Eindringen der Mikro¬ 
organismen in die Zahneanälchen zeigen. Die Mikro¬ 
organismen folgen dem Verlaufe der Zahnbeinröhrchen. An ein¬ 
zelnen Stellen sind diese nicht mehr erkenntlich, sondern sie 
münden in grössere mit Mikroorganismen erfüllte Lacunen. Diö 
E ntstehung dieser ist so zu erklären, dass der die Entwicklung 
dieser kleinsten Scheinwesen begleitende, beziehungsweise da¬ 
durch unterhaltene chemische Vorgang die Gewebe auflöst 
(Peptonisation). 

Miller zeigt auch deutlich und legt ein besonderes 
Gewicht darauf, dass die von der Einwanderungsstelle der 
Mikroorganismen entfernten Theile der Präparate entkalkt sind, 
dass also stets der eigentlichen Infection die Entkalkung voran- 
geht. Besonderes Interesse erregt ein Präparat von künstlich 
erzeugter Caries, welches genau dasselbe Bild bietet, wie die 
im lebenden Osganismus entstandene. Miller erklärt, häufig 
durch Beifallsbezeugungen des Auditoriums unterbrochen, dass 

‘) Siehe Seite 245 dieses Heftes. 


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es auch dem geübtesten Beobachter mit den besten Hilfsmitteln 
nicht möglich sei, künstliche von natürlicher Caries zu unter¬ 
scheiden, und er glaubt, dass gerade diese Befunde die Lehre 
vom infectiösen Ursprung der Caries zu beweisen im Stande 
sind. Ueber die Erzeugung künstlicher Caries äussert sich der 
Vortragende wie folgt: „Man legt Stücke von Zahnbein in ein 
Gemisch von Speichel, Fleisch und hauptsächlich Erdäpfeln und 
anderen Amylacea. Diese letzteren sind unerlässlich, denn ein 
Brei von Speichel und Fleisch reagirt alkalisch und bringt 
keine Destruction hervor. Daher mag es auch kommen, dass 
die hauptsächlich von Fleisch sich nährenden Völkerstämme, 
namentlich die Isländei und Lappländer, nahezu Immunität gegen 
Caries zeigen. Dieses Gemisch nun muss alle 24 Stunden er- 
. neuert werden. Unterlässt man diese Vorsicht, so wird die fort¬ 
schreitende Säurebildung die Entwicklung der Mikroorganismen 
und damit die der Caries hindern.“ 

Allgemeiner Beifall lohnt den Redner; eine Discussion 
findet nicht statt. 

Es sollten nun noch Photogramme des Herrn Mummery 
demonstrirt werden. Die Demonstration wird aber verschoben, 
da der Projectionsapparat sich zu diesem Zwecke nicht eignet, 
und für Donnerstag in die „Urania“ angesetzt. 

Der Vorsitzende ertheilt hierauf das Wort Herrn 
Sc he ff juu.-Wien. 

Wir bringen dessen Vortrag: 

;,Scliicksal der Pulpa und des Periostes bei replantirten 

Zähnen“ 

ausführlich an anderer Stelle.*) Das Auditorium folgte mit grossem 
Interesse den sachlichen Ausführungen und gab durch reichen 
Beifall seiner Anerkennung Ausdruck. 

Zu einer Discussion kam es nicht, nur H. Weil-München 
meint, dass bei Replantationen beim Menschen, wo es sich um 
mehr weniger krank gewesene Zähne handelt, wohl niemals das. 


0 Siehe Seite 235 dieses Heftes. 


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was Scheff prima iatentio nennt, zustande kommt, dass yiel- 
mehr die knöcherne Einwachsung die Regel bildet. 

Herr Schmidt-Lübeck demonstrirt Schnitte von 
in einer Ovarialcyste gefundenen Zähnen. 

Hierauf spricht Herr Hamer-Ütrecht über 

„Die Entstehungsweise der sogenannten freien Dentikel“. 

Der Vortragende hält diese Gebilde für Produete eines 
regressiven Processes. Von einer metaplastischen Verknoebernng 
ist in den von ihm untersuchten Präparaten nichts zu entdecken. 
Nur in einem Zahne fand sich in der Pulpa ein Körperchen, 
das wie Knochen aussah; in allen übrigen untersuchten Präpa¬ 
raten fand sich nur Verkalkung von Palpengewebe, jedoch keine 
Knochen- oder Dentinneubildung. Werden zufällig Zellen oder 
Blutgefässe in diesen Kalkconcrementen eingeschlossen, dann 
kann das Gebilde einige Aehnlichkeit mit Knochengewebe be¬ 
kommen. Bleiben in den Kalkeinlagerungen kleine Spalten übrig, 
so kann man die so im Miktoscope sich zeigenden Bilder leicht 
für Dentincanälehen halten. Etwaige Höhlen oder Spalten in 
einem Kalkconcremente berechtigen aber noch nicht, solche 
Gebilde für Knochen oder Dentin zu halten. Nur wenn in diesen 
Höhlen Zellen oder wenigstens gut erhaltene Zellenkerne oder 
in den Oanälchen Zellenausläufer nachgewiesen würden, könnte 
man mit Recht von neugebildetem Gewebe sprechen. 

Zu einer eigentlichen Discussion der Frage kam äs nicht, 
obzwar ein grosser Theil der Anwesenden offenbar mit d^ Aus¬ 
führungen des Redners nicht übereinstimmte. \ 

Herr Iszlai nimmt das Wort und beantragt, dies^Ge- 
bilde fürderhin Odonthele Schwiele) zu nennen, daVs*« 

ihrer Bildung nach als Schwielen, als Auswüchse aufzufas 
sind. Dieser Antrag wird mit Beifall aufgenommen.') 

Der Vorsitzende theilt noch mit, dass am NachmittaS 
praktische Demonstrationen im zahnärztlichen üniversitäts-InstP 
tute stattfinden und schliesst sodann die Sitzung. 


4) Im weiteren Verlaafe der VerliandlaDgen wurde auch immer dieser 
Terminas angewendet. 


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Hier möge gleich ein kurzer Bericht über diese Demon¬ 
strationen, die an diesem und den zwei folgenden Nach¬ 
mittagen abgehalten wurden, gegeben werden. 

Es wurde gleichzeitig, wie es bei der grossen Anzahl der 
Betheiligten nicht anders möglich war, in den drei Abtheilungen 
des Institutes entsprechend ihrer gewöhnlichen Verwendung und 
Einrichtung gearbeitet, so zwar, dass in den Parterreräumen 
technische Arbeiten, im ersten Stockwerke Narcosen und Ex¬ 
tractionen und im zweiten Füllungen gezeigt werden. 

Wir werden auf einzelne Leistungen noch zarückkommen, 
wollen aber gleich bemerken, dass es den Anschein hatte, und dieses 
gilt insbesondere für das Gebiet der Füllungen, als ob durchaus 
nicht die berufensten Operateure ihre Methoden zur Ansicht brächten. 

Die angesagten „rapid fillings“ überraschten durchaus nicht 
durch diese Eigenschaft, und auch sonst wurde kaum Jemandem, 
der überhaupt mit Gold füllt, etwas Neues geboten. Fast alle 
Operateure arbeiteten mit dem „improyed Bonwill mailet“, nur 
Herr Flör ke-Bremen benützte neben seinen sonstigen elektrisch 
betriebenen Apparaten einen ebensolchen Hammer. Für Herbst’s 
Rotationsmethode fand sich kein Vertreter. 

Herr Frank-Wien demonstrirte einen von ihm 
constrnirten, mit der Bohrmaschine zu treibenden 
Hammer, der recht verwendbar zu sein scheint, insbesondere 
die Winkelstückform. 

Vielfach bedauert wurde es, dass so anerkannt vorzügliche 
Operateure wie Je nki ns-Dresden und Sachs-Breslau sich 
von den Demonstrationen fernhielten. Der Letztgenannte, der 
seinen angemeldeten Vortrag: „Die Vorbereitung cariöser Zahn¬ 
höhlen zum Füllen“ leider zurückgezogen hatte, zeigte einem 
kleinen Kreise zwei Schädelpräparate, deren eines an den Zähnen 
die für die Aufnahme von verschiedensten Füllungen präparirten 
Cavitäten, das andere die Füllungen selbst sehen liess. Während 
das erste durch die grosse Anschaulichkeit in hohem Masse 
befriedigte, überraschte das zweite geradezu durch die kunst¬ 
volle Ausführung. 

Die in neuester Zeit oft genannten Co m bi nations¬ 
füll ungen von Amalgam und Gold wurden von einigen 

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Herren ausgefübrt. Von sämmtlicben wurde zur Vereinigung 
mit dem stark ausgepi’essten Amalgame Steurer’s plastic gold ver¬ 
wendet. Insoferne, als die vollendeten Füllungen das Aussehen 
einer vollkommenen Goldfüllung bieten, und auch durch ihre 
Festigkeit befriedigen, scheint dieses Verfahren recht verwend¬ 
bar zu sein und für einzelne schwierige Fälle sich sehr zu 
empfehlen. Durch sehr gefälliges Aussehen zeichneten sich die 
Füllungen von Zinngold und Gold aus, die Herr Erzberger- 
Beriin an Frontzähnen anbraehte. 

Was nun die blutigen Operationen anbelangt, die ira Am- 
bnlatorium des Prof. Busch ausgeführt worden, so war aus 
denselben nur zu ersehen, dass man in den verschiedensten 
Positionen und mit den verschiedensten Instrumenten gute Er¬ 
folge erzielen kann. Die Mehrzahl der Anw^esenden sah mit 
grossem Interesse den vorzunehmenden Narcosen mit Brom¬ 
äthyl entgegen. Die Frage über die Verw'endbarkeit dieses 
Betäubungsmittels bildete eines der fünf Hauptthemata, die zur 
Verhandlung in der Section aufgestellt waren. Wir werden mit¬ 
hin auf dasselbe noch ausführlicher zu sprechen kommen. Hier 
sei nur erwähnt, dass der Erfolg in verschiedenen Fällen ein 
sehr verschiedener war, was wohl Niemand, der über das 
Wesen und den Verlauf der Narcose, gleichgillig mit welchen 
Mitteln sie bewerkstelligt wird, einige Erfahrungen besitzt, anders 
erw'artet haben wird. Im Allgemeinen jedoch waren die er¬ 
zielten Resultate sehr befriedigend, insbesonders, wie es uns 
scheint, wenn es in der von den Meisten empfohlenen Weise 
applicirt wurde, ein grosses Quantum Bromäthyl auf einmal auf 
den Korb zu bringen. 

Gleichzeitig wurden in der Versammlung verschiedene 
Apparate für die Verabreichung von Bromäthyl gezeigt, 
welche durch ihre Construction die allzu rasche Verdunstung 
des Mittels verhindern sollen. Sie werden wohl in kurzer Zeit 
im Handel erscheinen. Wir glauben auf sie die Aeusserong des 
kleinen Scanzoni ausdehnen zu dürfen: „Auch denkt ein Prak- 
ticus, ein echter, je eomplicirter, desto schlechter.“ 

Narcosen mitSchlafgas (Lustgas-Sauersoff) wurden 
von Hillischer-Wien demonstrirt, wobei sein neuer portabler 


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Apparat zur Verwenduug gelangte und verweisen wir auf dessen 
au anderer Stelle reproducirtenArtikel: „Wie soll mau 
n areotisi reu?“ 

In den für die technischen Arbeiten bestimmten Räumen 
wurde fast ausschliesslich Crown and bridgework verfertigt. 
Eine auch nur ganz kurze Beschreibung des Gezeigten zu geben, 
ist kaum möglich, man müsste denn die Instrumente, Werkzeuge 
und sonstigen Hilfsmittel aufzählen. 

Herr Cunningham-Camb ridge zeigte ein bei 
niedriger Temperatur fliessendes continuous gnra. 

Was Herr Carabatsanis-Athen als „Nouveau 
Systeme de dents artificielles sans plaques et saus 
c roch et“ ankündigte, sind schmale Platten, die durch einen 
die Vorderfläche des Alveolarfortsatzes umgreifenden dünnen Reif 
ihren Halt finden. Die Ersatzstücke haben ein sehr zierliches 
Aussehen und bestechen auf den ersten Anblick ungemein. Ob 
sie in der Praxis sich bewähren, ist mehr als fraglich. 

Etwas ausführlicher, weil wohl vou grossem luteresse, 
wollen wir die Implantationen, die Herr Youuger-San 
Francisco, der Delegiite für Californien, ausführte, besprechen. 
Y 0 u n g e r las auch in der dritten allgemeinen Sitzung ein 
Essay über diesen Gegenstand, wurde aber leider unterbrochen 
und das Thema wurde abgesetzt, ohne dass es zu einer Dis- 
eussion darüber gekommen wäre, Yöunger begann seine Ver¬ 
suche vor mehr als fünf Jahren. Damals benutzte er für Implan¬ 
tationen nur frische Zähne, die er in der neugebohrten Alveole 
unmittelbar nach der Extraction befestigte. Im weiteren Verlaufe 
aber wurde er darauf geführt, auch Zähne, die eine beliebig 
lange Zeit ausser Verbindung mit dem lebenden Organismus 
waren, zu implantiren, sofern er nur die Gewissheit hatte, dass 
sie aus einem gesunden Individuum stammten, und bei Besich¬ 
tigung sich zeigte, dass das Perieement, wenigstens zum grossen 
Theile, noch an ihnen haftete. Younger’s Ausführungen gipfeln 
in Folgendem: Es ist bekannt, dass Infusorien, wenn sie un¬ 
begrenzte Zeit hindurch eingetrocknet waren, sobald sie in 


>) Siehe Seite 282 dieses Heftes. 


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günstige Lebensbedingangen gebracht werden, wieder vollständig 
zum Leben erwachen. Mikroorganismen bebalten ihre Fähigkeit 
zu inficiren, selbst wenn sie sie aaszuüben nicht Gelegenheit 
haben; eingefrorene Fische, die keine Spur mehr von Lehen 
zeigen, werden durch geeignete Behandlung wieder lebendig. 
Was nun von niedrigen Thieren gilt, kann auch von niedrigen 
Geweben hoch organisirter Thiere ganz wohl gelten. Ein solches 
Gewebe ist aber sowohl das Gement, als auch das Pericement 
in hohem Grade. Man darf also annehmen, dass das Pericement, 
wenn es vom lebenden Blute wieder bespült wird, neu anflebt 
und dass im weiteren Verlaufe eine Einheilung in die Alveole 
stattfindet. Die Operation ist sehr einfach. Nachdem durch 
Coeaininjeetion Anästhesie bewerkstelligt ist, wird durch einen 
wenig bogenförmigen Schnitt das Zahnfleisch und das Periost 
bis an den Knochen durchtrennt, und die Wundränder mit dem 
Raspatorium zurückgesehoben, wobei natürlich auf die Erhaltung 
des Periostes besonders zu achten ist. Sodann wird mit trepan- 
artigen Bohrern die Alveole gebildet, und zwar so, dass der zu 
implantirende Zabn genau bineinpasst. Der Operateur versucht, 
während er die Alveole bildet, von Zeit zu Zeit, wie weit er 
den Zahn einbringen kann, und drückt ihn endlich, wenn er 
ganz nahe dem Ziele ist, mit grosser Gewalt ein. Der Zahn 
wird sodann mit Seidenfäden an seine Nachbarn befestigt und 
etwaige Störungen der Artieulation durch Abschleifen behoben. 
Der Referent batte Gelegenheit, zwei Operationen beizuwohnen. 
Die Patienten empfanden während der Operation keinen Schmerz 
und blieben in den folgenden Tagen schmerz- und fieberfrei. 

II. Allgemeine Sitzung. 

Mittwoch den 6. August, 9 Uhr Vormittags, im Saale der 

Ressource. 

Vorsitzender: Herr Bnseh. 

Als Erster erhält das Wort Herr Magitot: 

„Nosographie et histoire de Parthrite alveolaire sympto- 

matique.“ 

Diese den Aerzten und insbesondere den Zahnärzten wohl- 
bekannte, sehr häufige und durch ihre Oomplieationen oft schwere 


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Krankheit, die den endlichen Verlust der Zähne nach sich zieht 
ist unter verschiedenen Namen beschrieben worden, von welchen 
„Pyorrhoea alveolaris“ und ,Rigg’s Krankheit“ wohl die ge¬ 
bräuchlichsten sind. Magitot schlägt die Bezeichnung Arthrite 
alveolaire symptomatique“ vor. Diese Benennung entspricht der 
Ansicht des Redners über das Wesen der Krankheit, die eine 
wir le e Arthritis darstellt, indem sie wie jede andere Gelenks- 
entzundung eiue Articulatiou und bandartige Gewebe belallt 
Das Epitheton „symptomatique“ bezieht sich auf Allgemeiner- 
kranknngen, welche eine Prädispositiou für das Auftreten dieser 
Krankheit abgeben, ja als deren einzige Manifestation sie oft 
erscheint. Solche Krankheiten sind: Diabetes, Albuminurie, ver- 
schiedene Hautkrankheiten; weiters Syphilis, Rhaebitis und 
andere Diathesen. 


Bezüglich der Aetiologie macht Magitot auf die Conta- 
giosität aufmerksam, die es in hohem Grade wahrscheinlich 
macht, dass die Erkrankung infectiösen Ursprunges ist, und ver- 
und weist diesbezüglich auf die neuesten Arbeiten von Galippe 
und Vignal. Redner entwirft sodann ein Bild des Krankheitsver- 
lanfes und bespricht endlich die Therapie. Dieselbe besteht in 
folgenden drei Hauptpunkten; In der örtlichen Anwendung anti- 
baeterieller Mittel, unter welchen besonders Sublimat zu nennen 
ist, in der Cauterisation mit dem Glüheisen und in der Behand¬ 
lung etwaiger Allgemeinerkrankungen, auf welche immer zu 
untersuchen ist. 


Anhaltender Beifall folgte den Ausführungen des Redners. 
Als nächster erhält das Wort Herr Galippe: 

nNote sur retiologrie et sur les complications de la 
gingivite arthro-dentaire infectieuse.“ 


Wir beabsichtigen in der nächsten Nummer eine üebersetzung 
dieser Arbeit zu bringen und beschränken uns darauf, mitzutheilen, 
dass der Vorsitzende auf Grund seiner ausgedehnten Unter¬ 
suchungen über diesen Gegenstand zur üeberzeugung gelangt 
ist, dass die Krankheit parasitären Ursprunges ist, durch Mikro¬ 
organismen hervorgerufen wird, und dass es nicht eine einzige 


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Art, sondern eine Reihe von solchen ist, die als Erreger der 
Krankheit anzusehen sind. 

Wir können es aber nicht unterlassen, gleich hier zu er¬ 
wähnen, dass die Mittheilungen Gallippe’s zu den werthvollsten 
zählen, die in der Section gemacht wurden. 

Diseussion. 

Herr Mi Iler-Berlin stimmt mit den Ausführungen des 
Vorredners überein. Unter den aus dem Seerete gewonnenen 
Arten findet sieh immer Staphilococeus pyogenes aureus und 
albus. Für jeden Fall wird die Medication in erster Linie eine 
antibacterielle sein müssen und in der Anwendung von anti- 
septischen Mitteln bestehen. 

Herr Guillard-Paris hebt hervor, wie sehr wichtig es 
sei, die allgemeine Constitution der Kranken zu berücksichtigen 
und etwaigen Krankheiten Aufmerksamkeit zu schenken und sie 
zu behandeln. Mit einer Besserung des Allgemeinbefindens 
schwindet regelmässig auch die Pyorrhoe. 

In demselben Sinne äussert sich Herr Carabatsanis- 
Athen. Ein Fall von Pyorrhoe, der mit Ijeukarrhoe complicirt 
war, kam nach geeigneter Behandlung der letzteren Krankheit 
von selbst zur Heilung. Für die örtliche Behandlung empfiehlt 
er Creolin. 

Ein anderer Redner macht Mittheilung über die von Mikulicz 
geübte Behandlung, die in ausgiebiger Spaltung der Taschen, 
Auskratzung und nachfolgender Drainage mit Jodoformgaze be¬ 
steht. Die Resultate sind glänzend zu nennen. 

Nach dem Schlussworte Magitot’s wird die Sitzung ge¬ 
schlossen und die nächste Sitzung für den folgenden Tag im 
Urania-Theater im Ausstellungsparke angesetzt. 

III. Allgemeine Sitzung. 

Donnerstag den 7. August im Theatersaale der Urania. 

Vorsitzender Herr Miller. 

Der Saal ist gegen Tageslicht abgeschlossen und elektrisch 
beleuchtet. 


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Als Erster demonstrirt Herr Mumm ery mit dem elektri¬ 
schen Projectionsapparate seine Präparate und Photo¬ 
gramrae über das Eindringen von Mikroorganismen 
in das Dentin. Die ebenso kunstvollen wie lehrreichen Prä¬ 
parate erregen bei der Versammlung ungetheiltes Interesse, was 
sie durch lebhaften Applaus zum Ausdrucke bringt. 

Mit demselben Apparate entwirft Cunningham Bilder 
von Präparaten und Ph otogrammen, die zu Unter richts¬ 
zwecken dienen und durch grosse Anschaulichkeit sich aus¬ 
zeichnen. Wir erwähnen von den zahlreichen Bildern: die Ent¬ 
wicklung der Milchzähne, die Stellung der bleiben¬ 
den Zähne gegenüber den Milchzähnen. An der Hand 
eines Präparates mit scrofulösen Zähnen, an welchem 
die seitlichen oberen Sehneidezähne die bekannten Defeete 
nicht zeigen, glaubt Cunningham den Beweis erbringen zu können, 
dass die Verkalkung der seitlichen Sehneidezähne später ein- 
tritt, als die gleichzeitig sich vollziehende der mittleren und 
der Canini. Cunningham sagt, die mangelhafte Verkalkung 
ist eine Folge einer während des Verkalkungsvorganges beste¬ 
henden allgemeinen Erkrankung. Da die seitlichen Schneide¬ 
zähne gesund entwickelt sind, so beweist das, dass ihre Ver¬ 
kalkung erst später, nach Ablauf der Erkrankung des Indivi¬ 
duums, erfolgt ist. 

Ein anderes Bild liess deutlich sehen, dass der erste 
bleibende Molar aus einem Ausläufer des Keimes des zweiten 
temporären Molaren sich entwickelt. Nicht minder anschaulich 
und von der Versammlung mit Beifall aufgenomraen war das 
letzte Bild, Prof. Miller in seinem Laboratorium darstellend. 

Nachdem noch Herr Andrews seine Präparate zur 
Entwicklungsgeschichte des Schmelzes gezeigt und Herr 
Younger seine neue Abhandlung über Implantation gelesen, 
erhält das Wort Herr Holländer-Halle ; 

„Ueber die Betäubung mit Bromäthyl in der zahn¬ 
ärztlichen Praxis*“ 

Das Bromätbyl wurde im Jahre 1827 von Scrullas 
dargestellt. Es besteht aus Ca üfs Br bildet eine farblose, leicht 


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bewegliche Flüssigkeit von spec. Gew. 1‘450 von chloroform- 
ähnlichem Gerüche and brennendem Geschmacke. Es ist im 
Wasser nnlöslich, aber leicht mischbar mit Alkohol, Aether, 
Chloroform, fetten nnd ätherischen Oelen. Es ist nicht leicht 
entzündlich, bei Zutritt- von Licht nnd Luft zersetzt es sich 
unter ßildnng von Bromwasserstoffsänre nnd freiem Brom, wes¬ 
halb es in gnt verschlossenen Flaschen von dnnkelfärbigem Glase 
gehalten werden muss. Es verdunstet sehr rasch (Siedepunkt 
38—39® C.), so dass bei der Application mit der Inhalations- 
maske sich anf derselben feine Eiskrystalle niederschlagen. Das 
Bromäthyl ist nicht zn verwechseln mit dem Bromäthylen 
C-t S 4 Br-t, welches höchst giftige Eigenschaften zeigt. Um eine 
einheitliche Bezeichnung zn erzielen, hat Merck in Darmstadt 
für Bromäthyl die Bezeichnung „Aether bromatns“ eingeföhrt. 

Die anästhesirenden Eigenschaften des Bromäthyls wnrden 
im Jahre 1849 von Nnnnely entdeckt und geprüft. Seine Ver¬ 
suche führten ihn dazu, dem Präparate den Vorzug vor Chloro¬ 
form zu geben. Er drang aber mit seiner Ansicht nicht durch 
und fand auch später keine Beachtung, als er im Jahre 1865 
über seine während eines ganzen Jahres in Bromäthernarcose 
ansgeführten Augen-Operationen im Hospitale zn Leeds be¬ 
richtete. 

Im Jahre 1876 wurde das Bromäthyl durch Rabuteau 
in Frankreich und im Jahre 1879 durch Lewis und Turnbul 
in Amerika eingeföhrt. Sämmtliche Autoren sind darüber einig, 
dass die Narcose rasch eintrete, ebenso wie die Erholung nach 
derselben; dass Erbrechen selten vorkomme, der Kreislauf nicht 
beeinflnsst wird, und ein Excitationsstadium meist mangelt. Trotz 
der warmen Empfehlung von dieser und von anderen Seiten, 
kam das Bromäthyl doch erst seit etwa drei Jahren in all¬ 
gemeinen Gebrauch, nachdem A sh-Berlin, Scheps und nament¬ 
lich Schneider-Erlangen, mit grossem Lobe sieh darüber 
geäussert. Ash behauptete zwar, dass eine eigentliche Narcose 
nicht eintrete, sondern nur ein Halbschlaf, in welchem alle Ge¬ 
räusche vernommen werden. Doch sei die Anaesthesie hinreichend, 
um kurz dauernde Operationen, insbesondere Zahnextraetion, 
schmerzlos vornehmen zn können. 


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Sämmtliche in den letzten zwei Jahren erschienenen Be¬ 
richte über den Werth des Bromäthyls lauten äusserst günstig. 
Diese Erfolge dürften wohl zum grossen Theile der Reinheit 
des Präparates zuzuschreiben sein, auf dessen Erzeugung seit 
dieser Zeit, namentlich von Merck in Darmstadt, grosse Sorgfalt 
verwendet wird. 

Was nun die Application des Mittels anbelangt, so ver¬ 
fahren die Meisten in der Weise, dass sie eine grössere Menge 
auf die Chloroformmaske giessen und dieselbe ganz dicht vor 
Mund und Nase halten, um die Luft möglichst von der Ein- 
athmung abzuschliessen. Die Narcose tritt nach 1— V /2 Minuten 
ein und hält höchstens 3—5 Minuten an. Besonders zu beachten 
ist, dass der Cornealreflex nicht erlischt und auch der Muskel¬ 
tonus erhalten bleibt, weswegen auch ein Zurücksinken der 
Zunge niemals ein tritt. 

Die Applicationsweise des Vortragenden unterscheidet sich 
in einigen Punkten von der geschilderten. ^Das Präparat wird, 
so wie Chloroform, tropfenweise auf die Maske gegossen und 
mit der Operation begonnen, wenn der aufgehobene Arm des 
Patienten schlaff zurückfällt. Vor Einleitung der Narcose werden 
alle beengenden Kleidungsstücke gelöst. Man braucht, wenn 
man in dieser Weise verfährt, nur 6—10 Gramm zur Erzielung 
einer vollständigen Narcose und hat den Vortheil, dass man 
eine Reizung der Conjunction und der Rachenschleimhaut ver¬ 
meidet. Die Anästhesie überdauert die Bewusstlosigkeit und die 
Patienten fühlen, wenn sie schon wach zu werden beginnen, 
die Schmerzen nur unbedeutend, wie viele sich ausdrücken, wie 
einen Schlag. 

Nach dem Erwachen ist das Bewusstsein unmittelbar 
sofort wieder hergestellt, der Patient kann den Operationsstuhl 
verlassen. Unter 400 in den letzten neun Monaten vorgenomme¬ 
nen Narcosen beobachtete der Vortragende nur zweimal ein Exci- 
tationsstadium, und zwar bei einem nervösen Fräulein, das ge¬ 
rade menstruirte, und bei einem anämischen, durch Lungentuber- 
culose herabgekommenen männlichen Individuum. Für Potatoren 
ist eine grössere Menge, etwa 12 -14 Gramm, zur Erzielung der 
Narcose nothwendig. Der Erfolg ist durchaus zufriedenstellend. 


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nur tritt mitaater eine leichte Cyanose auf, die jedoch bei¬ 
weitem geringer ist, als nach Anwendung von Stickoxydul. 

Zu beachten ist, dass eine Verlängerung der Narcose durch 
fortgesetzte Darreichung nicht zu erzielen ist, vielmehr tritt 
heftige Excitation ein und werden langanhaltende Störungen 
des Allgemeinbefindens hervorgerufen. Und man findet sehr 
häufig, dass, wenn Personen in kurzen Zwischenräumen (zwei 
bis drei Tage) narcotisirt werden, man grössere Mengen des 
Präparates verbraucht, und demgemäss oft Benommenheit des 
Kopfes, Erbrechen u. s. w. eintritt. Das Bromäthyl wird voll¬ 
ständig durch die Lungen ausgesehieden, und es entwickelt 
sich in der ausgeatbmeteu Luft ein leichter Knoblauchgeruch. 
Derselbe ist aber nie so stark, dass er irgendwie belästigen 
würde, wenngleich einzelne Autoren behaupten, dieses Umstandes 
wegen von der Verwendung des Bromäthyls abzustehen. 

Die in der Literatur verzeichneten Fälle, die tödtlich 
endeten oder von sehr üblen Nachwirkungen begleitet waren, 
sind daraus zu erklären, dass zu grosse Mengen eines unreinen 
Präparates gegeben wurden. Auch eine Verwechslung mit dem 
bereits erwähnten, sehr giftigen Bromäthylen ist nicht aus¬ 
geschlossen. 

Der Vortragende bespricht sodann die von ihm und An¬ 
deren in Gemeinschaft mit Physiologen angestellten Thierver- 
suehe, welche mit Gewissheit ergaben, dass das Bromäthyl kein 
Herzgift ist. 

Für die Frage der Verwendbarkeit in der Praxis sind 
jedoch die am Menschen erzielten Besnltate hauptsächlich mass¬ 
gebend. In Deutschland allein wurden in den letzten Jahren 
von den verschiedenen Zahnärzten 15.000 Narcosen mit Brom¬ 
äthyl vorgenommen, und so kann man füglich behaupten, dass 
das Bromäthyl, wenn es völlig rein und in kleinen Dosen ge¬ 
geben wird, die 10—12 Gramm nicht übersteigen, allen anderen 
anästhesirenden Mitteln vorzuziehen ist. 

Allgemeiner Beifall lohnte die Ausführungen des Redners. 

Zur Diseussion erhält als Erster das Wort Herr Abonyi. 
Derselbe berichtet über seine Versuche, die ihn zu denselben 
Resultaten geführt haben wie den Vorredner. 


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Herr Schneider-Erlangen macht Mittheilung über seine 
Thierexperimente, welche die vollständige Gefahrlosigkeit des 
Bromäthyls beweisen. 

Herr Hamecher bestätigt aus seiner Erfahrung die vor¬ 
zügliche Verwendbarkeit des Bromäthyls und bespricht sodann 
einen Todesfall, der 36 Stunden nach einer Bromäthylnarcose 
eintrat und dem Präparate zur Last gelegt wurde. Der Zahnarzt, 
der die Narcose vorgenommen hatte, wurde angeklagt und auch 
verurtheilt. Die zweite Instanz hob aber das ürtheil, weil un¬ 
begründet, auf. 

Die Sitzung wird hierauf, nachdem Herr Holländer auf 
das Schlusswort verzichtet, geschlossen. 

IV. Sitzung. 

Freitag den 8. August, im Saale der Ressource, Oranienburger- 

strasse 18. 

Als Erster erhält das Wort Herr Dali-Glasgow zu seinem 
Vortrage über Porzellanfüllungen. Er hält dieselben in 
vielen Fällen sehr gut anwendbar und demonstrirt eine grosse 
Anzahl von ihm an macerirten Zähnen angebrachten derartigen 
Füllungen, die seine Ansicht durch ihr prächtiges Aussehen 
allerdings belegen, aber auch zeigen, dass viel Mühe und Ge¬ 
schicklichkeit angewendet werden muss, um günstige Resultate 
zu erhalten. Die Ausführungen des Redners fanden den verdienten 
Beifall der Versammlung. 

Sodann hielt Herr Barrett sein Referat über 

„Ueber Kronen- und Brückenarbeit'L 

Er hält Kronen für sehr empfehlenswerth und nützlich, 
warnt aber vor der Anfertigung allzu grosser Brücken, und ins¬ 
besondere findet er es verwerflich, gesunde Zähne anzubohren, 
um sie als Pfeiler zu verwenden. 

In der Discussion meint ein Redner, man solle nur ent¬ 
fernbare (removable) Brücken anfertigen, zur Befestigung Gement 
nehmen und dasselbe durch Anrühren mit Jodoform antiseptisch 
machen. Merkwürdigerweise fand sich Niemand, der darauf er- 


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widert hätte. Zum Punkte Befestigung meint J enkins-Dresden, 
man könne nicht allgemeine Begeln aufstellen, wann man zu 
diesem Zwecke Gement und wann Almagam verwenden soll, 
vielmehr müsse der Operateur von Fall zn Fall sich darüber 
entscheiden. 

Herr Morgenstern empfiehlt entfernbare Brücken, derart 
befestigt, dass die tragenden Wurzeln — Zähne verwendet er 
nicht — immer einer Behandlung zugänglich bleiben. 

Barrett sagt im Schlussworte, man solle nur solche 
Wurzeln extrahiren, die durch Resorption ganz locker geworden 
sind, diejenigen aber, die einer Behandlung zugänglich sind, 
für einen derartigen Zahnersatz zu erhalten trachten. 

Als Nächster spricht Herr Hesse-Leipzig über: »Oie 
Drehung der Prämolaren um ihre Längenachse“. Er 
meint, dass die grosse Mehrzahl der Prämolaren, insbesondere 
der unteren, um ihre Längsachse gedreht sind und schreibt diesen 
Umstand dem Kauacte zu. 

Herr Marschall-Chicago demonstrirt einen Ver¬ 
band für Gesichtsknochenbrüche mit Photographien von 
Kranken. 

Mit grossem Interesse folgte sodann das Auditorium, trotz 
seiner augenscheinlichen Ermüdung, den Ausführungen von 
Buse h-Berlin über: 

„Verwachsung und Zwillingsbildung der Milchzähne 
und der bleibenden Zähne*'. 

Busch unterscheidet verwachsene Zähne, das sind solche, 
die aus der Verwachsung zweier in’s Gebiss normal gehöriger 
Zahnkeime entstehen, und Zwillingszähne, die dadurch gebildet 
werden, dass ein Zahnkeim mit dem eines überzähligen ver¬ 
schmilzt. Bei Milchzähnen sind Verwachsung und Zwillings- 
hildung nur an den Frontzähnen beobachtet worden und nur 
ein einziger Fall ist von Magi tot beschrieben, indem es sich 
um die Verwachsung zweier Milchmolaren h andelte. Die Mittel¬ 
linie bildet immer die Grenze für die Verwachsung sowohl beim 
temporären, als auch beim bleibenden Gebisse. Niemals sind 
die beiden mittleren Schneidezähne verwachsen, immer nur der 


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mittlere mit einem seitlichen oder ein solcher mit einem Eck- 
II zahne. Im bleibenden Gebisse sind die Molaren weit öfter ver- 

1 wachsen als die Frontzähne, aber immer nur der Zweite und 

der Dritte, was umso merkwürdiger ist, als sie sich zu ver¬ 
schiedenen Zeiten entwickeln. 

jn Der Vortragende belegt seine Ausführungen durch eine 

grosse Sammlung sorgfältig zusammengestellter Objecte, in 
welcher sich je ein Fall von Zwillingsbildung an einem Stoss- 
.y zahne und an einem Molaren vom Elephanten befindet. 

Hierauf wird die Sitzung geschlossen. 


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V. Sitzung. 

Samstag 9. Angast im Saale der Ressource. 

Trotz des wichtigen Gegenstandes, der auf der Tagesord- 
ordnung stand, das Referat Talbot’s äber; 

„Unregelmässige Stellung der Zähne“, 

waren nur verhältnissmässig wenige Theilnehraer erschienen. 

Die Mehrzahl war durch die Verhandlungen der vorigen 
Tage zu sehr erschöpft, um noch mit Erfolg an der Sitzung 
theilnehmen zu können Zudem war es am vorigen Tage einigen 
Rednern gelangen, durch langathmige Auseinandersetzungen über 
die langweiligsten Themen das Auditorium in begründete Angst 
zu versetzen, es könnte auch heute ähnlich verhandelt werden. 

Auf das Referat Talbot’s und die darauf folgende Dis- 
cussion, an welcher sich Iszlai und Magitot betheiligten, 
werden wir in der nächsten Nummer zurückkommen. 

Es sprachen ausserdem Herr B. Sachs-Hirschherg; Zur 
Odontologie der angeborenen Kieferspalte, Herr 
Morgenstern-Baden-Baden: Neue Untersuchungen über 
die Bildung des Schmelzes und des Zahnbeines. Zu 
einer Discussion kam es nicht. 

Die folgenden Redner, Herr Sch war ze-Leipzig über den 
Bonwill-Articulator und Herr Ritter-Berlin über „Tu- 
berculöse Muudaffection“, waren genöthigt sich ganz kurz 
zn fassen, ohzwar ihre Ausführungen der allgemeinen Beachtung 
würdig waren. 


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Herr Aryäpäa-Helsingfors sprach über Orthopädische 
Behandlung künstlicher Nasen durch Stützapparate 
und erläuterte seine Auaführnngen durch eine Reibe sehr schöner 
Abbildungen und lehrreicher Gipsabgüsse. Dazu bemerkt Gal¬ 
lippe-Paris, dass Martin-Lyon aus Platin Gerüste verfertige, 
die vor Vornahme der Plastik in die den Defect begrenzenden 
Knochen eingebraeht werden, worüber dann der Lappen ge¬ 
spannt wird. Eine Beschreibung der Methode findet sich in 
dessen Werke: »La prothese immddiate“. 

Damit waren die Verhandlungen zu Ende. 

Der Vorsitzende nimmt nnn das Wort zu einer kurzen 
Ansprache, in welcher er hervorhebt, dass, wenn die Verhand¬ 
lungen der Section die Zahnheilknnde gefördert haben, dieses 
in erster Linie der grossen Anzahl hervorragender Männer zu 
danken sei, die ausserhalb Deutschland weilend, der Einladung 
nach Berlin gefolgt sind. Er fordert die deutschen Mitglieder 
auf, den Genannten durch Händeklatschen den Dank nnd die 
Anerkennung anszusprechen. 

Sodann erhebt sich Magitot und feiert in schwungvoller 
Rede das Präsidium, das mit so vieler Sorgfalt nnd Mühe die 
Verhandlungen geleitet. Nachdem der Beifall sich gelegt, stellt 
Magi tot den Antrag, dis Section, die durch ihre Verhand¬ 
lungen in glänzender Weise gezeigt, dass sie sämratliche Muud- 
krankheiten in ihr Gebiet gezogen, auf dem nächsten Congress 
als Section für Odontologie und Stomatologie zu con- 
stituiren. Damit schloss die letzte Sitzung der Section. 

Wir haben uns im Vorhergehenden bemüht, ein kurzes 
Bild des in den Sectionssitzungen Gebotenen zu geben. 

Wenn man bedenkt, dass neben den fünf Hanptthemen 
mehr als 30 Vorträge angemeldet und zum grossen Theile auch 
gehalten wurden, so wird man es leicht begreiflich finden, dass 
Vieles nur sehr oberflächlich zur Besprechung gelangte. Das 
Präsidium, von der löblichen Absicht geleitet, alle eingetragenen 
Redner zu Worte kommen zu lassen, sah sieh oft genöthigt zur 
Kürze zu mahnen, und so blieb Vieles, was von allgemeinem 
Interesse gewesen wäre, unbesprochen, und die gewonnene Zeit 
wurde oft auf Vorträge verwendet, die der Versammlung füglich 


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hätten erspart werden können. Doctissimus quisque modestissi- 
mus; gerade die Berufensten verzichteten auf das Wort. Nicht 
unerwähnt können wir d.ie grossen Verdienste lassen, die sich 
Professor Miller erworben und die ihm den Dank eines jeden 
Theilnehmers sichern. Seine Ausführungen waren unstreitig die 
gediegensten. Dabei war Miller unermüdlich um das Gelingen 
sämmtlicher Demonstrationen bemüht und machte sich in liebens¬ 
würdigster Weise als Dolmetsch der deutschen und englischen 
Sprache geradezu unentbehrlich. Daran sehliessen sich als be¬ 
sonders hervorragend die Referate von Mummery und Ma¬ 
gitot und der Bericht von Gallippe. 

Last not least sei die herzliche Gastfreundschaft erwähnt, 
welche die deutschen Zahnärzte an ihren fremden Oollegen 
übten. Die Stimmung beim Sectionsdiner, bei welchem die Theil- 
nehmer von den Veranstaltern des Festes bewirthet wurden, war 
eine ungemein animirte. Es sprachen: Busch, Miller, Calais, 
Magitot, Barrett, Cunningham und Andere. Wohl Jeder 
hat Berlin mit dem Bewusstsein verlassen, eine Reihe schöner 
Tage dort verlebt zu haben. 


63. VmaiDiDiiiiii irtclier MrMer di 6 Aerale in Brwii 

vom 15. bis 20. September 1890. 

Abtheilung für Zahnheilkunde. 

(Originalbericht.) 

Am 15. September versammelten sich die Theilnehmer 
der Abtheilung für Zahnheilkunde im Gymnasium in Bremen. 
Die aufgelegte Liste erwies von auswärtigen Gästen solche 
aus Oesterreich, der Schweiz, England und Amerika. Nach 
einer kurzen begrüssenden Ansprache von Seite des ein¬ 
führenden Vorsitzenden, Herrn Zahnarzt Dr. Herbst in Bremen, 
und nach Erledigung der Geschäftsordnung, in welcher 
Dr. Herbst und für die nächsten Tage Dr. Weil aus 
München zu Vorsitzenden erwählt waren, wurde zuerst 
Dr. Weil das Wort zu einem Vortrage ertheilt. Derselbe be- 


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handelte „die Odonthele der Zahnpulpa“, diejenigen Neu¬ 
bildungen, welche auch noch unter dem Namen Dentinoide, 
Dentikel, Pulpasteine, Pulp nodules u. s. w. bekannt sind. 
Redner berührte darin die verschiedenen älteren Theorien, 
welche über die Entstehung derselben vorhanden sind, nannte 
zuerst Wedl, der in seiner Pathologie der Zähne über diesen 
Gegenstand geschrieben hat, Witzei, der in seinem Buche 
„Die antiseptische Behandlung der Pulpa“ eine andere Theorie 
aufgestellt hatte, sowie einige Andere. Auf seine eigene An¬ 
sicht übergehend, die aber nach seiner Angabe noch nicht 
völlig abgeschlossen ist, zeigte er zunächst einige Abbildungen 
von mikroscopischen Präparaten. Die Präparate zeichneten 
sich von allen bisher angefertigten dadurch aus, dass sie nach 
einem neuen Verfahren hergestellt waren, welches darin be¬ 
steht, Hart- und Weichtheile von Knochen und Zähnen un- 
entkalkt zu schleifen; gerade dieses von dem Redner erfundene 
Verfahren sicherte ihm einige besondere Beobachtungen. Er 
zeigte an diesen Präparaten, wie die Odonthele stets frei in 
der Pulpa entstehen, immer kugelförmig sich entwickeln und 
häufig in grösserer Zahl zu einem einzigen Grösseren zusammen¬ 
schmelzen. Solche zusammengeschmolzene Odonthele, bei denen 
die Schaltmasse dentificirt ist, sind natürlich auch in anderer 
als runder Form anzutreffen. Es kann Vorkommen, wie Redner 
durch Vorlegung bewies, dass solche einen genauen Abguss 
der Pulpaphöhle selbst noch mit einem in die Wurzel reichenden 
Stil versehen, darstellen. Der Structur nach charakterisirte er 
die Odonthele als Osteodentia, als einer inferioren Stufe der 
Dentine. Da es sich um eine pathologische Neubildung handelt, 
welche immer auf einem niedriger stehenden Grade der Ent¬ 
wicklung stehen, so ist diese mangelhafte Structur der in Rede 
stehenden Gebilde erklärlich. Auch Baume vertritt die Ansicht, 
dass die Bildung, als eine übereilte, mangelhaft sein müsse. 
Unter Vorbehalt derjenigen zu erörternden Punkte, welche 
sich auf die Entstehung der Hohlräume, Verhalten von Nerven 
und Blutgefässen beziehen, erwähnte Redner nur, dass die 
Odontoblasten durch Umwandlung von Spindelzellen in solche 
durch einen die Neubildung verursachenden Reiz entstehen. 


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Dieser Reiz sei stets ein chronischer, entweder übermässiger 
Gebrauch, resp. Missbrauch beim Kauen in äusserlich gesunden 
Zähnen, oder grosse Metallfüllungen, oder endlich als häufigste 
Ursache, chronische Caries. Nicht immer äussern sich Odonthele 
durch Symptome; wenn sie es aber thun, dann sind sie für 
den Patienten höchst schmerzhaft und lästig. Schmer? tritt 
besonders ein durch thermische Reize, namentlich heisse 
Speisen; der Schmerz ist vorübergehend, aber sehr heftig und 
meist auf den erkrankten Zahn beschränkt, eigentliche Neu¬ 
ralgie tritt nicht ein. Es ist dies für die Diagnose wichtig. 
Die Diflferentialdiagnose hat sich auf beginnende partielle 
Pulpitis zu richten, bei letzterer geht der Schmerz bald in 
einen constanten über. Einen genauen Anhalt haben wir dann, 
wenn Patient bereits früher einen von dieser Krankheit be¬ 
fallenen Zahn gehabt hat, dann leider bleibt es in den meisten 
Fällen nicht bei der Erkrankung eines Zahnes, sondern es 
können mehrere, ja nach und nach sogar alle befallen werden. 
Was nun die therapeutischen Massnahmen betrifft, so warnt 
Redner vor dem übereilten Extrahiren, zumal der Schmerz in 
vielen Fällen sofort auf den Nachbarzahn überspringt. Man 
soll den Zahn eröffnen, das Odonthel so schonend wie möglich 
entfernen und dann die Pulpa mit Arsenik abtödten. Sobald 
sie unempfindlich ist, soll dieselbe sorgfältig exstirpirt werden, 
und soll besonders darauf gesehen werden, dass auch der¬ 
jenige Theil der Pulpa, welcher durch die Wurzelspitze 
hindurchgeht, mit entfernt wird, weil sonst dieser Theil später 
leicht wieder schmerzhaft werden kann. 

Nachdem Redner noch eine Anzahl mikroscöpischer, nach 
seiner besonderen Art hergestellter Schnitte demonstrirt hatte, 
wurde beschlossen, die nächste Sitzung in dem Hause 
Dr. Herbst’s, wo derselbe an Patienten operiren wollte, ab¬ 
zuhalten. 

Dieselbe fand an dem folgenden Tage statt. 


Es wurden zuerst von Dr. Herbst bei einem jungen 
Manne die beiden unteren linken Bicuspidaten mit Gold ge¬ 
füllt. Mittels Cocainzwirn und dem von Herbst erfundenen 

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Mittel gegen empfindliches Dentin (1 Theil Schwefel¬ 
säure zu 4 Theilen Schwefeläther) wurde die Empfindlichkeit 
der Zähne bedeutend herabgesetzt. Beim Anlegen der Coffer- 
dams wurde nur eine gebogene Stecknadel benutzt, welche 
von der Lippenseite zwischen die Zähne eingeführt wurde. 
Die Zähne wurden von der Kronenseite zugänglich gemacht 
und beide Höhlen zusammen plombirt und nachher separirt. 
Unten wurde Zinngold untergelegt, weil sich dies am besten 
an die Ränder anlegt, darauf Goldcylinder und diese durch 
Rotation gedichtet. Bei der Rotation ist darauf zu achten, dass 
man mit dem Instrument — Stein- oder Stahlkugeln je nach 
der Grösse — nicht einen Punkt trifft, sondern mit gleitendem 
Druck darüber hinfährt. Dann wurde Blattgold Nr. 4 auf¬ 
gelegt, endlich Folie Nr. 60 und nun die Ränder sorgfältig mit 
einer Fraise behandelt und alles Ueberflüssige weggenommen. 

Dann wurde bei demselben Patienten ein Zahn gezeigt, 
welcher abgetödtet und nachher ohne Antisepticum mit Zinn¬ 
gold angefüllt war. Dr. Herbst empfahl diese Methode, welche 
anfänglich grosses Bedenken erregt hatte, auf das Angelegent¬ 
lichste. Einigen Herren, welche nach derselben Methode 
schon längere Zeit gearbeitet haben, bestätigten die günstigen 
Erfolge. Es wurde besonders davor gewarnt, einen Theil der 
Wurzelpulpa zu entfernen, vielmehr soll nur die Pulpahöhle 
mit einem grossen runden Bohrer angebohrt werden und 
dann Zinn oder Zmngold hineingestopft und durch Ro¬ 
tation ganz fest an die Wände gepresst werden. Wenn man 
zur Ausfüllung andere Materialien, wie Amalgam, Guttapercha 
u. s. w. nimmt, dann hat man weniger Chancen; Zinn schliesst 
am besten ab. 

Darauf wurden bei einer Dame die vier vorderen Zähne 
mit Gold gefüllt. Auch hier wurde bei einigen Zinngold unter¬ 
legt, weil die hintere Wand sehr schwach war, und besonders 
darauf aufmerksam gemacht, dass sich dasselbe nicht nach 
vom durchdrückt, weil sonst ein dunkler Rand entsteht. 
Dauer der Füllungen 9, respective 7V* Minuten. 

Nach einer kleinen Frühstückspause schritt Dr. Herbst 
zur Demonstration der von ihm erfundenen Glasfüllungen. 


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Zuerst zeigte er das Material, aus dem die Masse be¬ 
reitet wird, — venetianische Emaille — und gab dann ver¬ 
schiedene Arten an, einen guten Abdruck der zu füllenden 
Cavität zu erlangen. Man nimmt ein wenig Stentsmasse, er¬ 
wärmt die Oberfläche und drückt sie in die Cavität. Nachdem 
sie in Wasser abgekühlt, drückt man sie in ein anderes 
Stückchen erweichter Stentsmasse und hat nun eine kleine 
Stanze. Dazwischen wird Goldfolie Nr. 60 gelegt, und nachdem 
man zusammengedrückt, hat man den Abdruck in der Folie. 

Eine andere Art des Abdrucknehmens ist folgende: Man 
drückt die Folie auf die Cavität, stopft sie mit Baumwolle 
aus und rotirt mit einer Kugel rings an den Wänden. Darauf 
drückt man mit einem Radirgummi fest darauf und bekommt 
so scharfe Ränder. Für tiefe Cavitäten empfiehlt er das Gold 
vorher zu knittern und zu glühen, weil sonst leicht Risse 
entstehen. 

Es folgt nun das Aufträgen und Modelliren der Masse 
und Brennen über einer Spiritus- oder Gasflamme. Als eine 
Neuerung der letzten Tage gab er an, dass er auf den Boden 
erst gelbe, undurchsichtige Emaille legt, welches den Zweck 
hat, das Durchschimmern des Cements zu vermeiden. Dann 
legte er die Form auf ein Platinsieb, damit die Masse langsam 
angewärmt werde. Bei grösserer Cavität soll man auf den 
Boden einige Sandkörner legen, damit die Unterfläche rauher 
wird. Bei flachen Cavitäten dagegen erhält man die Rauhigkeit 
dadurch, dass man die Goldfolie nach Vollendung des Blockes 
nicht abzieht, sondern mit dem Corund abschleift. Die Be¬ 
festigung geschieht durch Cement; er empfahl Weston’s In- 
soluble Cement, sowie Brinkmann’s Kaolinemaille, weil man 
diese sehr dünn anrühren kann. 

* Bei der Frage, ob sich nicht im Laufe der Zeit das 
Cement auflösen und dadurch die Füllungen herausfallen 
würden, entgegnete Herbst, dass er vor Jahren auch Gold¬ 
plättchen mit einem Ring versehen durch Cement befestigt 
habe und dass sich diese Füllungen durch Jahre lang völlig 
intact erhalten hätten, es sei also gar keine Gefahr, dass der 
Cement sich auflöse. 

6 * 


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Am Nachmittage zeigte er noch die Herstellung von 
Matrizen. Stahlstreifen, zwei Drittel Centimeter breit, 
werden schwach geglüht und zu Chamierdraht gezogen, 
darauf zwei Centimeter lange Stückchen abgeschnitten und 
mit der Flachzange etwas über die Hälfte breitgedrückt, 
dadurch spaltet sich dieses Ende auseinander, das sich dann, 
wenn eine mit flachgeschlagener Spitze versehene Stecknadel 
hindurchgesteckt wird, dicht an die Wände legt. 


Am folgenden Tage fuhr Herbst in seinen Demon¬ 
strationen fort. Er vertheilte zunächst an alle Anwesenden 
Büchschen mit Kobalt (metallischem Arsenik)) und empfahl 
solchen, fein zerrieben und mit 4 Theilen Cocain vermischt, 
auf ein in Carbolsäure getauchtes Wattebäuschchen gelegt, 
zum Abätzen der Pulpa statt des gebräuchlichen Acid. ar- 
senicos. 

Hierauf erhielt zunächst College Schröder aus Cassel 
das Wort zur „Demonstration eines neuen Chloroform¬ 
apparates“. Derselbe ist von Dr. Wirkemann in Mül¬ 
hausen i. E. erfunden, und besteht sein Vorzug darin, dass 
nur ein ganz geringer Verbrauch an Chloroform stattflndet. 
Es wird dadurch das Uebelbefinden der Patienten nach der 
Betäubung erheblich gemindert und die Narcose tritt selbst 
bei Potatoren rasch und sicher ein. Durch ein genau regulir- 
bares Tropfglas fallen von selbst eine bestimmte und nach 
der Individualität der Patienten verschiedene Zahl von Tropfen 
Chloroform auf ein in einer Kammer befindliches Stückchen 
Flanell. Hiermit in Verbindung steht durch einen Schlauch 
ein Mundstück, ähnlich dem bei Lachgasapparaten. Setzt man 
dieses dem Patienten vor, dann athmet er ein ganz genau 
bestimmtes Volumen Chloroform ein. 

Darauf schritt Herb'st zur Demonstration von 
kleinen Zahnpi^cen aus Zinn. Zuerst wurde ein Stift¬ 
zahn gemacht. Der Stift wurde eingepasst, der Zahn aufge¬ 
schliffen und mit etwas Stentsmasse im Munde am Stift fixirt. 
Darauf das Ganze in Gips gebettet und nachher die Stents¬ 
masse entfernt. Kleine Stückchen reinen Zinnes wurden nun 


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darauf gelegt und, nachdem der Stift und die Crampons mit 
Löthwasser bestrichen, mit dem auf Salmiak abgestrichenen 
Löthkolben zum Schmelzen gebracht. Nachdem die ganze 
Masse flüssig, wurde ein Stückchen Wundschwamm darauf 
gelegt und mit dem Finger fest angedrückt. Dadurch presste 
sich das Zinn fest an, und zeigte der Zahn nachher einen ganz 
genauen Anschluss an die Wurzel. 

Auf dieselbe Weise wurden noch einige kleinere Piecen, 
auch Brückenarbeiten hergestellt. Dabei wurde empfohlen, 
weil Edelmetalle sich schwer mit Zinn verbinden, die Löth- 
stellen vorher mit Schnellloth zu bestreichen. 

Nachdem Herbst noch die Herstellung eines Goldringes 
behufs Aufnahme einer Krone auf einer schlechten Wurzel 
gezeigt, erfolgte der „Vortrag und die Demonstrationen 
über Glasfüllungen“ von Herrn Meyer aus Remscheid, 
die eine fheilweise Ergänzung desjenigen, was Herbst selbst 
vorgetragen hatte, bilden sollten. Bei dem grossen Interesse, 
das diese Füllungen überall erregten, lassen wir den Vortrag 
des Herrn Meyer hier im Wortlaut folgen. 

Meine Herren! Es mag Ihnen verwunderlich, wohl gar 
etwas dreist von mir erscheinen, dass ich von Remscheid 
hiehergekommen bin, um Ihnen an' der Geburtsstätte der herr¬ 
lichen Glasfüllungen unter den Augen des Vaters derselben, 
unseres verehrten Collegen Herbst, einen Vortrag über diese 
zu halten, nachdem der Erfinder selbst bereits über diesen 
Gegenstand gesprochen. Ich würde es aus eigenem Antriebe 
auch nicht gewagt haben, wenn mich nicht College Herbst, der 
sich von meinem besonderen Interesse an dieser eigenartigen 
Erfindung überzeugt hatte, selbst hiezu ermuntert hätte. Das, 
was ich Ihnen zu bieten vermag, soll nicht den Anspruch er¬ 
heben, etwas Besseres zu sein, als was Sie gestern gesehen 
haben, aber es ist theilweise etwas Anderes, hervorgegangen 
aus den vielen Misserfolgen, die ich im Anfang bei den Ver¬ 
suchen, Glasfüllungen herzustellen, hatte. Da solche Misserfolge 
auch Anderen passiren könnten und diese vielleicht ein 
Hinderniss bildeten, dass diese Erfindung sich allgemeiner ein¬ 
bürgert, so hoffe ich Manchem damit einen Gefallen zu er- 


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weisen, wenn ich zeige, wie man den Misserfolgen begegnen 
kann. In diesem Sinne bitte ich Sie, meine Demonstration 
aufzunehmen. 

Nach dieser captatio bmevolentiac erlaube ich mir. Ihnen 
zunächst einige von mir hergestellte Füllungen zur Ansicht 
zu übergeben. 

(Redner übergibt eine Anzahl extrahirter, meist sehr 
stark cariöser, grossentheils Backzähne, welche mit grossen, 
theilweise die halbe Krone ersetzenden Gontourfüllungen ver¬ 
sehen waren, und fand nicht nur die natürliche Form, sondern 
auch die genaue Uebereinstimmung der Farbe, sogar in ver¬ 
schiedenen Nuancen an einem und demselben Zahn, lebhafte 
Anerkennung. Insbesondere fand ein mit starken Erosionen 
versehener Backzahn, bei dem die Füllung genau die Erosions¬ 
linie, sowie den rauhen oberen und glatten unteren Theil der 
Krone nachgeahmt hatte, besondere Bewunderung.) 

Redner fortfahrend: Sie sehen an diesen Füllungen, die 
ohne grosse Schwierigkeiten herzustellen sind, was für schöne 
Erfolge wir erzielen können, wie wir uns grossen Dank bei 
unseren Patienten erwerben können, wenn wir im Stande 
sind, eine Füllung zu machen, die nicht blos den Zahn erhält, 
sondern ihm auch sein ursprüngliches Ansehen wieder ver¬ 
schafft. Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorübergehen 
lassen, ohne über den Werth der Glasfüllungen überhaupt 
ein paar Worte zu sagen. Der Wunsch, an sichtbaren Stellen 
eine Füllung herzustellen, die zugleich ästhetisch befriedigt, 
was auch die allerschönste Goldfüllung ja nicht vermag, hat 
bekanntlich in Amerika zu den Porzellanfüllungen geführt. 
Dieselben sind aber nur auf sehr umständliche Weise herzu¬ 
stellen. Man bedarf dazu eines kostspieligen Ofens und eines 
längeren Zeitraumes, so dass wir Patienten von Auswärts, die 
ganz in einer Sitzung fertig zu werden wünschen, nicht so 
leicht zu befriedigen im Stande sind. Alles das brauchen Sie 
bei den Glasfüllungen nicht, ein einfaches Material, die aller¬ 
einfachsten Heizvorrichtungen und ein geringer Zeitaufwand, 
das sind schon so grosse Vortheile, dass sie allein zu Gunsten 
der Glasfüllungen sprechen würden. Nun könnte man vielleicht 


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sagen, wenn Porzellanfüllungen auch umständlicher sind, so 
sind sie doch vielleicht dauerhafter und schöner. Durchaus 
nicht, meine Herren; wenn man gutes Material zu den Füllungen 
nimmt, aus venetianischer Emaille hergestelltes, so lässt weder 
das Aussehen noch die Haltbarkeit etwas zu wünschen übrig. 
Dabei bietet sie aber gegenüber den Porzellanfüllungen noch 
einen grossen Vortheil, und das ist der, dass wir beim Arbeiten 
den natürlichen Zahn vor Augen haben. Da wir in den 
meisten Fällen mehrere Male bremien müssen, so können wir 
uns jedesmal leicht überzeugen, ob auch Alles nach Wunsch 
geworden ist, können etwaige Ungenauigkeiten corrigiren und 
da, wo es sich um verschiedene Schattirungen handelt, diese 
ohne Schwierigkeiten herstellen. Beides also, die bequemere 
Art der Herstellung und die Möglichkeit grösserer Genauigkeit 
der Nachahmung, das sind die grossen Vortheile, welche die 
Glasfüllungen vor den Porzellanfüllungen haben und die es 
ermöglichen, dass sie zum Gemeingut Aller werden. 

Ich werde nun einige Füllungen vormachen. Hier ist das- 
Material, das Sie theilweise schon kennen. Ich habe eine 
Anzahl Farben hergestellt, die in den meisten Fällen genügen 
wird. Durch Mischen derselben kann man auch ganz selten 
vorkommende Nuancen erzeugen. 

(Redner zeigt einen Carton vor, auf welchem 16 ver¬ 
schiedene Nuancen in gebrannten Farbenproben befestigt sind, 
welche ziemlich allen Schattirungen der Zähne entsprechen.) 

Wollen Sie sich das Material selbst anfertigen, so will 
ich Ihnen das Recept verrathen. 

(Redner vertheilt die verschiedenen Grundfarben, durch 
deren Mischung man die Nuancen erzielt.) 

Wollen Sie aber das fertige Material haben, so können 
Sie es durch die Depots zu einem civilen Preise beziehen. Sie 
können jede Farbe einzeln haben, so dass, wenn Sie einmal 
einen Versuch machen wollen, dies mit den geringsten Kosten 
thun können. 

Ich schreite nun zur Herstellung einer einfachen Füllung 
eines Frontzahnes, also zu demjenigen Fall, wo die An¬ 
wendung dieses Materials am erwünschtesten ist. Zum Abdruck- 


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322 


nehmen benutze ich ein Stückchen Gold- oder Platinfolie Nr. 60. 
Goldfolie lässt sich leichter verarbeiten, verbrennt aber mit¬ 
unter beim Glühen an den Rändern. Mit den Fingern drücke 
ich die Folie in die Cavität, so dass ich einen ungefähren 
Abdruck habe, dann stopfe ich Wattekügelchen mit der Pincette 
hinein und drücke zuletzt, während die Watte noch darin 
ist, mit einem Stück Radirgummi fest darauf; dadurch erhalte 
ich ganz scharfe Ränder. Die Folie gibt mir nun einen genauen 
Abdruck der Cavität. Unten werden ein paar Sandkömchen 
gelegt und etwas trockenes Emaillepulver. Hierdurch bekommen 
wir eine rauhe Unterlläche, welche zur Befestigung durch 
Gement nothwendig ist. 

Ich erfasse nun die Folie mit einer spitzen Pincette, die 
ich mir mit einem Schieber versehen habe, um mir die Finger 
nicht zu verbrennen, und halte dieselbe über eine Spiritus¬ 
oder Gasflamme. Nachdem die erste Schicht geschmolzen, 
wird feuchte Emaille aufgelegt, mit dem Pinsel modellirt und 
von Neuem gebrannt. Da die Cavität noch nicht ganz voll 
ist, wiederholen wir das Verfahren noch einmal. Jetzt wird 
die Folie vom Block abgezogen, und Sie sehen, dass es genau 
in die Cavität passt. 

Dieses Verfahren mit blosser Folie empfehle ich ganz be¬ 
sonders Solchen, die einen ersten Versuch machen wollen. Wenn 
Sie die von mir benützten Emaille nehmen, ist nicht zu befürchten, 
dass der Block durch zu rasche Abkühlung Sprünge bekommt. 

Man kann auch complicirtere Füllungen mit blosser Folie 
machen. Sehen Sie diesen Bicuspis, eine Ecke fehlt, ein Fall, 
wie er in der Praxis täglich vorkommt. Ich bereite mir die 
Cavität folgendermassen vor. Ich modellire die Ecke aus 
Stentsmasse, so dass die Form des Blockes nur angedeutet 
wird, nehme hierüber den Abdruck und verfahre wie oben. 

In gleicher Weise stelle ich auch schwierigere Contour- 
füllungen in Backzähnen her. 

Liegt die Cavität in zwei verschiedenen Ebenen, wie 
hier, dann nehme ich den Abdruck zunächst nur von einer 
Seite, mache diese fertig und lege dann die Folie nach der 
anderen Seite hinüber und vollende nun das Ganze. 


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Ich komme nun zu einer anderen Art der Herstellung, 
der mit Gypsform, mit oder ohne Folie. Dies ist die Art, wie 
College Herbst sie zuerst im vorigen Jahre und im Frühjahr 
demonstrirt hat. Mit Stentsmasse wird der Abdruck der 
Gavität genommen, ein Gipsmodell gegossen und dieses voll 
Emaille gefüllt. Nun ging er mit der Löthflamme direct auf 
die Glasmasse und brachte sie dadurch zum Schmelzen. 

So wollte ich es auch machen, und die vielen Misserfolge, 
die ich dabei hatte, bestimmten mich, einen anderen Weg 
einzuschlagen. In den meisten Fällen nämlich wurde mir der 
ganze Block rauchig und schwarz, selten nur gelang einmal so 
'ein Ding, so dass das ganze Verfahren unmöglich für meine 
Praxis verwendbar war; das Gas, welches mir zur Verfügung 
stand, war nicht rein, und ich blieb daher von dem Gas ab¬ 
hängig. 

(Verschiedene Zurufe: Mir ist es ebenso ergangen!) 

Ich kam also auf den Gedanken, die Flamme so zu 
richten, dass sie die Glasmasse nicht selber berührte. Dazu 
ist es nöthig, dass man die Gipsform frei ohne Unterlage in 
der Luft hält. Um das zu bewerkstelligen, nehme ich einen 
15 bis 20 Gentimeter langen Eisendraht und biege das eine 
Ende kreisförmig, etwa so gross wie die Form, herum. Nun 
rühre ich Gips und Bimsstein an (2 :3), thue eine Kleinigkeit 
davon auf ein Stück Papier und lege die Drahtschlinge rings 
herum. Jetzt nehme ich den Abdruck aus Stentsmasse und 
drücke ihn in die Mitte der Gipsmasse hinein, dadurch presst 
sich der Gips etwas zur Seite rings herum, und nach dem 
Erhärten sitzt die Form fest am Draht. Das Aufträgen der 
Glasmasse geschieht nun wie gewöhnlich, nur muss man die 
Form vorher ganz vom Wasser durchziehen lassen, damit das 
Pulver sich nicht kugelförmig zusammenballt. Damit Sie nun die 
Löthflamme von unten senkrecht gegen die Rückseite blasen 
können, ist es nöthig, sich das Löthrohr halbkreisförmig zu 
biegen, dann brauchen Sie sich nicht zu bücken und können 
die Masse übersehen. Nun ist aber noch ein Zweites zu be¬ 
achten. Wenn die Flamme frei brennt, dann wird zu viel von 
der Hitze in den umgebenden Raum verstreut, und die Gips- 


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324 


form wird nicht genügend erhitzt, um die Masse gut zum 
Schmelzen zu bringen. Wir müssen sie also Zusammenhalten. 
Das geschieht sehr einfach durch diesen Blumentopf. Derselbe 
wird verkehrt auf einen Dreifuss über die Flamme gestülpt, 
durch das an der Seite hineingeschnittene Loch wird die 
Form hineingehalten, und wenn Sie nun blasen, dann wird 
rasch die Masse zum Fluss gebracht. 

Sie sehen hier die Mahlfläche eines Backzahnes. Die 
ganze Masse ist jetzt flüssig. Ich nehme die Form heraus und 
drücke mit diesem selbstconstruirten Instrument hinein, und 
nun haben Sie die Fissuren der Kaufläche schön ausgeprägt 
vor sich. 

Obwohl diese Art der Herstellung einer Glasfüllung etwas 
umständlicher ist, so empfiehlt sie sich doch ausser dem eben 
erwähnten Fall da, wo es schwieriger ist, mit blosser Folie 
einen Abdruck zu erhalten. 

Es bleibt ja Jedem überlassen, welchen Weg er in jedem 
Falle für den vortheilhaftesten hält. Beide Arten aber, die 
mit Gipsform wie die mit blosser Folie sind bei nur einiger 
Uebimg so leicht und so schön auszuführen, dass ich Jedem 
rathen kann, sich einmal daran zu wagen. Sie werden Ihre 
Freude daran haben und manchem Patienten und damit sich 
selbst einen grossen Dienst erweisen, wenn Sie einem häss¬ 
lichen, durch Caries theilweise zerstörten Zahn wieder sein 
früheres Aussehen verleihen. Freuen wir uns, dass uns College 
Herbst durch seine geniale Erfindung den Weg gezeigt hat, 
wie wir die Natur am besten nachzuahmen im Stande sind. 


Am Donnerstag fuhr Herbst in seinen Demonstra¬ 
tionen fort. Die für einen Collegen hergestellte Glasfüllung, 
keilförmiger Defect, wurde mit Gement befestigt. Um das 
Stückchen gut halten zu können, nahm er es auf ein Stäbchen 
Wachs mit Harz und drückte es damit in die Cavität. Die 
hierbei schwierige Anlegung der Cofiferdams, die Cavität 
reichte bis dicht an das Zahnfleisch, wurde dadurch bewerk¬ 
stelligt, dass eine Nähnadel mit krummgebogenem Ende über 
der Cavität in den Zahn hineingesteckt wurde. Die Operation 


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325 


ist durchaus schmerzlos, und die Nadel sitzt ganz fest, sie 
hält den Gummi sicher zurück. 

Darauf zeigte er an einem extrahirten Zahn noch einmal 
genau die Rotationsmethode. Alle Ecken und Winkel der 
Cavität müssen mit Gold angefüllt werden, namentlich auch 
die Ränder dicht belegt, damit das Instrument den Knochen 
nicht berührt. Die Instrumente werden jedesmal auf Sand 
oder Schmirgelpapier abgestrichen und dann mit festem, glei¬ 
tendem Druck rotirt. Mit einem Stopfer geht man rings herum 
und prüft, ob Alles hart ist, drückt Winkel hinein und füllt 
in diese wieder. Man kann ruhig auf die glatte Fläche weiter 
legen, wenn nur die Cavität in sich genügenden Halt hat, 
denn es kommt gar nicht genau darauf an, ob sich die 
Schichten verbinden. Will man aber eine genaue Verbindung 
der Schichten haben, dann geht man erst mit einem Stahl¬ 
instrument über die untere Schicht, dadurch wird sie schön 
haftbar gemacht, und erst einige geglühte Cylinder darauf 
gelegt und festgestopft. Dadurch ist die Verbindung hergestellt. 
Nun wird wieder eine grössere Menge Cylinder darauf gelegt, 
dann Goldfolie Nr. 4 und endlich Nr. 60. Versuchsweise 
wurden sogar 6 Blatt Folie Nr. 60 auf einmal aufgelegt und 
festrotirt; es gelang nicht, dieselben abzuziehen. 

Um die Haftbarkeit des Goldes durch Rotation zu 
zeigen, zeigt einer der Anwesenden eine Silbermünze. Nach¬ 
dem sie mit dem Messer rauh gemacht, legte er einen 
grossen Goldcylinder darauf und rotirte ihn sofort fest. 
Es war nicht möglich, denselben von der Münze zu ent¬ 
fernen. 

Für die Frau eines Collegen fertigte Herbst noch einen 
Stiftzahn. Es war der erste obere rechte Bicuspis, seine Spe- 
cialität, wie er sagte. Die Wurzel war schon ziemlich schlecht. 
Erst wurde in die Gaumenwurzel ein kurzer Stift gesetzt und 
so gebogen, dass das herausstehende Ende sich an die Rück¬ 
seite der Wurzel anlehnte, dann etwas Stentsmasse darauf ge¬ 
bracht und nun der zweite Stift in die vordere Wurzel gesteckt. 
Ein Flachzahn wurde nun aufgeschliffen und im Munde fixirt. 
Alles Uebrige wurde nun mit Zinn so fertig gemacht, wie es 


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326 


bei dem gewöhnlichen Stiflzahn gemacht wurde, und der Zahn 
dann sofort im Munde festgemacht. 


Die letzten Tage waren den Besichtigungen der Stadt 
und sonstigen Vergnügungen gewidmet. Mit einer Fahrt nach 
Helgoland, respective Norderney, wobei die Lloydgesellschaft 
zur Einweihung des neuen Dampfers „Spree“ den Theil- 
nehmem an der Naturforscherversammlung diesen gratis zur 
Verfügung gestellt hatte, schloss die Jahresversammlung. Als 
Zusammenkunftsort für nächstes Jahr wurde Halle festgesetzt. 

—r. 


Referate und Journalsehau. 


The American System of Dentistry. Ed. by W. F. 

Litch, etc. II. Band.*) The stopping proeess with Gold 
and the related procednres. By Louis Jack. D. D. S. 
Dieser Band ist in einen operativen nnd in einen prothetischen 
Theil eingetheilt. Die angeführte Abhandlung beginnt die Serie 
der Aufsätze über operatire Zahnheilkunde und beläuft sich bei 
ziemlich gedrängter Schreibart auf 206 Seiten mit zahlreichen 
Figuren. Obzwar der Stoff in fortlaufenden kleinen Artikeln 
vorgetragen wird, so wollen wir doch der klareren Uebersicht 
wegen demselben eine Eintheilung zukommen lassen. Der 
erste Theil beschäftigt sich mit der Untersuchung, Handführung, 
temporären Separation, Behandlung der superf. Cavies, Behandlung 
des sensiblen Dentins, der Präparation der Cavitäten (nach der 
Localität); ferner mit dem Golde und dessen Eigenschaften, 
Handhabung und Anwendung, mit dem Fällen nach Olassen 
(d. h. nach Zahngattungen); ferner sind hier Matrizen und 
deren Anwendung, Inlaysf-Einlagen) aus verschiedenen Materialien 
und endlich die Finirung recht eingehend und verständlich be¬ 
handelt. 

1) Siehe II. Heft 1890, S. 156 dieser Zeitschrift. 


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327 


Im zweiten Theile kommt die Reihe an die tiete Caries, 
und zwar folgen hier: 1. die eonservative Behandlung der 
Zahnpulpa; 2. die Devitalisation der Zahnpulpa nach Zahn¬ 
gattungen grnppirt; 3. die Störungen nach dem Absterben 
der Pulpa. 

Im III. Theil wird je ein kurzes Capitel dem Milchgebiss 
und im IV. Theil der hygienischen Pflege der Zähne gewidmet. 

Es ist zu bedauern, dass eben der zweite, der wichtigste 
Theil, an einer schwer überwindbaren Schwäche, nämlich an 
Unklarheit leidet Wie könnte es aber auch anders ge¬ 
kommen sein, wenn statt der Benennung der in Rede stehenden 
Erkrankungen der Pulpa und der Wurzelhaut nur Periphra- 
sien der Umstände angegeben werden. Als Beispiele dieses 
ebenso unwissenschaftlichen als dem leichten Verständnisse zu¬ 
widerlaufenden Vorgehens mögen folgende Aufschriften angeführt 
sein. „Behandlung der Verhältnisse, wenn die Symptome 
subjective sind“, ebenso „wenn sie objective sind“; ferner 
die Einzelfälle hiezu „Effusion von Serum“, „Effusion von 
Lymphe“, „Eiterbildung“, „Behandlung dieser Classe von 
Fällen“ und so fort. Bezüglich der Wurzelhauterkrankungen 
geht es im selben Styl, z. B.: „Zähne, die in einem solchen 
Zustande sind, dass eine geringe Veranlassung zur Irritation 
eine (was für eine? Ref.) Wurzelhautentzündung hervorrufen 
mag.“ Wenn man die ganze Abhandlung von Anfang an nicht 
gelesen hat, so ist es rein unmöglich zu wissen, von welcher 
Erkrankung der Pulpa oder Wurzelhaut überhaupt die Rede 
ist. Die ganze Abhandlung ist unstreitig die Arbeit eines ge¬ 
diegenen Praktikers, und würden StoflT und Erfahrung durch die 
Feder eines im systematischen Lehren bewanderten Schrift¬ 
stellers vereint gewesen sein, so hätte die Arbeit einen vollen 
Werth. Immerhin aber kann der erfahrene Leser ans dieser 
Schrift — obwohl mit Mühe — so manches Anwendbare schöpfen. 

Dr. Arkövy. 

Lehrbuch der Zahnheiikunde mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung der Medicin und Chirurgie. Von Dr. med. 
Ludwig Brandt. (A. Hirschwald, Berlin 1890.) Der Autor 


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ist in der zahnärztlichen Literatur nicht unbekannt und 
hat sich namentlich durch die beiden Monographien „Urano- 
plastik etc.“ und »Zur Behandlung der Gaumendefecte“ 
vortheilhaft eingeführt. Die Fragen, die Brandt in diesen 
beiden Broschüren behandelt, wurden sachlich und mit der 
nöthigen Fachkenntniss dargestellt. Nach solch’ vorzüglichen 
Vorarbeiten konnte man mit Recht erwarten, dass der Autor 
auch grössere Arbeiten entsprechend auszuführen im Stande 
wäre. Wir glaubten dies umsomehr annehmen zu können, 
weil Brandt nach dem, was wir von ihm zu lesen bekamen, 
eine bedeutende Literaturkenntniss zu besitzen schien. Das 
uns zur Kritik vorliegende Buch (698 Seiten stark) machte 
im ersten Augenblicke den Eindruck, dass es, auf medicinisch- 
chirurgischer Grundlage aufgebaut, zwei Vorzüge in sich vereint, 
nämlich ein Leitfaden imd Rathgeber zu werden für den 
praktischen Arzt, der in der Zahnheilkunde nicht bewandert 
ist, und anderseits für den Zahnarzt als Nachschlagebuch zu 
dienen, der sich in Folge angestrengter Thätigkeit nicht gut 
mit den jetzt immer neu auftauchenden zahnärztlichen Werken 
vertraut machen kann. Im Vorwort entschuldigt der Verfasser 
das Erscheinen seines Buches damit, dass er sagt, »auf keinem 
anderen Gebiete, als gerade auf dem der Zahnheilkunde macht 
sich ein gewisser Mangel an Lehrbüchern bemerkbar, welche 
geeignet sind, dem Studirenden wie auch dem bereits in der 
Praxis thätigen Zahnarzte kurz und doch vollständig dasWissens- 
werthe seines Faches auf wissenschaftlicher Basis darzubieten“. 

»Und besonders das letztere, das Betonen der wissen¬ 
schaftlichen Basis, das tiefere Eingehen auf alle jene Beziehungen, 
welche die verschiedenen Fächer der Zahnheilkunde mit der 
gesummten Medicin, speciell aber mit der Chirurgie gemeinsam 
besitzen, halte ich für eine wesentliche und unerlässliche Be¬ 
dingung, welche zu erfüllen ich nach Kräften bemüht war.“ 

Nach diesen vielversprechenden Worten schlugen wir 
hie und da ein Capitel auf, um uns selbst zu überzeugen, ob 
der Verfasser seine Aufgabe ernst durchgeführt hat. 

Wir waren durch diese Stichproben nicht besonders 
befriedigt, weshalb wir die Durchsicht des ganzen Buches 


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Vornahmen, und überzeugten uns, dass der Autor weder das 
vorgesteckte Ziel erreicht hat, noch die Erwartungen recht¬ 
fertigte, die wir von ihm voraussetzten. Das Buch allerdings 
gross angelegt, kann weder als ein Lehrbuch, noch als ein 
Hilfsbuch angesehen werden und wir glauben, nicht allzu 
anspruchsvoll zu sein, wenn wir behaupten, die zahnärztliche 
Literatur hätte nichts verloren, wenn Brandts Lehrbuch 
nicht zu derselben zählen würde. 

Das Buch zerfällt in eine stattliche Reihe von zwölf Ab¬ 
schnitten, die aber leider wenig inhaltsreich sind. Der Autor 
ist zu wenig objectiv und behandelt einzelne, für den Zahn¬ 
arzt höchst wichtige Capitel zu wenig eingehend. Beispiels¬ 
weise ist das Füllen der Zähne auf einen ganz geringen Raum 
beschränkt. Wir stehen durchaus nicht auf dem Standpunkte, 
wie vielleicht mancher der Herren Collegen, die das Füllen 
als die wichtigste Bedingung für einen guten Zahnarzt hin¬ 
stellen. Nichtsdestoweniger aber hätte Brandt doch eine ver¬ 
nünftigere Eintheilung gerade dieses Gapitels vornehmen können. 
Der Leser wird daraus nicht klug, denn das Wichtigste für 
eine Füllung besteht wohl nicht in dem Einbringen des Füll¬ 
materiales, sondern vielmehr in der Herstellung der Gavität, 
die das Material aufzunehmen hat. In derselben flüchtigen 
Weise sind auch andere Gapitel, wie Narcose, Extraction, be¬ 
handelt und deshalb können wir dem Autor für eine nächste 
Auflage nicht dringend genug anrathen, den praktischen Theil 
den Bedürfnissen besser anzupassen. Wohl wird Niemand aus 
einem Buche das Füllen erlernen, hat er es aber praktisch er¬ 
lernt, so soll das von ihm gewählte Lehrbuch dazu dienen, 
ihn in der Ausführung zu unterstützen, nicht aber weniger 
bieten, als jeder Schüler nach Absolvirung seiner Studien weiss. 

Wenn wir noch einige Widersprüche erwähnen, in die 
der Verfasser jedenfalls unbewusst verfällt, so geschieht es, um 
aufmerksam zu machen, wie ungleichmässig die Bearbeitung 
erfolgte. So finden wir auf Seite 319 die Salicylsäure als Mund¬ 
wasser warm empfohlen und auf Seite 586 wird vor dem Ge¬ 
brauche derselben ernstlich gewarnt* Auf Seite 517 wird 
darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, dass dem Patienten 


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reines, unverfälschtes und mit fremden Stoffen nicht ver¬ 
unreinigtes Gas zugeführt wird. Auf Seite 618 heisst es 
dagegen: „früher waren diese Apparate mit Ex- und Inspi¬ 
rationsventil versehen, jetzt aber benützt man solche, bei 
denen das inspirirte Gas nicht verloren geht. Man lässt das¬ 
selbe entweder ohne Ventil einfach in den Gasometer 
zurückströmen (!) oder leitet es durch einen besonderen 
Kautschukballon, wo es gereinigt und dann erst dem 
Gasometer zugeführt wird.“ 

Das ganze Buch zeugt indess von regsamem Streben und 
viel Fleiss und einzelne Capitel sind mit wissenschaftlicher 
Gründlichkeit bearbeitet. Wenn z. B. Capitel VIII und IX als 
selbstständige Arbeiten erschienen wären, hätte der Verfasser 
sich und der zahnärztlichen Literatur weit mehr genützt. 

Die Darstellung ist klar und verständlich, mitunter aller¬ 
dings nicht sehr wissenschaftlich. 

Die Ausstattung des Werkes ist gefällig, Druck und 
Papier gut, dagegen lassen die Illustrationen — meist Zinko¬ 
graphien — viel zu wünschen übrig. —g. 


Neun Fälle von tödtlicher Coca'invergiftung. (L’Odon- 
tologie, August 1890.) 

In der genannten Zeitschrift findet sich der nachfolgende, 
allerdings wenig klare Anszag ans einer Zasammenstellnng von 
Cocainvergiftungen mit tödtliehem Ausgange, welche Dufournier 
in den „Archives gendrales de mddecine“ veröffentlicht hat : 

1. Ein Apotheker nahm an sich, in der Meinung, dass er 
von Diphtheritis befallen sei, Einstäubungen des Rachens mit 
Cocain vor; es trat nach Verlauf von 7—8 Stunden Syneope 
und alsbald der Tod ein. („Revue de Chirurgie“, Februar 1889, 
mitgetheilt von Re eins und Isch Wall.) 

2. Ein 33Jähriger Mann, dem der Larynx mit Apercentiger 
Cocainlösung bepinselt wurde, verliert nach dreieinhalb Stunden 
das Bewusstsein. Man diagnosticirt eine Cocainvergiftung. Nach 
einigen subeutanen Injectionen von „Whisky“ kehrt das ße- 


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wasstsein in einer halben Stande zarfick Nach vier Tagen 
kommt hei demselben eine 2percentige Lösung znr Anwendung 
und es treten nach dreieinhalb Stunden wieder die gleichen 
Symptome auf wie frfiher. Trotz mehrerer Injectionen von 
„Whisky“ sistirte die Athmung alsbald vollständig. Als Todes¬ 
ursache wurde Lähmung des Athmungseentruins, bedingt durch 
Cocain, angenommen. („Revue de Chirurgie“, Februar 1889, mit- 
getheilt von Mattison.) 

3. Mme. X., 39 Jahre alt, aus Leonardsville (Kansas) 
wendete seit längerer Zeit eine dpercentige Cocalnlösung gegen 
Zahnschmerzen an. Am 23. October 1885 verfiel sie plötzlich 
in Agonie. Man diagnostieirte Cocain Vergiftung. („Revue de 
Chirurgie“, Februar 1889, mitgetheilt von Prof. Doremus.) 

4. Ein eil^ähriges Mädchen erhielt viermal ungefähr zwölf 
Tropfen (die genaue Dosis war nicht zu constatiren) einer vier- 
pereentigon Lösung in Form von Injectionen in der DeltoiJes- 
gegend gegen häufige Ohnmächten (?). Nach 40 Secunden stiess 
sie einen tiefen Seufzer aus und eine Minute später war sie todt. 
(Mitgetheilt von Mattison.) 

5. Eine 71jährige Frau erhielt nicht lange nach einem 
vorausgegangenen Ohnmachtsan falle eine Injection von 0*04 Co¬ 
cain in das untere Augenlied. Kurze Zeit darauf fiel sie wieder 
in Ohnmacht und starb nach Verlauf von ffinf Stunden. (Abadie, 
SoC. d’Opht., October 1888.) 

6. Einem 29jährigem Manne wurden 4-0 einer 20percen- 
tigen Cocalnlösung in die Urethra eingeffihrt; nach 20 Minuten 
trat der Tod ein. Die Section ergab Hyperämie in den Lungen, 
den Baucheingeweiden (?) und im Gehirn ; das Herz war normal. 
(„Sims Med. news“, Juli 1888.) 

7. Einem 23jährigen Manne wurden von Professor Kolo- 
m i n behufs Vornahme einer Operation in der Reetalgegend drei 
Injectionen von je 10*0 einer 5percentigen Cocalnlösung gemacht. 
Nach dreiviertel Stunden starb der Kranke. (Mitgetheilt von 
Mattison.) 

8. Ein 30jähriger Mann, dem ein Arzt 1-25 Cocain zum 
Behufe von Einspritzungen in die Blase verordnete, nahm in 
Folge eines Missverständnisses die Arznei auf einmal innerlich 


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ein und starb nach einer halben Stunde. („Bull, med.“, Fe¬ 
bruar 1889.) 

9. Eine Frau trank aus Unvorsichtigkeit 5*0 einer 30per- 
centigen Cocainlösung. Eine Viertelstunde darnach stellten sich 
üble Folgen ein und die Frau starb. („Lo Sperimentale“, Sep¬ 
tember 1888.) 


Zahnheilkunde in Japan. Von Atsiihiko Katayama. 
D. D. S. Yokohama, Japan. (Thesis for the degree of Doctor 
of Dental Surgery, Ohio College of Dental Surgery 1890. — 
The Dental Record. July 1890). 

Ehe ich daran gehe, die Zahnheilkunde in Japan zu 
beschreiben, sehe ich mich genöthigt, einen kurzen Ueberblick 
der medicinischen Wissenschaft in Japan vorauszuschicken. 

Unsere alte medicinische Wissenschaft war mit der von 
China nahe verwandt, aber seitdem die Holländer, ungefähr 
vor 200 Jahren, eine Handelslinie zwischen Holland und Na¬ 
gasaki (südlicher Theil von Japan) eröffnet haben, wurde die 
holländische medicinische Wissenschaft vorherrschend und hat 
seitdem grosse Fortschritte gemacht. Unsere eigene medi¬ 
cinische Wissenschaft hat sich erst zu einem plötzlichen und 
erfolgreichen Fortschritte aufgeschwungen, als zwischen den 
Vereinigten Staaten und Japan durch Commodore Perry 1854 
der erste Handelsvertrag zum Abschluss kam, dem bald darauf 
andere Verträge mit England, Deutschland, Russland folgten. 
Dessenungeachtet war unsere Zahnheilkunde sehr beschränkt, 
und wurde dieselbe vor dem Jahre 1873 kaum praktisch aus¬ 
geübt; sobald jedoch die medicinische Wissenschaft ihre erfolg¬ 
reiche Stellung befestigte, blieb auch die Zahnheilkunde nicht 
zurück. 

Im Jahre 1873 ernannte unsere Regierung eine zahn¬ 
ärztliche Commission von Examinatoren, die zweimal im Jahre 
prüfte. Mit Gründung dieses Gesetzes hat dieses Departe¬ 
ment Erfolge errungen, die sich denen der medicinischen 
Wissenschaft würdig anreihen dürfen. 


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Einer unserer Vorfahren in der Zahnheikunde war ein 
berühmter Fechtmeister, der vor ungefähr 500 Jahren lebte. 
Er selbst fühlte oft den Mangel einer wissenschaftlichen Zahn¬ 
heilkunde sehr eindringlich. Während seines Unterrichtes kam 
es nicht selten vor, dass Zähne gebrochen oder gelockert 
wurden. Sobald sich nun ein ähnlicher Fall ereignet, operirte 
der Professor in eigener Person. War zum Beispiel die Krone 
gebrochen, so machte er temporär einen Zahn aus Holz oder 
Wachs; war der Zahn blos gelockert, so entfernte er den¬ 
selben mit dem Daumen; in einem Falle von Blutung presste 
er den Finger so lange auf die wunde Stelle, bis das Blut zu 
fliessen aufhörte. Zuletzt gelang es ihm, künstliche Zähne zu 
machen, Zähne auszuziehen und Blutungen zu stillen. Auf 
diesen Erfolg hin nannte er sich Zahnarzt. Seitdem er nun 
als rechtmässiger Zahnarzt fungirte, gab es viele eingeborene 
Zahnärzte, die ihre Wissenschaft bis zum heutigen Tage auf 
ähnliche Art ausübten. Ihre Manipulationsweisen unterschieden 
sich jedoch in jeder Hinsicht von denen, die bis jetzt in civi- 
lisirten Ländern gebräuchlich sind. Sie füllten weder Zahn¬ 
höhlen, noch behandelten sie die Zähne auf wissenschaftlichem 
Wege. Sie konnten nur Zähne ziehen und künstliche Platten 
verfertigen. Wenn sie einen Patienten vor sich hatten, der an 
heftigen Zahnschmerzen litt, lancirten sie entweder das Zahn¬ 
fleisch oder stopften die Höhlung mit einem Baumwollkügelchen 
zu, das mit Nelkenöl oder Pfeflfermünz-Essenz getränkt war. 

Gelang es ihnen damit nicht den Schmerz zu stillen, so 
entfernten sie den Zahn, ob er nun zu retten war oder nicht. 
Sie benützten beim Ausziehen der Zähne volle Kraft und 
bedeckten den Zahn mit einem Stückchen Papier, um das Ab¬ 
rutschen der Zange zu verhindern. Diese Methode genügte 
fast immer; stellte sich aber ein besonders schwieriger Fall 
ein, so benützten sie einen Hammer und einen hölzernen 
Pflock und schlugen damit den Zahn entweder hinein oder 
heraus. Dies kam jedoch sehr selten vor. Sie hatten eine 
eigene Art, die Milchzähne zu entfernen, so eingenthümlich in 
der That, dass wdr sie nie verstanden. Man gab dem Kinde 
ein Stück Papier und sagte ihm es zu zerbeissen oder mit 

7:1: 


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334 


dem Zahne festzuhalten, der entfernt werden sollte. Der Zahn¬ 
arzt stand in geringer Entfernung von dem Kinde, und wenn 
das Kind auf seine Frage: ,Bist du bereit?“ mit „Ja!“ antwor¬ 
tete, so klappte er in die Hände, ging zu dem Kinde hin und 
Hess es den Mund öffnen, worauf der Zahn sammt dem Papier 
zu Boden fiel. Niemand hat jemals mit Gewissheit erfahren, 
auf welche Art das Papier behandelt wurde; Einige vermuthen, 
es enthielt ein stark adhäsives Wachs, Andere hingegen riethen 
auf klebenden Candiszucker, denn einige Kinder behaupteten, 
dass das Papier süss schmeckte. Wir glauben, dass es ein 
Stück extraadhäsives Wachs gewesen war, obwohl wir dessen 
nicht sicher sind. 

Zur Fabrikation von künstlichen Platten wurde weder 
Metall noch Kautschuk benützt, sondern feine Holzplatten, 
auch waren künstliche Zähne aus Porzellan unbekannt. Sie 
nahmen zuerst Abdrücke mit Bienenwachs (ohne Abdnick- 
löfifeln), und wenn es genug erhärtet war, so füllten sie diesen 
ersten Abdruck mit hartem Wachs oder mit einer Art Gips 
aus, um dadurch ein Modell zu gewinnen. War ihnen dies 
gelungen, so wurde dieses Modell mit irgend einem Farbestoff, 
gewöhnlich roth, übermalt. Nach diesem Modell schnitzten 
sie ein anderes, vorzugsweise aus Kirschholz, das sie über das 
gemalte Modell stülpten; die Farbe bezeichnete die vor¬ 
stehenden Theile. Es wurde dann wieder und wieder 
geschnitzt, bis die Farbe die ganze innere Seite des Holz¬ 
modells angab. Dieses vollendet, konnten sie mm Elfenbein-, 
Holz-, Bein- oder Marmorzähne in das Holz einsetzen, zu 
welchem Zwecke sie an Stelle der einzusetzenden Zähne Löcher 
in den Rand der Holzplatte bohrten. Sie setzten nicht mehr 
als acht Zähne, die Mahlzähne wurden dmch silberne oder 
goldene Stifte ersetzt. 

Die Zähne wurden durch dünne, starke Fäden fest¬ 
gehalten. In Fällen von einzelnen Zähnen machten sie keine 
Platte, sondern gebrauchten eine Art Brückenarbeit, die sie 
im Munde an den anstossenden Zähnen befestigten. Sie 
machten zweierlei Platten, nämlich für weisse und schwarze 
Zähne; erstere waren für Männer und ledige Frauenzimmer 


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335 


bestimmt, letztere blos für verehelichte Frauen. Vielleicht 
ist es ganz am Platze hier die Ursache anzugeben, warum 
die japanischen Frauen nach der Hochzeit ihre Zähne 
schwarzen und wie sie dies bewerkstelligen. Der Stoff, mit 
dem sie die Zähne schwärzen, ist eine Solution von Eisen in 
einer Säure. Zuerst wurde diese Flüssigkeit mit einer Bürste 
eingeneben und dann wurde mit pulverisirter Tanninsäure 
dieses Verfahren so oft wiederholt, bis die Zähne völlig 
schwarz waren. Vorher benützt die Frau eine Lösung von 
ssig oder Schwefelsäure, die sie mittelst einer Bürste einreibt. 
Sie thut dies in der Absicht, die Oberfläche der Zähne rauh 
zu machen, wonach sie dieselbe schwärzt. Diese Operation 
wu so lange fortgesetzt, bis der Zweck erreicht ist. Wir 
wissen nicht genau, wann der Gebrauch die Zähne zu schwärzen 
zuerst m’s Leben trat; vermuthlich geschah dies im 16. oder 
. ahrhundert, während das Land so sehr durch Bürger- 
Jiege erschüttert war. Zu dieser Zeit lebten viele feudale 
Heerführer des Kaisers im Lande zerstreut in Dunkelheit und 
urückgezogenheit, und da sie als tapfere und patriotische 
änner bekannt waren, so entstand allmälig im Herzen des 
0 kes ein Widerwille gegen die unthätigen und unmilitä¬ 
rischen Männer vom literarischen Berufe. Die Kriegskunst 
wurde über die Massen zum Ansehen erhoben und blühte 
räftig. Die 1 rauen, die Meinungen der Männer wiederspiegelnd. 
Wählten tapfere Männer, anstatt feindliche, zu schriftlichen Ar- 
eiten geneigte Männer als Ehegenossen. War nun solch eine 
rrau verheiratet und verlor kurz darauf ihren Mann am 
bchlachtfelde, so blieb sie zeitlebens Witwe, und dies sollte zur 
e unserer Frauen nicht vergessen werden. Dann begann 
er Gebrauch, nach der Hochzeit die Zähne zu färben; das war 
as Zeichen, dass die Tugend des Weibes dem Gatten geweiht 
^var, und zugleich der Schwur, dass sie niemals heiraten würde. 

Dieser Grund für das Schwärzen der Zähne ist also 
^anz poetisch. Zur jetzigen Zeit ist dieser Gebrauch, mit 
usnahme einiger alter Frauen, beinahe gänzlich erloschen. 

Diese Sitte unserer verheirateten japanischen Frauen war 
^ine schlechte, und doch scheint es mir, als ob die einge- 


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336 


zwängten Füsse der chinesischen Frau, die gequetschte Taille 
europäischer Damen eine ebenso wenn nicht ärgere Unsitte 
zeigen, besonders was den allgemeinen Gesundheitszustand 
anbelangt. 

Nach dem Grundsätze, dass Gewohnheit bei aller Welt, 
wild oder civilisirt, zur zweiten Natur wird, hat sich unser 
Land durch die vollständigste und schnellste Umwälzung in 
seinen alten Sitten und Gebräuchen sowohl als in der An¬ 
nahme der europäischen Civilisation gewiss hervorragend aus¬ 
gezeichnet. Kein Land im Bereich der Weltgeschichte, das 
unsrige ausgenommen, hat in dem kurzen Zeiträume von 
25 Jahren eine so gewaltige Veränderung im öffentlichen 
Denken, in seinen Gewohnheiten und seiner Leitung ohne Blut- 
vergiessen bewerkstelligt. Dr. T. 


Ueber Pflege und Behandlung der Zähne im ge¬ 
sunden und kranken Zustande (Selbstverlag). Von Hofzahn¬ 
arzt Dr. Maximilian Hirschfdä in Carlsbad. 


Varia. 


Im zahnärztlichen k. k. Universitäts-Ambulatorium 
in Wien (IX. Gamisonsgasse 8) beginnen die Vor¬ 
lesungen des Institutsleiters, Universitäts-Docenten 
Dr. Julius Scheff jun., am 15. October a. c. und 
dauern das ganze Wintersemester hindurch. 

Der Lehrplan enthält: 

1. Anatomie und Physiologie der Mundhöhle und der 
Zähne; einmal wöchentlich. 

2. Extractionen an der Leiche als Vorübung; einmal 
wöchentlich. 

3. Extractionen an Ambulanten; täglich von 
V 2 7 Uhr Abends. 


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337 


4. Vorträge über Erkrankungen der weichen imd harten 
Mundorgane; einmal wöchentlich. 

5. Theorie der Zahnfüllung; einmal wöchentlich. 

6. Praktische Uebungen im Füllen der Zähne mit 
plastischen Materialien und Gold an Ambulanten täglich von 
VjjÖ bis Va? Uhr Abends. 

NB. Zahnärztliche Technik (Prothese) nach Uebereinkunft 
unter Leitung des Institutsassistenten. 


Im provisorischen zahnärztlichen Institut der königlichen Universität 
Breslau (Feldstrasse 5 II.) werden im kommenden Wintersemester 1890/91 
folgende Vorlesungen und praktische Curse gehalten: 1. Die Krankheiten des 
Mundes und dW Zähne. Dreimal wöchentlich. Professor Dr. Part sch, priv. 
2. Die Geschwülste der Mundgehilde. Einmal wöchentlich. Professor Dr. 
Parts ch, publ. 3. Theorie der Zahnfüllung. Einmal wöchentlich. Zahnarzt 
Dr. W. Sachs, publ. 4. lieber zahnärztliche Operationen und die dabei 
gebräuchlichen Instrumente. Einmal wöchentlich. Professor Dr. Bruck, publ. 
5. Poliklinik für Zahn- und Mundkranklieiten an den Wochentagen von 
8 bis 10 Uhr. Professor Dr. Part sch, priv. 6. Praktischer Cursus im Füllen 
der Zähne an den Wochentagen von 2 bis 4 Uhr Nachmittag. Zahnarzt Dr. 
W. Sachs, priv. 7. Zahnärztliche Technik an den Wochentagen von 
4 bis 6 Uhr Nachmittag. Professor Dr. Bruck, priv. Das zahntechnische 
Laboratorium ist für die Arbeiten der Studirenden von 9 bis 12 Vormittag 
und 2 bis 6 Nachmittag geöffnet. Für die Studirenden der Zahnheilkunde 
werden ausserdem folgende Vorlesungen gehalten: Anatomie des menschlichen 
Kopfes. Zweimal wöchentlich. Herr Professor Dr. Born. Ausgewählte Capitel 
aus der Physiologie. Montag und Donnerstag von 10 bis 11. Dr. Hürthle. 
Ausgewählte Capitel aus der matena medica. Zweimal wöchentlich. Dr. 
Buchwald. In Physik und Chemie und den Fächern praktischer 
M e d i c i n sich auszubilden, haben die Studirenden in den an der Universität 
gehaltenen Collegien reiche Gelegenheit. 


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338 


Empfangene Zeitschriften. 

Amerika: 

The Dental Cosmos. Items of interest. 

The Internat. Dental Journal. The Southern Dental Journal. 
Archives of Dentistry. Ohio Journal of Dental Science. 

The Dental Advertiser. The Dental Review. 

Dental Office and Laboratory. The Western Dental Journal. 

Deutschland. 

Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde. 
Correspondenzhlatt für Zahnärzte. 

Journal für Zahnheilkunde. 

Die zahntechnische Reform. 

Zahnärztliches Wochenblatt. 

Centralblatt für chirurg. und orthop. Mechanik. 

England. 

The British Journal of Dental Science. 

The Journal of the British Dental Association. 

The Dental Record. 

Frankreich. 

L’art dentaire. Revue odontologique. 

L’odontologie. Le progrfes dentaire. 

Oesterreich. 

Oesterr. ärztl. Vereins-Zeitung. Medicinisch - chirurgisches 

Centralblatt für die gesammte Centralblatt. 

Therapie. 

Schweiz. 

Revue et Archives suisses d’odontologie. 

Illustrirte Monatsschrift der ärztlichen Polytechnik. 

Russland. 

SyöoBpaueÖHuä BkcruHKi. (Zahnärztlicher Bote.) 

Wir bestätigen den Empfang von Tauschexemplaren der 
genannten Zeitschriften und bitten um deren fernere Zusendung 
unter der Adresse: 

Julius Weiss, Wien, I, Fleischmarkt Nr. !• 



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Ein Techniker 

vollkommen selbstständiger Arbeiter, tüchtig in Gold- und 
Kautschukarbeit, findet sofort in Wien Stellung. Offerten unter 
„Techniker Nr. 89“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleischmarkt 1. 

Ein Assistent 

der Vorzügliches leistet, wird bei gutem Gehalt für Wien gesucht. 
Anfragen unter „Assistent Nr. 90* an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleisohmarkt 1. 

Ein Techniker 

wird für eine Provinzstadt in Oesterreich zum sofortigen Antritt 
gesucht. Offerten unter „Techniker Nr. 91“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleisohmarkt 1. 

Tüchtiger Goldplombeur 

zum sofortigen Antritt für eine grössere Stadt Ungarns gesucht. 
Offerten unter „Goldplombeur Nr. 92“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, I. Fleisohmarkt 1. 

Ein Teclmiker 

selbstständiger Gold- und Kautschukarbeiter, wird für eine grössere 
Stadt Böhmens zum baldigen Antritt gesucht. Offerten unter 
„Techniker Nr, 93“ an die Herren 

Weiss & Schwarz, 

Wien, 1. Fleisohmarkt 1. 


Zur Anfertigung zahntechnischer Arbeiten in Gold oder 
Vulcanit empfiehlt sich bestens 

Alois Guttmann 

Zahntechniker 

m. Seid.lg'a.sse ±3. 


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8 







Privat-Docent an der k. k. Universität in Wien. k. u. k. Hof- und Universitäts-Buchhändler. 


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Ansgabt fi^'isTahr'lSof dir''“"* Jahrgang, 

Dental-Kalenders 

für 

Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Schweiz 

diPäAn T ■• /I *’ sowie ferner ein Namens- und Wohnungsverzeichniss der in 

=. „£“a» 

to.» S'BtrÄ“'"“ »M ii™i. wi, ..d 


Bedaction des Dental-Kalenders 

für Deutschland, Oesterreich-Ungarn und die Schweiz. 

Dr. Erich Ricliter 

Berlin N., Chausseestrasse la. 


Wertlisendungen bitten 
Br. Erich Richter, Berlin N. 


Redaction des Dental-Kalenders 
4, Chausseestrasse la, zu adressiren. 


Atlas zur Pathologie d7r Zähne. 


Von 

Prof. Dr. M. Beider und Prof. Dr. C. Wedl. 
Z-weite verirLelirte -Ä.-a.fla.g-e. *^i| 
Bearbeitet von 


Dr. J* V. Metnitz 

Docent der Zahnheilkunde an der Universität Wien. 

Mit cnglisclicr ücbersctzung von E W. Ruggles, M. D., New-York, City. 

r Ii»P--Qnart. Tafel I-VI und 3 Bogen Text, 
oschirt fl. 4.80 ö. W. Der Atlas wird in 4 Lieferungen erscheinen und 
Ende 1890 vollständig vorliegeu. 




Handbflcli der zahnärztliclien Heilmittellelire 


. von Professor Holländer 

Director der königl. zahnärztlichen Poliklinik a. d. Universität Halle a. S 

und Dr. Schneideniülil 

Docent an der königlichen Universität Kiel. 

In Gross-Octav II, 255 Seiten, Preis gebunden fl. 5.20. 

Vorstehende sowie alle anderen In das Gebiet der Zahnheilkunde ein- 
schlägigen Bücher sind schnellstens zu beziehen durch 

R. LiÖwit, Buchhandlung, Wien, Rothenthurmstrasse 22. 


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8* 




Imitation des „liikerson Stnliis 


1 ) Dieser Preis entspricht M. 460 — ab Berlin. 
=^^pgtlahnächerund zahntechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ 

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Dieser Stuhl ist eine genaue Imitation des 
ite’schen Wilkerson-Chairs, besitzt dessen 
jungen und ist tadellos ausge ^ ’ « 050 ö W 

frei» mil lothem odergrlBem PlOechuberzug fl. 350 
1 TTrae-Vit lind Zoll äb WicH. ) 










Dieser Stuhl ist eine Coinbination des Oelpedal- und Cycloid-Stuhles und 
gestattet folgende Bewegungen: In die Höhe mittelst Pumpe. Um die 
Achse. Rlicklehnung des ganzen Sessels sowie der Lehne separat. Erhöhung 
der Lehne allein und des Kopfstückes allein. Entfernung der Armstützen. 
Polsterung ist rother oder grüner Plüsch. 

Preis fl. 290 ö. W., inclusive Fracht und Zoll ab Wien.*) 


1) Dieser Preis entspricht M. 400.— ab Berlin. 

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Depot zahnärztlicher und zahntechnischer Utensilien von 

WEISS & SCHWARZ, WIEN, i. Fieischmarkt I. 

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Combinirter deutscher 


Stuhl ist eine Combination der WU^erson-^ 
. lässt sich um seine Achse drehen und wird vv 

Id nieder geschraubt. Die Armlehnen sind abnehr 

T?i,rh^ntheil semrat erhöhbar und beweglich. 


zahntechnischer Utensilien von 


Depdt zahnärztlicher und 

3^xtiVttari, 


I. ^leifdjmarh \. 


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which it is raised and lowered. The dentist can operate with equal convenience 
whether sitting or standing, 

The lower back pad can be adjusted to the small of the patient’s back, 
and the upper one raised, lowered, or entirely removed, as in operating for children. 

The arms can be lowered so as to be entirely out of the way of the opera- 
tor, or tbey can be clamped in the Intermediate positions. 

The Clair has a reclining movement, and it may be securely clamped in 
any position by slight pressure on the foot-lever, The foot-rest has a wide ränge 
of movement, and can be adjusted by either operator or patient. 

"When desired, casters are inserted in the feet, Those in front roll laterally 
only, permitting the Chair to be swung to turn the patient’s face to the light; 
those in the rear feet revolve back ward and fcrward, so that the Chair can be 
moved by pusbing it like a wheelbarrow. The casters can be locked, so that the 
force exerted in filling-operations will not move the Chair. 

PRICES. 

In Corded Upholstery (Students’ Morrison).Dollar 105 00 

In Best Quality Green or Maroon Plush or PJain Morocco, 

reduced from Dollar 130.00 to. n 120.00 

In Real Morocco, Embossed, reduced from Dollar 140.00 to „ 130.00 

In Finest Quality Green or Maroon Plnsh puffed and trimmed 

with Plush, reduced from Dollar 150 00 to • • • • „ 140.00 

Any style, with Casters, Dollar 10.00 extra. 

The illustration shows No. 4 Spittoon, No. 3 Bracket, No. 3 Socket, which 
are extra, and add Dollar 8.00 to the above prices. 

BOXING FREE. 

THE S. S. ÜVHITE »EMTAE HEG. CO.. 

PHILADELPHIA, NEW-YOEK, BOSTON, CHICAGO,^ BBOOKLIN. 

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von Instrumenten für plastische 

nach Dr. Julius Schaff jun. 





Nr. 1 und 2 eignen sich zum 
Einführen von Füllungen bei Distal¬ 
flächen. 



Nr. 3 ist zur Füllung von Kau¬ 
flächen bestimmt. 

Nr. 4 ist eine doppelseitige ganz 
feine Spatel. Die Instrumente Nr. 3 
und 4 eignen sich gleichzeitig vor¬ 


züglich als Polirer. 



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Preise: 

Nr. 1, 2 mit achteckigen Stahl- 
griffen, vernickelt 

ä fl. 1 35 ö. W. 

Nr. 3 mit achteckigem Stahlgriff, 
vernickelt 

ä fl. 1.50 ö. W. 

Nr. 4 mit achteckigem Stahlgriff, 
vernickelt 

k fl. 1.80 i>. W. 


WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleischmarktl. 


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Valentin Pfeiffer’s 

Universal-Schleifmaschine 


mit patentirtem Befeuchtnngsapparat. 

Prämiirt auf der Kraft-.und Arbeits-Maschinenausstellung in München 1888 . 



Wir erlauben uns, die Herren Zahnärzte und Zahn¬ 
künstler auf diese neue und vollkommene Maschine aut- 
merksam zu machen, welche überall die grösste Anerkennung 
findet und durch ihre praktischen Einrichtungen und leichte 
Handhabung zum Schleifen, Poliren, Bohren, Fraisen etc. 
verwendet werden kann. 

Sämmtliche Einsatz-Instrumente, als Bohrer, Fraiser, Zapfen- 
eorundrädehen etc. von den Bohrmaschinen können in dieser 
Maschine in eine Separatspindei, welche mit der Hauptspindel 
in Verbindung steht, eingesetzt werden und finden in Folge 
ihrer Lage, isolirt von den Schleifrädern und der Radburste, 
die weitgehendste Verwendung. Die Schleifräder laufen in einer 
selbstständigen regulirbaren Stahlspindel in Spitzkörnern. Die 
Handauflage ist verstellbar. 

Der Befeuchtungsapparat ist hinter dem Schleifrad an¬ 
gebracht, reinigt und befeuchtet das Schleifrad automatisch nach 
allen Seiten; zum Schutze der Maschine dient der Schlamm- 
kästen« welcher sich unter dem Schleifrad befindet und bequem 
aus- und eingeschoben werden kann. 

Preis fl. 80.— ö. W. ab Wien. 

WEISS & SCHWARZ, Wien, I. FJeischmarkt 1. 


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Durchaus vernickelt. pef Stück fl. —-90 ö. W. 


Fli^s Zwgenhalter. 



fl. 2.40 ö. W. 

WEISS & SCHWARZ, Wien, I. Fleischmarkt I. 


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Carl Wolrab’s 





Goldoylinder per Unze (32 gr.) M. 130.— = fl. 78.— ö. W. 

dto. „ i/g „ (4 gr.) „ 16.50 == „ 9,90 „ 

Goldfolie, weiche extracohäsive J pro Unze 

dto. „ noncohäsive > (38 gr.) M. 125.— = fl. 75.— ö. W. 

dto. „ schraffirte ) ( 4 gr.) „ 16.— == 9.60 „ 

Der Preis stellt sich billiger als für amerikanisches oder englisches 
Gold, da die Unze volle 32 gr. statt 31 gr. wiegt. 


Atteste Ober Carl Wolrab’s Goldpräparate. 

Ihr Gold benütze ich in Cylindern und Folie seit drei Jahren in meiner 
eigenen Praxis und für die Füllungen im zahnärztlichen Institute. Ich freue 
mich, Ihnen mittheilen zu können, dass ich es dem besten Fabrikate an die 
Seite stelle, ja seiner ausserordentlichen Geschmeidigkeit und Haltbarkeit 
wegen, fast jedem anderen Goldpräparate für überlegen halte. 

Leipzig, den 10. Jänner 1890. 

Prof. Dr. Fr. Hesse 

Director d. zahnärztl. Institutes d. Universität Leipzig. 

Nach mehrjährigem Gebrauch Ihres Goldes bestätige ich Ihnen hier¬ 
mit gerne die Güte Ihres Fabrikates. Die Goldcylinder sind sehr plastisch 
und frei von Verunreinigungen, welche man sonst hänfig findet. Ungeglüht 
schmiegt sich das Gold ausgezeichnet den Wänden der Cävitäten, leicht 
geglüht wird es ausserordentlich adhäsiv. Das Blattgold verarbeitet sich 
ebenfalls vorzüglich, Nr. 10—60 kann ich zum Herstellen von Contour- 
füllungen und für Oberflächen bestens empfehlen. 

Stockholm, 20. September 1889. 

Br. Elof Förberg, Hofzahnarzt. 

Ihrem Wunsche gemäss erkläre ich mit grossem Vergnügen, dass Ihr 
Gold, die Folie sowohl, wie die Cylinder, sich ausgezeichnet verarbeiten lässt 
und bei Anwendung der Rotationsmethode allen anderen vorzuziehen ist. 
Bei meinen Demonstrationen in Paris habe ich dasselbe ausschliesslich benützt. 

Grenoble (IsSre). G. C. Cludlus 

Dooteur en Chirurgie deutaire. 

Ihr Gold habe ich für die Methode von Dr. Herbst mit aller 
Zufriedenheit gebraucht, und ich muss sagen, dass ich sonst kein Gold 
gesehen habe, das so gut für dieses System geeignet ist. 

London. Prof. Storer Bennet. 

Die Goldpräparate, welche Herr C. Wolrab liefert, sind alle vor¬ 
züglich. Ich kann diese deutschen Fabrikate allerbestens empfehlen. Das 
Gold ist chemisch rein und verarbeitet sich besonders gut. 

Bremen. Dr. W. Herbst, Zahnarzt. 


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PH/LADELPH\S 














T^ ünHUifte ^ älinc. 

a ftc^ mein ©efe^äft fo auferorbenlHc^ nergröfert ^at, baf 
es mic an ^eit gebrac^. Meine He&euauapienunßen 
ju beachten, fo befuc^te ic^ nui* bie 6 ^aupblDeltausftellungen/ 
an meieren ftc^ alle großen ^abrifanten bet^eiligten. 

3cf? empfing f873 in IDien unb bann in jeirer folgenben 
iDelt a u s ft e n u n g bie ßöli|]len 2 tus 5 eicbnungen für flünii- 
lidie Jäl|ne, meiere — als ber ^augijinetg meines ©efdjäftes 
— ben alleinigen ©egetiftanb meiner 2tusftellungen bilbeten. 

2)ie größte 2tnerfennung, meldje je einem ^abrifanten 3u 
Cljeil mürbe, erl;iclt ic^ jeboc^ für jSißÖnßeif, j^tävlte nnö 
nafürlirßea ^ttafeßen meiner ^äljne, mie folgt: 

2 Iu 53 ug 

ans bem ^ingcmeincn Sendet ber preisriebter über bie Preife in (Sriippc XXIV 
tftv Jttf]ernafi0nar]en IKu0p]eEutt0 iu 1876* 

„I^err fj. D. 3itfti fteütc nur Bäfinr aus — aber feine Jlusjieüung 
wav nac^ aUm l^idtfungm ftin auögrirtrflttrf. Die §äbne mareu nid?t 
allein in Se 3 ng auf färbe, (SIan 3 unb Dic^tigfeit noüenbet, fonbern il^re form 
mar nollftänbig ben natürlichen ähnlich. Dies gilt fomohl für bie einseinen 
§ähne, als auch für bie gansen (Sarnituren ron 28. 3h*^e §nfaininenftellung 
Seigte genaues Stubium fomohl bes Kieferbogens, als auch peinliche Hücfficht» 
nähme auf bie IDünfche bes Patienten unb bie €rforberniffc bes gahnarstes. 
Die uerfchiebenartigjten formen ber Sahne felbjt unb ihre uerfchiebenartigen 
Kbmeichungen in ber SfrUung unb Xagrrung 3 u einanber maren fo 
iinrfrrlfüi^ nachgeahmt, ba§ fte für üinUfläntiig natürlidl gehalten 
merben mugten. Kugerbem mar bie Sulrßani ber gähne irnriüglitft — 
unb tro^ ber {artrprn JT^rmen mareft pe non grngfmnglitftrr Stärftr* 
Schlieglich maren bie (£rampons (PIatina»5tifte) berartig angebracht, bag pc 
unmöglich aus ben gähnen h^rausgenommen merben Fonnten." 

. W. Jujli 

Hr. 66 m füairiron 3ft. ffiftlcao» JH. 

»c. 1301 $t 1303 Sfr. q^ftllaOrlpftia l^a. 




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REDXJCED PRICES. 



. Beginning May 1,1890, 

the prices of the S. S. 

\ Wliite ImproYed Dental 

1 , Engiues will be as fol- 

1 lows: 

I Engine, i!f40.000 

I “ 45000 

I “C“ “ 45.000 

I '‘D'‘ ‘‘ 45.000 

I • 14 instruments inclnded 
I in cacli case. 

I Boxing 75 Cents. 

I These engines (more 
I especialiy the „D‘‘~tlie 
I largest wheel,here shown) 

I have had a constantly in- 
]| creasingsale,easilymain- 
I taining their position at 
the head of the list as the 
best-selling and moat serviceable 
flexible-arm engine ever offered to 
dentists, nothwithstanding the intro- 
dnction of cheaper patterns. They 
will stand more abnse, do heavier 
work with less strain; and last 
longer than any machines con- 
structed with spring or orther flexi¬ 
ble joints. Most any engine will do 
light work satisfactorily, bnt it takes 
the power of the flexible shaft to 
stand the strain of the heavier op- 
erationS which nnavoidably occnr 
in general practice. So unfailingly 
has the S. S. White Improved re- 
sponded to every call made npon 
its capacity that it is freqncntly re- 
ferred to as the “old reliable“. 

Send for Catalogne of Dental 
Engines and Equipments. 


The S. S.White Dental 

Mfg. Co., 

Philadelphia, 

New-York, 

Boston, 

Chicago, 

Brooklyn, 


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Original-japanische Tablette mit vernickelten gezahnten 
Metallschienen zur Aufnahme von circa 22 Instrumenten (Ex- 
cavatoren, Stopfer, Meissei, Sonden, Polirer etc.). 

Preis per Stück fl. 1.20 ö. W. 


Original japanische Tabletten. 

] Die grössere Tablette ist 22 Cm. lang und 14 Cm. breit 

und passt die kleinere genau in die grössere hinein, so dass 

' immer 2 Stück einen Satz bilden. 

fl- 

!« Preis per Satz von 2 Stück fl. 1.05 ö. W. 

,|; - , - 

; Speichelsäcke 

nach Dr, Yajna. 

Dieselben sind aus dünnem, durchsichtigen, leichten Wachs- 
taffet hergestellt, färben nicht ab und sind nicht geklebt, sondern 
mti doppelten Nähten versehen. Diese Speichelsäcke sind von 

jjl gefälligerer Form und bedeutend dauerhafter als die bisher im 

Handel befindlichen und trotzdem billiger. 

Preis per Stück fl. —.76 ö. W. 

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Preis-YerzeicMsse 


. - rötlicher Plombir-Üaterialien (2 Bog.) 


und 


u) *ahDärztli«li«f Instrumente (4 Bog.) 

die wir auf Verlangen gratis und franco zusenden. 

Weiss & Schwarz. 


Ein Proben-Verzeichniss zahnärztlicher Bohrmaschinen 
ist im Drucke und gelangt Anfang November a. e. zur Ausgabe. 

Im Verlage von Alfred Hölder, k. und k. Hof- und 
Universitäts-Buchhändler in Wien, ist soeben erschienen 

Die Replantation 

der 

Zähne. 

Eine liistorisclie und experimentelle Studie 

von 

Dr. Julius Scheff jun. 

Docent an der Wiener Universität. 


S iit3a.ogrrapl3.isola.erL Tafelaa, 


preis geheftet fl. 2.50 — Mark 5.—. 

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